ForsideBøgerIllustrirte Naturgeschich…erreichs : Vierter Band

Illustrirte Naturgeschichte Des Thierreichs
Vierter Band

Forfatter: Eduard Pöppig

År: 1851

Forlag: Verlagsbuchhandlung von J. J. Weber

Sted: Leipzig

Sider: 296

UDK: St.f. 59 Pöp

Naturgeschichte der wirbellosen Thiere

Mit 1558 Ubbildungen

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Side af 318 Forrige Næste
(Sinkitung. Polypen. 247 tener Schonheit gleichen und die Entstehung von Untie- fen, ja sogar von Jnseln veranlassen konnen. Sie galten Anfangs fur wachsende Mineralksrper, an wel- chen das Streben unorganischer Theile nach der Gestalt von Pflanzen deutlich Hervortreten sollte. Jahrhun- derte verftrichen, ehe man den weichen Ueberzug dieser vielgestaltigen Steinkerne entdeckte und endlich gewahrte, dah auf ihren Flachen oder auf den Spitzen ihrer Aeste kleine, ost sehr bunte Korper festfitzen, die, mit regel- mahig getheiltem Rande und ost mit langem Stiele ver- sehen, den Bluthen schoner Pstanzen gleichen. Dah eben diese hohe Empsindlichkeit verrathen, bei Bersth- rung zum unscheinbaren Knotchen plotzlich zusammen- schrecken, hinderte nicht, fie fur wahre Bluthen zu neh- men, vielmehr glaubten selbst Forscher des vorigen Jahr- hunderts eine Reihe von Wesen entdeckt zu haben, die, im Jnnern Stein, im Aeuhern Pflanze,die weite Lucke erfullten, welche zwischen Organischem und Unorgani- schem in der Schopfung besteht und sich mit Literen philosophischen Anfichten uber materielle Verknupfung alles Erschaffenen nicht vertrug. Selbst Peyffonel, der im Z. 1723 die vollig thierische Natur der Polypen- stLmme und ihrer sogenannten Bluthen nachwieS, konnte stch lange keinen Glauben verschaffen. Verstanden kann dieser Stamm, mit anderem Namen das Corall nur dann erst werden, tvenn man die auf ihm feststtzenden, ost un- endlich kleineren Thiere in ihren Eigenihumlichkeiten und ihrer FortpflanzungSart kennt. Einige von den einfachen und fast alle der in Vielzahl verbundenen Polypen be- fitzen eine mit ihrer Grbhe ost gar nicht im Verhaltnih stehende Fahigkeit, Harte Stoffe aus dem eigenenKorper abzusondern, in deren Zusammensetzung das Thierische so uberwiegen kann, dah ste hornig, theilS auch nur dem Papier ahnlich stnd, oder die soviel Kalk, feltener soviel Kieselerde cnthalten,dah fie ungemein viel Harte und glaSartige Brflchigkeit erlangen. Diese Absonde- rung geschieht aber nicht wie bei den beschaalten Weich- thieren durch Thatigkeit einer beschrankten Hautstelle, sondern innerhalb der Hautschichten, und sonach mag der Harte Korallenstock, er sei groh oder klein,einem inneren Skelett mit Recht verglichen werden. In der Regel vermag nur die untere Halfte des walzigen Po- lypenkorpers, zumal aber sein unteres Ende oder Fuh, jene Harten Stoffe abzusondern, die stch immer nach einem bestimmten Systeme zu Blattern, Cylindern u. s. w. zusammenfugen werden. Kein Theil des Corallcn- stammes bietet eine vbllige gediegene Maffe, vielmehr finden fich ebensowohl im zolldicken Stamme, als in dem dirnnsten Blattchen des einzelnen bluthenartigen SterneS Zellen als Beweise, dah die weiche Faser deS thierischen Ueberzuges sie einst durchdrang. Mit Bie- nenzellen, dem Erzeugnisse des Kunsttriebes, jene Sterne oder Gruben des Polypenstammes zu vergleichen , Wurde sonach ganz unzulfissig sein; selbst wo sie tief genug stnd, um den Polypen aufzunehmen, ist eS doch immer der vordere, keine Harten Stoffe absondernde Theil eben dieses, der, zusammenfallend, Raum sindet, nicht sein ganzer Korper, dessen Hintere Halfte die Kalkwande einschlieht. Auch giebt eS Polypenstscke, die, mit zahllosen Thieren bedeckt, dennoch keine erheblichen Vertiefungen gewah- ren lassen. Der seiner Freiheit mude, sich an- Heftende Polype bildet zuerst im Umfange seineS Ksr- perS eine niedrige Hulle, die entweder etwaS plattge- druckt ist wie bei Flustra (Fig. 4071.), oder auch einer kleinen, hohlen Walze, manchmal einem Becher gleicht. An ihrem Umfange entstehen dann dunne, gegen den gemeinfamen Mittelpunkt strahlig gerichtete, denselben nicht erreichende, nach sehr bestimmten Zahlensystemen geordnete Blfittchen oder Lamellen (Fig. 4039 b), welche den Falten der inneren Leibeshhhle entsprechen und dem ganzen Gebilde, also bei zusammengesetzten Polypen der Zelle das bekannte sternformige Ansehen (Fig. 4039 a 4044.) verleihen. Nicht alle Blumenthiere erschaffen dergleichen Sterne, vielmehr fliehen bei vielen die Ran- der und Lamellen so in einander (Fig. 4046 b), dah sie einzeln nicht mehr zu erkennen find; bei Moosthieren fehlen sie ganz, indem die Zelle dort ost sehr unregelmahige oder doch asymmetrische Nmriffe Hat. Die regelmahige Zelle der als Beispiel angenommenen, soweit noch ein- fachen Polypen kann aber auch in die Lange wachsen, indem das Thier Hhher hinauf ruckt und, nachdem es Sternblatter und Rand der Zelle erhoht, unten eine Querwand absondert, durch welche der Grund oder daS Fuhende abgesperrt wird. Dieses erfullt fich dann wohl mit Kalk, und von dem strahlig-zelligen Raume blei- ben nur unregelmahige Spalten oder feine Lhcher. Auhen reicht indessen die allgemeine Korperhaut noch uber den massiv gewordenen Theil. Der soweit reife und fertige Polyp wird dann, obwohl vielleicht nur einige Linien hoch, dem Vorbilde einer Kelchcoralle (Fig. 4040.) entsprechen, allein auch stch fortzupflanzen begin- nen und zwar nicht allein Eier ausleeren, sondern auch aus seiner Haut KnoSpen hervortreiben, vor- ausgesetzt, dah er siberhaupt zu den Corallenstamme erzeugenden, also in Vielzahl zusammenwachsenden gehsre. Solche KnoSpen entstehen nun entweder an der Wurzel, der Seite oder der Kopfscheibe nahe auherhalb der Arme; in letzterem Falle sindet Anfangs zwischen ihnen und dem mutterlichen Korper ein Unter- schied nicht Statt; ost bleiben sie am Grunde offen und sonach in Verbindung mit der Magenhohle der Mutter, auch wenn fie selbst schon Polypengestalt gewonnen, eine innere Verdauungshhhle und kleinen Mund erhalten haben. Indem das Junge wachst, beginnt es auch Kalk abzusondern und zwar ganz so wie die Mutter vor ihm, an deren Zelle es die seine anheftet. Bald Hort dann zwischen beiven die innere Verbindung auf, allein die auhere Haut deS Jungen verschmilzt mit derjenigen der Mutter, und hierdurch entsteht die fortlaufende Decks uber den inneren kalkigen Stamm, das durch verschiedene Jndividuen hervorgebrachte Skelett. Sterben, wie dieses bei allen geschieht, die alteren Jndividuen nach Hervorbringung der Knospen und Jungen, so werden die unteren Aeste deS baumartigen oder die unteren Schichten deS blatterig ausgebreiteten, vielleicht auch Halb- kugeligen Coralls ohne lebende Hautdecke und die unorga- nischen Trager der obersn, jungeren, lebenden, oft un- ter einander verbundenen Generationen sein. Bei drei bis vier Fuh hohen Madreporen sind nur die Zweig- spitzen mit lebenden Polypen besetzt, alle anderen Sterne find leer, die Aeste ohne organische Haut. Poriten (Fig. 4052.), die ost bis zehn Fuh dicke Steinmassen erzeugen, tragen nur obenauf eine kaum drei Linien hohe, lebende Schicht. Das Innere eineS Corallen- asteS, sei es nun von Halbzolligem Durchmeffer oder dick wie ein Arm, entbehrt alle Verbindung mit der le- benden Rinde und ist sonach vollig abgestorben und un- organisch. Es liegt nun aber auf der Hand, dah die Stellung der Knospen zu dem Mutterpolypen uber die Gestalt des PolypenstockeS, den wir soweit nur durch zwei Generationen verfolgten, entscheiden muffe. Faht man dieselbe richtig auf, so wird man jede der zahlrei- chen Corallenformen erklaren konnen. Wo KnoSpen auf der Kopfscheibe stch entwickeln, muh eine andere Form deS PolypenstockeS sich auSbilden als da, wo fie aus der Seite des Polypen hervorkommen oder gar einzeln und ohne Ordnung auf gewiffen AuSbreitungen Hervortrei- ben, die von der Wurzel des Mutterpolypens etwa so auslaufen, wie die sogenannten Auslaufer vieler Pflan- zen, z. B. der Erdbeeren. WLre der Auslaufer, also gewiffermaahen ein einzelner Hautlappen deS Mutter- polypen sadenformig, so tourben die KnoSpen in einer Reihe auf ihm hervortreten und daher die Colonie der Jungen derselben Ordnung folgen; glichen die AuSlau- fer mehr grohen und umfanglichen Lappen mit verstreu- ten KnoSpen, so tourden Gestalten to ie Pavonien (Fig. 4047.) zum Vorschein kommen , deren Blatter an Um- fang gewinnen, theils wohl auch aus einander Hervor- sprossen, indem jedeS zur Reife gelangte Junge seiner- seits toieder breite Auslstufer macht. Aeste entstehen meist durch freiwillige Spaltung des Vorderendes eineS Po- lypen oder durch seitliche Knospen. Alle diese For- men deS Wachsthumes erlauben toieder Combinationen, welche die Vielgestaltigkeit der Corallenstamme erklaren. Immer bleibt aber das WachSthum unveranderlichen, wenn auch bei den Gattungen verschiedenen Gesetzen unterworfen. Bei den Polypenstocken von leder- oder pergamentartiger Beschaffenheit, z. B. bei Campanula- rien (Fig. 4065.), Plumularien (Fig. 4066.) u. s. to., oder von halb kalkiger Zusammensetzung, z. B Flustra (Fig. 4072.), Escharen (Fig. 4086.) und anderen Moosthieren, geschieht eS eben auch durch Knospen; dasselbe gilt von den sogenannten Horncorallen, wie den Gorgoninen, wo uber die innere Hornartige Are eine weichere, korkahn- liche, die Polypen bergende Rinde fich ausbreitet. — Bei aller SchLrfe und allem Umfange der Forschung un- serer Zeit liegt noch vieles Dunkel uber der Lebensge- schichte der Polypenthiere. Die eben besprochene wich- tige Entdeckung ihres Wachsthumes und die anatomische Kenntnih einiger groherer und gewohnlicherer Arten dilden so ziemlich die Summe unsereS WiffenS in dieser Richtung. Man toeih nicht, wie viel Zeit fie brauchen, um zur Reife zu gelangen, nicht, wie alt fie werden kunnen, nicht, od nur einige oder ob alle dem Gesetz deS GenerationSwechsels unterworfen sind. Nicht alle ms- gen die LebenSzahigkeit der Seeanemonen theilen, die, obwohl Hhchst gefrahige Thiere, dennoch mehrere Wo- chen im bisweilen gewechfelten Seewasser ohne Nahrung gefangen gehalten werden kbnnen; viele von jenen Po- lypen, welche in tropischen Meeren baumartige Stamme erzeugen, sterben im Augenblicke, wo man sie auS dem Meere zieht und an die Luft bringt. Theilbarkeit des Stammkorpers scheint den meisten ebenso wie Pflanzen eigen zu sein, und Versuche haben bewiefen, dah manche die FLhigkeit, verlorene Theile in sehr kurzer Zeit wie- der zu erzeugen, im hohen Grade befitzen. Dah sie, wenn auch nicht durch Eier, so doch durch Knospen- bildung fich auherordentstch vermehren konnen, beweist daS genau beobachtete rasche und schadliche Ueberhand- nehmen von Madreporen in manchen Hasen der Sudsee und Indiens. Alle muffen im Wasser leben, denn die weiche Beschaffenheit ihres sehr zerstorbaren KorperS ge- stattet nur solche Umgebung. Im Suhwasser finden fich sehr wenige, besonders reich an ihnen find tropische Meere; sie lieben den Aufenthalt in minder tiefen, ruhi- gen, sonnigen Buchten und auf Felsriffen; viele der Nichtangewachsenen fitzen gern an einem Orte unveran- derlich fest und scheinen nur durch Gewaltsamkeit, und wenn Wogen fle abrissen, auf dem Meere eine kurze Zeit zu treiben. Wahrend fie selbst eine Menge von sehr kleineu Seegeschopfen vertilgen, dienen sie anderen Seethieren zur Nahrung; Stockfische sollen fich zum Theil von Actinien nahren, und gewisse Fische deS gro- hen Oceans weiden die Corallenriffe formlich ab, indem sie selbst starker mit Polypen bedeckte Zweige abbrechen und mit breiten Zahnen zermalmen. Dem Menschen bringen fie wenigen Nutzen; in Griechenland, Italien und auf den Sudseeinseln soll man zwar einige grbhere Arten von Seeanemonen verzehren, indessen sind diese wohl auch die einzigen geniehbaren Polypen. Fur technische Zwecke hat allein die rothe Edelcoralle einige Wichtigkeit. Gefahr und Schaden bringen die grohen, zwischen den Wendekreisen Heimischen, Riffe erzeugen- den Gattungen, die auf die Gestalt der Erdrinde unver- kennbar einwirken, obgleich vielleicht nicht in demselben hohen Maahe, wie in fruheren Erdperioden. Welche Rolle fie damals gespielt und wie fie in gewissen Zeiten alle anderen Thiere der Gewsisser an Menge und Ausbreitung ubertroffen, beweisen die Schichten des CorallenkalkeS, der oft nur aus ihren uralten Trum- msrn besteht.