Die Holzbaukunst Norwegens
In Vergangenheit Und Gegenwart
Forfatter: L. Dietrichson, H. Munthe
År: 1893
Forlag: Schuster & Bufleb
Sted: Berlin
Sider: 205
UDK: st.f. 72(481) die
Mit Einer Übersichtskarte Und 31 Tafeln Nach Alten Denkmälern Und Nach Ausführungen Von H. E. Schirmer, G. Bull, Thrap-Meyer, B. Lange, V. Hannosen. Und H. Munlhe, Sowie Über 220 Textabbildungen
Søgning i bogen
Den bedste måde at søge i bogen er ved at downloade PDF'en og søge i den.
Derved får du fremhævet ordene visuelt direkte på billedet af siden.
Digitaliseret bog
Bogens tekst er maskinlæst, så der kan være en del fejl og mangler.
34
gebäude Italiens kann wohl auch die Sage hervorgerufen haben.
Es ist indessen gewifs mehr als eine blofse Wahrscheinlichkeit,
dafs die königlichen Bekehrer Norwegens Haukon der Gute, Olaf
Tryggvessön und Olaf der Heilige zum Theil aus England
angelsächsische Baumeister nach Norwegen mitgebracht haben,
jedenfalls für ihre Steinkirchen. Liegt es doch schon
in dem Bericht, dafs sie „Priester“ aus den britischen
Inseln mitbrachten, denn dieser Begriff schlofs ja bei den
Angelsachsen im hohen Grade die Baufähigkeiten ein, die dann
wohl auch bei den Stabkirchen wirksam gewesen sein können,
auch wenn man sich nicht auf die Behauptung Arendts stützen
kann, dafs sich in der Stabkirche zu Gjevedal eine angel-
sächsische Inschrift befunden habe, welche die Bauzeit der
Kirche auf 1155 datirte, was höchst unwahrscheinlich klingt
(die Schlacht bei Hastings fand 1066 Statt).
Ebenso wahrscheinlich aber wie es ist, dafs angelsächsische
Baumeister jedenfalls bei der Errichtung der ältesten Stabkirchen
mitgewirkt haben, ebenso sicher ist es, dafs verschiedene dieser
Kirchen einheimische Baumeister hatten. Nicht nur errichteten,
wenn man den Königschroniken Glauben schenken darf, und wie in
einem Falle auch ein Diplom nachweist, schon in der Zeit Olafs des
Heiligen (1015 —1030) die Bauern selbst in den entlegensten
Thälern (z. B. Garmo) gleichzeitig eine so grofse Menge Kirchen,
dafs es unmöglich wäre, für alle angelsächsische Baumeister
anzunehmen, sondern mehrere Kirchen, wie die Kirchen von Aal
und Torpe in Hallingdal, geben ganz unumwunden ihre norwe-
gischen Baumeister durch Inschriften an: „Thorolf machte diese
Kirche“ heifst es in beiden. An diesen Namen knüpften sich die
Namen der Bauleute, die alle einen spezifisch norwegischen Klang
haben. Aufserdem ist wohl anzunehmen, dafs die norwegischen,
Namen, die hie und da in Runenschrift an Stellen der Kirchen
die, wenn die Gerüste weggenommen waren, unzugänglich wurden,
sich finden, die norwegischen Baumeister dieser Kirchen andeuten,
wie jenes „Asgrim“ in der Kirche von Hurum; bestimmt geben
„Sigurdr“ und „Bärthor“ in der Kirche von Lom zwei Männer
an, die beim Kirchenbau beschäftigt gewesen sind. Sicher ist
deshalb, däfs norwegische Stabkirchenbaumeister um und nach
1200 nachgewiesen werden können. (Auch die isländischen
Holzkirchen zu Skaalholt und Hole hatten einheimische Bau-
meister, sowie auch die Steinkirche zu Thingvold in Nordmöre).
Sollte nun ein so früh in Norwegen von dessen
eigenen seit uralten Zeiten holzbauenden Söhnen ausgeübter
Kirchenbau wirklich nur eine sklavische Nachahmung der
angelsächsischen Kirchen gewesen sein? Und sollten diese keck
emporsteigenden, wie aus der kräftigen Bergnatur hervorge-
sprossenen Bauten nichts enthalten, was vom Volke selbst her-
rührte und dem Klima und den nationalen Eigenthümlichkeiten,
denen sie dienen sollten, entwachsen wäre? Sollte wirklich
alles nur kirchlich-angelsächischen Vorschriften gemäfs ausge-
führt sein?
Von den Angelsachsen mögen unsere Stabkirchen gewifs
im Grofsen und Ganzen ihr Gepräge empfangen haben. Nicht
nur mag die dreischiffige Anordnung am wahrscheinlichsten
sich in England und in den von irischen Mönchen auf dem
Kontinente aufgeführten Kirchen entwickelt haben; ganz sicher
ist das ganze System des Einspundens und Einzapfens, das
erste grofse Sondermerkmal der Stabkirche, sowie auch die
dem Steinbasilikenbau entnommene, dem Ritus entsprechende
Anlage dem Auslande zu verdanken, auch die Ornamente der
ältesten Reihe unserer Kirchen reden unzweideutig von irischem,
die Verschlingungen der späteren von angelsächsischem und
anglo-normannischem Ursprung.
Andererseits ist aber ebenso sicher, dafs die Stabkonstruktion
in Norwegen schon vor der Bekehrung des Landes bekannt
und vielfach geübt war. Der Giebel der Grabkammer des
hochinteressanten Vikingerschiffes, das vor einigen Jahren bei
Gogstad ausgegraben wurde, zeigt uns diese Konstruktion in
derselben primitiven Weise, wie sie in der Greensteader Kirche
sichtbar ist, und es ist ebenso sicher, dafs Heuboden und Boots-
häuser von Stabwerk schon in der Zeit der Vikinger in Nor-
wegen vorkommen; möglich ist es, dafs der Anstofs hierzu auch
von denselben angelsächsischen und irischen Ländern ausge-
gangen ist, von denen das jüngere Eisenalter Norwegens die
Elemente seiner besonders auf metallenen Gegenständen er-
haltenen Ornamentile empfangen hat. Dagegen glaube ich deu
Ursprung der Dachkonstruktion und der Bug- und
Knieverbindungen, des zweiten grofsen Sondermerk-
mals des Stabkirchenbaues, Norwegen selbst zuschreiben
zu dürfen.
Die offenen Dachstühle der Stabkirche sind von den uns
in südlichen Kirchen bekannten (San Lorenzo fuori le
mura bei Rom, San Miniato bei Florenz u. a.) prinzipiell ver-
schieden, da die letztgenannten ein Hängewerk bilden. Dagegen
besitzen die normannischen und anglonormannischen Länder offene
Dachstühle aus Sprengwerk, die denen unserer Stabkirchen
verwandt sind. Die uns bekannten unter diesen, wie die be-
rühmten Dachstühle der Westminster-Hall, des Kapitelhauses
der Kathedrale zu Exeter, der Halle zu Eltham, von St. Stephan
in Norwich u. a. gehören ohne Ausnahme einer weit späteren
Zeit und einer weit höheren Entwickelung an, als die Dach-
stühle der Stabkirchen, ja selbst die ältesten uns bekannten
Sprengwerke, die in der Normandie vorkommen (Rouen,
Hargnies u. a.), sind jedenfalls nicht älter als die Periode, in
der das Dachwerk unserer ältesten Stabkirchen fertig dage-
standen haben mufs. Es fragt sich nun, ob jene ausländischen
Dachwerke ihren Ursprung in England und der Normandie
oder in Norwegen zu suchen haben. Das kann, meint Nico-
laysen, mit dem ich mich hier im Widerspruch zu befinden be-
dauere, nicht ausgemacht werden, weil wir das Dachwerk der
Angelsachsen nicht kennen. Damit bin ich zwar einverstanden,
wir können aber jedenfalls aus dem wenigen, was wir wissen,
bestimmte Schlüsse ziehen. Denn vollständig vermissen wir
doch nicht Aufserungen über das Dachwerk der angelsächsischen
Kirchen. Wir hören zu wiederholten Malen bei den Kirchen
von „Opus Scoticum“, dafs sie „arundine tecto“, also ein leichtes
Dach von Rohr oder Schilf hatten; es wird auch von Zweigen,
die wohl auf den öfters erwähnten Latten ruhten, als Dach-
deckung gesprochen. Zu einem solchen leichten Dachwerk
stimmen aber die massiven, schweren Dachstühle, die wir in
den norwegischen Stabkirchen finden, nicht. Es ist mehr als
wahrscheinlich, dafs man in unserem vom Unwetter stark
heimgesuchten Lande mit den grofsen Schneemassen
und den Winterstürmen das Vorbild für das Dachwerk
der Kirchen bei jenen leichten angelsächsischen Kirchendächern
nicht suchen konnte, sondern hier ist ein anderer Weg einzu-
schlagen.
Hier aber tritt die Wahrheit der Bemerkung Nicolaysen
in ihr volles Recht: Wir können nämlich meiner Meinung
nach unmöglich wissen, ob sich vielleicht ein massiveres Dach-
werk bei den Angelsachsen in den letzten Jahrhunderten vor
der Bekehrung Norwegens entwickelt hat; es wäre darum nur
in einem Falle möglich, eine bindende Schlufsfolge über den
Ursprung der norwegischen Dachstühle abzuleiten, wenn es
uns nämlich nachzuweisen möglich wäre, dafs die Form des Dach-
stuhls in irgend einem Sonderverhältnifs zu dem einen oder dem
anderen der fraglichen zwei Völker stände, dafs sie deutliche
Merkmale trüge, dafs sie sich aus den dem einen oder
dem anderen Volke eigenthümlichen Lebensbedingungen ent-
wickelt hat, mit anderen Worten: wenn wir die Grundform
und das Prinzip der norwegischen Kirchendachstühle als anderen
uralten, sei es norwegischen oder angelsächischen Bauformen,
die dem einen Volke ausschliefslich angehören, entwachsen
nachweisen könnten, wodurch denn das Eigenthumsrecht des
anderen Volkes zu diesen Formen ausgeschlossen wäre. Es