Illustrirte Naturgeschichte Des Thierreichs
Vierter Band
Forfatter: Eduard Pöppig
År: 1851
Forlag: Verlagsbuchhandlung von J. J. Weber
Sted: Leipzig
Sider: 296
UDK: St.f. 59 Pöp
Naturgeschichte der wirbellosen Thiere
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Sicbente Grdnuitg. Zwciflugler.
K erf e.
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der langen, schmalen Gestalt der Flfigel mag die Fahig-
keit ruhigen Schwebens in der Luft, z. B. fiber Blu-
men, ihren Grund haben. Uebrigens konnen diese
Fliegen mit reisienber Schnelle bahinschiehen und Wer-
den daher nicht leicht gefangen. Man sieht fte im Fruh-
jahre uber bluhenden Pflanzen und erkennt sie ohne
Muhe an ihrer besonderen Bewegung, Behaarung und
busteren Farbe der Flugel. Jhre Enttoickelungsge-
schichte bedars noch der Aufklarung. Der grofie
Wollschweber (B. major) Fig. 3293. ist braunlich
behaart, unten fast weihhaarig und hat am Vorder-
rande der Flugel eine braune, ausgebuchtete, breite
Einfassung.
Funste Familie.
Raubfliegen
Fuhler am Grunde genahert, vorgestreckt, auftoartS
gerichtet, dreigliederig. Stirn eingedrucki; Augen vor-
stehend. Untergesicht mit Knebelbart. Russel toage-
recht vorstehenb. Flugel parallel austiegend.
Raubfliegen erinnern durch Bau und Ansehen an
Schlupftvespen ; gleich diesen fuhren sie ein Ranberleben
und fangen selbst starte fliegende Kerfe, z.B. Bienen, durch-
bohren fie mit den Borsten des Ruffels und saugen fie
aus. Sie fliegen unter lautem Gesumme am Tage und
bilden viele Gattungen. Ilnter diesen erkennt man die
eigentlichen Raubfliegen (Asilus) an der Endborste des
letzten FfihlergliebeS (Fig. 3294.), den dornigen Schien-
beinen und den Ballen des letzten ZehengliedeS (Fig.
3295.). Die hornissenartige Raubfliege (A.
crabroniformis) Fig. 3296. Hat vorn schwarzen, hinten
gelben Hinterleib, braunliche Beine und Ruckenschild
und kommt, wie andere Verwandte, von einer unter der
Erbe lebenden Larve.
Sechste Fainilie.
Empiden.
Fuhler am Grunde genahert, vorgestreckt, dreiglie-
derig, mit kegelformigem, in eine Borste oder Griffel aus-
laufenden Endgliebe. Untergesicht bartlos. Russel
vorstehend, fast senkrecht, mit aufgerichteten Tastern.
Zu dieser der vorigen noch sehr vertvandten Familie,
deren Glieder meistenS auch vom Raube leben, gehoren
unter andern die auf den Gewassern Herumfliegenden
oder uber ihnen schwebenden Tanzfliegen (Hilara), die
Schnepfenfliegen (Empis), die vorzuglich uber Blumen
schweben, und die Schnabelfliegen (Rhamphomyia), die
besonders Baume besuchen, und unter welchen eine (R.
spinipes) toahrenb des Herbstes in grosien Mengen uber
Kiengebuschen schwarmt.
Siebente Familie.
Tachydromiden.
Fuhler am Grunde genahert, vorgestreckt, zweiglie-
derig, mit Endborste. Ruffel kurz, senkrecht, auf ihm
austiegend die dicken, kurzen Taster.
Tachydromiden find von sehr geringer Grbsie, viele
fogar ausnehmend klein. Durch Schnellfusiigkeit uber-
treffen sie alle andere Zweiflugler. Man kennt be-
reits sehr viele, in verschiedensten Oertlichkeiten fich auf-
Haltende Arten.
Achte Familie.
Stratiomyden.
Fuhler am Grunde gensihert, vorgestreckt, dreiglie-
derig, mit geringeltem Endgliede. Ruffel zuruckgezo-
gen. Hinterleib funfringelig, gewohnlich etwas platt.
Man verdankt der Forschung und der Geduld Stoant-
merdamm's ebenso wichtige als anziehende Aufklarungen
fiber die Entwickelungsgeschichte der gemeinen Waf-
fenfliege (Stratiomyia chamaeleon) Fig. 3297., der
gelblichgrau behaarten, auf dem Hinterleibe mit unter-
brochenen gelben Binden gezeichneten Art einer Gattung,
toelche einen ziemlich fleischigen Russel (Fig. 3298. von
unten gesehen, a Unterkiefer, b Taster, c Unterlippe)
und drei Nebenaugen, aber keine Ballen am letzten Ze-
hengliede befitzt. Die gegen anderthalb Zoll lange, vorn
verdickte Larve (Fig. 3299.) tragt am Hinteren Ende ei-
nen Kranz von etwa dreihig gewimperten Haaren, die,
vollig ausgebreitet, den Korper in verkehrter Lage
schwimmend erhalten. Neben dem After liegen zwei
Luftlocher, und ntun andere finden fich jederseitS ent-
lang des Leibes. Um unterzutauchen, faltet die Larve
den strahlenformigen Schwanzanhang zusammen, nimmt
aber zwischen seinen Theilen eine Luftblase mit in die
Tiefe hinab, die nach und nach von den hinteren Ath-
mungslochern verbraucht wird. Sobald sie fich verpup-
pen will, kriecht fle auf das Land oder nur auf das Blatt
einer Wasserpflanze nnd verliert die Beweglichkeit. Bald
trocknet die Haut ein und wird zu einem kegelformigen,
geringelten Gehaus (Fig. 3300. A), deffen inneren Raum
die bald darauf gebildete Puppe nicht vollkommen auS-
fullt (B Gehaus kunstlich geoffnet). An dieser erkennt
man leicht alle kunstige Glieder der Fliege (Fig. 3301.
a Ffihler, b Augen, c Russel, d ersteS, e zweites Fusi-
paar, f bie noch gefalteten Flugel, g hi Leibesringe, k
AthmungSlscher). Vermnthlich bient der leere Raum
deS Gehauses als Luftmagazin, welches um so besser
ausreichen mag, als die Fliege schon nach elf Tagen
auSschlupft.
Neuilte Familie.
Syrrphiden.
Fuhler dreigliederig, daS dritte Glied zusammenge-
druckt, nicht geringelt, rundlich mit einem Endgriffel
oder Ruckenborste (Fig. 3302). Ruffel zurfickgezogen,
mit deutlichen Borsten. (Fig. 3303.) Drei Nebenaugen.
Die Gattung Schwebflicge (Syrrphus), im engeren
Sinne genommen, begreift eine sehr grohe Menge theil-
weis bunter Arten, die mit der gemeinen Stubenfliege
einige Aehnlichkeit zeigen, fich den ganzen Sommer Hin-
durch und bis zum Spatherbst auf Blumen, in Gebfi-
schen und Hecken finden und die Fahigkeit int Hochsten
Grade befitzen, auf einem Punkte, scheinbar ohne alle
Flugelbewegung, schwebend fich zuerhalten. Jhre Lar-
ven haben in der Nahe der Mundvffnung ein dreispitzi-
geS Organ (Fig. 3304. c), durch welches fie Blattlause,
(a) ihre einzige Nahrung, tobten. Sie kommen immer
in der Nahe dieser kleinen Thiere aus, indem die Fliege
selbst nut dorthin ihre Eier legt. Gute Beobachter ver-
fichern, dasi von den zahlreichen Feinden teiner unter
den Blattlsiusen so gewaltige Verheerungen anrichte alS
jene Fliegenlarve. Man kennt viele Arten dieser Gat-
tung. Die schwarzblaue Schwebsliege (S. pyrastri)
Fig. 3304. b Hat auf dem glanzend schwarzblauen Hin-
terleibe sederseits drei weisie, bogenformige Flecken; die
Johannisbeere il-Schwebflicge (S. ribesii) gig.
3305. ist auf dem Ruckenschilde grfinlich, auf dem schwar-
zen Hinterleibe mit vier gelben Binden gezeichnet, an den
Beinen rothgelb; die geschmuckte Schwebsliege
(8. I'estivus) Fig. 3306. ist schwarz und trågt auf dem
Ruckenschilde gelbe seitliche Streifen und auf dem Hin-
terleibe vier gelbe, unterbrochene O-uerbinden. — Die
Bogenfliege (Chrysotoxum), von welchen eine in Deutsch-
land gcwhhnliche Art (Ch. fasciolatum) unter Fig.3307.
abgebildct ist, befitzen die sonderbare Eigenschaft, auch
dann noch ein summendes Gerausch hervorbringen zu
konnen, wenn man ihre Flfigel festhsilt, ein Beweis,
dasi daffelbe auch von anderen Theilen, vermnthlich von
den Luftlochern auSgehen konne. — Ueber die Lebens-
geschichte der Federfliegen (Voluccella) fthlen vollstan-
dige Nachrichtcn. Nur von den Larven einer Art weisi
man, dasi fie in den Bauen der Hummeln vorkomme
und dort die Brut fresse. Die gelbbraune Feder-
fliege (V. plumata) Fig. 3308. ist braunlichgelb be-
haart und hat braun eingefahte Queradern der Flfigel.
Sie kommt in unseren Waldern, indeffen nicht sehr
Haufig, vor.
Zehnte Familie.
Platypeziden.
Fuhler vorgestreckt, drei- feltener zweigliederig, mit
nackter Endborste. Russel verborgen. Ruckenschild
ohne Quernath. Hinterleib sechSringelig. Flugel
austiegend.
Platypeziden find kleine, wenige Linien messende,
mehrentheils sehr schnell laufende Fliegen, die in Wsil-
dern und auf Gebfischen leben und nur fur den Syste-
matiker Interesse darbicten.
Elfte Fainilie.
Dolichopiden.
Ffihler vorgestreckt, dreigliederig, das drille Glied
stach, mit Rucken oder Seitenborste. Untergestcht schmal,
gleichbreit. Ruffel bisweilen vorstehend mit flachen,
anstiegenden Tastern. Ruckenschild ohne Quernath.
Hinterleib schlank, sechSringelig; After des MannchenS
eingekrunimt, mit verschiedenen Aiisatzen, Faden oder
Kappen. Flugel austiegend.
Von dieser und den folgenden drei Familien gilt daS
von der vorhergehenden Gesagte, dasi sie nur als Ab^n-
derungen von Formen zur Untersuchung reizen konnen.
llebrigenS zerfallt die elfte Familie in mehrere Gatlun-
gen, deren meisten Arten metallisch glanzen, grfin oder
blau, bisweilen auch schwarz sind und auf Wicsen und
in Bfischen leben.
Zwolfte Familie.
Seenopiniden.
Ffihler niedergedruckt, dreigliederig, mit verlanger-
tem, walzenformigen, borstenlosen Endgliede. Russel
verborgen. Hinterleib achtringelig, stach. Flugel ei-
ner fiber den anderen ganz austiegend.
Dreizehnte Familie.
Conopiden.
Ffihler an der Wurzel winkelig abstehend, dreiglie-
derig. Russel vorgestreckt, meist knieformig geknickt.
Hinterleib ffinf- oder sechsringelig. Flfigel austiegend.
Vierzehnte Familie.
Stomoxyden.
Ffihler niedergedruckt oder hangend, dreigliederig,
mit stumpfem, in eine Ruckenborste auslaufenden End-
gliede. Russel vorgestreckt, eingeknickt. Hinterleib
vierringelig. Schwingkolbchen von einer Doppelschuppe
bedeckt. Flfigel abstehend.
An heisien, aber mit Regen drohenden Tagen dringt
die sogenannte Herbstfliege (Stomoxys calcitrans), welche
der gemeinen Stubenfliege sehr sihnelt, sogar in dieZim-
mer und sticht Menschen ziemlich empfindlich, indeffen
meist nur in die Ffisie und Waden. DaS weidende Vieh
plagt fie im hohen Grade. Verwechselung mit der Stu-
benfliege wird fibrigenS, bei genauerer Betrachtung, die
geradausgehende Richtung deS steifen und bunnen Rus-
selS nicht zulaffen.
Funfzehnte Familie.
Oestriden.
Ffihler klein, dreigliederig, mit nackter Endborste.
Mund geschlossen oder ausnehmend klein, ohne sichtba-
ren Ruffel. Hinterleib vier- oder funfringelig, Haarig.
BremSfliegen, Bremen oder Oestriden gleichen eini-
germaahen kleinen Hummeln durch Gestalt, niehr noch
durch Behaarung und Vertheilung der Farben, toerben
felten in vollkommenem Zustanbe gefunben, um fo Haufi-
ger aber als parafitifche Larven, bie enttoeber unter ber
Haut, ober in ber Nafe unb ben Stirnhohlen, enblich
fogar im Darmcanale ber Saugethiere leben. Sie kLn-
nen borthin nur alS Eier gefangen, zu beren Unterbrin-
guitg bie mittels fcharfer Krallen (Fig. 3309. a) fich an-
klammernbe weibliche Fliege eine Hornige Legershre
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