Illustrirte Naturgeschichte Des Thierreichs
Vierter Band
Forfatter: Eduard Pöppig
År: 1851
Forlag: Verlagsbuchhandlung von J. J. Weber
Sted: Leipzig
Sider: 296
UDK: St.f. 59 Pöp
Naturgeschichte der wirbellosen Thiere
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Spinnenthiere.
Lrstc Or-nung.
laufenden Krabbenspinnen beftehen sie nur aus einzelnen
sehr langen, unoerbunbenen und gleichsam auf Gerathe-
wohl ansgespannien Faden. Die uinherschweifenden,
springenden oder laufenden Jagb- und Laufspinnen we-
ben niemalS. Unter arten liefern ubrigens die Tapezier-
spinnen die grotte Menge von Spinnstusfigkeit. Es sind
zwar sehr viele Untersuchungen uber daS bei der Anle-
gung eineS Gewebes befolgte Verfahren angestertt wor-
den, inbessen genugen ihre Resultate nicht immer zur
vortstandigen Erklarung. Leicht genug begreist fich die
Anfertigung einer Rohre oder auch eines Horizontalen
GewebeS in einer Mauerecke, benn auch im letzteren
Farte liegen bie åuhersten Stutzpunkte ber Faben nicht
sehr Weit von einanber unb konnen burch Hinlaufen an
ber Maner erreicht werben, wobei ber angeheftete Faben
ausgezogen unb nach Erreichung ber entgegengesetzten
Stelle angeklebt wirb. Hat bie Spinne einmal bie
åuhersten Faben gespannt, so wirb eS ihr nicht schwer
werben, sie alS Brucke zu benutzen, um ben Bau zu vort-
enben. Wo aber ein rabformigeS Netz zwischen Aesten
ober Wanben auSgespannt ist, bie nicht artein nirgenbs
znsammenhången, sonbern weit von einanber entfernt
finv, ba begegnet bie Erklarung manchen Schwierigkei-
ten. In arten Farten wirb bie AuSspannung ber ersten
unb langsten Faben bie meiste Muhe niachen. Da sie
nun Haufig Horizontal lansen, also burch gerabes Herab-
senken ber Spinne nicht entstanben sein konnen, so bleibt
nur bie Annahme ubrig, bah bie Spinne vermoge, einen
Faben in ziemlich weite Entfernung von sich zu spritzen,
ber, entweber burch Krast getrieben ober dnrch Lnftzug
gehoben, an ben Zielpunkt gelangt unb bort anklebt.
Auch ist es moglich, bah Spinnen an sehr langen Faben
sich herablassen unb schwingend hangen, bis ber Winb
fle an ben passenben Ort treibt. Artezeit wirb bann bie-
ser erste Faben burch Anflegung anberer verstårkt unb
erleichtert ben Weiterbau. Der Verbinbung ber ausge-
spannten Rabien burch eoncentrische Kreise wirb kein
groheS Hinbernih entgegenstehen, ba jene bas Hin - unb
Herlaufen unb Mitnehmen eineS irgenbwo angeklebten
Fabens gestatten. Gewebe bienen ben Spinnen nicht
artein zum Einfangen ihrer Beute, sonbern bie unvort-
kommeneren, vierteicht nur ans ein paar langen Faben
bestehenben konnen anch Werkzenge ber OrtSbewegnng
sein. Die kleinen Spinnen, welche ben artgemein bekann-
ten Franensommer verfertigen, steigen nicht artein auf
ihren burch ben Winb abgerissenen Faben in bie Luft
empor, sonbern sie unb einige anbere gleichfarts sehr
kleine Arten vermogen, roenn sie aus ber Gefangenschaft
sich befreien ober uberhaupt eine grohere Ortsveranbe-
rung vornehmen roorten, bie Luftreise anjutreten, anch
roenn sie einen groheren Faben nicht besitzen. Sie stohen
einen nngemein feinen, nur im Sonnenlicht wahrnehm-
baren Faben in irgenb beliebiger Richtung von fich, roie
englische Beobachter versichern, sogar gegen ben Winb
unb verschroinben schnert aussteigenb im Augenblicke.
Dah bieses auch bei vortkommen ruhiger Luft geschehen
kann, leitet man von elektrischer Anziehung ab. Solche
Lustschiffer finb osters gefangen roorben ; fie machen, mit
angezogenen Beinen ben Faben fassenb unb, roie es
scheint, ben Rucken nach unten gekehrt, weite Fluge,
beren eigentlichen Enbzweck Niemanb leicht erklåren
wirb. Tressen viele solcher feinen Faben in ber Luft zu-
sammen, so verwirren sie sich, unb so entstehen jene star-
ken Flocken, bie entweber einzeln ober burch sehr lange
Faben verbunben an Heiteren unb ruhigen Herbsttagen
bei uns herumfliegen unb an Gegenståuben enblich Han-
gen bleiben. Ihr Herabsinken au5 ber Luft mag von
geringen elektrischen Veranberungen in ber Atmosphare
unb baher entspringenber Entwickelung von einiger
Feachtigkeit, bei ubrigens vortkommener Abwesenheit
von Wolken, Hergeleitet werben; bie burch Wasserauf-
saugung schwerer geworbenen, mikroskopisch bunnen
Gespinnste mussen noihwenbig herabsinken. Anbererseits
leidet eS keinen Zweifel, bah schon fertige, aber trockene
Faben am Tage von bem kuhleren Boben burch ben
Luftstrom emporgeriffen werben konnen, ber sich ben
hoheren, burch bie Warme ausgebehnten Schichten ber
Atmosphare zuwenbet. Mit ber geographischen Verbrei-
tung ber Spinnen verhall es fich genau so wie mit ber-
jenigen ber Jnsekten, benn bie letztere bebingt naturge-
måh bie erstere. Daher haben Tropenlanber nicht nur
bie grohte Zahl, sonbern auch bie burch Korpergråhe
am meisten ausgezeichnelen Arlen aufzuweisen. Jnbem
tropische Jnsekten zum Theil bie norbischen an Statur
weit ubertreffen, muhten fie angemessene Gegner finben.
Es fehlt inbessen auch ben Spinnen nicht an Feinben,
bie fie in Zunahme beschranken. Sie fuhren unter fich
selbst einen grimmigen Krieg, werben von vielen Vogeln
eifrigst aufgesucht, finb fur Asfen Leckerbifsen, werben
von Eibechsen, Froschen unb Kroten weggessangen unb
vom Menschen aus uberliefertem Wiberwirten, obwohl
mit Unrecht, ohne Ruckstcht getoblet. Den gewaltigen
Kiefern ber Tausenbfuhe enlwinben fie fich niemalS
lebenb, unb Scorpione verwusten ihre Eier. Doch Hal-
ten arte biese Verfolgungen keinen Vergleich au8 mit
ber Verwåstung, welche bie Beharrlichkeit unb ber In-
stinkt ber Schlupfroespen unb Raupentobter uber fie
bringt, Jnsekten, bie einer sehr grohen, uber bie ganze
Erbe verbreiteten unb sehr arlenreichen Gruppe ange-
horen. Sie bohren bie Eier ber Spinnen an, um bie
eigenen Hineinzulegen , und die auskriechenden Larven
zerstoren bald die Behausung. Andere Jnsekten lragen
ihren Larven die Spinnen zu, welchen sie die Beine ab-
gebifsen, und in Georgien legt eine Mauerbiene in jede
Zerte ihres BaueS neben ihr eigenes Ei mehrere ge-
lahmte, aber lange Zeit lebende und dabei nicht abma-
gernde Spinnen, um der auskriechenden Larve als erste
Nahrung zu dienen. Dem Menschen wird keine Spinne,
wenigstens keine der europaischen, direet schåblich. WaS
irgenb von ber Giftigkeit bes Bisses gesagt unb fast art-
gemein geglaubt wirb, gehort in ben Bereich ber ost
wiberlegten, aber, roie es scheint, unausroltbaren Fa-
beln, benn zu ben letzteren finb auch bie abenteuerlichen
Sagen zu rechnen, bie uber bie weiterhin zu erroahnen-
ben subeuropaischen Tarantelspinnen umlausen. Etwas
bebenklicher verhalt es sich mit ber Giftigkeit ber gewal-
tig grohen amerikanischeti Vogelspinnen; ber Gebissene
wirb bebeutenben Schmerz empfinben unb ein Fieber
von vierunbzwanzigstunbiger Daner zu leiben Haben,
inbessen treten, wie Azara verstchert, selbst im Heihen
Paraguay lebenSgefahrliche Folgen nicht ein. Es giebt
ja uberhaupt nur wenige Glieberlhiere, bie bei gleicher
Grohe so verletzbar waren wie bie Spinnen, benn ihr
roeicher Leib vertragt fast keinen Druck, unb bie bunnen,
langen Fuhe reihen ab bei ber geringsten Gewalt. Auch
besttzen viese Thiere keinen eigentlichen Mttth, verfolgen
niemals ben Beleibiger, roie Bienen , WeSpen, Ameisen
unb selbst bie wehrlosen Stubensliegen zu thun pstegen,
fliehen sogar vor einem mit Stachel beroehrien im Netze
fich fangenben Insekt ober nahen ihm nur vorfichtig unb
umstricken es aus ber Ferne mit Hemmenben Faben vor
Beibringung bes tobtenben Bisses. Welchen grohen
Nutzen bie Spinnen burch Beschrankung ber Jnsekten
stisten, bebarf nicht beS Belveises, artein birect nutzlich
fur ben Menschen finb fie nicht. Mogen inanche Halb-
roilbe Vslker ben fetten Hinterleib gern verzehren, ein
Appetit, roelchen auch ber beruhmte Astronom Lalanbe
lheilte, so burfte boch solcher Genuh schwerlich jemals
artgemeinen Beifart finbeit. Bon ben Geweben ober
ihren einzelnen Fåben ist verschiebener Gebrauch ge-
macht roorben, inbessen Hat nur eine Anroenbungsart
fich erhalten. Gegen Wechselfieber verorbnet fie ber
Aberglaube, naturlich ohne Wirkung. Sie statt beS
Gespinnstes ber Seibenraupe anzuwenben, versuchte
zuerst gegen AuSgang bes 17. JahrhunbertS ber Fran-
zose Bon, Pråsibent eines Gerichtshofes. Er bebiente
sich eigenllich nur bes GespinnsteS, roelches bie Eier
umgiebt unb burch Stårke ber Fåben von bem zum Jn-
sektenfange bestimmten Geroebe abroeicht, behanbelte
basselbe im Ganzen roie bie Rohseibe unb gelangte bahin,
Strumpse unb Hanbschuhe Herzusterten, von roelchen bas
Paar ber ersteren 2% Unze, ber letzteren nur U linje
roog. Reaumur untersuchte im Auftrage ber pariser
Akabemie jene Erfinbung unb sprach ihr Anroenb-
barkeir im Grohen ab; er berechnete, bah minbestens
55,000 SpinneneoeonS zur Geroinnung eines einzigen
Pfunbes Seibe erforberlich seien unb Zucht ber Spinnen
aus naturlichen Ursachen nie gelingen konne. Spåter
Hat ein beutscher Jesuit, Termeyer, jene Versuche wie-
berholt unb nachgeroiesen, bah zu einem Psunbe Seibe
13,800 Spinneneocons ausreichten, unb ber Englånber
Rolt hat vor einigen Jahrzehnten gefunben, bah man
ben Faben aus ber Spinnroarze herausroinben konne,
bah jeboch ber Ertrag einer einzigen Seibenraupe bem-
jenigen von sechs unb einer Halben Spinne gleichkomme.
Es scheint stitbein Niemanb mit jenen interefsanten, aber
praktisch unnutzlichen Versuchen fich abgegeben zu ha-
ben. Nur fur optische Zroecke unb zroar zur Herstertung
von Mikrometern astronomischer Fernrohre bebient man
sich noch ber Spinnenfåben, bie von V4000 — %000 Zort
im Durchmefser haben, roåhrenb es unmoglich ist, einen
Silberbraht von geringerer Dicke als %?4 Zort Herzu-
sterten.
Erste Familie.
Vierlunger.
Vier Lungen unb vier åuherliche Luftlocher. Acht
meist zusamiitengebrångte Augen. Vier ober sechs
Spinnroarzen. Oberkiestr unb Beine stark.
V. Nogelspinue. (Mygale.)
GattungScharakter: Unterlippe klein , vier-
ertig; Unterkiefer verlångert, brehrunb, an ihrem Vor-
berranbe bie verlångerten Taster tragenb; Oberkiefer
unter ber abroåris einschlagbaren Klaue ganzranbig.
Acht Augen (Fig. 2797. 2800 D) von fast gleicher
Grohe. Vier Spinnroarzen.
Viele meist sehr grohe Arten bilven bie Gattung ber
Vogelspinnen ober Wurgspinnen, bie arte in roarmeren
Breiten roohnen, kein eigeniliches freieS Gewebe machen,
sonbern mit einem bichten Gespinnst bie Wånbe ihrer
Hohlen austapezieren. Sie scheinen grabenb ihre
Schlupfroinkel herzusterten ober boch bie vorgefunbenen
zu erweitern unb einzurichten. Eine in Westinbien Hei-
mische Art gråbt ein 3 Zort tiefes Loch in ben weichen
Boben roalbiger Abhånge, kleibet es aus mit einem leber-
artig zåhen rostfarbenen Gespinnst unb bringt am Ein-
gange eine fich senkrecht aufwårts schlagenbe, aus bem-
selben Stoffe verfertigte Scheibe an, bie sie auhen mit
Erbe, Stuckchen faulen Holzes unb abgestorbener Baum-
blåtter bis zur vorten Unkenntlichkeit uberzieht. Ilnbe-
merkt lauert fie hinter berselben unb sturzt auf ba8 arg-
lo 8 voruberziehenbe Insekt mit unroiberstehlicher Gewalt.
Fast noch kunstlicher finb bie Bane ber subeuropåischen
Wurgspinne ober Minirspinne (M. caementaria) Fig.
2800 C, bie an pstanzenlosen Abhången, wo Wasser
fich nicht ansammeln kann, in trockenem, festen Boben
au8gegraben, eine begueme kegelsårmige Hbhle barbieten,
welche mit einem Gewebe vom Ansehen feinen Hanbschuh-
leber8 au8gekleibet unb mit einem runben, auf bas Ge-
naueste passenben, aus mehreren Gespinnstschichten be-
stehenben Deckel geschlossen wirb (Fig. 2800 A, Ban
mit geschloffenem, B mit offenem Deckel). So zweck-
måhig auch bie Einrichtung bes Fuhes (E vergroherter
Kamin bes Tarsus F) bei genauer llntersuchung er-
scheint, so bleibt bennoch bie Herstellung jener kunst-
lichen Vorrichtungen hhchst rounberbar. Eine alte
Ueberlieferung schreibt ben amerikanischen Minirspinnen
Neigung unb Kraft zu, kleine Våget, natnentlich Ko-
libri's, zu uberfarten unb zu tobten, unb bie Malerin
Merian hat eine solche Seene in ihrem Werke uber bie
surinamischen Jnsekten nicht ohne Kunst bargestertt.
(Fig. 2798.) Zur Ausfuhrung einer so kuhnen That