Illustrirte Naturgeschichte Des Thierreichs
Vierter Band
Forfatter: Eduard Pöppig
År: 1851
Forlag: Verlagsbuchhandlung von J. J. Weber
Sted: Leipzig
Sider: 296
UDK: St.f. 59 Pöp
Naturgeschichte der wirbellosen Thiere
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Drille Ordnung. Kauchfiiher.
WeichtHiere.
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ten Umgange nahestehenden AuSschnitte, nach unten in
cinen langen, geraben Canal enbenb. Deckel Hornig.
Wenn man ben Bau ber Thiere fur bie systematische
Anorbnung ber beschaalten Kopfmollnsken als allein
maahgebenb betrachtet, so barf biefe Gatlung, ungeachtet
bes ganz entsprechenben Baues beS Gehåuses, nicht in
ber gegenwårtigen Familie, sonbern nur in ber Nåhe ber
Kegelschnecken ihren Platz finben. Es fehlt ihr nåmlich
eine wahre Zunge, beren Stelle burch zwei Reihen lan-
ger, Hohler, einzeln beweglicher Zåhne vertreten wirb.
In anberen Beziehungen gleicht fie nieist ben Spinbel-
schnecken, hat einen eirunben, kurzen, an ben Rånbern
bunnen Fnh, ebenen,nicht spiral gewunbenen, nach Hin-
ten schars zugespitzten Deckel, platten Kops, zwei kegel-
fårmige, answenbig gegen ben Grunb bie Augen tra-
genbe Fuhlen. Die Gehåuse ber sehr zahlreichen Arten
wirb man mit senen ber Stachelschnecken, zu welchen
sie Linns stellte, schon barum nicht verwechseln konnen,
weil fle nie bie uber bie Umgange gneruber gehenben
Wulste zeigen, bie, wie oben erwahnt, aus bem stehen-
gebliebenen ånheren Lippenranbe entsprangen. — Die
schwarzgegurtelteThurmschnecke (P. babylo-
nia) Fig. 3673. lebt im inbischen Ocean unb in bem stillen
Meere; bas Gehåus wirb gegen 3 Zoll lang, ist Weitz,
mit erhabenen, schwarzgefleckten Gurteln umgeben, zu-
gespitzt unb guer gekielt ; bie Umgange stub conver, ber
Canal erreicht bebeutenbe Långe.
LXXXVII. Birnschnecke, (Pyrula.)
Gattungscharakter: GehauS bauchig, birn-
formig, selten freifelf6rmig ; Gewinb niebergebruckt,
sehr kurz; Munbung eirunb, ziemlich weit, in einen
långeren ober kurzeren gekrummten Canal ausgezogen;
Auhenlippe schars, nicht auSgeschnitten; Spinbelseite
glatt, faltenlos. Deckel Hornig.
Diese Gattung von ben verwanbten zu unterscheiben,
Hålt nicht schwer; immer wirb bas sehr niebergebruckle
Gewinb unb bie weite Munbung ber Gehåuse ihre
Erkennung erleichtern. Man hat von jeher, unb nicht
mit Unrecht, in ben Umrissen ber letzteren einige Aehn-
lichkeit mit ber Gestalt ber Feigen ober Birnen gefnn-
ben. Alle hierhergehorenben, ziemlich zahlreichen Arten
bewohnen bie tropischen, sehr wenige bie Meere ber ge-
måhigten Zonen. — Diegeflugelte Birnschnecke
(P. carnaria) Fig. 3675. gehort zu ben burch sehr bi-
ckes unb schwereS GehåuS ausgezeichneten Arten; baS
Gewinb ragt nach oben kegelformig vor, bie Umgange
toerben burch einfache Nathe getrennt, ber letzte trågt
obenauf eine einfache Reihe zusammengebruckter Hocker,
ber kurze Canal ist genabelt unb gesurcht, bie Fårbung
råthlich gelb. Hingegen Hat bie im inbischen Ocean le-
denbe fc igenfårmige Birnschnecke (P. ficus)
Fig. 3676. ein nach oben sehr verbreitertes, fein kreuz-
weiS gestreisteS, auf gelblichem Grunde mit braunro-
then ober violetten Flecken gezeichneteS GehåuS, mit
kurzem, eonveren Geminbe, sehr weiter, intoenbig veil-
chenblauer Munbung unb kurzem, sehr toeiten Canale.
Die Långe betragt gegen 4 Zoll.
Zwolfte Familie.
Stachelschnecken.
GehåuS mit faltigen ober zackigen, auZ bem stehen-
gebliebenen wulstigen Lippenranbe entstanbenen LångS-
binben umgeben; Munbung runblich, in einen kurzen
ober auch sehr langen Canal auSlausenb; Munbsaum
vollstånbig, linke Lippe glatt ober gefaltet.
Zn bieser Familie erhålt nach neueren Anstchten eine
grohe Zahl von Seeschnecken, bie man ehebem nicht ne-
den einanber stellte, ben angemessensten Platz. Wvllte
man nur bas Aeuhere beruckfichtigen, so burste ben
Stachelschnecken leicht bie Hochste Stelle unter allen mit
Gehåusen versehenen Kopfweichthieren einzuråumen
sein, benn an Schonheit unb Reichthum åuperer Ber-
zierungen unb an Reinheit unb Pracht ber Farben uber-
tressen fie ohne Zweifel bie Kegelschnecken, bie Cypråen
unb åhnliche beliebte Formen. Sie leben alle im Meere,
meistenS unter ben tropischen Breiten, scheinen lieber
aus Klippen unb in geringer Tiest als am Grunbe fich
auszuhalten unb verhalten stch als Raubthiere , welchen
bie Beschrånkung anberer Weichthiere, besonbers aber
ber zweischaaligen, uberwiesen ist. Selbst starke Gehåuse
leisten ihnen keinen Wiberstand; ste bohren in fie runb-
liche Locher, vielleicht nachbem fle chemisch eintoirkenb
bie Flåche erweicht hatten, versenken burch bie Oessnung
ben Russel in bas Jnnere ihreS Opsers unb zehren es
vollkommen aus. Die tobten, fast an jebem Stranbe
Herumliegenben unb angebohrten Gehåuse unb Schalen
liefern mehrentheilS Bemeist von ber in ben Tiefen sich
bergenben Thåtigkeit ber Stachelschnecken. Dafi in lange
verwichenen Zeitaltern ganz Gleiches stattgefunben, be-
weisen bie in ben tertiåren, nicht aber in ålteren Schich-
ten håuflgen angebohrten Gehåuse. In ålteren Perio-
ben leisteten bie mit Schaalen versehenen Kopffuher ben
spåter ben Slachelschnecken uberwiesenen Dienst; ihre
Reste kommen vorzugsweise in ben jenem Zeitraume an-
gehårenben Erbschichten vor, unb toerben feltener unb
feltener, bis enblich bie fleischfressenben Schnecken auf-
treten unb enblich sie ganz verbrången.
LXXXVIII. Stachelschnecke. (Murex.)
Gattungscharakter: GehåuS eisormig , mit
brei bis zur Spitze verlaufenben Wulsten besetzt; Ge-
toinb bem letzten Umgange an Långe gleichenb, mittel-
måfiig, stumpf kegelformig; letzter Unigang bauchig;
Munbung eifårmig; Munbsaum regelmåhig; linke
Lippe plattenformig, ausgebuchtet, nach unten in einen
kurzen ober langen, geschlossenen Canal auslaufenb;
rechte Lippe knotig.
Bon bieser sehr schonen Gattung kennt man bereitS
eine erstaunliche Menge von Arten, bie theils ber Be-
guemlichkeit toegen, theils toeil sie wirkliche Verschieben-
Heiten getoahren lassen, in mehrere Gattungen getrennt
toorben sinb. Die eigentlichen Stachelschnecken mag man
leicht an ben faltigen Långstoulsten erkennen, bie, min-
bestens in breifacher Zahl vorhanben, nicht ganz gerab,
sonbern etwas schief emporsteigen, auf bem Wirbel meist
nur als Anbeutungen erscheinen unb, je nach ber Art,
als einfache Falte ober als eingeschnittener, toeit vorra-
genber Ranb, bisweilen fogar als åstigeS, blåtteriges
Gebilb austreten. Zwischen ihnen liegen bisweilen an-
bere niehr niebrige Falten, Knoten unb Hervorragungen.
Die Fårbung ber Auhenseite bes Gehåuses ist schon,
aber meist mehr zart als lebhaft ober grell, Hingegen
fchmuckt ost ein tieferes Colorit bie Munbung unb ben
Schlunb. Viele bieser Schaalen erreichen eine bebeutenbe
Gråhe. Das Thier (Fig.3677.) Hat einen kurzen, vorn
ausgeranbeten Fuh, breiten Kopf, zwei lange, genåherte,
kegelsormige Fuhler, auf beren Autzenfeite bie Augen
stehen, einen aus ber Munbspalte Hervorschiebbaren
Ruffel, ber eine fchmale, mit mehreren Plattenreihen be-
setzte Zunge einfchlieht, enblich zwei Kiemen von
gleicher Grohe. Man kann minbestens zwei Abtheilun-
gen bieser Gattung annehmen; zu ber an bem kurzen
Canal kenntlichen gehårt bie kånigliche Stachel-
schnecke (M. regius) Fig. 3678. von ben Kusten Pe-
ru'S; ihr geldlich toeiheS, nach unten rothes GehåuS ist
eiformig kugelig, guergefurcht, mit stchs Doppelwulsten
geschmuckt, bie auS hohlen, breieckigen, spitzigen Lappen
bestehen, auf ben Nåthen pechfchwarz gestreift; bie un-
ten rofenrothe Lippe trågt nach oben fchwarze Punkte,
ber Canal krummt sich etwas nach oben unb Hinten. —
Zu ben mit sehr langem Canale versehenen gehort bie
sogenannte Spinnenkopfschn ecke (M. trib'ulus)
Fig. 3679. mit nach vorn bauchigem, Horngrauen Ge-
håuse, welches brei in lange Dornen aufgeloste Wulste
trågt, auherbem noch bie S ch hp ferschnecke (M. hau-
stellum) Fig. 3680., bie, gleich ber vorhergehenben, in
bem inbischen unb chinesischen Meere lebt, bauchiges,
aber unbewehrtes Gehåus unb zwischen ben knotigen
Wulsten brei bis vier Reihen kleiner Korner Hat. Ihre
Gestalt ist nicht unpassenb verglichen toorben mit ber
eines Schopfloffels.
LXXXIX. Ranella. (Ranella.)
Gattungscharakter: Gehåus bid, eisårmig,
niebergebruckt, mit zwei enigegengesetzien, von ber Spitze
Herablaustuben Långstoulsten; Munbung runblich ober
eiformig; Munbsaum breit, nach unten in einen kurzen
Canal vorgezogen, quergesaltet; Spinbel mit ober ohne
Nabel.
An ben Ranellen zeigt stch eine besonbere Schaalen-
bilbung, uber beren Enistehungsart einst wiberspre-
chenbe Anstchten Herrschten. Anstatt mehrerer paralleler
Långswulste finben sich nur zmei einanber gegenuber
stehenbe. Der sie trennenbe Ztoischenraum kommi folg-
lich bem halben Umkreise bes Gehåuses gleich. Jnbem
man ehebem von ber Anflcht anSging, bah ein solcher
Wulst immer bie stehengebliebene Lippe bezeichne unb
biese uberhaupt in keiner Periobe ber Schaatenvergrohe-
rung anbers als mit wutstigem unb aufgetriebenem
Ranbe erscheinen konne, blieb nur ubrig, anzunehmen,
bah ber zwischen ben zwei Wulsten liegenbe ebene Theil
eineS jeben UmgangeS bas Erzeugnih einer einzigen
WachSthumsperiobe sei. Eine so unverhåltnihmåhige
Vergroherung toåre aber beispielloS getoesen unb muhte
in ungetoohnlich toeit entlegenen Zeitråumen stattgefun-
ben haben, toeil sonst baS ganze Gehåus in kurzester
Zeit vollenbet toorben toåre. Der Hergang ber Bilbung
verhålt sich inbessen ganz anberS. Wie uberhaupt ben
bie Schaalen absonbernben Theilen beS Mantels eine
periobisch toechselnbe Thåtigkeit beiwohnt, bie toieberum
mit ber periobisch verånberten Gestalt bes MantelS in
Verbinbung steht, so auch bei ben Ranellen, too ber
Lippenranb långere Zeit eben unb gerab forttoåchst unb
bie Thåtigkeit in ber Kalk absonbernben Haut erst bann
toieber fich steigert unb vielleicht in ber Richtung ånbert,
toenn bie Bilbung bes letzten Umganges bis zu ber
Stelle fvrtgeschritten ist, too auf bem vorhergehenben
Umgange ber Långstoulst Herablåuft. Das Thier ber
Ranellen hat mit jenem ber Stachelschnecken anheror-
bentlich viel Aehnlichkeit, auch sinb bie Gehåuse, abge-
sehen von ber geringen Zahl ber Wulste, ziemlich bie-
selben. Es giebt ziemlich viele Arten, von welchen ei-
nige in ben europåischen Meeren leben. Von ben fossi-
len ber Tertiårschichten eristiren einige auch in ber ge-
genwårtigen Schhpfung. Die blåtterige Ranella
(H. foliata) Fig. 3681. wirb um bie Jnsel Mauritius
gefunben; fie Hat ein eikegelsormigeS, bauchiges, nicht
zusammengebruckteS, fleischfarbenes Gehåus; in ben
Zwischenråumen ber zwei scharfknotigen .Långswulste
stehen Querfurchen unb zwischen biesen zahlreiche, feine,
senkrechte Striche. Der Ranb ber Auhenlippe ist bunn
unb ausgebreitet, bie Jnnenlippe blåtterig, bie Munbung
stark gefaltet unb bunkel orangengelb.
XC. Tritoilschilecke. (Tritonium.)
Gattungscharakter: Gehåus eifårnug, mit ab-
wechselnben unterbrochenen Långstoulsten; Gewinb
ziemlich Hoch, knotig; Munbung eirunb, långlich, nach
unten in ben kurzen Canal ubergehenb; Auhenlippe ver-
bickt; Spinbelranb mit einer Scheibe bebeckt; Decket ei-
runb, Hornig.
Der wesenttiche Unterschieb zwischen ben Gehåusen
bieser unb ber vorhergehenben Gattungen besteht barin,
bah bie Långswulste niemals eine fvrtlaufenbe Linie
bitben, sonbern unterbrochen, alfo auf ben Unigången
abwechselnb stehen; ba oft nur ein einziger auf einent
Umgange vorhanben ist, fo toirb bas bei ben Ra-
nellen Gefagte uber bie in weiten Zeitråumen Hervor-
tretenbe grohere Thåtigkeit beS Mantets auch Hier An-
Wenbung finben. Das Thier ber Tritonen (Fig. 3682.)