Illustrirte Naturgeschichte Des Thierreichs
Vierter Band
Forfatter: Eduard Pöppig
År: 1851
Forlag: Verlagsbuchhandlung von J. J. Weber
Sted: Leipzig
Sider: 296
UDK: St.f. 59 Pöp
Naturgeschichte der wirbellosen Thiere
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Weichthiere.
Sechste Vrdnung. FNuscheUhiere.
in Sluffen, vielleicht nicht einmal in den Mundungen
berselben, wohin Seewaffer gelangen fann, und find da-
Her wahre Sfigwassermuscheln. Rang entdeckte fie im
Senegal, Andere fanden fie im Niger. Vermuthlich
komml auch daher die bleifarbene Etheria (E.
plumbea), Fig. 3819, die an Schonheit der oben erwåhn-
ten augen grunen, innen filberglanzenden Art deS Nils
nicht gleich kommt.
Sechfte Familie.
Flutzmuscheln.
Muschel ungleichseitig, frei, mit dunner Oberhaut
befleibet; Schaalen gleichgrog, innen meist mit Perl-
mutter ausgelleidet, am Vorderende mit drei eng ge-
nåherten MuSfeleindrucken; Schlog bald zahnloS, bald
mit verbundenen leistenformigen oder getrennten Zah-
nen versehen; Wirbel abgenutzt, mehrentheils ange-
fressen. Kein ByssuS.
XXIV. Tcichmuschel. (Anodonta.)
Gattungscharakter: Muschel långlich oder
långlich-eifbrmig, meist dunnschaalig; Schaalen gleich-
grog, ungleichseitig; Schlog vollig zahnloS; Wirbel
stumps, schief; Band augerlich oberhalb einer stumpfen
glatten Leiste.
Teichmuscheln wohnen, wie schon ihr Name andeu-
tet, nur in fugen Gewaffern. Sie dilden eine groge
Gattung, deren Arten man nicht leicht von einander
unterscheidet, und haben nahe Beziehungen zu den Slug-
muscheln oder Unionen, die nur wegen der Zahne des
SchlosseS, dem einzigen systematischen Kennzeichen, ab-
getrennt werden fonnten. Linne vereinte beide Gat-
tungen. Die Lappen deS dunnen MantelS find der gan-
zen Lange nach getrennt, die Fuhler stehen bichtgebrångt
als feine Såten; der fast viereckige Sug ragt kielfbrmig
hervor (Fig. 3820.), besteht auS festem Muskelgewebe
und dient dem Thiere zum Kriechen; von Byffus findet
fich keine Spur. Die Kiemen erscheinen hinter dem
Suge verwachsen; die angeren Kiemenblatter strotzen znr
SortpflanznngSzeit von ausgetretenen Eiern, derenZahl
bei einent Jndividnnm von 14,000 bis 20,000 betragen
soll. JmDarme findet man in der Regel einen schwarz-
lichen, sehr feinen Schlamm, der bei mikroskopischer
Untersuchung Theile von Pflanzen und JnfufionSthier-
chen gewahren lagt. Ebenso grog als die Verbreitung
erscheint auch die Aehnlichkeit der Arten; die amerika-
nischen wird nur der geubtere Conchyliolog auf den er-
sten Blick von den gemeinen europaischen unterscheiden.
Immer mangelt der Muschel Dicke und Harte; fie ist zer-
brechlich, hornhart, ost sehr grog, glatt, mit zarter
grunlicher oder braunlicher Oberhaut uberzogen, mit
einer sehr dunnen Perlmutterschicht auSgekleidet und
auf dem Schlogrande glatt und zahnlos. Als nnvoll-
kommene Andeutung eines Zahnes mag die schmale,
stumpfe, unter dem Bande verlaufende Leiste gelten.
Durch Alter und Geschlecht erfåhrt fie einige Verande-
rungen; bei den jungeren ninunt die Hinterseite fast ge-
flugelte und schars gekielte Umrisse an, die aber spåter
fich abrunden. Man fann von ihr feinen Gebrauch
sur technische Zwecke machen und ebenso wenig daS
zwarreichliche, aber zahe, sad und schlammig schmeckende
Fleisch znr Speise benutzen. — Eine der fleinsten Ar-
ten, die Enten-Teichmuschel (A. anatina) Sig.
3820. 3821., ist eisormig langlich, vorn gerundet, Hinten
etwas vorgezogen, geohrt, sein eoncentrisch gestrichelt,
am Rande blåtterig, graugrunlich-hornsarbig, am fla-
chen Wirbel ties rostbraun, 2% — 3 Zoll lang und in
unseren Skuffen mehr als in Teichen gemein. — Die
prachtige Teichmuschel (A. magnilica) Sig. 3822.
auS Nordamerifa zeigt auf grunem Grunde braune
Strahlen und ubertrisst andere durch Metallschiller der
Perlmutterschicht.
XXV. Flutzperlmnschel. (Alasmodonta.)
Gattungscharafter: Muschel ziemlich dick;
Schaalen ungleichseitig; Wirbel flach, angefteffen;
Schlog mit zwei starten Zahnen, zwei einerseits, zwi-
schen welche einer der entgegengesetzten Seite eingreist;
unter dem Bande feine Leiste.
Eine unverdiente Beruhmtheit geniegt die dieser
Gattung angehbrende europaische Slngperlmu-
schel (A. margaritifera), die mit anderen åhnlichen ost
verwechselt wird; fie hat elliptisch-nierensormige, mitten
am Unterrande leicht ausgeschweiste und zusammenge-
bruckte, schwarze Schaalen; der Hanptzahn am Schlosse
der rechten Schaale zeichnet fich auS durch dicke, stumps-
fonische Gestalt. Bon ihr zumal lommen die sogenann-
ten Slugperlen, die wohl hin und Wieber eine ziemliche
Groge und Kugelgestalt, auch Glanz befitzen und ziem-
lich sarbelos sein fbnnen, indessen Hochst felten hoheren
Anspruchen genugen noch den Vergleich mit den achten
orientalifchen Perlen aushalten. Einzelne fchone und
sehr werthvolle Stucken find allerdingS biSweilen vor-
gelommen, und nach der Verficherung Pennant's ziert
die englifche KånigSfrone eine groge Perle, welche im
Sluffe Conway gesunden und der Gemahlin des KbnigS
Karl II. gefchenft worden sein soll. Eine nicht unbe-
tråchtliche Sammlung sachstscher Perlen findet fich im
fachfischen Staatsschatze. Wenn man indessen in ver-
gangenen Zeiten folchen Perlen einen hohen Werth bei-
legte, vielleicht an die Slngperlenfischerei betrachtliche
Summen wendete, die Mufcheln zum Gegenstand einer
sormlichen Zucht zu machen fuchte, so geschah dieseS
wohl mehr auS Liebe zum Sonderbaren und Seltenen.
Gehegt und als Staatseigenthum betrachtet toerben jene
Muscheln nur noch an einigen Orten, z. B. im sachfi-
schen Boigtlande, indessen hat man schon Inage die ehe-
malige Hoffnung ausgegeben, durch fie den offentlichen
Reichthum zu mehren. Dag ubrigens in Zeiten, ro o
Welttheile in gegenseitig faum erreichbarer Serne lagen
und orientalische Perlen unendlich hoheren Werth Ha-
ben mugten, die Ausmerfsamfeit fich den europaischen
zuroendete, erflart fich von selbst. Nach dem hier wohl
unzuverlaffigen Zeugnisse des SuetoniuS soll der Reich-
thum Britanniens an Perlen sur JuliuS Casar ein
Beweggrund zum Einsall mit geroaffneter Hand ge-
wesen sein. PliniuS beschreibt die durch jenen Seld-
zug nach Rom gelangten Perlen so, dag man abnimmt,
roie sie zn feiner Zeit vorzuglicher gewesen, als die noch
Heutzutage dort erzeugten. Auch die norbamerifani-
fchen Arten, von roelchen ztoei, die getoellte und die
platte Slugperlmuschel (A. undulata und A.
complanata), unter Sig.3823.3824. dargestellt sind, ent-
Halten gelegentlich fleine, aber unsormliche Perlen.
XXVI. Flustmnschel. (Unio.)
Gattungscharafter der vorigen Gattung, je-
doch: Schlog der einen Schaale mit zwei langen, leisten-
formigen Zåhnen, der anderen mit einent åhnlichen
Zahne unter dem Bande.
Das Thier der Slugmuscheln gleicht sehr demjenigen
der Teichmuscheln und scheint ihm an Sruchtbarfeit
nichts nachzugeben, mindestens strotzen im Sommer die
Raume ztoischen den Kiemenblattern von Eiern, in roel-
chen die Jungen fich vollstanbig entroickeln und sogar
ihre Schaalen empsangen. Wenn die AuSbildung bis
zu diefer Hohe vorgeschritten, roerden die Eier mit
Schleim umhullt und in Gestalt fleiner, langlicher Mas-
sen ausgestogen. Gestalt deS Suges und friechende Be-
roegung theilt diese erstaunlich artenreiche, in Nordame-
rifa zumal aussålligst vertretene Gattung mit den bereitS
beschriebenen derselben Familie. Eigenthumlich ist ihr
nur die Bildung des SchlosseS, roeniger jene der Schaa-
len im Allgemeinen, welche indessen immer ziemlich
dick, bei auSlandischen Arten bisweilen sogar sehr schwer
find, fich mit einer grunlichen oder bråunlichen, den
angesressenen Wirbeln sehlenden Oberhaut uberziehen
und theils ebene, theils gesaltete, bisweilen fnotige oder
sogar stachelige Oberflåchen befitzen. DaS Jnnere wird
I immer von einer Perlmutterschicht uberzogen, die bei
einigen, wie der gemeinen Malermuschel, sreilich fei-
nen bedentenden Durchmeffer erlangt, Hingegen bei man-
chen auSlandischen Dicke mit sehr schonem Glanz oder
selbst pnrpurrother, violetter und anderen Sårbungen
verbindet. Wie bei den Sugwassermuscheln es mehr
oder minder uberall stattsindet, so ersordert auch hier die
Unterscheidung verwandter Arten vielen Scharsblick und
Ersahrung, indessen gilt dieses weniger von den sremden
als den einheimischen Arten, deren Zahl durch funstliche
Theilungen allzu sehr vermehrt ward. Alle wohnen in
Slussen, sekten in stehenden Gewaffern, feine in den
Slugmundungen, wo Salzwasser uberwiegt. Bon ben
Hauptgruppen, in welche man fie, leiber mit theilweiser
Beilegung neuer Gattungsnamen, getrennt, geben bie
solgenben Arten einen Begriff. Sast ganz glatt und
eden ist die gestrahlte Slugmufchel (U. radiatus)
Sig. 3825. 3826. auS den Sluffen der norblicheren der
Bereinigten Staaten; sie besitzt umgefehrt eirunde,
bunne, flach gewLlbte, sein eoneentrisch gestreiste, Hin-
ten starf verbreiterte Schaalen, deren bunne, gelbliche
Oberhaut mit zwei breiten concentrischen Streisen und
vielen, vom Wirbel ausgehenden braunen Strahlen ge-
ziert sind; aus unseren nach Lea copirten Abbildungen
zweier Weibchen ergiebt fich auch die Gestalt deS Suges,
des gesransten MantelrandeS unb der mit Eiern ange-
sullten Salten der Kiemenblatter. Vollig glatt, aber
durch starfe Abplattung der Schaalenwolbung ausge-
zeichnet ist bie in bem Ohio, Wisconfin u. s. w. lebenbe
Plattgebruckte Slugmufchel (U. complanatus)
Sig. 3827. Ihre Perlmutter fpielt in Regenbogensar-
ben. Ansange angerer Unebenheiten bemerft man Hin-
gegen an der gemeinen Malermuschel (U. pieto-
runi) Sig. 3828., inbem bie Wirbel etwas Warzig und
wellig runzelig erscheinen; die grunlich gelbe, eisormig
lange Muschel wird von anderen durch die Långe des
zusammengedruckten vorderen Hauptzahnes der linfen
Seite, an toelchen der Hintere fleinere wie ein Anhang
fich ansugt, unterfchieden. Der Gebrauch dieser uber
den grogten Theil Europa'S verbreiteten, augerordent-
lich sruchtbaren Muschel bars als befannt voransgesetzt
tuerben. Ihr Thier soll in manchen Gegenben znr Må-
stung ber Schweine bienen. — Die geslugelte
Slugmufchel (U. alatus) Fig. 3829. gehort zu einer
Gruppe, wo bie Hinterseite ber Schaalen fich zu einem
Slugel erhebt, beffen Halsten am Ranbe zusammenhan-
gen unb verwachsen Heigen fånnen; fie ist grog, eirnnb-
breieckig, eoncentrisch gestreist, aus ben Slugeln wellen-
artig gesaltet, bunfel Hornsarbig. — Wo aus ben Schaa-
len augerlich Salten unb Hocker fich erheben, haben fie
zugleich auch ansehnliche Dicke unb eine starfe, ost pur-
purrothe ober violette Perlmutterschicht. SolcheS ist
ber Sall bei ber verwaschenen Slugmuschel (U.
irroratus) Sig. 3830. aus bem Ohio, beren speeifischer
Name sreilich keine besonbere Eigenschastbezeichnet, benn
grabweiser Uebergang ber angeren Sarben in einanber,
ber obenein mit einem bethaueten Ansehen nicht vergli-
chen werben fann, zeigt fich sast bei allen Arten. Die
Muschel ist runblich, fast Herzformig, mehr hoch als
breit, burch bie Wachsthumschichten eoncentrisch gesal-
tet, sehr bick, mit unbeutlichen unb abgenutzten Hockern
besetzt; nach Wegnahme ber Oberhaut bemerft man auf
ihr auS unzahligen grunen Punften bestehenbe, vom Wir-
bel auSgehenbe Strahlen. — Die gefaltete Slug-
mufchel (U. plicatus) Sig. 3831. bewohnt gleichfalls
viele norbamerifanifche Slusse; ihre Mufchel ist eirunb,
ausgetrieben, geflugelt, gegen baS Vorberenbe mit we-
nigen, grogen, schiesen, welligen Salten versehen; ihre
Slugel finb niebrig, stumps gefielt, am verbickten, ein-
gebogenen Ranbe gesaltet (Sig. 3832.) — Bei ber
fchorsigen Slugmufchel (U. pustulosus) Sig.
3833. befitzen bie faum geflugelten Schaalen wieberum
mehr Hohe alS Breite unb fehen aus wie mit Pusteln
unb Schorsen bebeckt wegen ber grogen, bisweilen sast
abgenutzten, unregelmågigen Erhdhungen ber Augen-