Illustrirte Naturgeschichte Des Thierreichs
Vierter Band
Forfatter: Eduard Pöppig
År: 1851
Forlag: Verlagsbuchhandlung von J. J. Weber
Sted: Leipzig
Sider: 296
UDK: St.f. 59 Pöp
Naturgeschichte der wirbellosen Thiere
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Weichthicre.
Writte Vrbnnng. Rauchfiiher.
scheint diese Gattung mit einer der vorhergehenben zu-
sammenzufallen. Sie roarb auf cine ini Weingeist be-
wahrte und abgeblichene Schnecke (Fig. 3474.) deS bri-
tischen Museums, deren Vaterland sogar unbekannt ist,
begrundet und gehort zu den noch zweifelhaften.
IV. Daginulus. (Vaginulus.)
G attungScharakter: Korper sehr verlangert.
Ruckenschilb die ganze Oberseite deckend , nach vorn eine
Kappe bildend, nitter welche der Kops zuruckgezogen
werden kann. Weder Kalkkorner noch Ansånge einer
Schale unter dem Mantel. AthmungSloch weit hinten.
Sonder-Rang, ein um die Kenntnih niederer Thiere
sehr verdienter, vielgereister franzåstscher Naturforscher,
bemerkt, bah diese von ihm auf Bourbon und Marti-
nique angetroffenen Nacktschnecken hinsichtlich der LebenS-
weise nicht von denjenigen unseres Welttheiles abweichen,
und bah sie unter alten, umgefallenen Stemmen in Wal-
dern und ®årten leben. Zu ihnen gehåri die unter
Fig. 3475. a im zusammengezogenen Zustande von unten,
b ausgestreckt und kriechend dargestellte Art (V. Tauna«
isii). Andere im Meere lebende Arten hat man in der
Gattung Onchidium untergebracht.
V. Testacella. (Testacella.)
Gattungscharakter: Korper verlangert. Kein
Ruckenschild. Dunne Kalkschale auf dem Hinterende des
Korpers. Athmungsoffnung gegen daS Hinterende.
Durch die Lage der Schale (Fig. 3476. 3477. a von
oben, b von innen) ist diese Gattung hinreichend von
anderen derselben Familie unterschieden, obgleich das
allgemeine Ansehen demjenigen einer jungen Weg-
schnecke sehr entspricht. Die drei bis jetzt bekannten Ar-
ten bewohnen Europa, jedoch ist eine von ihnen, Mau-
g e'sTesta c el la (T. Mangel) gig. 3477., aus Teneriffa
um 1740 zufallig nach Dieppe und spater nach England
gebracht tvorden, roo sie zumal um Bristol in den Gar-
ten vielen Schaden anrichtet. Eine andere ebenfalls in
England Heimische Art (T. scutulum Fig. 3476.) scheint
nicht fremden Ursprunges zu sein, ist gelblich, an den
Seiten roeihgestreift, mit fast knorpelig Hartem Mantel
umgeben, ledt nach Art unserer Waldschnecken und er-
weist stch sehr gefrahig. Sie verfolgt Regenrourmer
unter dem Boden, bewaltigt und fript selbst die gråhe-
ren in kurzer Zeit und verschroindet spat im Oktober.
Die dritte nicht abgebildete Art kommt vor in Sud-
frankreich.
VI. Parmacella. (Parmacella.)
Gattungscharakter: Korper verlangert, mit
schroanzfårmigem, zusammengedruckten Hintertheile; auf
seiner Mitte ein grohes , an den R^ndern freieS , Hinten
eine flach spiral geroundene Schale tragendeS Schild.
AthmungSoffnuiig unter dem rechten Borderrande deS
Schildes.
Parmacellen find Landschnecken, haben viele Aehn-
lichkeit mit den Waldschnecken, unterscheiden fich aber
durch den vorderen nicht angeroachsenen Mantelrand und
durch die Schale, deren Spiralroindungen ziemlich beut-
lich Hervortreten. Jhre Athmungshohle liegt nicht vorn,
sondern gegen die Mitte deS Korpers. Olivier's
Parmacella (P. Olivieri) Fig. 3478. rnihi 2 Zoll,
Ward von Olivier auS Mesopotamien gebracht und von
Cuvier anatomiri. Rang sand andere Arten in Mada-
gaScar und Bourbon aufschattigen Uferfelsen von Walb-
stromen. Die Gattung roird ubrigenS auch in Brastlien
und Indien angetrofsen.
Zweite Familie.
Gehaus - Lungcnschnecken.
Hinterer, sacksormiger, die Eingetveide einschliehen-
der, spiral geroundener Leibestheil stets in einer Schale
verborgen. Lungenhohle vorn; Athemloch vorn rechts
oder links am Rande deS MantelS. Gehaus ohne be-
stsindigen Deckel.
VII. Gartenschnecke. (Helix.)
Gattungscharakter: GehauS kreisformig, ge-
roolbt oder stumpfkegelformig, bisroeilen fast fugelig ;
Geroind roenig vortretend; Mundung mehr breit als
hoch, schief; Mundsaum uber dem letzten Umgange un-
terbrochen; Spindelrand mit der Are einen stumpfen
bis rechten Winkel bildend.
Die Thiere dieser unendlich artenreichen Gattung Ha-
ben Aehnlichkeit mit den Wegschnecken, besttzen vier
Fuhler, deren vordereS Paar sehr kurz ist, das Hintere
die Augen tragt, und haben an der rechten Seite, an
der Stelle, roo wahrend des Kriechens daS Gehaus auf-
liegt, drei Oefsnungen, von roelchen bie gråhere zu Luft-
aufnahme dient, die beiden anderen den After und die
Geschlechtsoffnung barstellen. Der geroundene Einge-
weidesack und der vordere, untenher mit langer und brei-
ter Sohle versehene Korpertheil sind scharf geschieden.
Auf ihrer runzeligen Haut bemerkt man felten lebhafte
Farbung, die Gehause sind Hingegen oft um so bunier,
zumal bei den Arten roarmerer Lander. Wegen dieseS
Farbenschmuckes bei nicht erheblicher Abroechselung der
Form und roegen der unubersehlichen Artenmenge und
daher entspringenden Schroierigkeit shstematischer An-
ordnung und Erkennung hat man die Schnecken, ziem-
lich tressend, den Schmetterlingen verglichen. Die Ge-
Hause haben fast immer dunne und zerbrechliche, oft fo-
gar durchfcheinende Wandungen und enibehren, unge-
achlet des inneren Glanzes, dennoch eine eigentliche
Perlmutterschicht. Manche Systematiker verfuchten sie
in paffende Ordnung zu bringen, aber bei allem Fleihe
folcher Arbeiten fehlt noch immer genugende Låsung
der fchroierigen Attfgabe, toeil die Formen der Gehause,
auf die man fich allein beziehen komite, zu viele Ueber-
gange darbieten. Alle roahre Arten dieser geroaltigen,
uber alle Welttheile verbreiteten Gattung leben aus dem
Lande, lieben zroar Kt'thle und Feuchtigkeit, kånnen
aber dennoch anhaltende Durre uberleben, indeni fie
durch auSgesonderten und schnell verhårtenben Schleim
die Schalenmundung schliehen, hierdurch die Verbun-
stung aufheben unv nach geroonnener Sicherheit in eine
Art von Schlaf verfallen. Mitten in den gluhendsten
Wusten Afrika's fand man achte Helices, die allerdings
roohl nur eine kurze Zeit im Jahre des unbehinderteit
Lebensgenuffes stch erfreuen mågen. In milderen Welt-
gegenden, roie im nordlichen Europa, ziehen die Schne-
cken erst bei Eintritt kuhlerer Witterung stch zuruck un-
ter Moos und Baumlaub und beginnen eine der Gråhe
ihrer Schale entsprechende Håhle durch Umdrehung auf
der Bauchscheibe zu bilden. Sobald fie genugende Tiefe
erreicht, nehmen sie eine måglichst groheMenge atmospha-
rischer Lust auf, schliehen mit verhårtendem Schleim die
GehåuSntunbung, ziehen den Fuh noch weiter nach innen
und bilden einen zweiten Deckel. Sie fahren in folcher
Weise fort biS zur Bildnng deS funften und fechsten
SchalenfchlusseS und gelangen endlich, durch immer ver-
mehrte Zufammenziehung, bis in ben vorletzten Untgang
bet Schale. Sobalb vollige Sicherung erlangt, ber
Korper in ben engsten Rantn zufammengezogen ist, tritt
ber Winterfchlaf ein, ber bis April bauert. Diefer Hier
nur in feiner Allgemeinheit bargestellte Hergang foll
stch nach anberen Beobachtungen etroas anbers verhal-
ten. Es foll nicht ber Druck bes Fuhes nnb bie Utn-
brehung beS GehånfeS bie fchutzenbe Grube nnb bie Decke
erzengen, fonbern beibe daburch entstehen, bah ber Fuh
ber Schnecke eine Menge von klebrigem Schleim abfon-
bert, an roelchen sich Erbe, Baumblåtter u. f. ro. anhåit-
gen. Auf biefe abgestohene Schicht foll eine zroeite fok-
gen nnb hierburch, in Berbinbung mit gelegentlicher
Umbrehung ber Schnecke, bie Håhlenartige Umhnllnng
entstehen. Wie fest auch bie Deckel ber Schale roåh-
renb ber Ueberrointerung erfcheinen mågen, fo burfen sie
bod) nie mit ben kalfigen, an bem Fuhe bestftigten Dek-
keln anberer Weichthiere verroechfelt roerben. Uebri-
gens verntågen nicht alle ber bei uns Heimifchen Arten
folche Schleintgebilbe Hervorzubringen. Die eigentlich
fogenannten Schnecken nåhren sich Hauptfachlich von
faftigen Pflanzen, bisroeilen auch von faulent Fleifch
nnb fcheinen Kafe nicht zn verfchmahen. Dah sie man-
chen Gewåchfen ben Borztig geben nnb biefe unter an-
beren herauSzufinben roissen, zeugt fur ben Besttz schsir-
strer Sinne. Sie verntågen ubrigenS nicht burch baS
Geflcht Gegenstånbe auf einige Entfernung zu unter-
fcheiben, benn sie ziehen bie Augen tragenben Fuhler
nur nach nnmittelbarer Beruhrung zuruck. Jhre Fort-
pstanzung finbet bei unS gegen Enbe beS FruhjahreS
statt; bie rnnblichen, ziemlich gropen, roeihlichen Eier
Hangen bisroeilen miltels eines klebrigen SchleinteS
fchnnren- ober reihenroeis zufamnten ober bilben kleine
Haufchen in absichtlich auSgegrabenen Erblåchern ober
in Spalten von Bauntrinben, alten Manern unb Felfen.
Sie fcheinen felten in gropen Zahlen gelegt zu roerben.
Die Jungen schlupfen auS, bekleibet mit einent ausneh-
tttenb bunnen, aber erkennbaren Gehåuse, zeigen gegen
Sonnenstrahlen unb auStrocknenbe Luft sehr viele Etn-
pfinblichkeit, roachstn anfanglich fchneller als spaterhin,
roas auS ben breiteren Ansatzringen ber Schale fich be-
roeistn laht, unb beburfen uberhaupt ntehrerer Jahre, um
zur normalen Gråhe zn gelangen. Junge unb alte
Gehause berselben Art unterscheibet man ohne grohe
Muhe. Je jungeren Jnbivibuen fie angehåren, um so
bunner finb sie, um so roeniger roulstig tritt bie åuhere
Lippe ber Munbung hervor, unt so roeiter ist biese ge-
åffnet, unt so nnbebeckter erscheint ber Nabel, titti so roe-
niger erhebt fich bas Geroinb zuttt Kegel. Unregel-
måhigkeiten kånnen, roenn auch felten, vorkommen, rechts
gerounbene Gehåufe bisroeilen links gerounben sein, bie
Umgange von einanber entfernt stehen unb AehnlicheS.
Schnecken zeichnen fich aus burch Lebenszåhigkeit unb
bas Vermågen, verlorengegangene Theile roieber zu er-
setzen, unb finb baher zu Phyfiologischen Bersuchen viel-
sach benutzt roorben. AlS Speise finben fie nur in man-
chen Gegenben Beisall, obgleich fie bei attgettiessener Be-
reitung roohlschmeckenb sein sollen. Schon vie Råttter
pflegten fie in besonberen Vorrichitingen zn erziehen unb
zu masten unb fcheinen burch folche Cultur besonbere,
sehr grohe Raffen Hervorgebracht zu Habett. Auch in
Subbeutschlanb roarb biese Zucht in nicht lange vergan-
genen Zeiten im Grohen betrieben. Gegenstanb bersel-
ben roar eigentlich nur bie grohe Weinbergschnecke (H.
pomatia), bie gråhte ber einheintischen unb kenntlich an
ber kugeligen, rothbraunen, mehr ober ntinber gebån-
berten Schale. — Die Zerfållung bieser grohen Gat-
tung beruht auf ber Gestalt beS Gehanses, ber Lippe
unb Spinbel soroie ber Weite bes Nabels. Der Cha-
rakter ber Arten besteht grohentheilS in ber Farbung.
Es rourbe untnåglich sein, auch nur bie Natiten ber in
Deutschlanb heimischen aufznzahlen. Die alS Muster-
bilb ber Gattung unter Fig. 3479. abgebilbete subliche
Weinbergschnecke (H. adspersa) giebt an Gråhe ber
gemeinen Weinbergschnecke roenig nach, hat eine kugelige,
bunne, rauhe, graugelbe ober gelbe Schale mit brau-
nen, fein gesteckten Binben unb entbehrt einen burch-
bohrien Nabel. Sie kommt in ganz Subeuropa, aber
auch in Asten unb Afrika, in Quito, Guyana unb Bra-
stliett vor, sonach in einent fast beispiellos grohen Ver-
breitungsbezirke. — Zu ben von ben åchten Schnecken
abgetrennten Gattungen gehårt auch Streptaris,
roovon bie unter Fig. 3480. beispielSroeis abgebilbete
Art (S. contusa) in Brastlien entbeckt roarb.
VIII. Lampenschneckc. (Carocola.)
Gattungscharakter: Gehaus runb. Geroinb
gewålbt. Letzter Untgang fchiefkantig, gekielt. Mnn-
bung mehr breit alS lang; Munbsaum eckig, zuroeilen
vollstånbig.
Zoologen, roelche nur auf anatomische ober sonst be-
beutenbe Verschiebenheiten Gattungen begrunbet sehen
roollen, verweigern ber gegenroartigen baS Recht beS Be-