ForsideBøgerIllustrirte Naturgeschich…erreichs : Vierter Band

Illustrirte Naturgeschichte Des Thierreichs
Vierter Band

Forfatter: Eduard Pöppig

År: 1851

Forlag: Verlagsbuchhandlung von J. J. Weber

Sted: Leipzig

Sider: 296

UDK: St.f. 59 Pöp

Naturgeschichte der wirbellosen Thiere

Mit 1558 Ubbildungen

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Side af 318 Forrige Næste
Einleitung. Kerf e. 59 toerben bars. Bel einiger Aufmerksamkeit fann man an frisch gefangenen Kafern unschtoer bie sotoeit angefuhrten Mnnbtheile erfennen, bie ubrigen8 in natnrlicher Lage unb Folge unter Fig. 2867. abgebilbet sinb. An bem bon hinten bargestellten, folglich vom Leibe getrennten Kopfe bes geranberten Schwimmkafers (Dytiscus marginalis) bezeichnet a bie Oberlippe, b bie Zunge, c bas Kinnstuck unb d baS Stielglieb ber Unterlippe, e bie Lippentaster, f bie Oberkiefer, g bie Unterfiefer, an toelchen ztoei Taster, ein innerer ztoeiglieberiger h unb ein autøerer vierglieberiger Taster i, befestigt sinb; bie anbern Theile bes Kopfes sinb: k ein Fuhler, 11 bie Augen, m bas Hinterhauptloch. Wahrenb bes FreffenS sinb alle biese Theile in Bewegung unb uben zum Theil viele Genialt aus. Ober- unb Unterlippe haben toesent- lich bie Bestimmung, ben Bissen — benn so mag ber Beguemlichkeit toegen ber bereits abgesonberte ober ber Trennnng eben unterworfene, jeboch bereitS gepackte Nahrungsstoff heihen — zu greifen unb in seiner Lage zn erhalten unb sein Ansgleiten ober Herausschlupfen zu verhuren, wahrenb bie Kiefern ihn bearbeiten. 3ebenfaUS Helsen bie Lippen- unb Kiefertaster bei Erfullung bieser Abficht; fie bienen kaum ober unvollkommen als fuhlenbe Werkzeuge unb sottten baher ben Namen von Frehspitzen allgemeiner erhalten. Auf bie Zerkleinerung bes Bissens toirken besonbers bie Oderkiefer, bie in ben meisten Fallen alle anbern Munbtheile burch Harte unb Betoaffnung ubertreffen, von vorn ober hinten gesehen gemeinlich in breieckiger Gestalt erscheinen, in ben Einzelnheiten aber, nach Mahgabe ber ausnehmenv verschiebenen NahrungS- stoffe, toeehseln. Die an ihrer innern Seite stehenben Zahne Hat Kirby mit bem Gebisse ber Wirbelthiere ver- glichen unb vetsucht, bieselben Gesetze, welche bort bie Bilbung ber Zahne bestimmen, als bei ben Kerfen gleich- falls geltenbe nachzutoeisen. Bei ben BockkLferu, welche Pstanzenfutter zu sich nehmen, erkennt man allerbings eine gewisse Analogie in ber Bilbung ber Oberfiefer mit ben Zahnen eines nagenben Saugethieres; bei fleisch- fressenben Kaferu, ben Cieinbelen unb Laufkåfern, erin- nert bie Bewaffnung ber Oberkiefer an bas furchtbare Gebih ber Tiger ; bie von Harten, vollkommene Zernagung erheischenben Pflanzentheilen lebenben Kerfe haben kurze, abgerunbete, starke Oberkiefer mit einem verbreiterten unb auf seiner Flache reibenben unb kauenben, also bem Backenzahne ber Wieberkånet ahnelnben, gegen ben Grunb hin befestigten Fortsatze. Eine auffallenbe An- passung ber Munbtheile an bie Art beS Futters zeigt sich auch bei solchen ber nagenben Jnsecien, welche, obgleich auf thierische Stoffe angewiesen, boch nur ganz weiche unb saftreiche Thiere, toie Wurmer unb Larven, alS Bente wahlen; ihre Kieferranber entbehren jeglicher scharfen Zahnelung, Hingegen finbet sich hinter ben schar- fen Enbspitzen ber Kiefer oft eine feine Oeffnung, unb burch bie zur Råhte umgewanbelten Beihwerkzenge nahren sich in solchem Falle jene Kerfe saugenb, gleich solchen, wo uberhaupt alle Munbtheile zu Saugorganen umgestaltet sinb. Eine ber sonberbarsten Abweichungen toirb bei bem gemeinen Hirschkafer gefunben, too bie Oberkiefer, bei ausierorbentlicher Lange unb getoeiharti- ger Bilbung, bie jungeren Zweige unb Blatter zetteihen, bamit ihr als Nahrung bienenber unb begierig anfge- leckter Saft frei ausfliehe. Zur Aufnahme flussiger Stoffe bei ubrigens zum Zerbeihen eingerichteten Munb- theilen eignet sich vorzugstoeise bie sogenannte Zunge, ber vorbere Theil ber Unterlippe, von beren Baue Weiter- Hin bei ben Hautstuglern mancheS Besonbere mitgetheilt toetben soll. Bei saugenben Jnseeten erfahren bie sotoeit beschrie- benen beihenben ober nagenben Munbtheile sehr erhebliche Umgestaltungen; eS muffen manche ber bisher getrennten Theile zu ber ganz ober halb geschloffenen Rohre tier« schmelzen, anbere, in ihrer Thatigkeit ben Oberkieferu bergleichbare ben ansznsaugenben Gegenstanb burchboh- ren ober sich so uniformen konnen, bah sie zu einem schopfenben Gefahe toerben. Der llebergang von ber einen Bilbung zur anbern geschieht grabweiS unb laht bei richtiger Verfolgung ber Stufen getoahren, bah Saugtoerkzenge keineswegs auS ganz neuen unb beson- beren Organen bestehen, sonbern bah sie nur bie um- gestalteten ober auch verschmolzenen Munbtheile bes beihenben JnsectS barstellen. Deutlich laht sich Dieses an ben meisten Hautstuglern nachweisen, z. B. an ben Bienen, toelche, ohne eigentlichen Saugrussel zu besitzen, Honig au8 ben Blumenkronen auflecken. Nur ihre Oberkiefer (Fig. 2869. a a) behalten bie bei Kafern unb anbern beihenben Jnseeten gemohuliche Gestalt unb Kurze unb vermogen baher stark zu kneipen, alle anbere Munb- theile sinb bunn unb verlangert (b b Unterkiefer, o c Taster berselbeu, d Unterlippe, e e Taster berselben, f Zunge, g Hinterhauptsloch) unb konnen sich zu einer Art von Rohre zusammenlegen. Bei ben Wanzen unb anbern ihnen verwanbten Halbstuglern ist bie Unterlippe mit ihren Tastern zur mehrglieberigen Scheibe umgestal- tet, toelche in ber Ruhe ruckmartS nach ber Brast unter- geschlagen toirb (Fig. 2870. b) unb vier Herausstreckbare Borsten (a, einzeln bargestellt unter c) enthalt, bie man als vertoanbelte Ober- unb Unterkiefer anfleht. Will bie Wanze biese Munbtheile, bie man ben Schnabel nennt, gebrauchen, so knickt sie bie auf einer Flache fest aufgesetzte Scheibe, schiebt bie Borsten vor, bohrt mit benselben eine Wunbe unb saugt burch Zuruckziehen berselben. Sotoohl bie Fruchtwanzen als bie unleibli- chen Bettwanzen verfahren beibe auf biese Art. Zwei- flugler bieten theils gleiche, theils anbere Umgestaltungen ber Munbtheile bar. Die Stechmucken besitzen einen langen, sich einknickenben, aus ber Unterlippe entftanbe- nen Russel (Fig. 2871. a), ber je nach ben Gattungen eine bis fans Borsten enthalt, bie, toenn man nur ben Borbertheil bes Russels entfernt (b), als ein einfacher Stachel erscheinen, ganz blohgelegt aber (c) ihre Zahl unb Einrichtung bentlich erkennen lassen; vier von ihnen sinb bem Ober - unb Unterkiefer analog, bie funfte, eigentlich stechenbe, hat ein lanzettformiges Enbe (d) unb ist ber Zunge gleichbebeutenb. Nicht viel anberS geformt sinb bieselben Werkzeuge bei ber gemeinen, an Regentagen Menschen unb Thieren lastigen Regen- bremse (Haematopota pluviaiis Fig. 2872. a; Kopf in geringerer Vergroherung b; in starker Vergroherung c, roo 1 bie Fuhler, 2 bas Auge, 3 ben Russel anbeutet). Die Scheibe bes Russels besteht auch hier anS ber ver- roanbelten Lippe unb enthalt bie borstenformigen Kiefern unb Zunge (Fig. 2873.). Bei nicht stechenben Zwei- fluglern, roie ber gemeinen Stubenfliege, ist bie Unter- lippe roeich unb fleischig unb enbigt in eine gleichsam zroeiklappige Saugflache, bie aus ben unigeslalteten Lippentastern entstanben ist. Ein solcher Russel heiht Schopfrussel. Eine britte unb sehr vollkommene Form saugenber Munbtheile bieten bie Schmetterlinge in ihrem Rollruffel, toelcher in ber Ruhe unter bem Kopfe spiral zusammengerounben liegt, inbessen lang ausgestreckt roerben kann (Fig. 2874. A). Er besteht aus einer kleinen breiseitigen Oberlippe, neben roelcher bie kurzen, kegelformigen, leicht gebogenen Oberkiefer fitzen (B); beibe toerben von ben grohen, nach vorn gerichteten Lippentastern (D sehr Vergrohert) uberragt. Die ztoei Unterkiefer haben bie Gestalt von langen, ettoaS knorpe- ligen, mit spiralen Muskelfasern umgebenen Rohren, bie parallel zu einanber verlaufen unb in ber innern Seite ber Lange nach vertoachsen, jeboch nicht vollkom- men brehrunb sinb. Auf bem Rucken tragt jebe bieser Rohren eine schmale Leiste, bie sich mit ben entgegenste- henben mittels mikroskopischer, ben Ranb einfassenben Hakchen verbinbet. Auf biese Weise entsteht eine britte bunuere Rohre, toelche ztoischen ben 6eiben grofjeren in ber Mitte obenauf liegt (E Durchschnitt bes Russels von oben, F von unten gesehen). DieOeffnungen ber 3 Rohren stohen auf ben Schlunb, inbessen scheinen bie Nahrung8- stoffe nur burch bie mittlere Rohre ben Weg zu finben. Aus ber stusentoeisen Entmickelung ber Munbtheile ber Kerfe ergiebt sich, bah bie NahrnngSstoffe sehr man- nichfach sein muffen. Man barf ruhig behaupten, bah eS keinen organischen Kårper gebe, ber nicht einer ober ber anbern Art von Kerfen al3 Futter bient; nicht felten geschieht es, bah ein solcher im frischen Zustanbe ganz anbere Jnseeten Herbeilockt, alS im fanlenben, bah gemiffe Kerfe nur seine flussigen, anbere nur feine festen Be- stanbtheile begehren. In ganzen unb groheren Gruppen herrscht Hierin eine ziemliche Uebereinstimmung; Aas- kafer, Russelkafer, Schmetterlinge, Baunitoanzen, bie in allen Klimaten berselben Ernahrungsweise tren bleiben, niigen alS Beispiele bienen, bie sich ubrigenS sehr ver- Vielfaltigen liehen. Wie in allen anbern Thierclassen, so ist auch unter ben Jnseeten bie Zahl ber Omnivoren bie geringste. Eine Classification ber Nahrungsstoffe, je nachbem fie frisch ober verfault sein mogen, ist barunt nicht ganz streng burchfuhrbar, toeil manche iveber bem einen, noch bem anbern Begriffe genau entsprechen, toie Halbverfaultcs Fleisch ober angegangene Fruchte unb bie AuStourfstoffe anberer Thiere. Auch laht sich bie Granze ztoischen trockenen unb fluffigen Nahrungsmitteln nicht immer scharf ziehen. Was irgenb Harter ist, muh freilich burch Beihroerkzeuge zerkleinert toerben. Kerfe, bie von anbern lebenb erhaschten Thieren fich nahren unb bieselben stuckweiS zerreihen unb zernagen, spielen ganz bie Rolle ber Raubthiere unb geden an Grimni, an List unb Starke ben reihenben Saugethieren, ben Raub- vogeln unb ben gestahigsten Reptilien nichtS nach; solche stab unter ben Kafern bie eigentlich sogenannten Raub- fåfer, unter ben Gerabfluglern bie Mantiben, unter ben Netzfluglern bie Libellen. Anbere unb sehr groheGrup- pen wahlen bieselben thierischen Stosse, aber nur ini Zustanbe ber fauligen Zersetzung; wahrenb fie solche bissentoeis verschlingen, uberlassen fie bie ablaufenbe ober ausschtoitzenbe Jauche anberen, nur mit Saugtoerkzeugen versehenen, z. B. ben Zweifluglern. Unubersehlich groft ist bas Heer ber bie frischen Pflanzenstoffe zernagenben, bie eine bem Menschen ost lastige, bistoeilen auch Hochst verberbliche Thatigkeit ausuben. Ihnen entgegen stehen solche, bie burch Anbohren frische Pflanzensafte fich verschaffen, toie bie Blattlause unb Baunitoanzen ober bie, toie viele Haniflugler unb bie Schmetterlinge, sich mit bem Blumenhonig begnugen, ohne Gewåchse zu vet- tounben. In ber Wahl ber angemessenen Stoffe irren sich Kerfe felten ; fie lassen am ersten noch burch ben Geruchstnn sich taufchen, toie in bem bekannten Falle, toenn bie Schmeihfliegen ihrer Brut bie nach Aas rie- chenben Blumen ber in Getoachshåusern nicht feltenen Stapelien zum Wohnorte antoeisen. Die Pstanzen- freffenben unterfcheiben fogar ztoischen nahe Vermaubten Arten berselben Gattung; viele Raupen mågen lieber sterben als zu einem ungetoohnten Futter sich entschlie- Hen, unb toenige Parastten vertauschen ben Aufenthalt auf bestimniten Arten von groheren Thieren, bie meisten verlassen alSbalb bie ihnen fremben, auf toelche sie zufal- lig geriethen. Alle Kerfe verstehen es, ihre Nahrung aufzusuchen, toie tierborgen fie sein måge, unb tiiele geben Hierbei Betoeise beS scharfsteu Jnstincts. In jeber Haus- Haltung sammelt man Erfahrungen uber bie Zubring- lichkeit unb bie List so zerstorenber Gefchåpfe, bie meist burch bie besten Vorrichtungen nicht abzuhalten sinb unb obenein verstehen, lange Zeit im Geheimen ihr Wesen zu treiben. Sie erschtoeren, zumal in tropischen Lanbern, bem Menschen baS Leben unb vermogen bort nicht allein Hausliche Beguemlichkeit sehr zu ftåren, sonbern manche Jnbustrieztoeige beinahe unmåglich zu niachen. Alit biesen Eigenschaften verbinben sie als Larven eine kaum glaubliche Gefraftigkeit; eine Raupe nimmt in einem Monate bas Sechzigtaufenbfache bes elgenen Getoichls an Futter zu fich. Mit bem Kanen ober Aufsaugen ber Nahrung beginnt ber Proeeh ber Verbauung. JeneS geschieht nicht bei allen Kerfen gleich vollkommen, benn einige nagen nur 8 *