Die Holzbaukunst Norwegens
In Vergangenheit Und Gegenwart
Forfatter: L. Dietrichson, H. Munthe
År: 1893
Forlag: Schuster & Bufleb
Sted: Berlin
Sider: 205
UDK: st.f. 72(481) die
Mit Einer Übersichtskarte Und 31 Tafeln Nach Alten Denkmälern Und Nach Ausführungen Von H. E. Schirmer, G. Bull, Thrap-Meyer, B. Lange, V. Hannosen. Und H. Munlhe, Sowie Über 220 Textabbildungen
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ihrer vollen Dicke durch das obere Ende der Eckstäbe geführt
und daselbst vernagelt sind, wie ein Anker fest. Die Staflägjen
unter dem Giebel steifen ihrerseits wiederum die Eckstäbe ab
Die Querbalken fungiren hier folglich nicht wie in dem Hänge-
werke der südländischen Dachstühle als Binder, die Dach-
sparren zusammenzuhalten, sondern im Gegentheil als Spann-
riegel, die Wände, die der Druck des Dachwerks aus ihrer
senkrechten Stellung bringen will, auseinander zu halten. Das
Ganze ist somit eine Art Sprengwerk.
Die Dachstuhlschwelle dient, wie der Name sagt, dazu,
den ganzen Dachstuhl zu tragen. Ihre fünfeckige Form
(Abbild. 9) entsteht: 1. durch die wagerechte Liegefläche, wo-
mit sie auf der Hauptstaflägja ruht, 2. durch
die senkrechte Aufsenwandfläche, 3. durch
die schrägliegende Richtung des Daches,
4. durch die Richtung der Untersparren
des Daches, die sie aufzunehmen hat,
5. die fünfte Seite bildet den Übergang
von der vierten Seite zu der wagerechten
Lagerfläche (siehe auch Abbild. 3 x).
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Abbild. 9.
Dachstuhlschwelle.
Über jeder Wandsäule der Oberwand erhebt sich nun
von der Dachstuhlschwelle ein in die Schwelle eingeklemmter
Dachbinder. Jeder Binder besteht aus einem Paar Sparren
(altnorw. räfrvidir Abbild. 3 y), das von einem Paar Unter-
sparren, mit denen es eine Scheerenform bildet (Abbild. 3 z),
zusammengehalten und von einem quer über dies letztere Paar
gehenden Querriegel („dem Hahnbalken“ Abbild. 3 a), der
mittelst eines rundbogigen Bugverbandes mit den Untersparren
den sogenannten Kielbogen, den eigentlichen bindenden Balken
und den stärksten Punkt der ganzen Dachkonstruktion bildet,
versteift wird. Auf die Sparren des Dachstuhls werden die
wagerecht liegenden „Aasen“ (Abbild. 3 ö) gebracht, an welchen
die untere Dachfläche befestigt ist. Auf beiden Giebelspitzen
ruhend, liegt der ganzen Länge des Schiffes entlang der ge-
waltige Firstbalken (norw. Rygaas, Mönsaas in Abbild. 3 å)
gegen den sich alle Sparren mit ihrem obersten Ende stützen.
Auf dem Firstbalken ruht, auf der Aufsenseite der Kirche
sichtbar, ein durchbrochener Firstkamm (nach den Borsten des
Schweines norw. Bust genannt), der ursprünglich gewöhnlich
in grofse Drachenköpfe endigte (Abbild. 4).
Während die Sparren in den Firstbalken laufen, werden
sie durch schräg längs der unteren Dachfläche laufende Quer-
balken (Abbild. 3 ß}, Schwerter oder Skorden genannt, gestützt.
Dieser Name wird auch bei den äufseren Strebebalken ge-
braucht, die in stürmischen Gegenden, besonders längs der
Meeresküste, dazu dienen, die Aufsenwände der Kirche zu
stützen, da sie mit ihren unteren Enden in der Erde befestigt
sind, während das obere Ende sich schräg gegen die Staf-
lägja stützt.
Die Untersparren dagegen werden unter sich durch um-
gekehrte Rundbögenbüge, die sich an die vierte Seite der
Dachstuhlschwelle stützen und ihre Arme aufwärts kehren, ver-
steift (Abbild. 3 «).
Auf den über die Sparren (altnorw. räfr) gelegten
„Aasen“ (altnorw. åsar) ruhen die Dachbretter (Abbild. 3 f), die
gegen die Witterung durch die schon genannten aufgelegten
schuppenähnlichen Schindeln geschützt werden.
Da der Dachstuhl der Stabkirche ursprünglich immer offen,
d. h. vom Schiff im Innern aus sichtbar, also nicht verschalt war,
so ist dieser Theil besonders bei künstlicher Beleuchtung durch
die eigenen Licht- und Schattenwirkungen von eigenthümlicher
Wirkung gewesen. Die in fast allen Stabkirchen später ein-
gelegte flache oder gewölbte Verschaalung (norw. Himling)
scheint in der Regel in der ersten Hälfte des 17. Jahrhunderts
angebracht worden zu sein, da die offiziellen Berichte aus der
Zeit von 1650 und 1660 nur ausnahmsweise von den fehlenden
„Himlingen“ als von einem Mangel sprechen, während die
Visitatsbücher des Oslobischofs Jens Nielsen aus den letzten
Decennien des 16. Jahrhunderts noch sehr viele Kirchen mit
offenem Dachstuhl nennen.
Endlich schliefst der Dachreiter das ganze Gebäude nach
oben ab; quer über den Firstbalken legen sich über zwei
Sparren des Dachstuhls zwei mächtige Balken in einem Ab-
stande, der die Länge des Dachreiters bezeichnet. Diese Balken
werden durch Querhölzer in der Längenrichtung der Kirche
an den Endpunkten verbunden, und von diesen Punkten senken
sich zwei Eckstäbe auf die zwei Seiten des Daches, so dafs
sie ungefähr in der Höhe des Kielbogens auf den Sparren
des Dachstuhls ruhen. Diese Stäbe erheben sich aufser-
dem so hoch in die Luft, wie die Höhe der Wand des
Dachreiters werden soll. Die Wände werden dann aus ein-
gesetzten Bohlen mit durchbrochenen Ornamenten gebildet,
die meistens aus Kreisen mit geschwungenen Linien bestehen und
eine zufällige Erinnerung an das gothische Maafswerk wach rufen.
Das Dach des Dachreiters ist ein Satteldach nach der Längen-
richtung des Gebäudes, mit Giebeln nach Osten und Westen, wie
das Mittelschiff. Oft setzt sich auf den Dachreiter noch ein
kleiner Thurm mit spitzem Helm, ganz in derselben Weise vom
Dache des Dachreiters wie dieser vom Kirchendache entwickelt,
auf; diese Spitzthürme sind jedoch nur an den jüngsten Stab-
kirchen ursprünglich. Gewifs gehören sie alle jedenfalls erst
der gothischen Stilperiode, der Zeit von 1250 -1500 an.
Die östliche Wand des Schiffes ist in ihrem unteren Theile
nicht geschlossen, sondern öffnet sich gegen die Chorab-
theilung (altnorw. Songhus d. h. Gesanghaus, Mefshaus). Dieser
Theil wird in der Hauptsache nach denselben Grundzügen wie
das Schiff der Kirche gebaut. Der Eingang zum Chor (die
Choröffnung Abbild. 2) wird von zwei fünfeckigen Wandsäulen
begrenzt. Von der gegen Osten gekehrten Seite dieser Säulen
laufen auf einer Gründschwelle und unter einer entsprechenden
Staflägja auf beiden Seiten die Nord- und Südwand, die den
Chor von dem Laufgange trennen. Diese Wand schliefst den
eigentlichen Chor zwischen den 4 genannten Säulen ein, dessen
Gestalt sich gewöhnlich der quadratischen, bisweilen sogar
der kubischen Form nähert, indem Länge, Breite und Höhe
gleich sind. Die Ostwand des Chors ist wieder durch-
brochen, wie es die Ostwand des Mittelschiffes war, und schlifst
mit einer halbrunden Nische, Apsis, ab. Da wir keine sicher
bestimmte, ursprüngliche Apsis besitzen, entlehnen wir die fol-
gende Schilderung der Apsis der Kirche zu Borgund, über
deren ursprüngliche Zugehörigkeit zur Kirche jedoch Zweifel
aufgestiegen sind. (s. Abbild. 2). Die zwei Rundstäbe des Ost-
chores kehren eine Rinne gegen einander, in welche auf jeder
Seite eine auf der Schwelle der Ostwand emporgerichtete Bohle
eingespundet ist. Vor die hintere d. h. östliche, mit einer
vertikalen Rinne versehenen Seite dieser Bohle legt sich eine
halbrunde, von krumm gewachsenen oder künstlich gebogenen
Hölzern gebildete Grundschwelle, und vom Centrum dieser
Schwelle ziehen sich 2 oder 3 radiale Grundschwellen, die halb-
runden Schwellen schneidend, bis zu dem Abstande der Wand
des Laufganges hin. Auf der halbrunden Schwelle erhebt
sich die innere Hinterwand der Apsis, und auf einer in den
Endpunkten der radialen Schwellen liegenden zweiten Schwelle
die Wand des Laufganges. Da, wo sich die Radialschwellen
und die halbrunden Schwellen schneiden, erheben sich die
Wandstäbe, in die die Wandbohlen eingespundet werden, eigen-
thümlich genug von der genannten Rinne der in den östlichen
Stäben des Chores eingespundeten Bohlen, nicht wie gewöhn-
lich von den Stäben ausgehend. Die zwei konzentrischen
Schwellen entsprechen natürlich zwei halbrunden Staflägjen.
Diese Eigenthümlichkeit: eine Reihe Bohlen in die breite
Seite einer Bohle anstatt in einen Stab einzuspunden, scheint
namentlich in dem oberen Theile des Perivalium, wo die Bohlen
über dem Dache des Laufganges der Luft ausgesetzt sind, eine
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