Illustrirte Naturgeschichte Des Thierreichs
Vierter Band
Forfatter: Eduard Pöppig
År: 1851
Forlag: Verlagsbuchhandlung von J. J. Weber
Sted: Leipzig
Sider: 296
UDK: St.f. 59 Pöp
Naturgeschichte der wirbellosen Thiere
Mit 1558 Ubbildungen
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98 Kerfe.
Vierte ©tinung. Itetjflugkr.
die langsamen Schmetterlingsfliegen (Phryganea) , ent-
reitzen ihnen die Flfigel und verzehren sie in wenigen
Augenblicken, unb ohne fich deshalb hinzusetzen. Auch
stellen sie Florfliegen und eigentlichen Zweisiuglern eifrig
nach. Unter sich leben sie in llnfrieben, denn too zwei
in demselben Jagdbezirke auf einander tressen, entspinnt
sich fast immer ein Kamps. Uebrigens betoeisen sie eben
keinen toLhlerischen Appetit, denn ziemlich jede Beute
sagt ihnen zu, auSgenommen die mit sehr Harten Be-
deckungen versehenen. Die meisten Libellen, too nicht
alle, verleben zehn bis els Monate im Wasser alS Lar-
ven (Fig. 3116. a) und Hfiuien fich wfihrenb dieser Zeit
mehrmals. In diesem Zustande find fie eben so ge-
frfihig alS im reiferen LebenSalter und fiberfallen an-
dere Wafferlarven und sogar ganz junge Kaulpadden.
Sie besitzen an der sogenannten Maske ein eigenes, sehr
kraftiges Werkzeug zum Packen der Beute. In der
Nfihe der Mundoffnung nfimlich stehen drei Platten,
toelche sich uber dem Ergriffenen schliehen und dieses
an die eigentlichen Mundtheile andrficken konnen. Sie
sind eigentlich nur Theile einer allerdingS sonderbar um-
gestalteten Unterlippe und mit dem Vifier und Kinn-
theile eineS HelnieS verglichen worden, indeffen schiebt
fich das erstere nicht nach oben, sondern offnet sich
zweiklappig nach den Seiten, indem seine beiden, am
Rande scharfgezahnten Halsten sich zurfickschlagen. Der
dritte, untere Theil bleibt dabei unbewegt (Fig. 3117.
die Maske geschlossen und in drei verschiedenen Graden
geoffnet). Die Larve (Fig. 3116. a) athmet fibrigens
nicht durch Kiemen, sondern durch toahre Luftgefatze (bb
aufgeschnittener Hinterleib mit offen dargelegtem Darme
und Lustgefahen). Sie betoegt sich ziemlich rasch, in-
dem sie in einen am Ende deS HinterleibeS befindlichen,
mit starken Muskeln umgebenen Sack mittels eines autze-
ren, doppelt dreiklappigenApparats (ogeschlossen, cloffen)
Wasser einpumpt und dieses plotzlich toieder heraustreibt.
Eine toahre Berpuppung sindet nicht statt ; die Nymphe be-
hfilt freie Betoeglichkeit und unterscheidet sich von der
Larve nur durch Anf^nge von Flfigeln, die aber noch
unter der Haut verborgen liegen. Die Umgestaltung
in ein vollkommenes Jnsect geschieht auherhalb des
WasserS. Die Nymphe kriecht an einem Rohr oder
Baumstamme empor, hangt fich, den Kops nach unten
gekehrt, mit ihren Ffihen dort an und beginnt durch
Wendungen des Kdrpers die Haut des Bruststfickes oben-
auf zu zerplatzen. Es bildet fich ein Spalt, auS toel-
chem die Libelle zuerst den Kopf und fpfiter die Ffihe
(Fig. 3118. A.) hervorzieht. Endlich hangt fie nur
noch mit dem letzten Hinterleibsringe in der Hfille fest (B),
fie verlaht nun die fibergebogene Stellung, frunimt
fich nach vorn, packt den Kopftheil der Hfille mit den
Kiefern (C) und erhalt so einen Stfitzpunkt, um daS
LeibeSende hervorzuziehen. Noch find die Flfigel seucht
und zusammengerollt (D), indeffen bedarf es an Heiteren
Tagen toeniger Stunden, um sie zum Abtrocknen und
Ausbreiten zu bringen, und daS nun vollkommene Jnsect
versucht fich zum ersten Male in einem neuen Elemente.
Die Paarung beginnt bald nachher, und unmittelbar
darauf legt das Weibchen die Eier, in ein Bundel ge-
formt, in daS Wasser. Bei anderen Jnsecten dienen
Farben gemeinlich zur Bezeichnung der Arten, bei Libel-
len Hingegen tofirden sie sehr unzuverlasstge Merkmale
abgeben, indem fle sich an Mannchen und Weibchen
ost gar nicht gleichen. AlS ungetoohnliche Erscheinung
musi es gelten, bah die Mannchen getoohnlich ettoas
groher oder doch ebenso groh find als die Weibchen,
toahrend bekanntlich bei anderen Kerfen gerade daS um-
gekehrte Berhaltnih Herrscht. Die Gattung Libelle im
engen Sinne hat ungemein grohe, auf der Stirn an ein-
ander stohende Augen (Fig. 3116. e), den Mitteltheil
der Lippe sehr klein, den Hinterleib fast lanzettformig
und stark zusammengedrfickt und tragt die Flfigel Hori-
zontal auSgebreitet. Unter den inlandischen Arten ist
die plattleibige Libelle (Libellula depressa) Fig.
3119. an der Gestalt des bei dem Mannchen obenher
blaulichen, unten gelb gefieckten, bei dem Weibchen blfiu-
lichen HinterleibeS und den braunen Wurzelfiecken aller
Flfigel sehr kenntlich. Bei der Gattung Wafferjungfer
findet fich zwischen den Augen ein freier Raum, der
mittlere Theil der Lippe gleicht den seitlichen an Lange,
der Hinterleib ist sehr dfinn und drehrund, und die Flfi-
gel toerben in ber Ruhe aufgerichtet getragen. Die
gemeine Wasserjungfer (Agrion virgo) Fig.
3120. glanzt metallisch, ihre Farbe geht aus Stahlblau
in Grfin unb Braun fiber.
Zweite Familie.
Eintagsfliegen, Ephemeriden.
Ffihler neben ben Augen eingesetzt, breiglieverig, un-
tere Glieber bick, letzteS borstenformig. Munbtheile
sehr zart, kaum erkennbar. KLrper toeich. Drei ober
vier Borsten an ber Spitze beS HinterleibeS.
Schon ber Name beutet an, bah bie Kerfe bieser Fa-
milie eines sehr kurzen DaseinS sich erfteuen. Es gilt
dieses jeboch nur von ben im vollkommenen Zustanbe be-
finblichen, nicht von ihren Larven, bie im Wasser fich
aufhalten unb, toie es scheint, mehrere Jahre branchen,
um zur Entwickelung zu gelangen. Diese (Fig. 3122.
A) kommen im ersten Frfihjahre aus ben ubertointerten
Eiern Hervor, finb langgestreckt, mit sechs Ffihen, starkem,
zangenformigen Oberkiefer, zwei borstenformigen Ffih-
lern unb brei Hinterleidsborsien versehen, tragen ste-
ben Leibesringe, jeberseitS ein getoimperteS als Kieme
bienenbes Blattchen (Fig. 2889. aa), toelches immer in
schtoirrenber Betoegung erhalten toirb, finb mehrentheils
grun gefarbt unb halten fich am Boben im Schlamme
ober anch in ben Ufern auf, in toelche sie Locher tofihlen
(Fig.3122. B), toelche zu geraben Hohlen (C) ffihren. Man
Hat sogar gefunben, bah sie Stficken vonWeibenholz, toelche
von ber Weibenranpe zerlochert worben toaren (Fig.
3123.), zur Wohnung benntzten. Sie Hauten sich mehr-
mals unb gelangen so zum Nymphenstanbe, in welchem
fie an ben Hervorsprossenben Flfigeln leicht erkannt toer-
ben. Die letzte Hfintnng nehmen sie auher bem Wasser
vor unb streifen bie Hfille so vollkommen ab, bah man
biese leicht ffir ein lebenbeS Wesen halten kann. Z-var
trifft man im hohen Sommer immer einzelne vollkom-
mene Ephemeriben, allein bie Enttoickelung groher Men-
gen brångt fich ost auf toenige Tage zusammen. Das
Erscheinen nngeheurer Schwfirme ro ie burch Zauber
Hat ost allgemeine Berrounberung erregt, roohl anch zn
ben albernsten aberglaubischen Anslegnngen geffihrt.
Millionen kommen auf einmal unb meist bes Nachts Her-
vor, bebecken Ufer unb nahe Wiesen, bah biese auS ber
Ferne roie bereift aussehen, unb vernnglfickte treiben
wohl anch in gleichen Mengen auf ben Flfiffen fort.
Die kraftigeren steigen hoch empor unb paaren fich in
ber Luft. DaS Mannchen fallt fast sogleich tobt Herab,
bas Weibchen eilt bem Wasser zn, um bort seine Eier ab-
zusetzen, unb stirbt vielleicht eine ober zwei Stunben
spfiter. Sehr roenige Jnbivibnen erblicken bie ausge-
Henbe Sonne, unb keines nimmt wLhrenb ber kurzen
Spanne beS Daseins irgenb eine Nahrung zn sich. ES
giebt mehrere Arten, unter roelchen zumal bas soge-
nannte Uferaas (Ephemera albipennis) bie erwahute
Erscheinung Hervordringt. Die gemeine EintagS-
fliege (E. vulgata) Fig. 3121. Hat gleich ben anberen
glasartig bnrchscheinenbe, braun gesieckte unb gegitterte
Flfigel, braunen Karper unb miht gegen 9 Linien.
Dritte Familie.
Myrmeleontiden.
Ffihler mittellang ober so lang als ber Korper, viel-
glieberig, an ber Spitze etroas verbickt. Oberkiefer
bentlich, meist hornartig; sechs Taster. Lippentaster
bentlich (Fig. 3124. a), Unterkiefer am Jnnenranbe
borstig geroimpert. Flfigel fast gleich groh, gegittert,
kahl. Taster ffinfglieberig.
Unter bie ihrer LebenSroeise roegen berfihmten unb
baher viel beschriebenen Kerfe gehbren vorzngsroeife bie
Ameifenjungfern, beren Larven ben Namen ber Ameisen-
loroen tragen. Sie haben im ausgebilbeten Zustanbe ei-
nige Aehnlichkeit mit ben Libellen, unterscheiben sich aber
schon burch ben kleinen Kopf unb bie verbickten Ffihler.
Es giebt viele anSlanbische Arten. Unter ben in Eu-
ropa vorkommenben ist bie gemeine Ameisen-
jungfer (Myrmecoleon forinicarius) Fig. 3126. braun,
gel6 gefleckt unb Hat glashelle, schroarzgeaberte, braun
unb ;chwarzgefleckte, zugespitzte Flfigel. Sie toirb ge-
gen 2 Zoll lang unb fliegt an Sommerabenben, wirb
aber viel feltener angetroffen als bie Larve (Fig. 3125.
a). Diese tourbe Anfang bes 18. Jahrhunberts zuerst
deobachtet unb beschrieben, miht % Zoll, ift platt, ei-
ner Zecke (S. 56. Sp. 2.) im Umkreise nicht unahnlich,
aber breiter unb mehr breieckig, von graner Farbe, mit
sechs Ffihen versehen unb betoehrt mit ein paar geroal-
tigen, zangenformigen Oberkiefern, bie, an ber Spitze
burchbohrt unb inwenbig hohl, nicht allein zum Ergrei-
fen, sonbern auch zum Aussaugen ber lebenben Beute
bienen. Sie hfilt sich an sanbigen, pfianzenlosen Or-
ten auf, betoegt sich langsam unb verkriecht sich rfick-
toarts (b), gleicht aber biese Unvollkommenheit aus burch
ein sehr listiges Berfahren. In wenigen Augenblicken
grabt sie sich in ben feinen, trvckenen Sanb ein, toirft
biesen mit bem Kopse im Umkreise heranS, bis eine trich-
terformige Bertiefung entfteht, auf beren Grunb sie sich
so weit verbirgt, bah eben nur ber Kops Hervorragt (c).
JebeS mahig grohe Jnsect, toelches baS Unglfick Hat, an
ben Wanbungen bes TrichterS Herabzurollen, toirb ge-
packt, lebenb ausgesogen unb enblich tobt roieber HeranS
geschleubert. Dah nur Ameisen als Nahrung bienten,
anbere Kerfe unberfihrt blieben, ist ein Jrrthnm. Um
sich zu verpnppen, leinit bie Larve aus Sanbkornern eine
kugelige Hfilse zusammen (Fig. 3124. b), bie, inwenbig
mit Seibengespinnst ausgekleibet, bie Puppe (c) enthalt.
Vierte Familie.
Hemerobiaden.
Ffihler mittellang ober so lang al5 ber Korper, viel-
glieberig, borstenformig. Oberkiefer schneibenb. Bier
Taster. Tarsen ffinfglieberig. Flfigel gegittert, fast kahl.
Hemerobien, Lanbjungfern ober Florfliegen im engen
Sinne bilben eine Gattung zierlicher, meist grun gefarb-
ter, weicher, leicht zerfiorbarer, trager Kerfe. Sie kom-
men in vielen Arten vor, halten sich in Waldern unb
Garten auf, leben im Zustaybe voller Ausbilbung
nur kurze Zeit unb fliegen schlecht. Die meisten ha-
ben bie unangenehme Eigenschast, ergriffen einen an
menschliche Ercremente erinnernben Geruch zu verbrei-
ten, ber ben Fingern lange anhangt. Ihre Eier finb
mittels langer, Haarfeiner Stiele an Baumzweigen be-
festigt (Fig. 3128.) unb von angehenben Botanikern
schon fur Pilzformen gehalten worben. Sie erlangen
burch biese eigenthfimliche Besestigung Sicherheit gegen
bie gesrShigen Larven ber Coccinellen (S. 82. Sp. 2.),
toelche ber bunne Stiel nicht tragt, ber nur au8 einem
eingetrockneten, aus bem Hinterleibe bed eierlegenben
WeibchenS Hervorgezogenen Faben besteht. Unmittel-
bar nach bem Auskriechen beginnen bie Larven (Fig.
3127. b) ber Florfliegen auf ben nachsten Blattern Her-
umzuftreifen; sie packen angetroffene Blattlause mit ih-
ren starken Oberkiefern unb sangen sie so vollkommen aus,
bah eben nur ber leere Balg ubrig bleibt. Kaum eine
Halbe Minute toirb hierzu ersorbert, unb ba sogleich
nachher eine anbere Blattlaus baffelbe Schicksal erffihrt,
so lfiht sich benken, bah bie unter ihnen angerichtete Ber-
touftung keine geringe sein mfisse. Bermoge ber reich-
lichen Nahrung machsen bie Larven schnell Heran unb
verwanbeln fich schon vierzehn Tage nach ihrem AuS-
kriechen zu Nymphen, bie in ein verhfiltnihmahig auffal-
lenb kleines Gehaus eingeschlossen finb. Die gemeine