Illustrirte Naturgeschichte Des Thierreichs
Vierter Band
Forfatter: Eduard Pöppig
År: 1851
Forlag: Verlagsbuchhandlung von J. J. Weber
Sted: Leipzig
Sider: 296
UDK: St.f. 59 Pöp
Naturgeschichte der wirbellosen Thiere
Mit 1558 Ubbildungen
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Kerfe.
Vierte Vrbnung. Uetzflugler.
lethargischen Zustanbe. Zeilig iin Fcfihjahre kommen
fie Hervor, finden bald einen passenben Ort zur Anle-
gung eines NesteS, beginnen sogleich den Bau, machen
Zellen , legen Gier in dieselben und samineln Honig, Ge-
schafle, die oft zusammen keine volle Stunde erfordern.
Diese erste Brut besteht fast nur auS Arbeitern, die der
Mutter eifrig Hilfe leisten, die nachste, im August erschei-
nende auS grohen und kleinen Weibchen und Mfinnchen.
Die Arbeiter besorgen bie Larven und Puppen ; fie off-
nen die letzteren durch einen Bih am ffinften Tage und
befreien hierdurch das vollkommene Jnsect. DaS Jn-
nere deS BaueS enthalt keine regelmLhige Waben, son-
dern Haufen von Zellen, die Hochstens auf kurzen Hori-
zontalen, von Wachssaulen getragenen Plattformen an-
gebracht find, Puppen, Honig oder Blumenstaub ent-
Halten. Der Mutter der ganzen Familie wird es sehr
schwer, ihre zweile Brut vor der ersten zu retten, welche
mit Gewalt von den @iern weggetrieben toerben muh.
Nach 8 — 12 Stunben vergeht aber jetten alteren Ar-
beitern der morderische Appetit; sie nehmen sich fortan
der Larven treulich an. Sobald die Weibchen ausge-
krochen, steht der Mutter oder Konigin ein neuer Kamps
bevor; fie sucht jette auszutreiben oder doch an der Be-
fitznahme getoiffer Zellen zu hindern. Nachdem auch
die jungen Weibchen mit einander gefochten, tritt Ruhe
ein ; jene legen Eier, auS toelchen nur Mannchen eitiste-
Hen, die nun tvieder mit der grKheren Art von Weib-
chen fich paaren, toelche darauf in die seitlichen Hohlen
deS Baues fich zurfickziehen. Mit Eintritt der Win-
terkalie sterben alle fibrige Betoohner des Baues und
toahrscheinlich auch die Konigin, die ihn im Fruhjahre
begrundete. Die Erdhummel (Fig. 3101. a Mannchen,
b grohere Weibchen, c Geschlechtslose) ist schtoarz, auf
dem Vordertheile der Brust und auf dem zweiten Hin-
terleibringe mit gelber Binde geziert. — Die MooS-
Hummel (B. muscorum) Fig. 3103. wohnt gleichfallS
in einer gegen 6 Zoll breiten Erdhohle, fiber ivelcher fie
einen domformigen Haufen von zusammen gefitztem
Moos, trockenem GraS und Pflanzenfasern aufthfirmt
(Fig. 3104. A Mooshummeln bei der Arbeit, B Aeuhe-
reS deS NesteS). Hierbei unterstfitzen fich mehrere Jn-
dividuen, die, in einer Reihe von dem Orte, wo das Bau-
material fich findel, bis zum Bauplatze stehend, fich das
Bfindel von MooS zuivalzen. Zu dem Jnneren des
DomeS (Fig. 3105.), in welchem die Zellen ohne strenge
Ordnung neben einander befestigt sind (Fig. 3103.), ffihrt
oft ein 12 — 15 Zoll langer, % Zoll breiter bedeckter
Weg, der eben breit genug ist , eine einzige Hummel zu-
zulassen. Der HauShalt dieser Art gleicht ganz dem
der vorher beschriebenen. Sie ist kleiner, auf dem Bor-
derrficken unrein orangengelb gesarbt, auf dem Hinier-
leibe mit mehreren gelblich grauen Ringen gezeichnet.
Eine von der beschriebenen ganz verschiedene In-
dustrie entwickeln die gleichfallS zu dieser Familie geho-
renden Anthophoren (Anthophora), bie im Allgemeinen
noch viel Aehnlichkeit mit kleinen Hummeln haben.
Eine (A. retusa Fig. 3106.) bauet aus Lehm, kleinen
Steinchen unb Strahenkoth ihre Zellen in Mauerrifsen
ober auf unebenen Flfichen unb bebeckt fie mit einem
Halbkugeligen Gewblbe auS benselben Stoffen (Fig.
3107.), welches nur an einer Stelle eine kleine Oeff-
nung Hat (Fig. 3108.). Niemals finb viele Zellen vor-
Hanben, benn bie Nachkommenschaft besteht nur aus
Mannchen unb Weibchen, nicht auS Arbeitern, unb so-
nach bleibt ber ungesellig lebenben Mutter alle Arbeit
fiberlassen. Ju fibnlicherWeise verfahren eine Mauer-
biene (Megachile muraria) unb eine Osmia (0. bi-
cornis), toelche inbeffen iiur feinen Sanb gebraucht,
biesen, ohne Beisatz von Lehm, mittels ihres klebri-
gen Speichels zusammenleimt unb zu einer Decke
fiber zufallige Vertiefungen von Wanben unb Felsen
vertoenbet. Im Jnneren bieses einfachen Baues (Fig.
3109. A B von Osmia, C von Megachile) liegen bie aus
benselben Stoffen verferligten fast becherformigen Zel- I
len. Reaumur beschreibt eine anbere bieser Galtung
angehoreube Art, toelche nur Gartenerbe vertoenbet unb
ben Zugang zu ihrem Baue fibertoolbi (Kig. 3110.).
Sie unb bie vertoanbten Arten pflegen in bie Zellen zu
ben Giern Blumenstaub alS Nahrung ber kfinfligen
Larven nieberzulegen. Getoiffe sehr kleine Arten sol-
cher einsamen Bienen bohren in sanbige Abhange 6 —8
Zoll tiefe Rohren, bie sich am Grunbe ertoeitern, sehr
auSgeglattet finb unb ein einzigeS, mit Blumenstaub
umgebeneS Gi enthalten (Fig. 3111.). Auch Hier ver-
richtet bas Weibchen alle Arbeit allein, inbem bie Mfinn-
chen sich nie an ben Sorgen fur bie Nachkommen bethei-
ligen. Merktofirbig ist ber Fleih unb bie Kraft ber
violetten Holzbiene (Xylocopa violacea) Fig.
3112. E, bie einer artenreichen, burch loffelformige, vorn
breizahnige Oberkiefer (F a von vorn, b von Hinten ge-
sehen) auSgezeichneten Gattung angehort. Sie fchlagt
ihren Wohnort in altem Holze, fowohl in abgestorbe-
nen Bfiumen alS Gebalk von Hausern, auf, benutzt ent-
toeber ihre Astlocher unb Riffe ober arbeitet Galerien
aus unb bringt einige Zoll ein. Hat bie Rohre bie no-
thige Tiefe erreicht, so legt jene ein Gi, ffigt eine Kugel
von Blumenstaub Hinzu unb schlieht biese Abtheilung
burch eine, auS zernagtem Holze in eoneentrischen Schich-
ten (D) zusammengeklebte Quertoanb. Auf bieser er-
Halten ein zweites Gi unb NahrungSvorrath Platz ; toel-
cher eine zweite Quertoanb solgt, biS enblich in ganz
gleichen Gntfernungen sieben bis acht Kammern ober
Stoektoerke fertig finb (A Galerien in einem Holzstficke,
baneben bie eingenagten Zugange, B einige Kammern in
Halber natfirlicher Grohe, C Galerie, baS ganze Jnnere
eineS bfinnen Astes einnehmenb). Die Mfinbung ber
Rohre toirb mit Lehm verschloffen, baS Jnnere ist nicht
auSgeffittert, aber genau geglattet; alle bei bieser Arbeit
abfallenben Spahne entfernt bie Biene, toahrscheinlich
aus Furchl vor Berrath. Mehrere Wochen gehen fiber
ber Berfertigung bieseS BaueS hin. Damit bie auS ben
Puppen auSkrieckenben Jungen nicht unnsthige Gefan-
genschaft zu ertragen Haben mogen, finb bie Quertoanbe
ober Deckel ber Zellen an einer Seite mit einer Oeffnung
versehen, bie nur obenhin mit Sagespfinen verstopft ist.
Sie toirb leicht von ber jungen Biene burchbrochen, be-
ren Kiefern zur Zernagung ber fibrigen toeit Harteren
Flfiche beS Deckels, noch nicht Hinreichenbe Stfirke be-
fltzen (Fig. 3113. Zellen A mit B ohne Larven.). Die
ertoahnte Holzbiene ist fibrigens so groh toie eine Hum-
mel , schtoarzbehaart, mit bunkelblauen Flfigeln versehen
unb gerabe nicht Hfiusig. Ihre Baue toerben ost, toenn
auch irrig, fur baS Werk von Ameifen auSgegeben. Ber-
toechfelt barf fie nicht toerben mit einer HolztoeSpe (Fig.
3114. C) (Eumenes), bie, streng genornmen, nicht ber
gegentofirtigen, fonbern ber fiebzehnten Familie angehort,
Hohlen grfibt toie bie Holzbiene(B Zellen mit Puppen),
aber bie Gier nicht mit Blumenstaub, fonbern mit ab-
geriffenen Theilen von Jnfecten oder getåbteten kleinen
Fliegen umgiebt (D) unb bie Quertoanbe aus biefen
unb Sagefpahnett verfertigt. Die Larven haben baher
eine boppelte Aufforberung, biese Deckel zu zernagen unb
bie Vorrathe aufzuzehren (A). Gnblich gehoren auch
noch bie sogenaunten Blattschneider hierher, einsam le-
benbe Bienen, toelche zuerst Locher in bie Grbe, in
Mauerrisse ober alte Baumstfimme graden unb bann
bieselben mit gut abgeschnittenen Theilen von Pflanzen-
blattern auSfuttern unb in Zellen abtheilen. Gine
Ostttia (0. papaveris) vertoenbet Hierzu bie Blumen-
blatter ber Klatschrose ober bes FelbmohneS, bie Ro-
senbiene (Megachile centuncularis) Fig. 3115. A bie
Rosenblatter oder auch die Blatter der Gsche. Sie
sfigt kreisformige Stucken aus diesen attS (B), tragt fie
fliegend in ihre Hohle und stellt sie so gegen einander,
dafi sie ohne Leini oder anderes Bindemittel fich stfitzen
(C geoffnetes Nest). Immer bringt fie den mit Sfige-
zahnen versehenen Blattrand nach unten und fiber-
kleidet nicht allein bie Wanbungen ber Hohle, fonbern
stellt anbere Blattfragmente fo gefchickt querfiber, bah fie
nach unten kegelformig vertiefte Scheibewfinbe bilben.
Jebe folche Zelle besteht aus zehn biS ztoolf Sificken,
enthfilt ein Gi unb einen Vorrath von Honig unb Blfi-
thenstaub von fchon rosenrother Farbe, die gemeinlich
der Distel entnommen find.
Vierte Vrdnung.
Netzslugler.
• Einleitung.
Die Ordnung der Netzflfigler Hat zwar keinett fehr
bedeutenden Umfang, bietet aber Kerfe sehr verschiede-
ner Gestalten. Linne entnahm ihren toesentlichen Cha-
racter von den Flfigeln, toelche von gleichem Getoebe,
mit toenigen Nerven, aber mit vielett netzformigen Adern
durchzogen, felten beharrt, gemeinlich durchscheinend
find und, ohne gerade fehr lebhafte Farben zu zeigen,
oftmalS durch ihren Glanz und die Ffihigkeit, die Licht-
strahlen zurfickzutoerfen, Aufmerkfamkeit erregen. Die
Mundtheile find zum Katten eingerichtet; fie bestehen
auS starken hornigen, harten, gezahnten oder auch ganz-
randigen Oberkiefern, die indeffen einigen Gattungen
ganz fehlen, ttteist deutlicheu Unterkiefern mit ztoei, fel-
tener vier toeniggliederigen Tastern, einer enttoickelten
Unterlippe mit dreigliederigen Tastern. Der toeit vor-
stehende und gemeinlich ziemlich breite Kopf trågt stark
Hervorgequollene Augen, bistoetlen auch ztoei bis drei
Punktaugen, endlich faden- oder borstenformige Ffih-
ler, die felten vorn verdickt, meist mittellang, manchmal
fehr kurz oder auch langer find alS der Leib. Die Ffihe
find nur zum Gange gefchickt, werdett in feltenen Fal-
len zu Raubffihen und haben ztoei- bis ffinfgliederige
Fuhblalter. Mehrentheils behauptet der Korper eine
fchlanke Form; Harte und Hornige Bedeckungen kommen
nicht vor. Die Bertoandlung zeigt fich als vollkom-
mene oder unvollkomtuene. Immer haben die Larven
fechs mit Krallen betoehrte Ffihe; einige Halten fich ganz
im Waffer auf und verlaffen es nur als vollig auSge-
bildete Jnfecten; anbere leben auf bem Lande, theils un-
ter Baumrinden, theils in Sand verborgen; die meisten
nahren fich als fieifchfreffende Raubthiere, die indessen
nur gegen andere Kerfe Krieg ffihren. Im Puppenzu-
stande bleiben einige unbetoeglich, andere streifen alS
Nhmphen umher und fetzen die Ledensiveife der Larve
fort. Die Verbreitung dieser Kerfe reicht fehr toeit,
denn eS giebt einzelne Arten noch uttier Breiten, bie fonst
baS Leben ber Jnfecten nicht begfinstigen. Kein Netz-
flfigler bringt bem Menschen birecten Nutzett, toohl aber
stellen fich ihm einige als furchtbar vertofistende unb un=
befiegliche Feinbe entgegen. Ihre fhstematifche Ginthei-
lnng leidet an mattchen Gebrechen, inbem fie aufzuzahl-
reichen ®runben beruht, lfiht fich aber kanm mit einer
einfacheren vertaufchen.
Erfte Familie.
Libelluliden.
Ffihler borstenformig, kfirzer alS ber Kopf, auf ber
Stirn bicht neben ben Augen eingefetzt. Oberkiefer
stark, gezfihnt; Unterkiefer Hornig, gezfihnt. Lippe
groh, breitheilig, auftoarts gebogen. Kopf groh, bick,
mit brei Punktaugen. Hinterleib schlank, neunglieberig.
Flfigel gegittert. Vertoanblttng nnvollkommen; Larve
unb Puppe verharren im Masser.
Ungeachtet ihrer leichten unb zierlichen Gestalt ffih-
ren Libellen boch ein fehr ranberisches Leben, benn Hoch
in ber Luft fchwebenb lauern fie auf schwachere Jnfec-
ten unb stfirzen auf fie mit ber Schnelligkeit unb ebenfo
plotzlich Hinab, toie ber Raubvogel auf feine Beute.
Streifen fie auf bem Waffer Herunt, fo fuchen fie eben
Opfer ffir ihre arge Frehgier unb erhafchen befonbers