Die Holzbaukunst Norwegens
In Vergangenheit Und Gegenwart

VI Mit Freude und Bedauern zugleich sehe ich, dafs sich die deutsche Kritik ganz besonders für meine Darstellung der Geschichte der mittelalterlichen kirchlichen Holzbaukunst aufserhalb Norwegens interessirt hat. Den Haupttheil dieser Dar- stellung mufste ich aus Gründen, die im Text selbst angedeutet sind, von der deut- schen Bearbeitung ausschliefsen. Ich hege indessen den lebhaften Wunsch, diese Darstellung, die übrigens für die ungarischen und schlesischen Kirchen von sach- kundigen Bearbeitern wie Haas, Luchs, Lehfeldt, Lachner u. A. schon geliefert ist, in erweiterter Form dem deutschen Leserkreise vorzulegen, falls mir Gelegenheit dazu geboten ist. Für den zweiten Theil des Werkes, der hier zum ersten Mal an die Oeffent- lichkeit tritt, habe ich nicht jahrelange selbständige Studien verwerthen können, wie es bei der Darstellung der Stabkirchen geschah. Dafür war mir die durch den Zeitpunkt des Erscheinens dieses Werkes festgesetzte Zeit zu kurz. Ich mufste mich daher darauf beschränken, die zerstreut vorliegenden Studienergebnisse anderer Forscher zu sammeln, zu ordnen und zu verarbeiten. Dennoch habe ich die Hoffnung, dafs auch mit diesem Theil dem deutschen Leser eine hier zum ersten Mal erscheinende, zuverlässige und vollständige historische Entwicklung des nor- wegischen Bauernhauses geboten und durch den interessanten Gegenstand dieser Darstellung gerechtfertigt ist. Die bedeutenden Schwierigkeiten, die den kunst-archäologischen Studien der norwegischen Baukunst entgegenstehen und die ich in der Vorrede der norwegischen Ausgabe dargelegt habe, glaube ich dem deutschen Leser nicht wieder vortragen zu sollen. Ich kann jedoch nicht umhin, der weitgehenden Unterstützung mit gröfster Dankbarkeit zu gedenken, die ich durch die Arbeiten des Herrn Antiquar Nicolaysen und durch die persönliche Unterstützung der Herren Prof. O. Rygh und Stadtbaurath G. Bull erfuhr. Die deutsche Ausgabe der „Stabkirchen“ hat durch Anfügung von 5 Tafeln mit Portalbildungen eine wesentliche illustrative Bereicherung erfahren. Die im Texte dieses Theiles in norwegischen Fufs angegebenen Abmessungen sind nach dem Ver- hältnifs 6 Fufs 1,7814 m in Meter zu übertragen. In den dritten Theil dieses Werkes sind eine Reihe der bemerkenswerthesten Holzbauten aufgenommen, die durch H. Munthe, H. E. Schirmer, G. Bull, Thrap- Meyer, B. Lange und durch von Hanno sen. in Norwegen und Deutschland ausge- führt sind und wegen ihrer richtigen Behandlung des norwegischen Holzbaustiles als vortreffliche Vorbilder gelten können. Und so gehe denn das Werk hinaus und finde wohlwollende und gerechte Beurtheilung. Christiania, im Juli 1893. L. DIETRICHSON.