Illustrirte Naturgeschichte Des Thierreichs
Vierter Band
Forfatter: Eduard Pöppig
År: 1851
Forlag: Verlagsbuchhandlung von J. J. Weber
Sted: Leipzig
Sider: 296
UDK: St.f. 59 Pöp
Naturgeschichte der wirbellosen Thiere
Mit 1558 Ubbildungen
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WeichtHiere.
Dritte Orbnung. Dauchfnher.
Hinuber. Unter ben mehr auS Laune als toegen åuher-
ster Seltenheit oder nnuberlroffener Schonheil geschatz-
testen Conchylien behauplele bie åch leWenbeltreppe
(S. pretiosa , Fig. 3577. a von vorn, b von hinten,
c in etwaS geneigter Stellung, um den Nabel zu zeigen)
lange Zeit einen hohen Werth. Gehause von etwas
mehr als zwei Zoll Lange tourben einst mit 2400 franz.
Livres bezahlt; in manchen alteren Sammlungen beut-
scher Staaten betoahrt man im Anfang bes 18. Jahr-
hnnberts erkaufte Erernplare, an toelche fich Ueberliefe-
rungen kaum glaublicher Preise knupfen. In Englanb
scheint solche Laune noch am Långsten sich erhallen zu
haben, benn bei Versteigerung ber Sammlung Bullock'S
brachte eine schone Sealaria 27 Pfb. Sterl. unb toarb
nach toieberhergestelltem Frieben Europa's (1815) vom
Besttzer auf ben boppelten Werth geschatzl. Jetzt stub
aller Orten, zumal aber in bem mehr nuchternen unb
toissenschastlichen Deutschlanb biese Preise erstaunlich
gesunken. Man finbet bieses allerbings zierliche Gehaus
in bem inbischen Ocean; es ist fonisch, weih, toeit ge-
nabelt unb hat entfernt stehenbe Umgange mit scharfen
Wulsten, bie unter einanber Langsrippen bilben unb
nichtS Anberes finb alS stehengebliebene, umgeschlagene
Auhenranber ber Munbung. — Die inr Mittelmeere
sehr haufige gemeine ober unachte Wenbeltreppe
(S. communis) Fig. 3576. Hat thurmfhrmiges, ungena-
belteS Gehaus mit zahlreichen, glatten, gesleckten Um-
gangen.
LVI. Fasanschnecke. (Phasianella.)
GattungScharakter: Gehaus elfbrutig-fonisch;
Getoinb spitz fegelformig; Munbung eirunb; Munbsaum
oben ettoas unterbrochen; Spinbel glatt, nach oben mit
einer Schtoiele. Deckel kalkig.
Die Fasanschnecken haben einen schmalen, in ber Mitte
langsgefurchten Fuh (Fig. 3578. a), langgefransten Man-
telranb, fabenformige, ztoischen vier gezahttten Lappen
stehenbe Fuhler (b), russelforrnige, nicht zuruckziehbare
Schnautze, braunen, grungefleckten ober weihen, roth-
gefleckten Mantel, ein allezeit Hartes unb glattes, baher
nie von Seetourmern angebohrtes noch mit Seepflanzen
unbZoophyten bewachsenes, schon buntes GehåuS. Sie
finb lebhast, gefrahig, toerben leicht in Netzen gefangen,
bie man mit Fleischbrocken fobert, unb bewohnen bie war-
meren Meere, zumal umNeuhollanb. Die groHe Fa-
sanschnecke (Ph. bulimoides) galt meist fur sehrselten,
kommt aber jetzt in Menge von Australien. Quoy unb
Gaimarb fanben sie tn erstaunlichen Mengen, von ber
Fluth znruckgelafsen, nur unter ausgetoorfenem Seetang
verstecki, um Port Western in Baff's Strahe. Jhr
Gehaus (Fig. 3579. a) ist auf fleischfarbenem Grunbe
mit bunten Querbinben geziert, ber Deckel (b) etwas ge-
toolbt, kalkig, weih, ber Fuh grun, mit gelblichen, ro-
then ober violetten Flecken.
LVIL Moubschnecke. (Turbo.)
GattungS charakt er: Gehaus bickschaalig, kreisel-
formig ober eiformig-konisch; Umgange abgerunbet;
Munbung runb, an ber Basis in einen kleinen billenar-
tigen Vorsprung ausgezogen; Spinbel gebogen. Dek-
kel kalkig.
Es finb bei Weitem noch nicht bie Thiere aller unter
ber Gattung Turbo in ben Sammlungen aufbewahrter
Gehause bekannt. Vielleichl erlangt man burch fie einst
Mittel zur besseren Eintheilung ber fast zu umfanglichen
Sippe. Die anatomirten haben betrachtliche Verwanbt-
schaft mit ben toeiterhin zu beschreibenben Kreiselschnecken
gewahren lassen. Um ben Mantelranb stehen in grohe-
rer ober geringerer Zahl fleischige Faben, bie wohl alS
Tastorgane bienen ntogen unb runb ober platt unb uber-
haupt vielgestaltig finb. Der Mantel selbst zeichnet fich
auS burch festes Getoebe, bistoeilen burch fast leberartige
Beschaffenheit unb nicht felten burch grelle Farbung. In
ber Regel hat ber Fuh feltten grohen Umfang ; er scheint
seine Gestalt abanbern zu fonnen; bei einer von Ouoh
unb Gaimarb genau bevbachteten Art besttzt er eigentlich
eine viereckige Gestalt (Fig. 3581.), fann sich aber, je
nach Bebursnih, verlangern unb sogar bie Form einer
Trompetemminbung (Fig. 3580. a) annehinen. Oftmals
verzieren ihn bunte Punfte, Striche unb Linien; vor
bem Vorberranbe finbet fich eine ziemlich tiefe O-uer-
furche. Gewhhnlich erhalt ber Kops einige Breite burch
fieischige Lappen, bie je nach ben Untergattungen in
Zahl unb gegenseitigen Verhaltnifsen zu wechseln schei-
nen, symmetrisch stehen, ungetheilten ober verschieben
etngeschnittenen ober gezahnten Ranb haben unb eine
Reihe bilben, ivelche von ben ztoei langen, fabenfhrmi-
gen, oftmals buntgeringelten Fuhlern unterbrochen toirb.
An ber Wurzel bieser letzteren erheben fich auf kurzen
Stielen bie Augen. Der Munb steht auf bem russel-
artig verlangerten Porberenbe bes Kopfes unb birgt eine
lange, banbformige, stachelige, spiral zuruckgetounbene
Zunge, entbehrt aber eigentliche fiefernåhnliche Bewaff-
nung. In ber Kiemenhohle, beren Oeffnung nach vorn
eine Querfalte bes Nackens verschlieht (Fig. 3580. a),
liegen ztoei kammformige Kiemen. Niemals finbet sich
eine Athinungsrohre, unb baher fehlt auch ber Munbung
beS Gehauses ber biese begleitenbe Ausschnitt. Das Ge-
haus ist immer sehr bickivanbig, fest unb schwer, im Jo-
neren mit einer bicken unb sehr Harten Perlurutterschicht
ausgekleibet, in seiner auheren Gestalt inbeffen so man-
chen Abanberungen, je nach ber Species, untertvorfen,
bah bie Zeichnung ber ®rån$linte ztoischen ben eigentli-
chen Turbo unb ben neuerbingS zerfallten Kreiselschne-
cken von jeher fur schwer erkannt warb. Das Haupt-
kennzeichen liegt in bem geringen Vorsprunge bes Munb-
ranbes nach unten (Fig. 3585. a). Der kalkige, immer
bicke Deckel anbert je nach ben Arten in seineut Ansehen.
Wo bie Munbung bes Gehauses zum langen Oval wirb,
befolgt er bieselbe Gestalt (Fig. 3582. a) unb Hat bie
scheibenformigen Umgange von so ungleicher Spiral-
winbung, bah ber auhere bie wenig zahlreichen inneren
an Grshe vielfach ubertrifst. Bis zu ber ziemlich re-
gelmahigen Spirale (Fig. 3585. b) giebt eS mannichfache
Uebergånge (Fig. 3580. b). Getvohnlich erfennt man
nur auf ber platten Junenseite (c unb Fig. 3585. b) bie
Spirale beutlich; bie getoolble Auhenseite bes Deckels
pflegt abgeschliffen zu sein (Fig. 3585. a). Unregel-
rnåhige, langgezogene Deckel finb im Inneren eoncav
unb mit Musfelbunbeln bes Fuhes erfulll (Fig. 3582.
b). — Alle Monbschnecken burften Pstanzensresser sein
unb baher nur wenig unb langsam sich bewegen. Wahr-
scheinlich erflarl eS sich aus bieser Eigenheit, bah ihre
Gehause auherlich sehr unrein, mit jungen Seepsianzen
unb allerlei Zoophyten belaben angetroffen werben unb
baher schwer zu reinigen flnb. Auf unbeweglich ba-
sitzenben Schaalthieren werben solche Parafiten fich alle-
zeit im Vorzuge ansiebeln. Die bei Weitem meisten
Arten bewohnen bie tropischen Meere; toaS bie falteren
barbieten, besteht in kleinen unb unansehnlichen Species.
Hin unb wieber sollen sie zur Nahrung von Kusteube-
wohnern bienen. Fur technische Zwecke schatzt man ihre
Schaalen wegen ber bicken Lage auskleibenber Perlmut-
ter, bie nach geschicktem Abschleifen ber auheren Kalf-
schicht zum Vorschein kommt unb gemeinlich in Grun,
Blau ober Silber lebhaft schillert. Es sinb mehrere
Versuche gemacht worben, bie sehr zahlreichen Arten
bieser Gattung in Gruppen zu theilen. Die Beschrei-
bung berselben rourbe hier nicht an ihrem Orte sein. Es
muh genugen, Beispiele von ben Hauptformen aufzufuh-
ren. Zu ben kreiselformigen gehort Cook's Monb-
schnecke (Turbo Cookii) Fig. 3582 — 3584. mit etwas
flacher Basts, langsgefurchten, unterbrochen guerge-
rippten Unigangen, flatfem Nabel, lang eiformiger
Munbung; bas Gehaus ist bunfel olivengrun mit
schmutzig rothen Zeichnungen. Die franzofischen Na-
turforscher fanben biese grohe unb schone Species Haufig
auf ben Felsrifsen von Tasman's Bah in Neuseelanb.—
An ben Kusten von Neuseelanb ledt ebenfallS bie ge-
brehte Moubschnecke (T. torguatus) Fig. 3580.
3581., berenUmgange einem gutgesponnenen, starfen Fa-
ben ahneln, inbem auf ihrer Oberflache tiefe Langsfur-
chen unb sehr zahlreiche, angebrttckte Lamellen sich un-
ter spitzen Winfeln regelmahig freuzen. Das GehauS
ist groh, plattgebruckt freiselsormig, stumpsspitzig, an
ber Basts ziemlich eben, bunfelgrun, tief genabelt. —
Die marmo/irte Moubschnecke (T. marmoratus)
Fig. 3585. 3586. ist seit alteren Zeiten befannt, im inbi-
schen Ocean gemein, mit eisormig-fonischem, u.tgenabel-
ten, auf ben Winbungen verflachten, grunlich unb braun
gefleckten Gehause versehen. Der grohe Deckel warb
ehebem mehr alS ber anberer Arten in Apotheken als
Arzneimittel aufbewahrt.
LVIIL Kreiselschneckc. (Trochus.)
Gattungscharafter. GehauSbickschaalig,schwer,
freiselsormig, etwas niebergebrucki ober hoch unb spitzig,
am Grunbe flach, mit ober ohne Nabel; letzter Umgang
bisweilen mit scharser Kante; Munbung niebrig, mehr
ober weniger viereckig; Spinbel gebreht ober geboget.,
bisweilen gezahnt. Deckel kalfig ober Hornig.
Die Thiere ber Kreiselschnecken fontmen, wie erwahnt,
mit jenen ber eben beschriebenen Gattung sehr uberein
unb haben gewbhnlich am Mantelranbe jeberseitS bret
långere, fuhlerartige Faben, einen schmalen, bisweilen
trichterformigen Fuh (Fig. 3590.), zwei Fuhler, bie balb
burch fleitte gezahnte Lappen (Fig. 3589. a), balb burch
einen wellenformigen Ranb geschieben sinb (Fig. 3587. a),
unb freiSrunbe Deckel (b) ober auch eiforittige (Fig. 3589.
b von innen, c von atthett), je nach ber Gestalt ber Mun-
bung. Menige Arten leben in ben europaischen Mee-
ren, bie meisten in tropischen Breiten, bie grohlen unb
schonsten im inbischen Ocean. Auch sie sinb nach ber
Form bes Gehauses in mehrere Gattungen getrennt
toorben. Zu ben pyramibal- fegelfortnigen gehort bie
sehr uneigentlich sogenannte Obelisfenschnecke (T.
obeliscus) Fig. 3588. aus bem inbischen Ocean, mit wei-
Hem, in ber Lange grun geflammten unb gestreisten Ge-
hause, schief gefurchten, mit runben Kornern besetzten
Umgangen, ebener Basis. Das Thier hat kurze Fuh-
ler, grohe auf zugespitzten Stielen stehenbe Augen,
grunlich gefleckten Kops, untenher gelben, obenher braun
gesprenfelten Fuh. — Die faiserliche Kreisel-
schnecke (T. imperialis) Fig. 3590. gehort zu ben sel-
tensten unb geschatztesten unb warb bisher nur in Neu-
feetanb gefunben. DaS GehauS Hat eine stuntpf fegel-
formige Gestalt, aufgetriebene unb abg-rtinbele Umgange
mit ziegelartig fich beckenben Schuppen auf ben Nålhen,
ber stabel ist vertieft, bie Basts weih, alles Uebrige vio-
letigrau.
LIX, Perspecttvschttccke. (Solarium.)
Gattungscharafter: Gehaus flach fegelformig,
freisrunb; Umgange fantig, in ber Mitte von einanber
burch weiten, bis zur geschloffenen Spitze reichenben Na-
bel getrennt; feine Spinbel; Munbung eckig. Deckel
(Fig. 3591. b) Hornig.
Selbst Linne nanute biese Schnecken „erstaunliche
Wunber ber Natur", inbem er stch in seinem sonst sehr
nuchternen Urtheile burch ben Mangel einer soliben Spin-
bel unb ben baher entstehenben nngetoohnlichen, aber
zierlichen Anblick bes Gehauses von unten (Fig.3592.b),
bestechen lieh. Die allent Sonberbaren zugethanen
Borsahren legten auf biese eigenthumliche Bilbung noch
toeit mehr Getoicht als jener grohe Forscher unb bevor-
zugten vor allen anbern Conchylien bie Solarien alS
Zierben ihrer Sammlungen. Man fennt allerbings ben
Ziveck einer so feltenen Bilbung nicht, tveih aber, bah
bas biese schonen Gehause bewohnenbe Thier mit ben
Kreiselschnecken sehr ubereinfommt unb namentlich ben-
selben grohen, ber Umgestaltung fahigen Fuh (Fig. 3591.
Borbertheil bes Thieres), ben ttbrigenS noch eine tiefe
Ranbfurche umgtebt, besttzt. Den furzen, feineSweges
ruffelsormigen Kopf uberragt ein breiter Stirnlappen;