Illustrirte Naturgeschichte Des Thierreichs
Vierter Band
Forfatter: Eduard Pöppig
År: 1851
Forlag: Verlagsbuchhandlung von J. J. Weber
Sted: Leipzig
Sider: 296
UDK: St.f. 59 Pöp
Naturgeschichte der wirbellosen Thiere
Mit 1558 Ubbildungen
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Dreizehnte Class e.
O u a l l e n.
Einleitung.
26enn kårperliche Gråfie BeweiS vollkommener Or-
ganisation toåre, so multen Quallen allerdings an der
Spitze der Zoophyten stehen. Die mehrsten der sym-
metrisch gebildeten erreichen einen im Verhåltnisse be-
tråchtlichen Umfang, manche von den die tropischen
Meere bewohnenden Scheibenquallen messen sogar bis
drei Fuh. Freilich giebt es auch Rippenquallen , die
kaum eine Linie lang sind. Was da dem Jndividuum
abgeht, das ersetzt die ungeheure HaufigkeitdeS Vorkom-
menS, denn toeite Flachen des Oceans toimmeln bis-
toeilen von dichtgedrångten Schaaren so kleiner Wesen.
Leicht genug deutet man die getoåhnlichen, Jndividuali-
tåt unverkennbar anzeigenden Gestalten der Rippen- und
Scheibenquallen, toåhrend der sehr eigenthumliche Bau
der Råhrenquallen zu Misiverstandnisi suhren und die
Jdee, dafi mehrere Jndividuen zu einem Gesammtkårper
verbunden seien , veranlaffeu fann. Doppelquallen
z. B. bestehen aus mehreren lose zusammenhangenden
Theilen, die sich sogar absondern, einige Zeit umher-
schtoimmen und selbststandig leben kånnen; Blasenqual-
len erscheinen als unregelmafiige Luftblasen, an toelchen
eine Zahl von Anhangen, die sich aus die Ernåhrung
beziehen, befestigt sind, und Segelquallen tragen aus
dem rundlichen, scheibenartigen, jedoch nicht genau sym-
metrischen Kårper tin senkrechteS, knorpeliges Blatt.
Symmetrische Gestalten finden sich als bezeichnend nur
in den beiden ersten Ordnungen dieser Claffe; in ihnen
toaltet immer strahlige Anordnung um einen gemeinsa-
samen Mittelpunkt vor, liege dieser nun in einer Scheibe,
einer mehr oder minder siachen Halbkugel, einer Glocke
oder auch einer fast regelmafiigen Kugel. Zu dieser
interefsanten Mannigfaltigkeit der Gestalt gesellt sich bei
vielen ein reicher Farbenschmuck, der weniger durch
grelle Buntheit als durch Reinheit, Zartheit und Durch-
sichtigkeit gefallt, indeffen der Verganglichkeit ebenso
rasch und vollkommen erliegt, toie der Kårper im Ganzen.
Dieser enthålt nie ein harteS Skelett, sotoeit tin solcheS
uberhaupt bti Zoophyten vorkommtn kann, sondern
Hochstens eine knorpeligt, eitoaS kalkige AuSbreitung, dit
indeffen auch nur bei Segelquallen deutlich trkannt toird.
Die Kårpermasse erscheint fast durchauS toie eine glaSar-
tige Gallert, die so toenig feste Theile einschliefit, dafi
das Hauschen spinnentoebenartiger, etwaS festerer Faden,
toelche nach dem vollkommenen Zerfliehen einer bis 20
Pfund schtoeren und daher sehr grofien Qualle alS ein-
ziger Rest ubrigbleibt, kaum einige Gran toiegt. Nur
mittels Vergråfierung und unter gunstigen Umstånden
erkennt man in einem der Halbkugeligen Schirme die
Zusammensetzung aus sehr zarten, durchsichtigen, viel-
seitigen, mit Wasser oder doch mit farbeloser Flfissigkeit
vållig angefullten Zellen. Hautschichten unterscheidet
man nur sekten mit Deutlichkeit; kaum dafi tine sehr
dunne Oberhaut sich findet, die in schwer begreisticher
Weise die grofie Menge von Flussigkeit fest einschliefit,
ihrer Zartheit ungeachtet dem Kårper seine Gestalt erhålt
und selbst den Betoegungen des Ganzen Widerstand
leistet. Auf unvorfichtige Berfihrung der Oberflåche
einerQualle folgt gemeinlich eine brennende Empstndung
in der Hand oder den Fingerspitzen, verbunden mit Rå-
thung, biStoeilen sogar mit Anschwellung. Schon die
Alten kannten diese unangenehme, von manchen Beschrei-
bern jedoch fibertriebene Eigenschaft und belegten daher
die Quallen mit entsprechenden Nanien, die Griechen
hietzen fie Akalephen (Nesseln), eine Bezeichnung, die
bei den neueren Zoologen ebenfalls Eingang sand. AlS
Ursache jenesBrennens gaben ste einen uberall gleichmafiig
verbreiteten gifligen Saft an. Durch Antoendung eineS
Mikroskops erkannte man indeffen besondere Kapseln,
toelche einen spiralgetoundenen, Hervorzutreibenden Fa-
den einschliefien, als eigentliche Neffeltoerkzeuge, die
aber nicht an allen Akalephen ohne Unterschied vorkom-
men, auch nicht alle Theile der nesselnden Arten gleich-
mafiig fiberziehen. Manche Quallen brennen nur mit-
tels des SchirmeS, andere nur mittels der Fuhlfåden,
toelche vom Schirme Herabhangen oder auch den Mund
umgeben, und bei einigen sind die Neffelorgane uber alle
Kårpertheile verbreitet. Wenige entbehren jene unan-
genehme Eigenschaft ganz, die in Håchster Steigerung
den Saugfaden der grofien Blasenqualle (Physalia)
beizuwohnen scheint. Ohne Zweisel geschieht die Rei-
zung nicht auf mechanischem Wege, toie ettoa durch feine
Håkchen der Neffelfaden, sondern durch einen, in kleinen
Mengen fibertragenen, sehr giftigen Saft, sonst tofirde
nicht das Wasser, in toelchem solche Thiere mehre Stun-
den aufbewahrt worden, ebenfalls empfindliches Bren-
nen erzeugen kånnen. Je feiner die getroffene Haut-
flache, um so rascher und hestiger toird der Schmerz
eintreten ; man mag Quallen eher mit dem Handteller alS
den Fingerspitzen oder dem Handrucken berfihren,
toird indeffen am Meisten an Theilen leiden, die, sonst
von Kleidern bedeckt, vielleicht bei dem Baden, mit Aka-
lephen in Berfihrung kamen. Noch ist es nicht gelun-
gen, mit gleicher Bestimmtheit den Sitz einer anderen,
toohl nur der Oberflåche der Quallen angehårenden Ei-
genschaft, jener des phosphorischen LeuchtenS, nachzu-
toeifen. Dieses mag zumTheil der Willkfir untertoorfen
sein und bleibt nicht unter allen Umstånden sich gleich;
daS Vermågen dazu erreicht nicht bei allen Arten dieselbe
Håhe, scheint manchen sogar vollkommen abzugehen.
Man måchte das Vorhandensein besonderer Leuchtorgane
fast bezweifeln oder mindestens den phosphorischen
Schein alS theilweis unabhangig vom Leben deS Thie-
res sich denken, indem es feststeht, dafi auch abge-
rissene Kårpertheile zu leuchten fortfahren und eintre-
tende Zerstårung, z. B. durch allerdingS raschverlau-
fende Fåulnifi, die Stårke jeneS PhånomenS eher ver-
mehrt. Ungeachtet ihreS einfachen BaueS befitzen
Akalephen biStoeilen die Fåhigkeit allerdings nur lang-
samer und toenig energischer Bewegungen, die entweder
blos die Zusammenziehung und AuSdehnung oder auch
die Versetzung deS Kårpers beztoecken. Sie toerden
durch Muskeln Hervorgebracht, die biStoeilen an Durch-
sichtigkeit der gallertartigen Kårpermasse toenig nachge-
ben, andere Male aber deutlich unterschieden toerden
und alS mehrentheils symmetrische Bfindel fotoohl in
der Lange als der Ouere sich ordnen, z. B. bei Schirm-
quallen als concentrische Ringe den Mittelpunkt um-
geben und tieferliegende, strahlenfårmig vertheilte Langs-
muSkeln decken. In die Lappen des oftmalS tief ein-
geschnittenen Randes des SchirmeS (Fig. 3992.) setzen
sich die Langsmuskeln fort und vermågen sie nach oben
umzubiegen, also eine zum Schtoimmen nfitzliche Betoe-
gung Heroorzubringen; auch den langen, zum Sangen
dienenden Anhången (Fig. 3984.) fehlen Långsfasern
und einige, jedoch seltene Ringfasern nicht. In den
langen und dfinnen, ost der aiiherordentlichsten Dehnung
fåhigen und mit Waffer ansfillbaren Ffihlfaden (Fig.
3987.) entdeckt man selbst durch Vergråfierung keinen
faserigen Bau. Zur schnelleren und regelmafiigen
Fortbetoegung scheint keine Qualle besåhigt, indem nur
wenige eigentliche Ruderorgane besitzen. Jene langen
Ffihlerfaden stehen nicht im angemessenen Verhaltniffe,
um dem Kårper einen Stofi geben zu kånnen. Eher ist
es måglich, dafi ein solcher durch Aufnehmen und Her-
austreiben des Wassers aus gewissen Håhlungen deS Kår-
perS hervorgebracht toerde. Gewåhnlich lassen Quallen
sich von den Wellen Herumtragen, denn nur toenige be-
toegen den Rand der Scheibe so kraftig auf und ab, dafi
ein toirklicheS, selbststandiges Schtoimmen erfolgt. Ga-
leerenquallen treiben vor dem Minde mittels eines knor-
peligen, den Kårper toeit fiberragenden Segels, und
Rippenquallen toalzen sich fort durch rudernde Betoe-
gung kammsårmiger Blåttchen. Auch scheint daS Auf-
steigen und Versenken der Willkfir untertoorfen zu sein
und ztoar nicht allein bei solchen Quallen, die einen
toahren hydrostatischen Apparat besitzen, toie die See-
blasen, sondern bei anderen, too dieser ganz vermifit
toird. Manche vermågen sich an andere Kårper an-
zuhangen mittels besonderer Saugråhren, roie die
schon ertoahnten Galeerenquallen, auch kleben die lan-
gen Ffihlfaden leicht an. Besondere zum Ergreifen oder
Umstricken einer Bente bestimmte Fangsåden finden sich
bei Rippen- und Råhrenquallen; vållig Hervortretend
enttoickeln sie seitliche Arme und sind toohl auch mit
mikroskopisch feinen, in besonderen Zellen verborgenen,
als Hafiorganen dienenden Borsten betoehrt, die auch
an anderen Theilen sich finden kånnen. Zur Nahrung
dienen nur thierische Stoffe, meist lebende Geschåpfe, bei
deren Ergreifung jene sonderbaren, scheinbar Håchst
einfach organisirten Gallertmaffen bisweilen eine
ganz unvermuthete Energie enttoickeln. In der Ver-
dauungshåhle der gråtzeren Schirmquallen entdeckt man
bistoeilen Fischchen von ztoei Zoll Lange und Hartschaa-
lige Krabben, von toelchen man meinen sollte, dafi sie
durch eine einzige kråftige Betoegung ihrer Harten und
stacheligen Glieder ihr durchsichtigeS Gefangnifi touroen
zerståren kånnen. Jedenfalls toerden fie durch die Nes-
selorgane oder andere giftffihrende Werkzeuge im Au-
genblicke der Umstrickung mit den Fangarmen oder der
Berfihrung deS Mundes vollståndig gelahmt. Auch
toiderstehen ihre todten oder doch betoegungslosen Kår-
per der VerdauungSkraft der Quallen nur sehr kurze
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