Illustrirte Naturgeschichte Des Thierreichs
Vierter Band
Forfatter: Eduard Pöppig
År: 1851
Forlag: Verlagsbuchhandlung von J. J. Weber
Sted: Leipzig
Sider: 296
UDK: St.f. 59 Pöp
Naturgeschichte der wirbellosen Thiere
Mit 1558 Ubbildungen
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Drille (Øtbnung. Kautfitigler.
Kers c.
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zwei am Rande sLgezahnigen, auf ben platlen Seilen
raSpelarlig scharfen Slåttern (Jig. 3040. 3041.) besteht,
die fich zwischen einer zweiklappigen ffeischigen Scheide
Hin- und herbewegen. Ein besonbereS System von klej-
nen Muskeln regiert biese unb giebt ihnen Hinreichende
Krast, um auf verhaltnihmahig Harre Korper einzuwir-
ken. Hat eine bieser Blattwespen einen paffenben Zweig
entbeckt, so nimmt ste aufihm eine feste Stellung, krummt
ben Korper nach unten um unb beginnt an einem Octe, ben
ste nicht wieber verfehlt, fine Furche mittels ihres Werk-
zeugeS einzuschneiben. Nachbem biese bie gehorige Tiest
erreicht, empfangt ste ein Ei, welches mit einem schaumigen
Safte angeleimt unb uberzogen wirb. In einer gerin-
gen Entfernung von biefent Punkte wirb bieselbe Ar-
beil sogleich wieber vorgenommen unb so fort, bis ber
ganze, auf 16 — 20 fich belaufenbe Vorrath von Eiern
erschopft ist. Als Beweis eiserner Ausbauer mag bie
von Reaumur beobachtete Thatsache bienen, bah zehn
Stunben eifriger unb ununterbrochener Arbeit znr Her-
stellung von sechS Einschnitten erforbert werben. Die
Verletzungen beS ZweigeS gehen nicht tiefer als bie
Schicht beS SplintS, reichen aber um so inehr hin fur
bie kleinen Eier, als bie WunbrLnber ber Rinbe balb
anschwellen, fich erheben unb uber bas Ei Hald wegrol-
len. Fur bie Larve bleibt Hinreichenber Raum zuin
Ausschlupfen. Immer lebt biese von ben Blattern beS
BaumeS over StraucheS, auf welchem fie auSkam. Die
Beschrankung bestimmter Arten von Blattwespen auf
bestimmte Pflanzen erklart bie Berwustung, welche ihre
Larven bisweilen anrichten. In manchen Jahren wer-
ben JohanniSbeeren unb Stachelbeeren von ber kleinen
Larve einer unansehnlichen Blattwespe (Nematus ribesii
Jig. 3042. aaa) so heimgesucht, bah nach wenigen Wo-
chen auch nicht ein Blatt unverletzt bleibt unb bie
Strauche bem llntergange nahe kommen. Aus ben von
Reaumur angestellten Versuchen scheint fich zwar zu er-
geben, bah jene Blattwespe ihre Eier einfach an bie
Nerven ber utiteren Blattseite (b) anklebe, inbessen ist
eS wahrscheinlicher, bah auch fie Einschnitte, Wenn gleich
sehr feine unb bem Beobachler leicht entgehenbe, mache.
Die Larven pflegen im Frefsen fich nur auf bie Vorber-
beine zu stutzen, (dd) gesaltigt stch zufammenzurollen
(c); fie finb grun mit gelben Zeichnungen, mit erhabe-
nen, rauhen, schwarzen Punkten bebeckt unb haben stchs
wahre, sechzehn Afterfuhe. Die Larven ber Weiben-
BlattweSpe (Nematus capreae) unb ber Ellern-
BlattweSpe (N. aini) jig. 3043. a b entblSttern in
manchen Jahren jene BLume fast vollstanbig. Die Wei-
ben- Blattwespe erscheint im Jruhjahre unb legt ihre
Eier in einer runben Gruppe an bie Unterseite, aber
nicht an bie Nerven bes BlatteS. Zur Erlauterung beS
allgeineinen AnfehenS ist unter Jig. 3044. bie grune
Vla1tweSpe (lentbredo viridis) abgebilbet. Sie ist
gelbgrun, obenher schwarz, grun gescheckt unb Hat
Juhler von ber ganzen Lange beS BruststuckeS unb
KopfeS, ihre Larve lebt im Sommer auf DolbengewLch-
fen. Den Rosen schabet eine Hylotoma (H. rosae), beren
Eierlager oben (Jig. 2901.) abgebilbet warb, unb von
ber sogenannten Afterraupe (ber Larve beS zu ben Blatt-
wespen gehorenben Lophyrus pini) Werben junge Fich-
tenpflanzungen bisweilen sehr beschabigl.
Zweite Familie.
Holzwespen.
Legerohre brehrunb, stark, vorgestreckt. Kopf an
bas Bruststuck gepreht. Erster Brustring groh, nach
born abgestutzt ober abgerunbet, felten zugespitzt. Hin-
terleib flach, ungestielt. Larven stchsbeinig, im Holze
lebenb.
Unter ben Hautfluglern gehoren bie Holzwespen zu
ben grohlen. Wie schon ber Name anbeutet, finb fie
Vewohner von Walbern, in Europa zumal von Nabel-
Holzern unb baher im Suben unb auf Ebenen feltener,
als im hhheren Norben unb auf Bergen. Maupertuis
IV. Band.
begegnete ber Riesenholzwespe (Sirex gigas) jig.
3045. in Lapplanb. Sie ist an zwei Zoll lang, schwarz,
am Bauche gelb geringelt, hat bunkelgelben Rucken,
Beine unb Augen, fabeiifhrmige, vielglieberige juhler,
abgestutzlen ersten Brustring unb finbet fich subwartS bis
in bie Schweiz, jeboch felten sublicher. Bei allen Gat-
tungen bieser jamilie offnet bas Weibchen ein Loch,
welches burch bie Rinbe bis in bie Luhersten Holzschich-
ten ber Baume einbringt, unb setzt in baffelbe eineS sei-
ner kleinen, spinbelformigen Eier ab. AlS Werkzeug
bient eine lang vorragenbe, zwischen zwei Scheiben ein-
geschlossene Sage. Die ziemlich grohen, strohgelben
Larven, welcke auherlich einige Aehnlichkeit nut ben En-
gerlingen haben unb zur Eniwickelung aus bem Ei fie-
ben Wochen beburlen, viel fressen unb rasch wachsen,
burchhohlen ben Stamm, machen fingerbicke, stchs Zoll
ties bringenbe Gange unb verpuppen fich enblich. Da
fie zahlreich in bemselben Stamme auSkommen, so lLht
fich benken, bah sie eine nicht geringe Berwustung Her-
bei zu fuhren vermogen, bie an bem noch stehenben
Baume nicht immer fich kunbgiebt. Sie tonnen imNutz-
holze weit verschleppt werben unb, bei unvorfichtiger
Anwenbnng von grunem Holze zu Balken, GebLube in
Gefahr bringen, wenn sie Zeit behalten, fich in bemsel-
ben zu entwickeln. Als Puppe leben fie im jruhjahre
nur brei Wochen; verpuppen fie fich aber im Herbste, so
kommen fie alS ausgebilbetes Jnseet erst bei Wieberkehr
milber Witterung zum Borscheine. Viele theilS sehr
grohe Holzwespen, welche eigene Gattungen auSmachen,
bewohnen bie Urwalber ber Tropenlanber.
Zweite Gruppe. Puppenfreffer. Hinter-
leib gestielt. Larven mit Fuhen.
Dritte Familie.
Evaniaben.
Hinterleib mittels eineS Stieles an ben oberen Theil
ber Hinterbrust befestigt. juhler breizehn- biS sechzehn-
glieberig. Obere Taster sechs- untere Taster vierglieberig.
Mit ben Evaniaben beginnt eine zweite naturliche
Gruppe ber Hautflugler, bie man Puppenfrefser nennt,
weil ihre fuhlosen Larven im Kbrper anberer Jnsecten
fich entwickeln unb biese auszehren. Sie gelangen bort-
hin entweber alS Eier, welche bas Weibchen in ben an-
gebohrten fremben Leib schlupstn lieh, ober als Larven,
bie neben ben ihnen zur Nahrung bestimmten Larven an-
berer Jnsecten ausgekrochen finb. Auf letztere Weist le-
ben bie Evaniaben. Im auSgebilbeten Stanbe weilen
fie vorzuglich auf Blumen unb finb leicht kenntlich an
ber Sitte, wLhrenb ber Ruhe ben Hinterleib hoch empor-
gestreckt zu tragen. DeS Nachts ober bei Irubem Wet-
ter hangen fie mittels ber Oberkiefer fast stnkrecht an
Blattern unb Pflanzenstangeln, verrathen bei heihem
Wetter viele Lebhaftigkeit unb geben sanbigen Orten unb
Haiben zum Wohnorte ben Borzug. AlS Typus bieser,
manche sehr Heine Kerfe enthaltenben Familie bient bie
Gattung Evania, von welcher jig. 3047. eine Art
stark vergrshert barstellt, bie zu ben minber gemeinen
gehort, gegen bie Schaben (Blatta) einen erbitterten
Krieg fuhrl unb schwarz gefarbt ist.
Vierte Familie.
Goldwespen.
Hinterleib auS brei biS vier Ringen bestehenb, mit-
tels eines sehr kurzen StieleS an ben Unletlbeil ber Hin-
terbruft befestigt. Vorberflugel mit wenigen Abern burch-
zogen, Hinlerflugel fast aberloS. Legerohre gegliebert,
zuruckziehbar, an ber Spitze mit kurzem stechenben Sta-
cbeL juhler uber bem Munbe eingefetzt, breizehnglie-
berig.
Sehr lebhafter Golbglanz bei rother, gruner ober
blauer Jårbung unb eine kurze, gebrungene Gestalt
macht biese Hautflugler kenntlich. Man hat fie nichtmit
Unrecht ben Kolibris verglichen, benen fie weber an
Ebelsteinglanz noch an rastloser Beweglichkeit nachste-
Hen. Sie lieben offene Orte unb heihen Sonnenschein,
halten fich gern auf Blumen auf, legen ihre Eier in frembe
Nester, vorzuglich jene ber ungefeffig lebenben Jmmen,
rollen fich, wenn gefangen, so genau in eine Kugel zu-
sammen, bah alle vorragenben unb verletzbaren Theile
geschutzt finb, unb vermogen nicht zu stechen. Eine ber
schonsten ist bie unter jig. 3048. stark vergrohert abge«
bilbele gemeinc Golbwespe (Chrysis ignita) mil
spangrunem Kopfe unb Bruststucke, golbigem, an ber
Spitze vierzLhnigem Hinterleibe.
Fuitsle Familie.
Pteromaliden.
Charakter im Allgemeinen ber vorhergehenben Fa-
milie, jeboch : Flygel mit Ranbnerven, Ranbmal unb be-
sonberen Ranbmahlnerven (Jig. 3049. a); Legerohre
kaum zuruckziehbar; juhler gebrochen, mehr ober minber
keulenfbrmig. Taster kurz, nicht ober kaum vorragenb,
zwei- biS vierglieberig, feltener funf- bis sechsglieberig.
Zufolge ber Angabe eineS -ausgezeichneten beulschen
Entomologen kommen in Deutschlanb allein an eintau-
senb Arten bieser Familie vor. Sie finb von kleiner
Gestalt, ber Mehrzahl nach fast mikroskopisch, aber im-
mer mil sehr lebhaflen Farben geschmuckl unb melal-
lisch glLnzenb. Ihre Eier legen fie in bie Korper anbe-
rer Jnsecten; manche der kleinsten Arten bohren zu je-
nem Behufe sogar Jnsecleneier an. Die hierher gehb-
renbe Gattung ChalciS zeichnel fich aus burch sehr
verbickle, am Grunbe gespornte, ber Lange nach ge-
zahnle Schenkel ber Hinterfuhe (Fig. 3949. b), bie
aso eine Aehnlichkeit mil jenen ber Donaeien unter
ben KLfern (d) haben. Die Fuhler finb schwach ver-
bickl (c). Die bickschenkelige ChalciS (Ch. cla-
vipes e) ist auf Blumen nicht sekten.
Sechste Familie.
Proetotrnpiden.
Charakter im Allgemeinen ber vorhergehenben. Fa-
milie, jeboch Fuhler nickt gebrochen, fabenformig, bei
ben Weibchen bisweilen keulenformig, mit verlLngertem
Grunbgliebe. Taster nicht vorragenb. Legerohre bisweilen
zuruckziehbar, an ber Spitze bes Hinlerlei beSangebracht.
In Hinfichl auf Ledensweise habeu bie Proctotrupi-
ben sehr viel Aehnliches mit ben Ptervmaliben. Sie
finb unansehnlicher alS biese, ebenfallS sehr klein, stel-
len auSnehmenb viele Arten bar, toutben aber bisher
nicht so beachlet unb untersucht wie anbere Hautflugler.
Siebenie Familie.
Gallwespen.
Charakter im Allgemeinen ber vorhergehenben Fa-
milie, jeboch: Hinterleib meist stark zusantmengebruckl
unb untenher gekiell, Hinten mit einer Rinne sur ben
am Grunbe spiralisch zusammengetounbenen Legestachel
versehen. Fuhler nicht gebrochen, meist vorgestreckt.
Gallwespen finb bisweilen sehr Heine, gerabe micht
lebhaft gefLrbte Jnsecten, bie man im gemeinen Leben
wohl immer uberfieht, obgleich Jebermann bie Erzeug-
nisse ihrer ThLtigkeit, bie Pflanzengallen, kennl. Man
belegt mit biesem Namen kurzweg bie beerenformigen
grunen ober auch bunten Auflreibungen an BlLttern
unb Blatlstielen, bie IheilweiS kornichen ober sogar
sasrigen frembarligen Gebilde, bie an Zweigen unb an
saftigen Rinben von StrLuchen fich auSbilben, im In«
neren allezeit hohl finb unb entweber Eier ober Lar-
ven enthalten, inbem bie GallweSpe bie Oberflache beS
BlatteS ober ber Rinbe anbohrl, borlhin ein Ei legt unb
somit einen Reiz unb vermehrtes Zustromen von Flus-
sigkeit nach jener Stelle Hervorbringt. 3c nach ber
Art ber Pflanze nehmen biese Aftergebilbe eine be-
stimmte, wenigen Beranberungen unterworfene Gestalt
an. Wie ubrigens ein an fich krankhafles Erzeugnih
in ber Gestalt fich immer gleich bleiben kbnne, so bah
ziemlich jebe Art von Galltoespe eine besonbere Art