Die Holzbaukunst Norwegens
In Vergangenheit Und Gegenwart
Forfatter: L. Dietrichson, H. Munthe
År: 1893
Forlag: Schuster & Bufleb
Sted: Berlin
Sider: 205
UDK: st.f. 72(481) die
Mit Einer Übersichtskarte Und 31 Tafeln Nach Alten Denkmälern Und Nach Ausführungen Von H. E. Schirmer, G. Bull, Thrap-Meyer, B. Lange, V. Hannosen. Und H. Munlhe, Sowie Über 220 Textabbildungen
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ZWEITE ABTHEILUNG.
DIE HOLZBAUKUNST DER GEGENWART.
Den Stabkirchen und alten Wohnhausbauten Norwegens
fügen wir auf 19 Tafeln eine Reihe moderner Bauten im Stile
der norwegischen Holzarchitektur, entworfen von den Archi-
tekten H. E. Schirmer, G. Bull, v. Hanno sen., Thrap - Meyer,
B. Lange und H. Munthe an, welche die Anwendbarkeit und
den eigenartigen Reiz der technischen und ornamentalen Be-
handlung des Holzes, wie sie in Norwegen seit Jahrhunderten
geübt wird, zeigen und darlegen, in wie fruchtbarer Weise die
alten Konstruktionen und Motive den neuen Bedürfnissen
geliehen und angepafst werden können. Es sind Gebäude-
gattungen der verschiedensten Art, die sich, mit Ausnahme
der Munthe’schen Kirche zu Rominten, die auf die alten Stab-
kirchen zurückgeht, durchweg unter den allgemeinen Typus
des Wohnhauses einreihen lassen, wie er aus dem Bauernhause
sich nach und nach entwickelt hat. In ihrer Anlage und
Durchbildung kehren neben der Berücksichtigung ihres
Zweckes die Grundzüge wieder, deren Beobachtung die klima-
tischen Bedingungen des Landes vorschreiben und die in der
Schilderung des profanen alten Holzbaues des Weiteren ent-
wickelt wurden. Die hieraus entspringenden architektonischen
Bildungen im Verein mit der streng durch das Bedürfnifs be-
grenzten Raumentwickelung und mit der originellen Orna-
mentik verleihen diesen Bauten den eigenartigen, malerischen
Reiz, der bereits zu zahlreichen Nachahmungen aufserhalb
Norwegens geführt hat.
Das zielbewufste Zurückgreifen auf die alten Motive
geschah jedoch erst nach einer Reihe von Vorentwickelungen,
die auch die norwegischen Architekten durchzumachen hatten.
Auch sie lebten mit ihrer Zeit, und auch sie machten mit
dieser Zeit jene Periode historisch-antiquarischer Liebhaberei
durch, deren edle Anregung in den meisten Fällen die Rück-
kehr zum Nationalbewufstsein war, eine Bewegung, der wir
in allen Kulturländern eine Reihe der reizvollsten Werke zu
verdanken haben. In der kleinen Gruppe von Bauwerken, die
wir hier zur Darstellung bringen, läfst sich diese Bewegung
erkennen. Das auf Tafel I [XII] dargestellte, im Jahre 1851
durch den Architekten H. E. Schirmer ausgeführte Wohnhaus
Dunker in Malmöen bei Christiania, eine schlichte Anlage,
die ein Erdgeschofs und ein Dachgeschofs enthält, steht mit
seiner Formensprache allerdings noch aufserhalb der nationalen
Bewegung. Im Grundrifs gruppiren sich um den an eine Ecke
verlegten, an zwei Seiten von Veranden umzogenen Speisesaal
drei Zimmer und eine Küche. Die Umfassungs- und Zwischen-
wände bestehen aus überkämmten Balken. Nur der Sockel
ist in Stein ausgeführt.
Gegen Schlufs der sechziger Jahre macht sich die anti-
quarisch-nationale Bewegung schon bemerkbar. Der 1867
durch G. Bull ausgeführte Bootsschuppen bei Christiania
(Tafel II [XIVJ), sowie das „Stabur“ Lokenes auf Tafel III
[XVII], welches im Jahre 1869 durch v. Hanno sen. errichtet
wurde, deuten auf die entsprechenden Vorbilder der historischen
profanen Architektur, wie sie im zweiten Theil der ersten Ab-
theilung entwickelt ist, hin. Das gefällige, im Jahre 1873 durch
G. Bull errichtete Eisenbahnstationsgebäude des Dorfes
Sandviken (Tafel IV [XIII]) gehört seiner Formensprache nach
noch der Vorperiode an. Der Grundrifs ist einfach und gut
gruppirt. — Mit dem Ende der achtziger und Anfang der
neunziger Jahre ist aber die antiquarisch - nationale Strömung !
schon in vollem Zug. Das 1889 durch Thrap-Meyer aus-
geführte, auf Tafel V [XV] dargestellte Touristenhospiz Hau-
kelidsaeter, eine langgestreckte, aus Speisesaal, Fremden-
zimmer und Küche mit Oberraum bestehende Anlage, zeigt das
bewufste Zurückgreifen auf alte Vorbilder. Die gleiche Tendenz
beherrscht das von B. Lange im Jahre 1889 ausgeführte, auf
Tafel VI [XVI] dargestellte Wohnhaus Bodom in Stenkjaer,
eine unsymmetrische Anlage, die im Erdgeschofs eine grofse Stube
mit Eckkamin und offener Vorhalle, eine kleine Stube, Kleider-
zimmer, Küche mit Speisekammer, einen Eingangsflur sowie
zwei weitere Eckflure, im Obergeschofs noch einige weitere
Räume zeigt. Als eine umfangreichere, im Jahre 1889 durch
H. Munthe errichtete Gruppe stellt sich das Touristenhotel
Holmenkollen (Tafel VII und VIII [X und XI]) dar. Die
Grundrisse bedürfen keiner weiteren Erklärung. Die Anlage
wird von dem malerischen Prinzip beherrscht, die Formen-
sprache schliefst sich an gute alte Vorbilder an. Dasselbe ist
bei dem von dem gleichen Architekten entworfenen Gebäude
Frognersaeteren bei Christiania, das im Jahre 1890 er-
richtet wurde, der Fall (Tafel IX und X [VII und VIII]). Der
Grundrifs, welcher nach der Form eines einfachen T angelegt
ist, enthält im Erdgeschofs eine grofse Halle mit „Sval“ und
zwei Speisezimmer, und im Obergeschofs zwei Salons, von
welchen der eine mit einem Laufgang umgeben ist. Die vor-
kragenden Wände des Obergeschosses, die überkämmten Eck-
lösungen, die verschiedene Höhe der beiden Baugruppen, der
Laufgang, die Firstbekrönungen und die Drachenköpfe der
Giebelspitzen verleihen dem Ganzen ein glückliches malerisches
Gepräge, welches in der beigegebenen Autotypie vortrefflich
zum Ausdruck kommt. Gleich glücklich in Formengebung und
Gesammtwirkung ist der wiederum von H. Munthe ausgeführte,
auf Tafel XI [IX] in einer Aufsen- und in einer Innenansicht
wiedergegebene, 1891 errichtete Pavillon St. Hans-Haugens
bei Christiania.
Von den Bauten, welche dieser fruchtbare Architekt aufserhalb
Norwegens ausführte, verdienen die für S. M. den deutschen
Kaiser Wilhelm II. in Rominten errichteten besondere Her-
vorhebung. Es sind das auf Tafel XII—XIV [I—III] zur An-
schauung gebrachte Jagdhaus, welches in seinen Grundzügen
sehr viel Verwandtschaft mit dem eben besprochenen Frogner-
saeteren besitzt, sowie die für 117 Sitzplätze berechnete, in
freier Behandlung die alte Stabkirche mit ihrem malerischen
Aufbau nachahmende kaiserliche Kirche (Tafel XV—XVII
[IV—VI]). Ihnen schliefst sich ein am Jungfernsee bei Pots-
dam ausgeführtes Matrosenhaus (Tafel XVIII—XIX) an.
Wir können es uns angesichts der ausführlichen Darstellungen
und im Hinblick auf die Ausführungen der vorhergehenden
Theile dieses Werkes versagen, auf diese Bauten näher ein-
zugehen. Sie zeigen, wie die gesunde, dem sozialen Bedürf-
nisse wie den Forderungen, die das Material stellt, durchaus
entsprechende norwegische Art zu bauen sich auch bereits in
Deutschland Boden errungen hat und sich weiter ausbreiten
wird. Und hierfür mustergültige Beispiele geliefert zu haben,
darin möge die Aufgabe und die Berechtigung des Erscheinens
auch dieses Theiles des Werkes erblickt werden.
ALBERT HOFMANN.