Illustrirte Naturgeschichte Des Thierreichs
Vierter Band
Forfatter: Eduard Pöppig
År: 1851
Forlag: Verlagsbuchhandlung von J. J. Weber
Sted: Leipzig
Sider: 296
UDK: St.f. 59 Pöp
Naturgeschichte der wirbellosen Thiere
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K erfe.
Fiinfte Ordnung. Halbsltigler.
den Kårper fiberragen, liegt in der Ruhe nach
unten eingeschlagen und der Brust angedruckt und be-
steht auS einer gegliederten Rinne (Fig. 3145. a), die
ebensowohl eine umgestaltete Lippe als daS Kinn sein
kann, ferner au8 vier feinen Borsten (b), die sich zur
Saugerohre zusammenffigen und in jener Rinne liegen,
so lange fie nicht gebraucht werden, als veranderte Kie-
fer anzusehen stnd, aber keine Taster tragen. Nach augen
deckt eine meist zugespitzte Platte , die Oberlippe (c und
Fig. 3150. d) das faunt bewegliche Wurzelglied (Fig.
3150. c) der Ruffelrinne und erreicht in der Lange
das zweite und dritte Glied der letzteren. Ein Untcr»
schied zwischen der ersten und der zweiten Unterord-
nung der Halbflfigler entsteht durch die Anheftung deS
RufselS; in jener entspringt er aus der Spitze, in dieser
au8 der llnterseite be8 Kopfes. Konnen nur flusfige
Stoffe durch dieses Organ aufgenommen werden, so
wird dennoch das Saugen in anderer Art, als bei den
mitMundhohle und Lungenathmung versehenen Thieren,
von Statten gehen muffen. DaS Aufsteigen der Flus-
stgkeiten geschieht wahrscheinlich durch Capillaritat. In
den nteisten Fallen mug eine Berletzung deS Gegenstan-
deS vorausgehen, deffen Saft als Nahrung dient. Die
meisten der auf thierische Safte angewiesenen Halbflugler
reizen die Wunde und vermehren den Zuflug durch ein
Gift, welcheS mit den Borsten eindringt und, wie der
Schmerz eines Wanzenstiches beweist, sehr starke Wir-
kung besttzt. Speichelgefage, welche aller Vermuthung
nach mit jener Eigenschaft in Verbindung stehen, find
bei den bis jetzt anatomirten Halbflfiglern immer aufge-
funden worden. Die Kårpergestalt zeigt so wenig Be-
standiges, dag man auf fie als Mittel syftematischer
Eintheilung keine Ruckficht negmen konnte. Es giebt
Halbflugler von der bekannten Form der Baumwanzen,
andere, die Kafern gar nicht unåhnlich find, aber auch
langbeinige, an gewisse groge Mucken erinnernde und
endlich mehrere, die der Laie auf den ersten Blick vielleicht
den Schmetterlingen verwandt halten måchte. Alle
kommen indessen insofern uberein, als bei ihnen der
Oberleib niemals gestielt, sondern stets in seiner gan-
zen Breite mit dem Bruststucke verwachsen ist und das
Halsschild (Fig, 3146. a) oder der erste Abschnitt des
Bruststucks nicht mehr die uberwiegende Groge hat wie
bei den vorhergehenden Ordnungen. Ein schon im
Namen der Ordnung angedenteter Charakter liegt in dem
Bane der Flfigel, doch findet er nur in der ersten Unterord-
nung vollkommene Anwendung. Die Vorberflfigel nam-
lich halten die Mitte zwischen Hornigen Flugeldecken
und gewåhnlichen Hautigen Flugeln, indem fie von der
Wurzel bis uber die Hfilfte oder wohl auch weiter le-
derartig sind (Fig. 3146. b), nach vorn aber immer
einen Hfintigen Anhang (c) tragen, der in der Ruhe
fich faltet und fiber den deS andern Flfigels Hinweglegt.
Oft ist der lederartige Theil lebhaft gesarbt. Die
Hinterflfigel (d) jetgen nichtS Besonderes. In man-
chen Gattungen, z. B. bei den Bettwanzen, kom-
men Flfigel niemals zur Entwickelung, bei andern be-
fitzen nur die Mannchen Flfigel, erhalten sogar nur
periodisch ein einzelnes Paar und in der zweiten Un-
terordnung haben die Vorberflfigel immer ein gleiches
Gewebe, von der Wurzel bis zur Spitze, gleichviel, ob
fie lederartig oder hautig sein mågen. An den Ffigen
zeigt sich Wenig Besonderes, fie erleiden indeffen die
bekannten Umgestaltungen in Raubffige, Schwimmffige
u. s. w. je nach der Bestiminnng des Kerfs; schwer er-
klarbar sind die bei manchen auslandischen Wanzen vor-
kommenden sonderbaren Erweiterungen der Hinterbeine.
Die Ffihler bieten nicht so groge Berschiedenheiten wie
bei den Kafern. Meist erreichen die Augen keine erheb-
liche Groge und laffen eine geringere Zahl von Facetten
gewahren (3150. b) ; Nebenaugen (a) befitzen viele Gat-
tungen, indessen bleiben die meisten klein, wenn auch
unterscheidbar, sowie fiberhaupt der Kopf im Ver-
Haltnig jum Bruststficke geringen Umfang Hat. Ver-
wandlung erleiden allerdingS die Hautflfigler gleich
anderen Kerfen, indeffen in so unvollkommener Art,
dag die drei Entwickelungsstufen augerlich sich kanin un-
terscheiden. Die Larven haben nicht das bei Kåfern
gewohnliche, wurmartige Ansehen, sind nur kleiner
als die Nymphe, auf deren Rficken man zwei Erhåhun-
gen bemerkt, welche die kfinftigen Flfigel einschliegen.
Alle Stufen der Metamorphose bestehen in einer ein-
fachen Hautung, welche eine llnterbrechung der nach
augen gerichteten Thatigkeiten nicht veranlagt. Die
Nymphe frigt daher gleich der Larve und verliert nie die
Freiheit der Bewegung. Je nach der Gattung, der fie
angehåren, bewohnen die Larven und Nymphen daS
Festland oder das Waffer; im ausgebildeten Zustande
Hallen Wasserwanzen, Notonecten, Masserseorpione, Ra-
natra n. s. w. im Masser fich auf, Hydrometren gleiten
auf demselben Herum, anbere nur auf bem Lanb lebenbe
Halbflugler weilen am Boben, feltener unter Steinen,
oft an Pflanzen unb auf Baumen, viele sogar sinb auf
besonbere Gewachse angewiesen. Manche enblich Haben
keinen bestimmten AufenthaltSort, sonbern streifen flie-
genb herum, einige verbergen fich unter Abfallen, in al-
tem Holze ober unter Rinben. Obwohl fie alle von
Saften ber Pflanzen unb Thiere leben, so kann man
doch nur wenigen mit Necht ben Namen eigentlicher
Parasiten geben, etwa bie Blattlause unb Schilblause
ausgenommen. Auf Thieren halt keine Art von Halb-
flfiglern fich bleibenb auf, obwohl mehrere nur von
thierischen Saften sich nahren. In Europa verfolgt
eine einzige, bie berfichtigte Bettwanze, ben Menschen.
Man zerffillt biese ziemlich groge, auch in minber war-
men Lanbern burch viele Arten vertretene Orbnung
nach guten Kennzeichen in zwei Abtheilungen.
Erste Unterordnung.
Unglcichslugcligc Halbflugler.
Oberflfigel fast immer von ber Wurzel an leberartig,
nach vorn ebenso wie bie Hinterflfigel hornig. Rfiffel
aus ber Spitze bes Kopfes entspringenb. Hinterbeine jum
Springen selten geschickt; meist brei Tarsenglieber.
Man begreift bie Kerfe bieser Abtheilung auch unter
bem Namen ber Wanzen, in bem bei ben meisten bie be-
kannte typische Gestalt einer Baumwanze mit Hinreichenber
Deutlichkeit Hervortritt. Sie fibertreffen an Zahl ber
Gattungen unb Arten bie Glieber ber zweiten Ilnter-
orbnung um ein Bebeutenbes, haben einen kleinen Kopf,
hervorstehenbe, wenn auch nicht umfangliche Augen
unb, soweit sie auf bem Lanbe leben, eine gebrungene
Gestalt. Oft ist ihr Bruststfick mehr breit als lang
(Fig. 3146. a), wahrenb bas Schilbchen (e) sehr entwi-
ckelt hervortritt. Jhre bfinnen Beine zeichnen biswei-
len burch Lfinge sich aus unb tragen in manchen Gat-
tungen sonberbare Anhange. Viele schwitzen bei
Berfihrung einen eckelhaft riechenven Saft aus, ber in ei-
ner unter bem Hinterbrustbeine befinblichen Drfise be-
reitet wirb. Sie laufen unb schwimmen gut, ffihren aber
zum Theil ein nachtliches, lichtschenes Leben unb pfle-
gen selten gesellig zu sein; viele verrathen ein sehr rau-
berischeS Naturell. Sie zerfallen sehr natfirlich in
Lanb- unb Wasserwanzen. Die ersteren begreifen sechs
Familien, haben fabenformige ober borstenahnliche
Ffihler, bie stets den Kops an Lange fibertreffen, oft
ber Kårperlange gleich kommen, gleichartig gebilbete,
hochstens an ben Vorberschenkeln etwas verbickte Beine;
bie letzteren umfassen bie siebente unb achte Familie,
haben sehr kurze Ffihler, kurzen, bisweilen fast vorge-
streckten Rfiffel unb bie Vorberbeine zu Fangbeinen
ober bie Hinterbeine zu Schwimmwerkzeugen umgestaltet.
Erste Familie.
Schildwanzen.
Ffihler ffinfglieberig. Korper aus bem Runblichen
in bas Eisårmige fibergehenb.
Schilbwanzen leben nur auf Pflanzen unb von ben
Saften berselben. Von einzelnen Arten will man be-
merkt haben, bag sie auch lebenber Raupen fich bernach-
tigen unb in sie ben Rfiffel versenken sollen. Sie ver-
breiten ben erwfihnten wiberlichen Geruch, ber sogar
ben Gegenstanben, z. B. Frfichten, sich mittheilt, fiber
welche sie gekrochen sein mågen. Man theilt sie nach
Maaggabe be5 langern ober kfirzern Rfickenschilbchens
in zwei Stamme. Pentatomen im engen Sinne machen
eine Gattung auS, bei welcher jeneS Schilb kfirzer ist
als bie Flfigelbecken unb bas vorn schmalere HalSschilb
mit bem Kopfe zusammen ein Dreieck bilbet. Zu ihr
gehåren bie grogten ber einheimischen Pflanzenwanzen.
Die als Beispiel (Fig. 3146.) vergrågert abgebilbete
dunte Schilbwanze (Pentatoma ornata) ledt auf
Kohl unb anbern kreuzdlfithigen Pflanzen, ntigt gegen
5 Linien, ist runbeiformig, roth, schwarz gefleckt, an
Kopf unb Flfigeln schwarz. Sie legt zahlreiche, ton-
nenfårmige, graue, feinpunktirte, an ben Enben draun-
geringelte Eier, bie an ber einen Seite angeklebt toerben,
an ber anbern sich burch einen Deckel åffnen.
Zweite Familie.
Corciden.
Ffihler vierglieberig (Fig. 3147.), meist bick. Rfiffel
gerab, in ber Ruhe angepregt. Hautiger Theil ber
Flfigel vielnervig. Korper lfinglich. Nebenaugen
vorhanben.
Fast noch Haufiger als bie Schilbwanzen finben fich
bie Coreiben wahrenb ber gfinstigen Jahreszeit auf
Pflanzen unb zwar gemeinlich in Gesellschaft ihrer Lar-
ven unb Nymphen. Mit ben letzteren tourbe man fie
leicht verwechseln, mangelten biesen nicht bie Flfigel.
Erst nach Entwickelung berselben wirb bas junge Thier
zur Fortpflanzung fahig. DaS Meibchen leintt seine
Eier an Pflanzen reihenweiS an. Die Larven saugen
sowohl Pflanzensafte als bie Flfisfigkeiten erhaschter
Jnsecten, bie Nymphen unb auSgebilbeten Jnbivibuen
Hingegen wollen nur Thierisches unb ffihren baher mit
Raupen Krieg. Man kennt dereits sehr viele Arten.
Der geranbete Coreus (Coreus marginatus) Fig.
3148. ntigt 6 Linien, ist zimmetbraun, lebt auf ziemlich
allen Pflanzen unb verbreitet einen starken Apfelgeruch.
— In ber gegenwartigen Familie finben auch bie im
Frfihjahre an Baumwurzeln oft zu Hunberten fich ver-
sammelnben, schwarz unb rothen Lygaen (Lygaeus
equestris) ihren Platz, sowie bie Neiben, bie man an ben
geknickten Ffihlern unschwer erkennt. Sie sinb klein,
fitzen meist auf Blattern von allerlei Gestrfiuchen unb ha-
ben einige Aehnlichkeit mit grogen Mficken. Die
bunte Neibes (Neides elegans) Fig. 3149. ist
chwarz, gelb unb roth gesarbt.
Dritte Familie.
Reduviaden
Charakter im Ganzen ber Coreiben, jeboch Ffihler
lang unb bfinn; Rfiffel bogenformig, kurz, selten unter
bie Brust gelegt. Hautiger Theil ber Oberflfigel we-
nignervig. Schienbeine oberhalb meist gezahnt.
Von ber fur bie Familie ein guteS Kennzeichen ab-
gebenben, geringen Krfimmung bes Rfissels giebt Fig.
3150. ein Bilo. Gerabe bieses scheinbar unvollkom-
mene Werkzeug bient als nicht verachtliche Waffe zum
Angriffe unb zur Vertheibigung. Dem Stiche ber
Rebuvien erliegen bie meisten Jnsecten nach wenigen
Augenblicken, unb seldst bem Menschen bringt er sehr
empfinbliche Schmerzen. Alle Rebuvien leben vom
Raube unb vertilgen eine Ilnzahl von kleinen Kerfen.
In Sfibamerika kennt unb ffirchtet man als schlimme
Plage eine Art, bie beS NachtS ihr Versteck in Stroh-
bachern verlaffend, gerauschlos herumfliegt unb Schla-
fenbe anffillt. Ihr Stich lagt weit schmerzhaftere Ge-
chwulsten zurfick als jener ber Bettwanze unb verur-
acht bisweilen schwer Heilenbe Geschwfire. Auch in