Illustrirte Naturgeschichte Des Thierreichs
Vierter Band
Forfatter: Eduard Pöppig
År: 1851
Forlag: Verlagsbuchhandlung von J. J. Weber
Sted: Leipzig
Sider: 296
UDK: St.f. 59 Pöp
Naturgeschichte der wirbellosen Thiere
Mit 1558 Ubbildungen
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Sechste Grbnung. Kchmetterlinge.
K erf e.
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entsteht auS prismatischer Faltung ber einzelnen Schupp-
chen ber Flugel. Zwischen Mannchen unb Weibchen
herrscht in Farbe bistoeilen Unterschieb; Alter bringt
biese theils zum Verbleichen, mehr aber zur Abnutzung,
unb baher suchen sorgfaltige Sammler bie Schmetter-
linge aus Raupen zu erziehen. Mehr noch als bei an-
beren Thieren scheint bas ganze Leben bieser Kerfe ein
ununterbrochener Genusi unb Vergnugen zu sein, inbem
fie, zu irgenb einer Anstrengung nicht veranlasit, von
teinem intoohnenben Kunsttriebe jemals gebrangt, nur
Herumgauteln zur eigenen Freube unb Nahrung fast
uberall finben. Die Menschen belrachteten fie baher zu
allen Zeiten mit einer getoissen Vorliebe, unb schwerlich
hat irgenb eine anbere Thierclafse ebenso viele, ubrigens
untoifsenschaftliche Leute zu Bemunberern, Beobachtern
unb Sammlern gemacht. Direeten Nutzen bringt bem
Menschen nur bie Seibenraupe; alle anbere Schmetter-
linge stehen ihm gleichgiltig gegenuber ober fugen ihm
Schaben zu, inbem fie als Raupen eine Menge von
Pstanzen heimsuchen unb burch vollkommene Entblat-
terung wohl sogar tåbten. Bekampfung geschieht fel-
ten mit entscheibenbem Erfolge, minbert inbessen bod)
bie Zahl ber gefrahigen Gaste, toelche auch burch Vogel
unb bie Raupentobter unter ben Hautfluglern viel leiben.
Grohe Schtoierigkeiten stehen in bieser Orbnung ber
Kerfe ber Systematik entgegen. Organisation unb Le-
bensweise bleiben hier fich so sehr gleich, bah ber blod
orbnenbe Naturforscher leicht nicht minber ermubet, als
ber Erforscher ber Lebensgeschichte, bie, uberall bieselbe
unb uberall auf toenige Erscheinungen beschrankt, im
Ganzen ebenso toenig fefselt at8 bie Geschichte eineS Vol-
kes, toelches ohne Arbeitsamkeit, ohne offentliche Reg-
samkeit unb ohne toechselnbe Schicksale vegetirt. Es
bleibt menig mehr zur Begrunbung ber systematischen
Eintheilung alS bie ausiere Form. Auf ihr beruhen
zunachst bie brei llnterorbnungen ber Tag- Abenb- unb
Rachtschmetterlinge.
Erste Unterordnung.
Tagschmcttcrlinge.
Die Tagschmetterlinge ober Tagfaller Haben fabensor-
mige, gegen bie Spitze meist verdickte, kolbige Fuhler,
breite, in ber Ruhe ausgerichtete Flugel, schlanken Leib.
Sie fliegen nur am Tage unb ruhen bes Nachts, betoe-
gen sich langsamer als bie Abenbschmetterlinge unb
schiehen nie gerablinig bahin mie biese, sonbern steigen
flatternb ober in Zickzack auf unb ab in ben Luften. Bei
bem Auskriechen aus ber Puppe geben viele einen rothen
Saft von fich unb haben hierburch bie Sage vom Blut-
regen veranlaht. Wenige Stunben reichen auS, um ih-
nen volleKrSfle zu verleihen, von melchen sie mit Wohl-
gefallen Gebrauch rnachen, so lange nicht rauhes ober
sehr nasseS Wetter sie $um trauernben Stillfitzen ztoingt
ober toohl gar Erstarrung herbeifuhrt. Zu ihnen ge-
Horen sehr grohe unb eigentlich bie prachtigsten unter
allen Schmetterlingen. Ihre Raupen haben bie ge-
wohnliche Gestalt, brei vorbere toahre Fuhpaare
unb vom sechsten bis neunten LeibeSringe vier Paar
Asterfusie, enblich ein Paar ganz hinten angebrach-
ter svgenannter Nachschieber. Ztoar bleibt nicht bei
allen bie Bekleibung bieselbe, inbessen tragt wohl bie
Mehrzahl einfache ober auch astige Dornen ober min-
bestens tangere unb ettoas Harte Haare. Einige leben
einsam, anbere gesellig. Unter ber Erbe verspinnen sie
sich nicht wie bie Abenbfalterraupen, vielmehr Hangen
bie Puppen mehrentheilS frei, unb ztoar an bem Hinte-
ren Enbe angeheftet mittelS einiger Seibenfaben. Sel-
ten umgiebt ein besonberer Cocon bie meist unebene,
bunkelgefarbte, felten bunte, oft metallisch glSnzenbe
Puppe. Nicht eben viele Raupen ber Tagfaller spin-
nen wie bie Wickler unter ben Nachtfaltern Blaiter zu-
Dingen. Unter diesem Schutze Hauten sie fich zum letz.
ten Male. Anbere, z. B. die vollkommenen Tagvogel,
spinnen nur toenige, aber unverhaltnihmahig feste Faden,
um sich zu befestigen , Hangen stch bald in ganzer Lange,
Hald nur mit dem Kops- oder Schwanzende an, Hauten
sich im Freien und erscheinen nun alS nackle Puppe. In
der Gestalt der Puppen herrscht dieselbe Mannichfaltig-
keit wie bei den Raupen, nicht so in der Farbung, die
meistens duster, wenigstenS durch bunte Zeichnungen
felten gehoben wird. In ihr liegen, von Flusstgkeit um-
geben, autzer dem zur Verwendung bestimmten Fettkor-
per der Raupe alle andere, bereits fruhzeitig vorgebildet
gewesene, nun zur Entwickelung rasch fortschrcitende
Organe desSchmetterliugS. Es lehrtDieseS die unter
gig.3193. andeutungsweiS dargestellle Vergleichung des
Darmcanals wahrend der Lebensperioden des Schmet-
terlingS. A Raupe; B zwei Tage alte Puppe; bei bei-
den bezeichnet a den Vormagen, b den Magen, cd ben
Darmcanal; bei der achl Tage alten Puppe C wird der
Pormagen a schon zum Saugmagen, kurz vor dem tlus-
kriechen D gewinnt dieser an Unsang, und bei dem ent-
Widelten Schmetterlinge E hat er nicht allein seine volle
Grofte, fondern es ift auch das Langenverhaltnih der
Theile deS DarmeanalS geandert worden. — Nicht alle
Raupen verpuppen stch im Sp^tjahre, benn ben in ben
letzten Sommermonaten ausgekrochenen gewiffer Schmet-
terlingsarten fehlt Zeit zum vollen Crwachfen. Sie
verbergen fich baher, ofr in Gefellschafien, unb verbrin-
gen in Erstarrung ben Winter. Das Erscheinen von
zahlreichen, ziemlich weit vorgeschrittenen Raupen im er-
sten Fruhjahre erklart fich hierauS. Von ben meisten
Arten ber Schmetterlinge uderwintern bie Puppen, bei
anberen aber nur bie Eier, bei wenigen trotzt sogar bas
auSgebilbete Thier ber rauhen Jahreszeit in irgenb einem
Verstecke. Wie baS Verhaltnift aber auch sei, so ist bie
Entwickelung je nach ber Art an bestimmte Zeiten ge-
bunben, unb Storungen tonnen nur burch sehr unge-
wohnliche Witterung Hervorgebracht werben. Versuche
kunstlicher AuSbrutung mihlingen baher, wenn sie Um-
kehr ber gesetzlichen Orbnung bezwecken, unb erheischen
immer viele Vorficht. Will enblich ber fettige Schmet-
terling sich befreien, so beginnen eonvulsivische Bewe-
gungen ber Puppe, baS Ruckengefah pulfirt starter, bem
inneren Druck nachgebenb spaltet bas Gehaus oben hin-
ler bem Kopfenbe, langsam tritt ber Kopf mit ben Fuh-
lern hervor, ihm folgen bie Fuhe, bann ber Leib unb
bie glugel. Noch behalten biese eine unorbentliche
Faltung unb Runzelung, benn sie sinb nasi unb weich.
Kraftige Athmung erfullt enblich auch ihre GefLhe mit
Luft unb behnt sie aus, Warme unb Winb trocknen ihre
Oberflache, sie erlangen enblich Spannung, volle Grohe
unb bie ihnen zukommenbe, jetzt ganz frilche Farbung.
Der Schmetterling macht bie ersten Versuche bes Ge-
brauchs, flattert eine kurze Zeit ungeschickt unb scheinbar
kraftlos, schwingt aber balb nachher triumphirenb fich
empor unb kehrt wohl nie zu seiner Geburtsstatte wie-
ber. Dasi bieser Hergang nicht immer ein so vollkom-
men regelmLsiiger unb ungestorter sei, beweisen bie ge-
legentlichen Misigeburten, wie z. B. vom Nesselfalter
Eremplare mit verkummerten Flugeln (Fig. 3194.) ober
unentwickelten Flugeln einer Seite unb mangelnben Fuh-
lern (Fig. 3195. a) ober monstrose Golbafter (Sericaria
auriflua Fig. 3195. b) in Sammlungen vortommen.
Schmetterlinge fehlen teiner Ervgegenb, ausgenom-
men bie ber ausiersten Kalte toegen unbetoohnbaren, in-
befsen leben einige selbst noch unter bem Polarkreise.
Die grositen unb prachtvollsten gehdren ben toarmen
Climaten an. Von ber Schonheit unb Mannichfaltig-
keit ihrer gåtbung zu sprechen toirb uberfiusfig sein;
beibe finb aber nicht ausschliesilicheS Eigenthum ber
grdheren Arten, benn manch kleiner Spanner ober Wick-
ler giebt, genau betrachtet, jenen nichts nach, ubertrisft
fie toohl sogar burch Feinheit unb Zartheit ber Zeich-
nungen. Der vielen eigene schillernbe Metallglanz
fanunen zur Decke unb werben bann zu eifotmigen,
stumpfen Puppen.
Erste Familie.
Acchte Tagfalter.
Hinterschienen nur an der Spitze mit zwei Stacheln
betoaffnel, die vier Flugel in der Ruhe gerade aufge-
richtet, die Puppe eckig, fast immer nadt.
An Versuchen von systemaiischer Zerfallung dieser
Familie in Gattungen fehlt eS nicht. Wird aber schon
einige Erfahrung zum Erfafsen der gerade nicht zahlrei-
chen Gattungen erfordert, toelche vor ettoa 30 Jahren
durch Lepidopterologen aufgestellt toorden, so Hat die
ZersplitterungSsucht der neuesten Beschreiber diese Gat-
tungen so vermehrt und grohentheilS auf fo geringfu-
gige Kennzeichen begrundet, dah jedem Anfanger die
Schtoierigkeit des ErkennenS unubertoinblich fcheinen
muh. Wir befchranken uns daher auf die ålteren und
allgemeiner bekannten Namen, indem toir die toichtigeren
ber bei uns vorkommenden Gattungen anfuhren, deren
Arten ubrigens in einer grohen Menge von populLren,
fur Sammler bestimmten Schriften abgebilbet und be-
fchrieben sind. Eroffnet toird die Reihe durch die Fri-
tillarienfalter ober Schedenfalter sLlcIitaoa), beren Fuh-
lerkeule gebrudt, flach, loffelformig auSgehLhlt, baS
vorbere Fuhpaar unvollkommen ist. In ber Farbung
herrscht Braun vor, toechselnb mit gelben ober schmar-
zen Punkten unb zadigen Binben, fast toie bei ben Perl-
muttervogeln, inbessen fehlt den llnterstugeln der diese
bezeichnende Perlmutterglanz. UebrigenS toerden Me-
litåen nicht grop, Haben Haarige Raupen, verkehrt auf-
gehångte, auf dem Ruden Hoderige Puppen und kommen
bei unS in mehreren Arten vor, toie die Cinria (M.
Cinxia) Fig. 3196. 5. mit fchtoach gezahnten, obenher
fchtoarz und rothgelb getourfelten Flugeln, brei bis vier
runblichen Augenflecken oberhalb auf ben Hinterflugeln;
bie Lucina (M. Lucina) g. mit dunkelbraunen Flugeln,
brei Querreihen unregelmahiger Flede uber bie Vorber-
flugel unb ahnlichen, aber minber beutlichen auf ben
Hinterflugeln; bie Athalia(»I. Albalia) 2.,toelche stark
abanbert, gewohulich obenher auf bunkel orangengelbem
Grunbe zahlreiche, schtoarze Zadenbinben tragt, unb be-
ren Raupe auf Wegebreit unb Haibekraut lebt; enblich
bie ArtemiS (M. Artemis) Fig. 3197. — Bei ben
Perlinutterfaltern (Arg^nnis) ist bie stark gebrudte Fuh-
lerkeule scheibenformig ober verkehrt eirunb, bas vor-
bere Fuhpaar ebenso unvollkommen toie bei ber vorher-
gehenben Gattung, bie Raupen tragen sechs LLngsreihen
astiger Dornen, bie Puppe Hangt verkehrt unb ist im
Naden mit golbglanzenben Spitzen besetzt. Auch Hier
haben bie Arten eine unverkennbare Familienahnlichkeit.
Bei einer sehr H^ufigen aber schonen Art, bemsvgenannten
Silberstrich (A. Paphia) Fig. 3196. 1., sinb bie braun-
gelben Flugel mit schwarzen unb gelben Fleden unb Stri-
chen gezeichnet, bie Hinterflugel untenher grun mit
schragen, ganzen ober unterbrochenen, toinkeligen ober
getoolbten filberglanzenben Binben. Spielarten toerben
nicht felten gefangen von grunlichgrauer bis fchtoarz-
licher Grunbfarbe. Die mit langen, gelben Dornen
befetzte, braune, mit Hellgelbem Rudenstreif gezeichnete
Raupe lebt im Mai unb Juni auf Himbeeren, Hunbs-
veilchen, Neffeln unb Nachtviolen. — Edflugelige Fal-
ter ober Vanessen (Vanessa) haben verkehrt eiformige
ober långlidie, brehrunbe ober auch zufammengebrudte
Fuhlerkeule, fchnabelsormig vorstehenbe, meist lang be-
Haarte Taster, unvollkommene, getoohnlich bicht be-
Haarte Vorberbeine, am Auhenranbe ausgezadte Flu-
gel, bie auf ber Oberfeite lebhafte, unten bustere Far-
ben zeigen. AuS ihren ettoaS toolligen, gejlreiften,
mit mehreren Reihen von Dornen besetzten Raupen toer-
ben meist golb- ober filberglanzenbe Puppen, auf beren
Ruden eine nafenfornrige Erhbhung Hervorragt. Man
trennt biese Falter in zwei Gruppen. Zu ber ersten,
toelche nur fchtoach gezahnte Flugel hat, gehort ber
Distelfalter (V. cardui) Fig. 3198. mit rothgelben
ober in baS Braunliche ziehenben, fchtoarz gefledten, an
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