Denkschrift Aus Anlass Des Hundertjahrigen Bestehens Der Maschinen Und Lokomotivfabrik
Und Der Vollendung Der Lokomotive Frabriknummer 10.000
År: 1910
Forlag: Henschel & Sohn
Sted: Cassel
UDK: St.f. 061.5(43)Hen
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schäften, welche die Vorbedingung für seine Erfolge waren: eine ernste Lebensauffassung,
eine unermüdliche Arbeitskraft bei höchster Sorgfalt und Gewissenhaftigkeit, ein umfassendes
Wissen auf technischem, allgemein geschäftlichem und sozialpolitischem Gebiet. Mit
schöpferischem Unternehmungsgeist verband er einen klaren Blick und ein bedächtig
wägendes, sicheres Urteil. Von der Verfolgung seiner Zwecke konnte ihn keine Schwierig-
keit zurückhalten. Unentwegt seinen Zielen nachstrebend, häufig unter Ueberanspannung
seiner Kräfte, wußte er die entgegenstehenden Hindernisse durch beharrliche Ausdauer
zu überwinden. In Bezug auf die Güte der Erzeugnisse seiner Fabrik und auf die
Erfüllung eingegangener Verpflichtungen erwarb er sich den Ruf unbedingter Zuver-
lässigkeit.
Die politischen Ereignisse der Jahre 1866 und 1870, durch welche die Grundlage
für die Entfaltung der industriellen Kräfte des deutschen Volkes geschaffen wurde, eröff-
neten auch der Henschelschen Fabrik freiere Bahn für die Betätigung ihrer Leistungs-
fähigkeit, und Oscar Henschel war der Mann dazu, diese glücklichen Zeitumstände, die
seinen Vorfahren versagt blieben, zu benützen. An seiner sicher führenden Hand wuchs
das verhältnismäßig kleine Unternehmen zu einer Weltfirma von erstem Ruf heran.
Mit dem wachsenden Bedarf der Kulturstaaten an Lokomotiven trat in der Fabrik
allmählich der allgemeine Maschinenbau hinter dem Lokomotivbau zurück, der auch in
Bezug auf die Größe der Lokomotiven und die Schwierigkeit der Arbeitsausführung
immer höhere Anforderungen an die Fabrikation stellte. Schon früh wurde auch der Bau
von Straßenbahn- und Kleinbahnlokomotiven und Lokomotiven für industrielle Werke und
Bauunternehmer aufgenommen. Die damals geschaffenen Typen sind zum Teile noch
jetzt mustergültig. Die erste Straßenbahn - Lokomotive war für die Companhia Carris
de Ferro in Porto bestimmt, wurde am 12. Januar 1878 vollendet und ist noch heute
im Dienst.
Bedürfnislos und äußerem Scheine abhold, wie seine Väter, genoß Oscar Henschel
Achtung und Liebe in hohem Maße nicht nur in seiner Familie und bei seinen Arbeitern
und Beamten, sondern auch bei allen anderen, die ihm im Leben näher traten. Der Wohl-
fahrt seiner Arbeiter galt seine besondere Fürsorge. Zahlreiche Arbeiterwohnhäuser wurden
erbaut und zu billigen Preisen vermietet, bereits 1866 eine Pensionskasse für die Arbeiter
gegründet, später ein Kapital zur Unterstützung notleidender aktiver Arbeiter gestiftet und
für 50 jährige Dienstzeit hohe Belohnungen ausgesetzt.
Den Aufgaben des öffentlichen Lebens widmete er sich als Stadtverordneter, als
Mitglied des Vorstandes der Unfallberufsgenossenschaft, als langjähriger Vorsitzender der
Handelskammer, als Mitglied des Kommunal- und Provinziallandtages, des Volkswirtschafts-
rats und der Ständigen Kommission für das technische Unterrichtswesen, sowie einer
großen Zahl wohltätiger und wissenschaftlicher Vereine. Am 27. August 1875 wurde er
Geheimer Kommerzienrat.
Als Oscar Henschel am 18. November 1894 im Alter von erst 57 Jahren aus dem
Leben abberufen wurde, hatte sein einziger, einundzwanzigjähriger Sohn, Karl Anton
Theodor Ferdinand Henschel, geb. am 3. Oktober 1873 in Cassel, seine Studien noch
nicht beendet. Die Verwaltung des Erbes ging daher zunächst auf die Witwe des Ver-
storbenen, Sophie Henschel, über und auf ihres Mannes langjährige Mitarbeiter, den
Ingenieur August Schäffer und den Major a. D. Gerland. Als letzterer am 1. Oktober 1897
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