Die Holzbaukunst Norwegens
In Vergangenheit Und Gegenwart
Forfatter: L. Dietrichson, H. Munthe
År: 1893
Forlag: Schuster & Bufleb
Sted: Berlin
Sider: 205
UDK: st.f. 72(481) die
Mit Einer Übersichtskarte Und 31 Tafeln Nach Alten Denkmälern Und Nach Ausführungen Von H. E. Schirmer, G. Bull, Thrap-Meyer, B. Lange, V. Hannosen. Und H. Munlhe, Sowie Über 220 Textabbildungen
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geschlossen werden, ohne den Raum finster zu machen. Die
Forderung der Wärme hat die Herstellung von Fensteröffnungen,
solange das Glas noch nicht allgemein war, in dem kalten Lande
ausgeschlossen. Wenn sich an diese Halle an der östlichen
Giebelseite ein Kochhaus oder ein sonstiges Nebenhaus an-
schlofs, so führte in der Ostwand eine Thür in dasselbe hinaus.
Are.
Längs der Mitte des Raumes, durch eine steinerne Unter-
lage von dem oft in der Halle etwas vertieften Erdboden
getrennt, lag gerade unter der Ljore der offene Feuerherd
(Arinn), wo die „Langfeuer“ brannten, durch welche die Stube
geheizt wurde, und die — jedenfalls in den geringeren Stuben —
zugleich zum Kochen dienten, indem an einer in den Quer-
balken befestigten schwebenden Stange das Kochgeschirr auf-
gehangen wurde. (Taf. F, Abbild, i u. 2.) Als Mittelpunkt des
Hauses hat in späterer Zeit die „Are“, wo dieselbe vorkommt,
den Stuben den Namen „Arestube“ gegeben. Da die äufsere
und innere Thür rechtwinklig zu einander lagen, erhielt die
Zugluft, die sonst den Rauch in der Halle herumgetrieben
haben würde, keinen direkten Zutritt. Wir erkennen hier die
Bedeutung des Flurs. Der vom Herd heraufsteigende Rauch
zog, nachdem er sich unter dem Dach gesammelt, durch die
Ljore hinaus.
Bänke.
Längs den beiden Langseiten und gewöhnlich auch längs
der Ostseite zogen sich feststehende, ganz geschlossene Bänke
hin, die der Wärme wegen mit Erde gefüllt waren (Muldbank);
an der westlichen Eingangswand, zwischen den Thüren, die
zum Flur und zur Kove führten, stand eine kürzere Bank
(brik). Ein gleichfalls mit Erde gefüllter Fufsschemel zog sich
den Bänken entlang.
Hàseti.
In der Mitte der Bänke der zwei langen Seiten war ur-
sprünglich je ein Ehrensitz (Hàseti, gesprochen Hoseti, mit
offenem 0, eigentlich Hochsitz, auch öndvegi genannt). Je
näher dem Ehrensitze, um so vornehmer war der Platz. Der
vornehmere war an der Nordseite, wo die Sonne einfiel und den
Sitzenden mit Licht umgab. Dieser Sitz war von zwei Säulen
(den sogenannten öndvegissulur) begrenzt, die in der heidni-
schen Zeit bisweilen mit Götterbildern geschmückt und so
heilig waren, dafs mehrere der unter Harald Schönhaar nach
Island ausgewanderten Häuptlinge dieselben nach ihrer neuen
Heimath mitnahmen. Wahrscheinlich hatten beide Ehrensitze
auch Armlehnen. Zu den Seiten der beiden Ehrensitze, auf
deren erstem der Hausherr sich niederliefs, safsen westlich
gegen den Eingang zu die Männer, östlich, nach innen, die
Weiber. Da nun die westliche Hauptthür „Karldyr“ (Männer-
thür) hiefs, so setzt dies wohl voraus, dafs die andere Thür
an der Ostseite, wo sie vorkam, als „Kvennadyr“ (Weiberthür)
bezeichnet wurde.
Tische.
Vor jede der langen Bänke wurden, wenn die Mahlzeit
begann, Tischplatten, die sonst an Ringen an der Wand hingen,
auf Stollen aufgestellt und nach dem Trinkgelage wieder
weggenommen. Wenn die Zahl der Gäste es erforderte, wurde
auch eine bewegliche Bank (forseti) zwischen die Tische und
den Feuerherd gestellt.
Betten.
Im Allgemeinen war die Halle nicht zum Schlafen be-
stimmt. Zwischen den um die Halle herumlaufenden fest-
stehenden Bänken und den Wänden waren jedoch mitunter
Betten (lokhvilur) eingebaut; Panele und dazwischen farbige
Teppiche (tjald) vor den Betträumen verdeckten dieselben. Wo
keine Bettstellen vorhanden waren, wurden die Wände selbst,
zumeist wohl bei festlichen Gelegenheiten, mit Teppichen be-
hangen. An der inneren (Ost-) Wand lagen — nach Keysers
Meinung — kleine, durch Panele abgetrennte Räume mit ver-
schliefsbaren Thüren und so grofs, dafs man sich darin aus-
und anziehen konnte; hier schliefen, meint er, die Weiber, die
Herrschaft des Hauses und die vornehmeren Gäste. Auch in
dem kleinen (westlichen) Oberraum, wie in der Kove standen
gewifs Betten, die immer fest in die Wand gebaut und —
jedenfalls in den späteren Bauernstuben — unbegreiflich kurz
waren. Hauptsächlich schlief man wohl in den unten zu be-
sprechenden Nebengebäuden, den „Loft“ oder „Bur“, zum Theil
auch im Kochhaus.
Physiognomie der Halle.
Von aufsen gesehen war die Halle, wenn wir uns darunter
das ganze Gebäude vorstellen, gewifs nur wenig ansehnlich;
anders von innen. Hier mufs der oft gewaltige Raum, meint
Nicolaysen, einen angenehmen und zu festlichen Zeiten feier-
lichen Eindruck gemacht haben, wenn alles geordnet und ge-
schmückt, zum Feste einladend, da stand. Hierzu mufs nun
aufser der bedeutenden perspektivischen Längenentwicklung
der gröfseren Hallen und der Ordnung des Ganzen besonders
die reiche, gesättigte Farbenwirkung beigetragen haben. Die
dunkeln, gebräunten, vom Rauche besonders oben gleichsam
schwarz polirten Wände, die an denselben prangenden farbigen,
mit Figurendarstellungen und Ornamenten geschmückten
Teppiche, die blanken Waffen, sowie die farbigen Überzüge
der Bänke mufsten einen lebhaften und reichen Eindruck
machen. Vor allem kam aber dazu der malerische Wechsel
von Licht und Schatten, am Tage durch das hohe, reine, ein-
heitliche, durch die offene Ljore einfallende Oberlicht kräftig
hervorgerufen, besonders wenn die oberen Theile der Halle in
dem leicht aufsteigenden, zitternden, bläulichen Rauch des
Herdfeuers fein verhüllt erschienen — wie wir es noch in
den spärlich erhaltenen, der späteren Zeit angehörenden soge-
nannten Rauchstuben beobachten können — und Abends durch
das flackernde Licht des offenen Feuers, das tiefe Schatten
und röthliche Lichter über das farbenreiche Innere der Halle
warf, erzeugt.
Eigenthümliche Arten der Hallen.
Wenn auch die isländischen Berichte von märchenhaft
grofsen Gasthallen (veizluskàli), unter denen z. B. eine 105 Ellen
lang, 14 Ellen breit und 14 Ellen hoch war, nicht immer
glaubwürdig sind, so waren doch im holzreichen Norwegen
Hallen von gewaltiger Gröfse nicht ungewöhnlich. Hallen wie
jene des Sigmund Völsung, in deren Mitte ein grofser Baum
seine Krone ausbreitete, oder jene, durch deren Inneres ein
Bach sich schlängelte, gehören wohl nur dem Reiche der
Fabel an, und solche die quer über die Landstrafse gebaut
waren, die somit durch die Halle lief, als ein Symbol der
unbeschränkten nordischen Gastfreiheit, kamen wohl nur —
wenn sie nicht demselben schönen Reiche angehören — in dem
schwach bevölkerten Island, wo ein wegfahrender Mann eine
erwünschte Abwechslung bot, als Sonderbarkeit vor.
Loft, Bur.
Um das Wohnhaus herum schaarten sich die übrigen Ge-
bäude des Gehöftes, vor Allem das Loft. Wir hören von
Schlaf- oder Bett-,,lopt“ oder „bür“, sowie von Loften, wo die
Weiber sich mit ihren gröfseren weiblichen Arbeiten, Web-
stühlen u. dgl. authielten, von Vorrathshäusern unter ver-
schiedenen, nahe verwandten Namen, wie bür, stokkabür, fata-
bür, utibür, dyngja, skemma, skemmubür. Bei der Skemma
hören wir von Unter- und Oberskemma, (undirskemma und