Illustrirte Naturgeschichte Des Thierreichs
Vierter Band
Forfatter: Eduard Pöppig
År: 1851
Forlag: Verlagsbuchhandlung von J. J. Weber
Sted: Leipzig
Sider: 296
UDK: St.f. 59 Pöp
Naturgeschichte der wirbellosen Thiere
Mit 1558 Ubbildungen
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(Sinkitung.
Polypen.
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tener Schonheit gleichen und die Entstehung von Untie-
fen, ja sogar von Jnseln veranlassen konnen. Sie
galten Anfangs fur wachsende Mineralksrper, an wel-
chen das Streben unorganischer Theile nach der Gestalt
von Pflanzen deutlich Hervortreten sollte. Jahrhun-
derte verftrichen, ehe man den weichen Ueberzug dieser
vielgestaltigen Steinkerne entdeckte und endlich gewahrte,
dah auf ihren Flachen oder auf den Spitzen ihrer Aeste
kleine, ost sehr bunte Korper festfitzen, die, mit regel-
mahig getheiltem Rande und ost mit langem Stiele ver-
sehen, den Bluthen schoner Pstanzen gleichen. Dah
eben diese hohe Empsindlichkeit verrathen, bei Bersth-
rung zum unscheinbaren Knotchen plotzlich zusammen-
schrecken, hinderte nicht, fie fur wahre Bluthen zu neh-
men, vielmehr glaubten selbst Forscher des vorigen Jahr-
hunderts eine Reihe von Wesen entdeckt zu haben, die,
im Jnnern Stein, im Aeuhern Pflanze,die weite Lucke
erfullten, welche zwischen Organischem und Unorgani-
schem in der Schopfung besteht und sich mit Literen
philosophischen Anfichten uber materielle Verknupfung
alles Erschaffenen nicht vertrug. Selbst Peyffonel, der
im Z. 1723 die vollig thierische Natur der Polypen-
stLmme und ihrer sogenannten Bluthen nachwieS, konnte
stch lange keinen Glauben verschaffen. Verstanden kann
dieser Stamm, mit anderem Namen das Corall nur dann
erst werden, tvenn man die auf ihm feststtzenden, ost un-
endlich kleineren Thiere in ihren Eigenihumlichkeiten und
ihrer FortpflanzungSart kennt. Einige von den einfachen
und fast alle der in Vielzahl verbundenen Polypen be-
fitzen eine mit ihrer Grbhe ost gar nicht im Verhaltnih
stehende Fahigkeit, Harte Stoffe aus dem eigenenKorper
abzusondern, in deren Zusammensetzung das Thierische
so uberwiegen kann, dah ste hornig, theilS auch nur
dem Papier ahnlich stnd, oder die soviel Kalk, feltener
soviel Kieselerde cnthalten,dah fie ungemein viel Harte
und glaSartige Brflchigkeit erlangen. Diese Absonde-
rung geschieht aber nicht wie bei den beschaalten Weich-
thieren durch Thatigkeit einer beschrankten Hautstelle,
sondern innerhalb der Hautschichten, und sonach mag
der Harte Korallenstock, er sei groh oder klein,einem
inneren Skelett mit Recht verglichen werden. In der
Regel vermag nur die untere Halfte des walzigen Po-
lypenkorpers, zumal aber sein unteres Ende oder Fuh,
jene Harten Stoffe abzusondern, die stch immer nach
einem bestimmten Systeme zu Blattern, Cylindern u. s.
w. zusammenfugen werden. Kein Theil des Corallcn-
stammes bietet eine vbllige gediegene Maffe, vielmehr
finden fich ebensowohl im zolldicken Stamme, als in
dem dirnnsten Blattchen des einzelnen bluthenartigen
SterneS Zellen als Beweise, dah die weiche Faser deS
thierischen Ueberzuges sie einst durchdrang. Mit Bie-
nenzellen, dem Erzeugnisse des Kunsttriebes, jene Sterne
oder Gruben des Polypenstammes zu vergleichen , Wurde
sonach ganz unzulfissig sein; selbst wo sie tief genug stnd,
um den Polypen aufzunehmen, ist eS doch immer der
vordere, keine Harten Stoffe absondernde Theil eben dieses,
der, zusammenfallend, Raum sindet, nicht sein ganzer
Korper, dessen Hintere Halfte die Kalkwande einschlieht.
Auch giebt eS Polypenstscke, die, mit zahllosen Thieren
bedeckt, dennoch keine erheblichen Vertiefungen gewah-
ren lassen. Der seiner Freiheit mude, sich an-
Heftende Polype bildet zuerst im Umfange seineS Ksr-
perS eine niedrige Hulle, die entweder etwaS plattge-
druckt ist wie bei Flustra (Fig. 4071.), oder auch einer
kleinen, hohlen Walze, manchmal einem Becher gleicht.
An ihrem Umfange entstehen dann dunne, gegen den
gemeinfamen Mittelpunkt strahlig gerichtete, denselben
nicht erreichende, nach sehr bestimmten Zahlensystemen
geordnete Blfittchen oder Lamellen (Fig. 4039 b), welche
den Falten der inneren Leibeshhhle entsprechen und dem
ganzen Gebilde, also bei zusammengesetzten Polypen der
Zelle das bekannte sternformige Ansehen (Fig. 4039 a
4044.) verleihen. Nicht alle Blumenthiere erschaffen
dergleichen Sterne, vielmehr fliehen bei vielen die Ran-
der und Lamellen so in einander (Fig. 4046 b), dah sie
einzeln nicht mehr zu erkennen find; bei Moosthieren
fehlen sie ganz, indem die Zelle dort ost sehr unregelmahige
oder doch asymmetrische Nmriffe Hat. Die regelmahige
Zelle der als Beispiel angenommenen, soweit noch ein-
fachen Polypen kann aber auch in die Lange wachsen,
indem das Thier Hhher hinauf ruckt und, nachdem es
Sternblatter und Rand der Zelle erhoht, unten eine
Querwand absondert, durch welche der Grund oder daS
Fuhende abgesperrt wird. Dieses erfullt fich dann
wohl mit Kalk, und von dem strahlig-zelligen Raume blei-
ben nur unregelmahige Spalten oder feine Lhcher. Auhen
reicht indessen die allgemeine Korperhaut noch uber den
massiv gewordenen Theil. Der soweit reife und fertige
Polyp wird dann, obwohl vielleicht nur einige Linien
hoch, dem Vorbilde einer Kelchcoralle (Fig. 4040.)
entsprechen, allein auch stch fortzupflanzen begin-
nen und zwar nicht allein Eier ausleeren, sondern
auch aus seiner Haut KnoSpen hervortreiben, vor-
ausgesetzt, dah er siberhaupt zu den Corallenstamme
erzeugenden, also in Vielzahl zusammenwachsenden
gehsre. Solche KnoSpen entstehen nun entweder
an der Wurzel, der Seite oder der Kopfscheibe nahe
auherhalb der Arme; in letzterem Falle sindet Anfangs
zwischen ihnen und dem mutterlichen Korper ein Unter-
schied nicht Statt; ost bleiben sie am Grunde offen und
sonach in Verbindung mit der Magenhohle der Mutter,
auch wenn fie selbst schon Polypengestalt gewonnen, eine
innere Verdauungshhhle und kleinen Mund erhalten
haben. Indem das Junge wachst, beginnt es auch
Kalk abzusondern und zwar ganz so wie die Mutter vor
ihm, an deren Zelle es die seine anheftet. Bald Hort
dann zwischen beiven die innere Verbindung auf, allein
die auhere Haut deS Jungen verschmilzt mit derjenigen
der Mutter, und hierdurch entsteht die fortlaufende Decks
uber den inneren kalkigen Stamm, das durch verschiedene
Jndividuen hervorgebrachte Skelett. Sterben, wie
dieses bei allen geschieht, die alteren Jndividuen nach
Hervorbringung der Knospen und Jungen, so werden
die unteren Aeste deS baumartigen oder die unteren
Schichten deS blatterig ausgebreiteten, vielleicht auch Halb-
kugeligen Coralls ohne lebende Hautdecke und die unorga-
nischen Trager der obersn, jungeren, lebenden, oft un-
ter einander verbundenen Generationen sein. Bei drei
bis vier Fuh hohen Madreporen sind nur die Zweig-
spitzen mit lebenden Polypen besetzt, alle anderen Sterne
find leer, die Aeste ohne organische Haut. Poriten
(Fig. 4052.), die ost bis zehn Fuh dicke Steinmassen
erzeugen, tragen nur obenauf eine kaum drei Linien
hohe, lebende Schicht. Das Innere eineS Corallen-
asteS, sei es nun von Halbzolligem Durchmeffer oder
dick wie ein Arm, entbehrt alle Verbindung mit der le-
benden Rinde und ist sonach vollig abgestorben und un-
organisch. Es liegt nun aber auf der Hand, dah die
Stellung der Knospen zu dem Mutterpolypen uber die
Gestalt des PolypenstockeS, den wir soweit nur durch
zwei Generationen verfolgten, entscheiden muffe. Faht
man dieselbe richtig auf, so wird man jede der zahlrei-
chen Corallenformen erklaren konnen. Wo KnoSpen
auf der Kopfscheibe stch entwickeln, muh eine andere Form
deS PolypenstockeS sich auSbilden als da, wo fie aus der
Seite des Polypen hervorkommen oder gar einzeln und
ohne Ordnung auf gewiffen AuSbreitungen Hervortrei-
ben, die von der Wurzel des Mutterpolypens etwa so
auslaufen, wie die sogenannten Auslaufer vieler Pflan-
zen, z. B. der Erdbeeren. WLre der Auslaufer, also
gewiffermaahen ein einzelner Hautlappen deS Mutter-
polypen sadenformig, so tourben die KnoSpen in einer
Reihe auf ihm hervortreten und daher die Colonie der
Jungen derselben Ordnung folgen; glichen die AuSlau-
fer mehr grohen und umfanglichen Lappen mit verstreu-
ten KnoSpen, so tourden Gestalten to ie Pavonien (Fig.
4047.) zum Vorschein kommen , deren Blatter an Um-
fang gewinnen, theils wohl auch aus einander Hervor-
sprossen, indem jedeS zur Reife gelangte Junge seiner-
seits toieder breite Auslstufer macht. Aeste entstehen meist
durch freiwillige Spaltung des Vorderendes eineS Po-
lypen oder durch seitliche Knospen. Alle diese For-
men deS Wachsthumes erlauben toieder Combinationen,
welche die Vielgestaltigkeit der Corallenstamme erklaren.
Immer bleibt aber das WachSthum unveranderlichen,
wenn auch bei den Gattungen verschiedenen Gesetzen
unterworfen. Bei den Polypenstocken von leder- oder
pergamentartiger Beschaffenheit, z. B. bei Campanula-
rien (Fig. 4065.), Plumularien (Fig. 4066.) u. s. to., oder
von halb kalkiger Zusammensetzung, z. B Flustra (Fig.
4072.), Escharen (Fig. 4086.) und anderen Moosthieren,
geschieht eS eben auch durch Knospen; dasselbe gilt von
den sogenannten Horncorallen, wie den Gorgoninen, wo
uber die innere Hornartige Are eine weichere, korkahn-
liche, die Polypen bergende Rinde fich ausbreitet. —
Bei aller SchLrfe und allem Umfange der Forschung un-
serer Zeit liegt noch vieles Dunkel uber der Lebensge-
schichte der Polypenthiere. Die eben besprochene wich-
tige Entdeckung ihres Wachsthumes und die anatomische
Kenntnih einiger groherer und gewohnlicherer Arten
dilden so ziemlich die Summe unsereS WiffenS in dieser
Richtung. Man toeih nicht, wie viel Zeit fie brauchen,
um zur Reife zu gelangen, nicht, wie alt fie werden
kunnen, nicht, od nur einige oder ob alle dem Gesetz deS
GenerationSwechsels unterworfen sind. Nicht alle ms-
gen die LebenSzahigkeit der Seeanemonen theilen, die,
obwohl Hhchst gefrahige Thiere, dennoch mehrere Wo-
chen im bisweilen gewechfelten Seewasser ohne Nahrung
gefangen gehalten werden kbnnen; viele von jenen Po-
lypen, welche in tropischen Meeren baumartige Stamme
erzeugen, sterben im Augenblicke, wo man sie auS dem
Meere zieht und an die Luft bringt. Theilbarkeit des
Stammkorpers scheint den meisten ebenso wie Pflanzen
eigen zu sein, und Versuche haben bewiefen, dah manche
die FLhigkeit, verlorene Theile in sehr kurzer Zeit wie-
der zu erzeugen, im hohen Grade befitzen. Dah sie,
wenn auch nicht durch Eier, so doch durch Knospen-
bildung fich auherordentstch vermehren konnen, beweist
daS genau beobachtete rasche und schadliche Ueberhand-
nehmen von Madreporen in manchen Hasen der Sudsee
und Indiens. Alle muffen im Wasser leben, denn die
weiche Beschaffenheit ihres sehr zerstorbaren KorperS ge-
stattet nur solche Umgebung. Im Suhwasser finden
fich sehr wenige, besonders reich an ihnen find tropische
Meere; sie lieben den Aufenthalt in minder tiefen, ruhi-
gen, sonnigen Buchten und auf Felsriffen; viele der
Nichtangewachsenen fitzen gern an einem Orte unveran-
derlich fest und scheinen nur durch Gewaltsamkeit, und
wenn Wogen fle abrissen, auf dem Meere eine kurze
Zeit zu treiben. Wahrend fie selbst eine Menge von
sehr kleineu Seegeschopfen vertilgen, dienen sie anderen
Seethieren zur Nahrung; Stockfische sollen fich zum
Theil von Actinien nahren, und gewisse Fische deS gro-
hen Oceans weiden die Corallenriffe formlich ab, indem
sie selbst starker mit Polypen bedeckte Zweige abbrechen
und mit breiten Zahnen zermalmen. Dem Menschen
bringen fie wenigen Nutzen; in Griechenland, Italien
und auf den Sudseeinseln soll man zwar einige grbhere
Arten von Seeanemonen verzehren, indessen sind diese
wohl auch die einzigen geniehbaren Polypen. Fur
technische Zwecke hat allein die rothe Edelcoralle einige
Wichtigkeit. Gefahr und Schaden bringen die grohen,
zwischen den Wendekreisen Heimischen, Riffe erzeugen-
den Gattungen, die auf die Gestalt der Erdrinde unver-
kennbar einwirken, obgleich vielleicht nicht in demselben
hohen Maahe, wie in fruheren Erdperioden. Welche
Rolle fie damals gespielt und wie fie in gewissen
Zeiten alle anderen Thiere der Gewsisser an Menge und
Ausbreitung ubertroffen, beweisen die Schichten des
CorallenkalkeS, der oft nur aus ihren uralten Trum-
msrn besteht.