Illustrirte Naturgeschichte Des Thierreichs
Vierter Band
Forfatter: Eduard Pöppig
År: 1851
Forlag: Verlagsbuchhandlung von J. J. Weber
Sted: Leipzig
Sider: 296
UDK: St.f. 59 Pöp
Naturgeschichte der wirbellosen Thiere
Mit 1558 Ubbildungen
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Drittc Ordnung. Kauchfiisier.
Wc ichthierc.
167
L. Melanopfis. (Melanopsis.)
Gattungscharakter: Gehåus verlångert, eifår-
mig oder thurmformig, zugespitzt; Geroind ost kurzer
als der letzte limgang; Umgånge sechs bis sechszehn;
Mtindung eirund; Spindel nicht hohl, mit spiraler
Schwiele und Spur eines AuSschnittes gegen die Mun-
dung. Thier den Melanien sehr åhnlich.
Zwischen dieser und der vorhergehenden Gattung
giebt es menig andere Unterschiede alS die in der Schwiele,
der Spindel und dem kleinen Ausschnitte der Mundung
angedeuteten. Man kann fich daher nicht roundern, dah
die hierher gehbrenden Arten ehedem an vielen Orten
des Systems verstreuet toaren und meist in den unpas-
sendsten Nachbarschaften ihren Platz erhielten. Auf der
anderen Seite muh es freilich als Entschulvigung alterer
Systematiker gelten, dah jene Kennzeichen sich so abstu-
fen und so viele llebergange gewahren, dah die Erken-
nung einer toahren Melanopsts, toenn man das Thier
nicht besttzt, aus dem Gehåus allein ost kaurn moglich
sein wurde. Die Mehrzahl der bekannten Arten be-
wohnt die Suhwafser des sudlichen Europa, zumal der
um das Mittelmeer gelegenen Lander und muh, toie fich
aus zahlreichen fosstien Gehausen ergiebt, schon in der
vortoeltlichen Fauna derselben Erdgegenden eine Rolle
gespielt haben. Von diesen fosfilen Arten kommen
manche mit solchen sehr uberein, die man gegentoartig
nur noch in sehr roarmen Landern AfienS und Afrikas
findet, eine Thatsache, toelche Ferufsae alS etroaS isolir-
ten BeroeiS feiner Annahme einer bedeutenden Teinpe-
raturveranderung der mittellandischen Region anfuhrt.
Man roeih viel zu roenig uber die Widerstandssahigkeit
der Mollusken gegen klimatische Einfluffe, um ihres
VorkommenS als Beroeismitlels in jener Richtung fich
bedienen zu konnen. — Die glatte Melanopsis
(M. laevigata) Fig. 3563. Hat eikegelsårmiges, glatleS,
kastanienbrauneS GehauS mit sechs Umgången und
stumpf gewålbter Spitze und letztem, das Geroind an Hohe
ubertreffenden Umgange. Sie findet fich in den Bå-
chen der griechischen Jnseln. — Bei der in den Flussen
Syriens entdeckten gerippten Melanopsis (M.
costata) Fig. 3564. tragt das eifårmige, schwårzliche
Gehåns starke Långsrippen; limgange find fieben vor-
Handen, deren letzter dem Geroinde an Lange gleich-
kommt. — Die schroarze Melanopsis (M. atra)
Fig. 3565. roird auch als Art einer besonderen Gattnng
(Pirena) angesehen, roeil am Mundungsrande des Ge-
Håuses statt eines zroei Ausschnitte fich finden; das Ge-
hauS ist langthurmformig, glatt, schwarz, hat vierzehn
ebene Umgånge, roeihe Mundung, miht 3 Zoll und
kommt zu uns aus Ostindien.
LI. Eulima. (Eulima.)
Gattungscharakter: Gehaus kegelfårmig oder
thurmformig, spitzig, glatt, glanzend; Umgånge zahl-
reich; Mundung eirund, nach Hinten in einen spitzen
Winkel vorspringend, ohne AuSschnitt; rechte Lippe et-
roaS roulstig, Spindel eben. Deckel dunn, Hornig.
Obgleich man das Thier der Eulima noch nicht kennt,
so darf man auS dem Gehaus mit Sicherheit auf nahe
Verroandtschaft mit den Melanien u. s. ro. schliehen.
Wahrscheinlich besttzt das Thier einen sehr grohen, daS
Gehaus gelegentlich ganz einhullenden Mrntel, der die
grohe Glåtte deffelben, die auch an fosstlen Arten fich
tviederholt, hervorbringen mag. In der ost starken
Neigung der Spindel zeigt sich eine sonst feltene, Hier
aber gesetzliche Unregelmahigkeit. Den bekannten Ar-
ten geht meist alle lebhafte Farbung ab; sie sind milch-
weih, durchscheinend und nicht groh. Wenige Arten
leben in den europåtschen Meeren, die meisten in wår-
meren Breiten, um Polynesien, Sudamerika und die in-
dischen Jnseln. — Die peruanische Eulima (E.
splendidula) Fig. 3566 hat brannes Gehaus mit schwarz
und roeih gegliederten Nathen der Umgånge, tiefenr Na-
bel; die tahitische Eulima (E. grandis) Fig. 3567.
besttzt ein ganz milchroeihes, kaurn glanzendeS, nicht ge-
nabeltes Gehaus mit stark gebogener Auhenlippe. —
Ob die sehr unvollkommen bekannte, von Rang aufge-
stellte Gattung Lithiopa (Lithiopa), von roelcher unter
Fig. 3568. das GehaiiS vergrohert abgebildet ist, roirk-
lich in die gegenwartige Familie gehore, bleibt noch zu
entscheiden. Das Gehaus ist im Ganzen kegelfsrmig,
zart, hornig, etroas durchscheinend, zugespitzt, mit ab-
gerundeten limgangen versehen, deren letzter die vorher-
gehenden an Grohe viel ubertrifft, hat weite, nach auhen
erroeiterte Mundung und etroas aufgetriebene innere
Lippe. Das sehr kleine Thier soll roie die Blasen-
schnecken fich an einem Schleimfaden im Masser selbst auf-
Hången, einen durchscheinenden Kårper, abgestutzten Fuh
und Fuhler roie eine Melanie, aber keinen Deckel haben.
Die zroei von Rang beschriebenen Arten leben auf dem
offenen Ocean in roårmeren Breiten. — Ebenso un-
stcher ist auch die Stellung eineS sehr kleinen Kammkie-
mers, roelcher den Namen Stylifer (Stylifer), den man
in Spitzschnecke ubersetzen konnte, darum erhielt, roeil der
Mirbel in eine Haarfeine Spitze auslauft. Das Ge-
haus hat allerdings einige Aehnlichkeit mit den eikegel-
formigen Melanopfis. Als besondere Merkrourdigkeit
muh aber bie parasitische LebenSroeise dieser sehr kleinen
Schnecke betrachtet roerden, die der Entdecker, Cumming,
nie andersroo als in den Strahlen eines Seesternes der
Sudsee (Asterias solaris) versenkt (Fig. 3569. a) antraf.
Mie alle Parastten Hutet auch dieser fich vor Angrifsen
auf die zum Leben unentbehrlichen Organe des ihn be-
Herbergenden ThiereS. Die Gestalt des Gehåuses er-
giebt sich auS den theils im naturlichen Mahstabe (b),
theils vergrohert ausgefuhrten Abbildungen (c d). Auch
in einem europåtschen Seeigel (Echinus esculentus) ist
eine Art dieser Gattung, Turton's Stylifer (S.
Turtoni), Fig. 3570. aufgefunden roorden. Von der
dritlen Art, dem langen Stylifer (S. subulatus),
Fig. 3571. ist das Vorkommen unbekannt.
Zweite Familie.
Neriten.
Zroei Fuhler, an deren Grunde auhen die zroei kurz-
gestielien Augen. Mund kieferlos. Zunge lang, mit
Platten bewaffnet. Gehaus ungenabelt, geroolbt; Ge-
roind kaurn vortretend oder versteckt; Spindel flach, zu-
fammengedruckt, den Hintergrund deS letzten Umganges
dachformig uberragend; Mundung tveit; Deckel kalkig
oder Hornartig.
LU. Nerita. (Nerita.)
Gattungscharakter: GehauS dick, Halbkugelig;
Gewind toenig vortretend; Mundung halbkreisformig;
Spindelrand schtoielig verdickt; Auhenrand dick, intoen-
dig gezahnt oder gefurcht.
Diese und die folgenden ztoei Gattungen umfassen
viele meist kleine Schnecken, toelche theils im Meere,
theils nur im Suhwafser, felten in den brakischen Ge-
wafsern der Fluhmundungen leben. Eine dicke, schwere,
gewshnlich mit Oberhaut nicht bedeckte Schaale bezeich-
net die ersteren, dunnes, mit Haut uberzogeneS Gehaus
die anderen. Einige der eigentlichen Neriten verbrin-
gen einen Theil ihres Lebens auf dem Trockenen, ohne
jemals das Ilfer zu verlafsen; die biSweilen vom Strande
entfernt ausgefundenen sind dorthin durch Eremitenkrebse
verschleppt worden. Manche konnen die grohte Hitze
vertragen; Quoy und Gaimard fanden zu ihrer Ver-
wunderung an den von der Sonne durchgluhten Felsen
tropischer Kusten zahlreiche Neriten festhångend. Sie
nehmen stets einige Tropfen Masser in die Kiemenhohle
auf, ehe fle auf so roarme Orte sich begeben, und lassen
diese fahren, sobald man fie aufhebt. Jhre Verbreitung
begreift alle Meere; manche kommen nur einzeln, andere
immer in groher Zahl auf demselben Felsen vor; einige
suchen die helhesten Orte, andere kåhle Spalten auf. Sie
haben einen breiten Kopf mit Seitenlappen, tveite, ge-
faltete, mit stets beroegten Lippen umgebene Mundspalte,
lange, spitzige Fuhler, eirunden, Hinten etroaS zugespitz-
ten Fuh, gefransten Mantelrand, grohe Kiemenhohle
und eine einzige, an der Spitze freie, lange, aus Doppel-
blåttern beftehende Kierne. — Die glatte Nerita
(N. polita) Fig. 3572. findet fich in allen tropischen Mee-
ren, hat dickes, glatt, zart långSgestreifteS, in der Får-
bung sehr verånderliches Gehaus mit stachem Geroinde
und gezahnter, oben glatter Jnnenlippe. Bei der ge-
rippten Nerita (N. Ascensionis) Fig. 3573. a, aus
dem sudatlantischen Ocean, ist daS Gehåus sehr dick,
stark guergerippt und gefurcht, gelblichgrau, queruber
braun gestreift, mit roeiher Mundung und gezahnter
Auhenlippe, der Deckel (b) braunroth, getornt.
Lill. Neritina. (Neritina.)
Gattungscharakter: Gehaus der Neriten, je-
doch: Spindelplatte flach, scharfrandig; Auhenrand der
Mundung scharf, innen ungezahnt; Deckel Hornartig.
Eine Art dieser Gattung, die gemeine Neritina (N.
fluviatilis), mit 4 — 5 Linien langeni, eiformigen, oben
gewolbten, grunlichen, schlvarzbraun gefleckten, viel ab-
åndernden Gehause, findet sich an Steinen klarer Bache
und in Flussen fast uberall in Deutschland. Die ihrer
Grohe roegen alS Muster der Gattung abgebildete ma-
rianische Neritina (N. pulligera) Fig. 3574. a
roard von Quoy und Gaimard auf der Jnsel Guam
entdeckt; ihr GehauS ist dunkelbraun, leicht gestreift,
mit dunner, roeiher Auhenlippe, gezahnter, gelber Spin-
delplatte und schroarz gebandertem Deckel (b).
LIV. Navicella. (Navicella.)
Gattungscharakter: Gehaus nicht gelvunden,
fast loffelformig, mit ruckroårtS gebogenein Mirbel; Spin-
delrand in schmale Platte umgestaltet.
An diesen, Hinsichtlich deS inneren BaueS den Neri-
ten ganz åhnlichen Schnecken ist der Deckel (Fig. 3575.
a) das Merkrourdigste; er ist unregelmahig viereckig, in
einer flachen Hohle zroischeii dem Fuhe und den Einge-
roeiden gelegen und kann zum Schliehen der Mundung
sonach kaurn dienen. Die Navicellen leben in den Flus-
sen Indiens. Die abgebildete Art hat elliptisches, mit
dunner Oberhaut bedecktes, glattes, roeih und blatt ge-
fleckteS Gehåus.
Dritte Familie.
Kreiselschneckell.
Zroei Fuhler, an deren Grunde nach auhen auf ei-
nem Vorsprunge die zroei kurzgestielten Augen. Zunge
lang, bandformig, stachelig. Gehåus rnehr oder min-
der kreiselformig, konisch oder thurmformig, dick; Mund-
saum gemeinlich unterbrochen. Deckel aus spiralen
Schichten.
Fur die Couchhliensammler ist diese Familie eine der
anziehendsten, indeni gerade sie eine Menge von grohen,
ebenso schon geformten als gefårbteu Gehåusen darbietet.
Nicht ganz so verhålt es fich hinsichtlich ihres den Ana-
tomen beschåftigenden Baties. Bieten auch die einzel-
nett Gattungen Eigeuthumlichkeiten dar, so Herrscht doch
viele Einformigkeit in der Gesammtheit. Die Gattungs-
charaktere begrunden sich daher meist nur auf die Form
deS Gehåuses.
LV. Wcndeltreppe. (Scalaria.)
Gattungscharakter: Geroind thurmformig,
spitzig; Umgånge drehrund, mit scharfen Långsrippen;
Mundung rundlich; Auhenrand umgeschlagen; Deckel
Hornig.
Liebhaberei, die ohne einen naturlichen Grund bis
zur AuSschweifung stieg, bemåchtigte sich eine geraume
Zeit auch der Conchylien. Jene vielleicht bekanntere
Thorheit, die einst die sonst sparsamen Hollånder veran-
lahte, Tausende fur irgend eine neue Abånverung der Gar-
tentulpe zu bezahlen, griff auch in das zoologische Gebiet