Gartentechnik Und Gartenkunst
Forfatter: Franz Sales Meyer, Friedrich Ries
År: 1911
Forlag: Carl Scholtze Verlag
Sted: Leipzig
Sider: 744
UDK: 635.2
Mit 490 Abbildungen Und Plänen Sowie 8 Tafeln In Farbendruck
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Abschnitt XII
der ganze Unterschied. Man wird sofort einwenden, daß der Park und der große Garten ohne geschlossene Gehölzmassen nicht zu denken ist und daß die Natur sie im Wald ja auch bietet. Gewiß ist dieser Einwand richtig. Man soll es aber nur machen und belassen, wie die Natur es macht, die das Egalisieren nicht kennt. Man soll die geschlossene Gruppe wachsen lassen, wie sie von Natur aus wächst und soll durch den Schnitt nur soweit nachhelfen, daß die Wildnis im Garten ausgeschlossen ist.
Wenn in Vorgärten die groß werdenden Gehölze die Aussicht auf die Straße verhindern und der Besitzer das Gehölz auf wenige Äste herunterschneiden läßt, dann darf er sich nicht wundern, wenn es besenartig austreibt wie Kopfweiden. Es ist ein naturgemäßer Vorgang, daß gekappte Äste die nächstliegenden Adventivknospen veranlassen, durch die Menge auszugleichen, was in einem verloren ging. Der Fehler liegt nicht am Schnitt; die zur Bepflanzung gewählten Gehölze waren eben nicht zweckentsprechend; man hatte sich vergriffen und hochwachsende statt niedrig bleibende gewählt. Es wäre besser, eine Neupflanzung — aber nicht im alten verfehlten Stile — zu machen, statt mit den verstümmelten Pflanzen für die Dauer das Straßenbild zu verunzieren. Man begegnet dem erwähnten Fehler so häufig, daß man auf den Gedanken kommen kann, der betreffende Gärtner habe schon bei der ersten Anlage auf eine Neuanlage spekuliert. Will man diesem Gedanken aber keinen Raum geben, so verbleibt immerhin der Vorwurf der Gedankenlosigkeit oder der Unkenntnis der Wachstumsverhältnisse.
Die Kenntnis der letzteren ist die notwendige Vorbedingung für einen richtigen Gehölzschnitt. Wer Gehölze schneiden will, muß wissen, wann und wie sie austreiben, ob sie am alten oder neuen Holze blühen, nur an den Spitzen der Haupttriebe oder auch an den Nebenzweigen. In dieser Hinsicht verhalten sich die Gehölze sehr verschieden und deshalb kann man sie nicht alle nach dem gleichen Schema schneiden. Man kann lang oder kurz schneiden, d. h. wenig oder viel wegschneiden und im allgemeinen läßt sich sagen: Wer Blüten will, der schneide lang; wer Blätter will, der schneide kurz.
Die Kenntnis der Gehölzeigenschaften genügt aber nicht allein. Es gehört außerdem ein gewisses Formenverständnis dazu. Man kann den Schnitt so gestalten, daß die natürliche Form gewinnt, aber auch so, daß sie verloren geht oder verdorben wird. Sie wird immer verdorben, wenn man egalisiert, d. h. nur die Form der Laubmasse im Auge hat und diese abrundet. Dagegen gewinnt die natürliche Form, wenn Unschönes und Überflüssiges entfernt, wenn nicht nur am Ende der Zweige, sondern auch im Innern des Strauches geschnitten wird. Ein flüchtiger Blick muß schließlich genügen, um festzustellen, was als störend und überständig weggeschnitten werden kann und was bleiben muß, weil es nötig, natürlich und charakteristisch ist. Wo die Zweige sich in die Quere kommen, sich gegenseitig hemmen, drücken oder aufscheuern, da heißt es Platz und Luft schaffen. Wo sich störende Lücken zeigen, kann ein überlegter Schnitt die Bildung von Zweigen erzwingen. Ein kritisches Auge wird einer geschnittenen Gehölzpartie gegenüber sofort gewahr werden, ob mit oder ohne Überlegung, Geschick und Geschmack