Illustrirte Naturgeschichte Des Thierreichs
Vierter Band
Forfatter: Eduard Pöppig
År: 1851
Forlag: Verlagsbuchhandlung von J. J. Weber
Sted: Leipzig
Sider: 296
UDK: St.f. 59 Pöp
Naturgeschichte der wirbellosen Thiere
Mit 1558 Ubbildungen
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Sechste Vrdnung. Muschelthiere.
Weichthiere.
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Speiserohre, und uberhaupt unterscheidet fich der Ma-
gen meist nur als geringe Grroeiterung von dem ubrigen
Darme, der indeffen nicht immer unverdnberliche Slinge
und Beschaffenheit gewahren Idht, sondern z. B. bei
Herzmuscheln sich durch die Substanz des FuheS roinbet.
— Verleitet durch eine vorgesahie Ansicht von der gro-
Hen Unvolltommenheit der scheinbar sehr einfachen Or-
ganisation, War man ehedem ganz ungeneigt, den Mu-
schelthieren irgend eine hohere Sinnesbesahigung zuzu-
schreiben. Nur ihre allgerneine Empstndlichkeit lieh stch
nicht bezweifeln, da befanntlich die leiseste Beruhrung
fie $um schnellen und Hefligen Zusammentlappen der
Schaalen bringt. Verwunderung erzeugte die Gnibetfiing
der Gesichtsorgane bei ihnen, die jedoch AnfangS nur
wenigen zugetrauet rourden, obtvohl fie, wie spatere
Untersuchungen gelehrt, gerade in dieser Abtheilung
kops- und fast gestaltloser Thiere auherordentlich ver-
breitet vorkommen. Solche gar nicht unvodtommene
Augen stehen bald vereinzelt, bald in kleine Gruppen
angesammelt, bald in Reihen und werden ost von ziem-
lich langen Stielen getragen, entgehen freilich aber dem
ungeubten Beobachter. Bei Austern haben fie die
Gestalt tteiner gldnzender Knopschen, die ringS um
den ganzen Mantelrand mit den ebenda bestndlichen fei-
nen Fuhlfaben sich mischen. Ebenso geroohnlich ist daS
anS rundlichen Blaschen bestehende Gehsrorgan. Auch
uber die Fortpflanzung Hat die neueste Zeit manche un-
erwartete Auftlarung gebracht. Anfangs sah man die
Muschelthiere unbedingt als Zwitter an, spater stellte
sich heraus, dah diese Bildung nicht die uberwiegende
sti, und gegenwartig machen gewisse Entdecknngen eS
hochst wahpscheinlich, dah sogar angewachstne, wie die
Austern, bestandig getrennten Geschlechtes stien. In der
Regel liegen die Fortpflanzungsorgane in den Seiten-
theilen des Karpers. Mit volliger Deutlichteit erfennt
man nur die roeiblichen, zumal den Gierstock (5ig.
3777. 1 Eileiter k), der einem drnsigen oder dunnhauti-
gen Sacke gleicht, bei den Fluhmuscheln gleichsam in
Falten gelegt ist (bargestedt bei zwei nordamerikanischen
Arten dem Unio ochraceus Fig. 3778. und U. cariosus
Fig. 3779.), bei den Teichmuscheln (Anodonla) Fig.
3780. zumal viel Umfang hat und prismatifche, mit acht
bis zwolf Giern (start vergr. bei b) angefullle Gierhtil-
sen (a) enthdlt, die dem von oben gesehenen Gebilde
beinahe das Ansehen einer Honigwabe geben. Der eng-
lische Zoolog Lea sand in einer gegen 3 Zoll langen
Teichmuschel (A. undulata) gegen 600,000 Gier, deren
Embryonen bei sehr starter Vergroherung schon mit
einer Schaale bekleidet erschienen. Da bie zahlreichen,
je nach ben Gattungen in ber Gestalt anbernben Gier
(Gier der Miesmuschel Fig. 3880.) bei fortschreitender
Gntwickelung im Gierstocke nicht Platz haben rourden,
so treten fie fruhzeitig durch den Gileiler heraus und
gelangen zwischen die Kiemenblatter, wo fie so lange
weilen, bis fie fast gereift sind. Dann erst werden fie
ausgestohen.
Muschelthiere wohnen, wie schon bemerft, nur int
Wafser, tonnen aber tinter Umstanden auch langere Zeit
in halbtrocknem Schlamm eingeschlossen auSdauerit.
Obgleich die Zahl der Suhroassermuscheln, deren Stu-
dium in den letzten Jahrzehnten viele Gonner sand,
neuerdings sehr angewachstn ist, so erreicht fie doch bei
Weilent nicht jene der Seemuscheln. Manche Arten
scheinen ebensowohl in Fluhmundungen als im Meere
selbst leben zu tonnen, NilSson sand sogar an der schwe-
dischen Kaste und an Orten, wo nirgends Ftusse aus-
munden, Teichmuscheln, Kugelmuscheln (Cyclas) und
Fluhmuscheln (Unio) milten unter Cythereen, Bucar-
dien und anberen nur im Meere foritommenben Mu-
scheln. Wahrscheinlich nahren fich alle Muschelthiere
von thierischen Substanzen, sti es von tebenb attfge-
fangenen, sehr tleinen ttnb beS WiberstandeS unfahigen
Thieren, ober von ihren zersetzten, im Wafser umher-
treibenden Theilen. Grohere Thiere zu ergreifen oder
Pstanzen zu verzehren dutste ihnen schon megen deS
Mangels an Zahnen nicht mbglich stin. Ihre Lebens-
geschichie liegt noch sehr im Dunteln und tvird schroer-
lich jenials so aufgefidrt roerben tonnen, wie bie ber
leicht zu beobachtenben Lanbschnetfen. Dah fle ziemlich
alt roerben, barf man aus ben zahlreichen Bitbungs-
ringen ihrer Schaalen schliehen; vielleicht ist eS nicht
ubertrieben, einer grohen Riesenmustftel, beren GehauS
bis zroei Centner wiegen f.mn, ein Alter von einhitn-
bert Jabren zuzutrauen. Fur ben Menschen besitzen fle
mehr Wichtigteit als bie Dodfommneren Kopfroeichthiere;
eS ist namtich nicht atlein eine viel grohere Zahl von
Arten ehbir unb roohlschnteckend, sonbern sie pst gen
auch in groherer Menge an benfelben Orten, ost gleich-
sam gefedig, zu leben , ein Umstanb, ber bem Fscher stin
Geschaft sehr erleichtert. Wegen leichterer Verbaulich-
teit verbienen sie vor Seeschnetfen nl8 Speise ben Bor-
zug; vonGpibentien, bie ihren Gentth bisroeilen schablich
machen tonnen,roerben fle nicht so haufig, roie man vor-
giebt, ergriffen. Gine anbere empfehlenbe Gigenschaft
ist eS, bah man ste nach Kastenorten ober sogar in tunst-
liche, mit Seeroafser gefutlte Becken verpstanzen fann,
roo ste vorher nicht heimisch touren, unb bah solche Ver-
setzung, toas schon bie alten Romer touhten, zu ihrer
Berbesserung, um nicht zu sagen Mastung, beitrage.
Vielfachen Gebrauch macht man von ber PcrIntulier,
toelche i Hre S haalen austleibet, unb bie zwar auch in See-
schnecken in ziemlich bitfen Schichten flch finbet, inbefsen
niemalS in ebenso grvhen , zusammenhangenden unb
ebenen Flåchen roie bei ben eigenllichen Perlmutter-
muscheln. Von ben Perlen, einem einst Hochroichtigen
Gegenstanbe bes HanbetS, roirb roeilerhin gesprochen
roerben. Dah man au6 ben Byffusfaben ber Stetfmu-
schetii fteine Geroebe verferiigt, roirb eben nur bie Att-
roenbbarteit eines Stoffes fur technische Zroetfe beroeisen,
ber viel zu felten ist, unt Gegenstanb einer be-
soiideren Jnbustrte toerben zu tonnen. Gigentlich schab-
lich roerben un3 nur bie sogenannten Bohrmuscheln
(Teredo).
Ghebetu zersadte man bie Muschelthiere in zroei Ab-
theilungeit, je nachbem sie ein ober zroei Paare Schtieh-
musteln besahen; man gesedte zu ihnen spater eine britte,
roelche bie Gattungen umfaht, bei roelchen bie Schaalen
entroeber in eine besonbere Kaltrohre eingeschlossen ober
mit berselben zu einem Korper verroachsen sind. Gs
giebt indeffen in jenen Beziehungen so viele Uebergdnge,
bah eine genatie Abgrdnzung ber Abtheilungen ober Un-
terordnungen nicht aussnhrbar ist unb daher nur die
Zerfadung in Familien rathsam scheint.
Erste Familie.
Austern.
Muschel nteist unregelmdhig, ungleichschaalig, bidt«
terig; ein einjiger, durch Verroachsung aus niehreren
entstandener, in der Mitte gelegener Schtiehmustel.
Mantel ringsum offen. Kiemen beiber Seiten der gan-
zen Lange nach vereinigt. Fuh tlein oder ganz fehlend.
I. Alister. (Ostrea.)
Gattungscharatter: Muschel unregelmdhig,
ungleichschaalig, blatterig; linte Schaale meist grbher,
tiefer, rechte Schaale tleiner, flacher, dectelartig; Wir-
bel ungleich; teine Schlofizdhne; Band tlein, in einer
ldnglichen Grube jeberseits neben bem Schloffe.
Die Austern hesten sich im geroohnlichett Znstanbe
adezeit an frentbe Korper an mit der grbheren, gerooib-
ten Schaale. Sie bilden eine auherordentlich grehe
Gattung, deten Hauptabtheilungen man roohl bald
uberfieht, deren Arten aber nicht leicht unterschieben roer-
ben, weil bie Schaalen je nach bem Orte, ber ihnen zur
Befestigung bient, abdnbern, ost sogar ganz unregelmdhig
gestaltet finb. Solche Umgestaltungen erfahrt inbeffen
der Korper des Thieres nicht. AlS roeltbetannt darf
roohl die gemeine oder ehbare Auster (0. edulis)
gelten; ihre Schaale ist runblich etformig, am Schloffe
verschmalert, die Oberschaale eben, bldtterig, die untere
faltig, langSgerippt. Obgleich man annimmt, dah die
gemeine Auster des Mittelnteeres, die adriatische und
nordamerttanische verschieden sind, so tommen boch die
Thiere ader dieser wahren ober angeblichen Arten durch
Zartheit und Wohlgeschmatf uberein und theilen mit
anberen roirtlich verschiebenen Arten der tropischen Meere
und deS grohen Oceans das Schicksal, in faum glaub-
lichen Mengen verzehrt zu roerden. Unt Gngland und
Schottlanb, an der Nord- und Norbroesttuste von Frank-
reich giebt es zahlreiche sogenannte Austernbdnte, die
ade von Fischern besucht roerden, uber deren Rechte ihre
Regietungen roachen, die aber selbst einer Beaussichti-
gung unterrootfen find, um fie an schonungsloser Aus-
tilgung der Austern zu hindern. Die tleine Jnsel Jersey
atlein versenbet jdhrlich an 200,000 englische Scheffel
nach Gngland, Belgien, Hodand und Deutschlanb; 250
grohe Segelbbte, 1500 Manner und 1000 Weiber und
Kinder erhalten dort eintragliche Beschaftigung durch
biesen Fang. Nicht geringer stedt sich die Thatigteit
heraus um S. Malo, roo besondets der Felsen von
Catieale die in Paris beruhmtesten Austern liefert. Sehr
flache, tlippenlose Kusten und ein thoniger oder lehmi-
ger Boben, roie um Hodanb, sagt den Austern roenig zu,
sei es, dah fie die angemessene Nahrung nicht finven,
ober bah eS ihnen schabet, feste Anheftungsorte zu enl-
behten und daher bei anhaltenben Sturmen Herumgetol-
lert zu roerden. Man tant daher schon fruhzeitig arts
den Gebanten, ste an gestcherte Orte zu verpstanzen und
tunstlich aufzuziehen. Grfinber der Austerroeiher scheint
unter den Romern Sergius Orata gewesen zu sein, der
zur Zeit deS Redners Crassus lebte und unt Bajae in
tunstlichen Behaltern roeit Hergebrachte Austern zunr Ber-
kause zog. An den Kusten von Frantreich, der Nie-
derlande und Gngland legt man sogenannte Austernparte
an, sehr breite, bis 300 Fuh lange, einige Fuh tiefe,
dem Meere zur Fluihzeit zugangliche Gruben, roelche in
gulem Zustande gehalten und alS roerihvodes Privatei-
genthum vom Gesetz geschutzt roerden. In fie versetzt
man die im Meere aufgefifd'ten Austern zur Laichzeit,
in den Monaten Mai, Juni und Juli, roo fie durchauS
ungeniehbar, aber mit unzdhligen Giern angefudt sind.
Wo das mit Strenge gehanbhabte Gesetz, roie in Gng-
land, um jene Zeit das Fischen groher Austern verbie-
tet, sammelt man, um die Parts zu bevoltern, auf muh-
sante Weise die sehr tleine Brut. Solche neu angelegte
Pstanzorte laht man gemeinlich zroei bis drei Jahre un-
beruhrt und verfdhrt auch flåter bei der AuSbeutung
mit Borsicht. Wo diese nicht beobachtet roirb, ver-
mindern stch bie Austern zufehetis; Austernbdnte, auf
roelche Niemanb ein Privatrecht Hat, finb, wenigstenS
an ben franzosischen Kusten, innerhalb weniger Jahre
vodig erschopft roorben. Ueber bie Lebensbauer der
Austern giebt es sreilich teine zuverlasfige Beobachtung,
inbeffen roeth man, dah sie langsam roachsen und roahr-
scheinlich vier biS funs Jahre alt sein muffen, um alS
Speise zu dienen. Im Alter nimmt ihre Schaale in
dentselben Verhdltniffe zu, roie die Korpermaffe stch ver-
ringert; fie Hbren dann auf geniehbar zu sein. Man
vermag fie setter daburch zu machen, dah man fie in
kleine Gruben ber faljigen Kustensumpse versetzt, roo
vertanlte Pstanzenstoffe unb Jnfuflonsthierchen bas
Masser erfullen. Ginem ber letzteren, einer Gadioneda,
roirb bie grutte, teinesroegeS giftige Farbung zugeschrie-
bett, roelche bie auf solche Art erzogenen Austern aus-
zeichnet. Wo diese zu den gerobhnlicheren Nahrungs-
mitteln gehbren, unterscheidet man die Sorten mit Ge-
nauigfeit, nicht so im Binnenland, roo bie Mobe, mehr
alS ber Wohlgeschmatf, ben Austern Werth verleiht und
auch solche verzehrt roerben, deren tlaffende Schaalen
den eingetretenen Tod verrathen. Den groheren und
tleineren Spielarten roohnt ebenso ein verschiedener Ge-