Illustrirte Naturgeschichte Des Thierreichs
Vierter Band
Forfatter: Eduard Pöppig
År: 1851
Forlag: Verlagsbuchhandlung von J. J. Weber
Sted: Leipzig
Sider: 296
UDK: St.f. 59 Pöp
Naturgeschichte der wirbellosen Thiere
Mit 1558 Ubbildungen
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Erstr Ordnung. Kopssuher.
Weichthiere.
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ter dem Namen des SepienknochenS im Handel vorkom-
menb, dient er toeniger zu technischen Zwecken als zur
Bereitung von Zahnpulvern, indem seine feinen und
Harlen Kalktheilchen ein guteS Polirmittel abgeben.
So viel uber den Bau dieser in vielen Beziehungen
sehr merktourdigen Thiere. lleber ihre Lebensweise lie-
gen , trotz der Getoohnlichkeit vieler Arten, erschopfende
Beobachtungen nicht vor. Ob ste feinen Jnstinet ent-
ivickeln, muh dahin gestellt bleiben; der hochberuhnite,
vorhin erivahnte Altgrieche schreibt ihnen List zu, neuere
Beobachter halten sie sehr leidenschaftlicher Erregungen
såhig. So mangelhaft sind noch die Untersuchungen,
dah die Frage uber die Hohe ihrer Fahigkeit, phosphori-
scheS Licht zu verbreiten, sotoeit ungelost blieb. Dah
diese, wenn auch iin geringeren Maahe, alS altere For-
scher behaupteten, vorhanden sei, leidet keinen Zweifel.
Man sindet Kopffuher in allen Meeren und kennt bereits
eine bedeutende Zahl von Arten, die aber mit jenen
der untergegangenen Arten der Vortoelt keinen Vergleich
aushalt. Dem Menschen bringen sie tin Ganzen sehr
geringen Nutzen. Jhr Muskelfleisch, obtoohl in reich-
licher Menge vorhanden, bleibt bei jeder Bereitung zah
und toidert bei vielen an durch Bisamgeruch. Daher
genieht selbst in Italien nur die niedere Volkselasse ei-
nige Arten von Cephalopoben; die kleinen, kauni finger-
langen Kalmare sollen allein schmackhaft sein. AnderS
verhalt es fich mit ausl^ndischen Arten; nach Bennett
gilt ein groher Octopus auf den Sandwichinseln als
Leckerbifsen auch bei den Vornehmsten; sein Fleisch soll,
roenn angemeffen zubereitet, noch schmackhafter sein als
jeneS einer Hummerscheere. — Die shstematische Ein-
theilung der Ordnung beruht auf der Zahl der Kiemen,
der Gestalt des MantelS, der Zahl der Arme, dem Man-
gel oder Vorhandensein eineS Gehfiuses.
Erste Familie.
Achtfutzer.
Ztoei Kiemen. Acht fast gleichlange, mit Saug-
nåpfen besetzte Arme. Mantel ohne flossenformigen
Anhang, ohne Ruckenschulpe.
Unter den auheren Kennzeichen dieser Familie nimnit
der Mangel von breiten, als Flossen dienenden Haut-
randern die oberste Stelle ein. Der ganze Korper Hat
eine mehr oder minder kugelige Gestalt und zeigt mehr
Nachgiebigkeit oder Formlofigkeit als bei anderen Kops-
fuhern, roeil ihm das innere feste Gestell der Rucken-
schulpe abgeht. Bei ztoei Gattungen ist er immer frei,
bei der dritten in ein Gehaus oder eine Schale einge-
schloffen, ohne jedoch mit ihr vertoachsen zu sein. Alle
dieser Ordnung angehbrenden Thiere besttzen eine ver-
Haltnihmahig sehr bedeutende Grohe; sie toohnen naher
an den Kusten als andere Kopfffiher, z. B. die Kalmare,
denn obgleich der Mangel an Flofsen sie nicht geradezu
am Schtoimmen hindert, toelcheS durch Bewegung der
Arme geschieht, so scheinen ste es doch vorzuziehen, auf
Felsen unter dem Meere, bisweilen sogar auf dem nas-
sen Sande des Strandes langsam sortzukriechen. In
anatomischer und physiologischer Beziehung tonnen sie
fur die am Besten untersuchten aller Kopffuher gelten;
die Feststellung der zoologischen Arten laht jedoch noch
Vieles zu rounschen ubrig. Man kennt von letzteren
eine ziemliche Menge an8 den verschiedensten Meeren.
I. Seepolyp. (Octopus.)
Gattungscharakter: Acht gleichlange, mit ztoei
Reihen von Saugnapfen besetzte, am Grunde durch eine
Hautfalte verbundene Arme.
Der Name Polyp sollte allerbingS fur ein Weichthier
darum nicht angetoendet toerden, toeil er leicht zu Mih-
verstfindnissen fuhren kotinte, hat aber iin vorliegenden
Falle ein getoisseS Burgerrecht erlangt, toeil ihn Aristo-
teles zuerst antoendete und er spaterhin in daS gemeine
Leben ubergegangen ist. Er bezieht fich auf die zahl-
reichen unv sehr beweglichen Arme, toelchen, ebenso roie
IV. Band.
dem ganzen Thiere, eine abenteuerliche Kraft und Ge-
fåhrlichkeit zugeschrieben toard. Keine der vielen Hier-
auf bezuglichen Erzåhlungen verdient Glauben, minde-
stens nicht, toenn sie den gemeinen Seepolypen
(0. vulgaris) Fig. 3384. betreffen, der an den Subkusten
Englands, feltener in der Nordsee, sonst noch ini atlan-
tischen Meere und besonders Haufig im Mittelmeere ge-
funden toird. Von ihm toard gefabelt, dah er zu un-
geheuerer Grohe wachsen konne, Badende umstricke und
in die Tiefe ziehe, toohl gar die Maste der Schiffe er-
fafse und diese zum Umschlagen bringen konne. In
tropischen Meeren scheint es indeffen sehr grohe zu ge=
ben, toelche in der That Menschen gefahrlich toerden
konnen, mindestens einer toirklichen Wuth fahig sind
und den einnial gepackten Gegner nicht freitoillig loslas-
sen, sondern zu beihen suchen. Solche Falle erzahlen
ztoei vollig glaubtourdige Reisende unserer Zeit, Beale
und Dartoin. Der erstere bestand auf der Bonin-Jn-
sel einen ungleichen Kampf mit eineni allerdings Heftig
gereizten Octopus, der letztere erfiihr Aehnliches auf
den Galopagos-Jnseln. Gemeinlich suchen diese gro-
hen Weichthiere dem Angreifer durch Verdunkelung deS
Wassers mittels ausgefprutzten Tintensaftes zu entgehen.
Dah sie aus der Bauchrohre auch reines Masser Hervor-
zutreiben vermogen und mit dem Strahle einen Gegen-
stand auf mehrere Fuh Entfernung genau treffen, beob-
achtete ebenfallS Darwin. Mit schwacheren Seethieren
liegen fie immer im Kampfe und bestegen sie durch Auf-
lauern und plotzlicheS llmstricken mit den Armen. Von
Fischern toerden sie gehaht, toeil sie selbst in Netze ein-
dringen und die gefangenen Fische verstummeln, stalt
sich mit dem Verzehren einiger zu begnugen. Ueber
solche Veraubungen klagen besonders die Fischer von
Corntoallis zur Zeit des Fanges des Pilchards (Clupea
Pilchardus Bd. III. S.127). Die Romer und Griechen
Hielten das Fleisch deS gemeinen Seepolypen fur eine
Leckerei, nicht so ihre Heutigen Nachkommen; im nord-
licheren Europa toird es kauni genoffen. Die Grohe
der abgebildeten europLischen Art betragt mit den auS-
gestreckten Armen gegen 2 Fuh, feltener bis 3 Fuh; die
etwas variirende Farbung ist rothlichgrau, bistoeilen
leberbraunlich.
II. Moschuspolyp. (Heledone.)
Gattungscharakter: Acht gleichlange Arme mit
einer Reihe von Saugnapfen.
Linne Hat sonderbarertoeise eine im Mittelmeere ziern-
lich gemeine und schon den Alten ivohlbekannte Art die-
ser Gattung (H. moschata) ganj ubersehen. Von Ari-
stoteleS toird fie unter dem Namen Heledone ertoahnt;
bei den Jtalienern heiht ste Muscardino, toegen ihres
aussMigen Moschusgeruches. An Grohe kommt fie
dem gemeinen OetopuS nicht gleich, indeni sie mit Ein-
schluh der Arme nur 12 — 14 Zoll miht. Die letzteren
rollen fich im Tode spiralisch zusammen, enden in lange,
dunne Faden und tragen sehr eng neben einander in
eine Reihe gestellte Saugnapfe. Den ettoas Platten,
elliptischen Korper bekleidet eine sehr glatte und feine
Haut, deren eigentliche Farbung gelb zu sein scheint; in
Folge des oben ertoahnien Farbenwechsels andert aber
dieses Colorit aller Augenblicke ab. Es soll daS Far-
benspiel hier besonders lebhaft sein und schnell eintreten.
Der Moschusgeruch erhalt fich auch an eingetrockneten
Eremplaren. Der bauchige Moschuspolyp (II.
ventricosa) Fig. 3385. toard an der Kuste von Corn-
toallis 1822 gefangen, von Grant zuerst beschrieben und
ist von dem ertoahnien italienischen verschieden.
III. Argonaut. Plipiernaiitilus. (Argonauta.)
Gattungscharakter: Acht ungleiche Arme,
sechs mit ztoei Reihen Saugmipfen besetzt, ztoei nach
vorn fioffenfårmig ertoeitert, ein freieS Gehaus um-
fassend.
Kein Weichthier hat seit den fruhesten Zeiten so all-
gemeine Aufmerksamkeit auf fich gezogen alS der Nauti-
lus, und dennoch ist gerabe seine Geschichte bis auf un-
sere Tage dunkel und streitig geblieben. Man kaunte
die zierliche Schale, die Jeder gern betoahrte, und die an
Schånheit keinein der artenreichen Gehause nachgiebt,
toelche toir jetzt auS groh^ii Fernen fur unsere Sanim-
lungen erhalten; man toar vertrauet mit dem Ansehen
und dem inneren Baue des Kopssuhers, der jene Schale
belvohnt, allein Niemand vermochte zu betoeisen, dah
beide zusammengehoren. An keinein Punkte findet
nåinlich eine Nerbindung ztoischen beiden statt, und
ohne Verletzung zieht man das Thier aus seinem Hause,
obgleich es in dieses fich zuruckdrangt, sobald eS beruhrt
toird. So entstand der Glaube, dah beide Theile nicht
zusammengehårten, dah der Nautilus nur der Parafi-
tische Betoohner eines fremden GehauseS sei, dessen ei-
gentlicher Verfertiger entiveder naturlichen TodeS ge-
storben oder auch vom Nautilus getbdtet toorden toare.
Dah man den rechtlichen Besttzer nie in jener Schale
sand, erklarte man durch die Annahme, dah er zu Leb-
zeiten nie die Tiefe des Meeres verlaffe. Man verglich,
mit eineni Morte, den Argonauten mit den gemeinen
Eremiienkrebsen, deren Geschichte Iedermann kannte.
Erhoben fich gelegentlich Zweifel gegen diese Deutung,
erflårten Manche den Nautilus fur den Verfertiger sei-
ner Schale, so gelang es doch Keinem, die Organe und
den Hergang der Schalenbildung nachzutoeisen. Ent-
schieden toard endlich um 1838 der uralte Streit durch
die genaueii Beobachtungen einer in Sicilien lebenden
Franzostn, der Jeanette Potoer, und volle Getoihheit
erhielt man durch die toiederholten Versuche von Rang
und anderen Naturforschern, soivie durch Owen's ge-
schickte Combination der keinen Zweifel zulaffenden That-
sachen. Im Allgemeinen hat der Argonaut viele Aehn-
lichkeit mit anderen Kopffuhern, nur ist der Leib mehr
verlangert alS bei Octopus, die Haut noch dunner und
durchscheinender als bei dem MoschuSpolypen, der Far-
bentoechsel der Oberflache noch lebhafter und Herrlicher,
oft von Stahlblau in zarteSRosenroth auf einmal uber-
springend. Mehrere, indeffen nicht sehr toesentliche
Abtoeichungen finden sich in der Lage und Gestaltung
der inneren Organe. Grohe Augen und ein kraftiges
Kiefernpaar fehlen nicht. Das obere Paar der Arme
Hat eine sehr eigenthumliche Form, denn statt fadenfor-
mig sich zuzuspitzen, ertoeitert eS fich zum heutigen,
auherordentlich dehnbaren und daher in seinen Umriffen
toandelbaren Lappen, der sich nach Hinten (auf der Ab-
bildung Figur 3388. die linke Seite) uber die Schale
ivegschlagen, sogar bis nach vorn an den Munbungs-
rand sich dehnen kann und, in Gemeinschaft mit dem
ebenso vergroherten Lappen der anderen Seite, das Ge-
haus vollkommen fiberdeckt. Mittels genauer An-
schmiegung dieser bunnen Membranen toird bei rascher
Bewegung das Gehaus allein festgehalten, denn das ru-
Hende Thier sichert seinen Sitz, auch bei zuruckgezogenen
Armen, durch Anklemmung des Korpers an die Wan-
dungen der Schale. ES bedarf daher nicht beS Betoei-
ses, dah die urallen Ueberlieferungen, toelche bis auf
neuere Zeiten auch alle Abbildungen toiedergaben, und
die ben Argonauten jene AuSbreitungen toie Segel, um
vor bem Winbe auf bem Meere hinzutreiben, ober als
Ruber benutzen laffen, burchauS ber Wahrheit erman-
geln, toie bichterisch unb ansprechenb fie sonst auch sein
mågen. Hort im Sterben bie Muskelthatigkeit auf,
so fallt ber Argonaut aus ber Schale Heraus, unb so
erklart fich ber Mangel an toeichen Ueberresten in allen
vom Meere angespulten Argonautenschalen. Jene Arm-
lappen bienen aber zu gleicher Zeit auch zur Herstellung
ber Schale. Sie befitzen gleich ben Mantelranbern ber
Schnecken unb Muscheln bie Fahigkeit, Kalk, mit thieri-
scher Materie verbunben, auszusonbern, welcher nach
festen, jeber Art eigenen Bilbungsgesetzen zur Schale
toirb, beren WachSthum mit ber Grohe beS Bewohners
Schritt Hålt. Den BetoeiS biefes BilbungSgangeS unb
fomit ben BetoeiS, bah ber Argonaut keineStoegeS ein
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