ForsideBøgerIllustrirte Naturgeschich…erreichs : Vierter Band

Illustrirte Naturgeschichte Des Thierreichs
Vierter Band

Forfatter: Eduard Pöppig

År: 1851

Forlag: Verlagsbuchhandlung von J. J. Weber

Sted: Leipzig

Sider: 296

UDK: St.f. 59 Pöp

Naturgeschichte der wirbellosen Thiere

Mit 1558 Ubbildungen

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Side af 318 Forrige Næste
58 Kerse. Einleitung. ihr Begriff erstreckt stch nur auf die Vorberbeine, deren Schienbein und Ftifi im Zustande der Ruhe gegen den Schenkel einwarts geschlagen bleiben, eine Bilbung,stener ganz analog, die sich an den Gogerkrebsen (Fig. 2698/ yndet. Im Larvenzustanbe haben die Jnsecten entweder keine Beine, oder es zeigen diese meist eine andere Gestalt, als nach vollenbeter Berwandlung. Es kommen auch hier verschiedene Bildungen, wenn auch minder zahlreich, vor, als im spileren Lcbensalter. An den Raupen der Schmetterlinge finden stch zwei Arten von Beinen, die wirklichen oder Brustfutze (Fig. 2859 A), welche an den ersten drei LeibeSringen, den kunftigen Bruststucken, sitzen und aus denselben, wenn auch in ihren Berhaltnissen veranderten Gliedern bestehen, die man am reisen Jnsect erkennt, und die Bauchfuhe oder Afterfuhe (B), kurze, drehrunde, steischige Fortsatze, die, an den mittleren Bauchringen angebracht, einige Formenvcrschicdenheit zeigen, gemeinlich stch einstulpen lassen und sehr ost eine flachc, runde Sohle darbieten, die nicht allein durch den am aufiersten Rande gestellten Hakenkranz, sondern auch dadurch anhaftet, dafi ste nach genauer Anfugung des Randes in der Mitte sich erhebt und hierdurch einen ziemlich luftleeren kegelformigen Raum umschliesil. Bollkommen ungeflugelt ist nur eine sehr geringe Zahl von Jnsecten; die meisten befitzen im reisen Zustande vier oder zwei Flugel, welche entweder alle dieselbe Bildung theilen, oder paarweis durch ungleiche Grofie und sonstige Beschaffenheit von einander abweichen, so dafi z. B. die vorderen Hornig oder pergamentartig, die Hinteren weicher sein finnen. Zur Flugbewegung dienen im Wesentlichen nur die dunnen, Hautigen Flugel, nicht die Hornigen der Kafer, die man Flugelbecken nennt, und die im Fluge auSgestreckt getragen und nicht bewegt toerten (Fig. 2861.). Eigentlich besteht jeder Flugel aus zwei sehr dunnen, gewohnlich nur unter dem Mikroskop uachweisbaren Platten oder Hautschichlen, die alS Fort- setzung der Rucken - und der Bauchdecke des Jnsecls an- zusehen sein wurden und hinfichilich thres Umfanges und ihrer Gestalt von den sogenannten Adern abhangen, welche alS Hartere Stabe ste ausspannen und in vielfacher, aber durchaus nicht zufalliger Richtung durchziehen. Zwischen diesen Adern, die als hohle Luftgefafie dienen, liegen in Folge der Verzweigung Felder, welche, immer nach bestimmten Gesetzen geordnet, fur einige Ordnungen der Kerfe sehr gute Hilfsmittel zur systematischen An- ordnung gewahren und daher besondere bei den Hant- fluglern weiterhin zu erorternde Namen tragen. Noch allgemeinere und daher grohere Wichtigkeit alS die Zusammensetzung hat fur Zwecke der Systematik die Art, wie die Flugel in der Ruhe getragen werden; bei Tagschmetterlingen werden ste senkrecht gegen einander, bei Nachtschmetterlingen u. s. >v. Horizontal, bei Jnimen aekreuzt uber einander gelegt, bei Geradstuglern der ganzen Lange nach wie ein Facher und bei Kafern nur zur einen Halfte langSgefaltet, zur andern Halfte ruck- wartS nach oben eingeschlagen (Fig. 2860. Flugel von a cinem Kafer, b dem Ohrwurme, c einer Bohrwespe, d einer Schlupfwespe, e einer gemeinen Fliege, teiner Eulenmucke). Die sehr kraftige und anhaltende Beme- gung der Flugel wird durch angemeffene Muskeln Her- vorgebracht, die, wenigstenS bei zweistugeligen Jnsecten, ein doppeltes System auSmachen; die Schicht deS Seiten- RuckenmuskelS (Fig. 2862. b; a Hinterleib, c Kopf) entspringt inwendig am Seitentheile deS BrustbeineS, laust schief aufwarts und hebt die Flugel, welche burch die tiefer liegende Schicht der gerader aufsteigenden BeugemuSkel (Fig. 2863. b c d) hinabgezogen werden. Bei vierstugeligen Kerfen ist der MuSkelbau viel zufam- mengesetzter. Die vielgliederigen Fufie erheischen eine ziemliche Zahl von Muskeln, und mit solchen muffen nothwendig alle bewegliche Theile des HornskelettS und selbst die ost mikroskopischen Frehwerkzeuge versehen sein. Ungeachtet ihrer Kleinheit und der Schwierigkeit ihrer Darstellung auf anatomischem Wege find fie bei mehreren Ordnungen der Kerfe untersucht, beschrieben, ge- zahlt und abgebildet worden. AlS alteres, aber noch immer Bewunderung verdienendeS Muster solcher unendlich muhsamen Untersuchungen mag die aus Lyonnet's Werk uber die Anatomie der Weidenraupe copirte Abbildung (Fig. 2864.) bienen. Sie stellt einen, aufier dem Kopfe, neun Segmente des LeibeS umfaffenden Theil der aufge- schnittenen Raupe und die mannichfachen Systeme der Bewegungsmuskeln dar, die dadurch alle sichtbar gemacht fint, dafi in der Richtung von der Linken zur Rechten gradweiS die obenaufliegenden weggenommen worden. Aehnlichen, aber noch mehr wissenschastlichen Unter- suchungen ward der Maikafer von Straufi-Durkheim unterworfen. Nach Lyonnel's Anfichten finden fich im Kopfe jener Raupe 228 , im Leibe 1647 und um den Darincanal 2186 Muskeln. Zieht man von diesen 20 ab, welche dem Kopfe und Leibe zuglcich angehoren, so Wurbe immer noch eine Gesammtzahl von 4041 Muskeln fur eine etwa fingerlange Raupe bleiben. Spatere Unter- sucher haben gegen diese Zahlung die Einwendung erhoben, dafi sie die Bundel der gefiederten und sonst getheilten langen Muskeln als Jndividuen aufgenommen, und migen allerdings Recht haben, indeffen bleidt die Menge eden dieser Bundel, die in strenger Symmetrie fich kreuzen und durch einander laufen, imulerhin der Bewunderung werth. Der Mensch, das Saugelhier und der Bogel haben hochstenS 530 zur Qrlsbewegung bie- nende Muskeln. AlS Folge dieser Muskulatur erscheint nun bei Kerfen eine Kraft, eine Beweglichkeit und eine Ausdauer, die in den Claffen der vollkommneren und unendlich groheren Wirbelthiere ihreS Gleichen nicht Hat. Je nach der Ordnung oder Gruppe, welcher die Kerfe angehoren, vermogen sie zu gehen, zu laufen, zu springen, zu schwimmen oder zu stiegen, und viele vereinen in sich die Fahigkeit zu mehr als einer dieser Betoegungsarten, die ubrigens wiederum auf das Mannichsachste abgean- dert und umgeftaltet sein finnen. Nicht viele Kerfe bleiben im reifen Zustande beschrankt auf den einfachen und langsamen Gang, der Haufig die Ilnvollkommenheit des Larvenlebens bezeichnel; die meisten laufen schnell, migen ste auch zum Springen nicht besihigl sein. Haufig geschieht es, dafi das menschliche Auge den einzelnen Bewegungen zu folgen nicht vermag; so, wenn der gewihnliche Taumelkfistr ( Gyrinus) auf ruhigen Wasserflachen feine Kreise beschreibt durch Rudern mit den Fuhen, oder wenn eine Schwebstiege an einem Orte in der Luft stch stehend erhfilt durch unendlich schnelle Schlage der zarten Flugel. Indeffen gewahrt der ganze Bau dem Jnsect mannichfache Beihilfe zur Hervorbrin- gung rascher und anhaltender Bewegungen. Einmal ver- zweigen stch durch sein Juneres ungezahlte Luftgefahe, und indein die Athmung der Willksir unterliegt, Hangt es ab vom Kerf, ob er fich specifisch leicht oder schwer inachen wolle. Begunstigt wird er ferner dadurch, dafi feine Muskeln fich im Jnnern der hohlen Gliederscheiden anfugen und diest Anfugungsorte der Hebelbewegung besser entsprechen, alS an dem feine Muskeln autzerlich tragenden Wirbelthiere. Gerade aus diefer Einrichtung erklart fich auch jene unverhaltnifimahige Kraftentwicke- lung, zumal bei solchen Kafern, deren domartig getvilb- ter, mit sehr Harten Ringen eingeschlossener Leib an sich 'chon die zum Widerstande gunstigste Gestalt Hat. Die pillenformenden Dungerkafer Amerika's walzen Kugeln vor sich Her, durch die sie an Gewicht um das Zwanzig- sache ubertroffen werden, und sechs oder acht Todtengra- berkafer vermigen in einer Biertelstunde die Leiche eines MaulwurfeS so zu unterwuhlen, dafi sie mehrere Zoll ties einfinkt. Zwischen ihnen und dem Gegenstande ihrer Thatigkeit besteht etwa das Grifienverhaltnifi, wie zwi- schen dem Menschen und dem Walfisch. Mit Recht Hat ein beruhmter Naturforscher bemerkt, dafi der Elephant Felstnwande umzusturzen im Stande stin wurde, besatze er im Berhaltnifi zur eigenen Grofie die den meisten Jnsecten verliehenen Krafte. In scharfem Spotte lafit Lucian die Philosophen feiner Zeit mit der Messung der Weite eines FlohsprungeS fich ernst beschSfligen; aber gerade diest Untersuchungen haben in unsern Tagen daS Resultat geliefert, dafi keineS der zum Sprunge am Gun- stigsten ausgerusteten Saugethiere, wie Kangurus und Springhalen, auch nur zwanzigmal hoher springen konne, alS eS stlbst hoch ist, wahrend bie Hihe beS Sprunges bei bem Flohe bie Korperlange zweihunbert- mal ubertrifft. AmWenigsten vollkommen erscheint bei Kerfen bie Bewegnng burch Schwimmen. Mogen viele als Larven int Wasser ihren angemeffenen Mohnort finben, fo vermag boch kein ausgebilbetes unb babei auf bas Mafferleben augewiestneS Jnsect unbegranzt lange Zeit unter ber Oberflache sich schwimmenb zu erhal- ten. Jiibem sein Korper, vermoge bes grohen Luft- gehaltes, specifisch leichter ist als bas Wasser, wirb eS gegen feinen Willen aufwarts gerisstn unb muh bann suchen ein Schilfrohr ober bergleichen Grunbfesten zu erreichen, um kriechenb von Neuem in bie Tiest zu gelan- gen. AmBesten schwimmen unter ben beutschen Kerfen bie grofien Wafferkafer (Dytisciis) vermoge ihrer platten, seitlich scharfen Korper unb ber Gestalt ihrer Beine. Die am Meisten auffallenben Beweise von aus- bauernber Kraft legen allezeit bie fliegenben Jnsecten ab, theils alS tvanbernbe, welche weite Strecken, fast ohne zu raften, burchmeffen, theils als unablassig in Bewegung begriffene ober mit rcifienber Schnelle bie Lufte burch- schneibenbe. Zugheuschrecken, Libellen unb viele Arten von Fliegen mågen in biesen brei Beziehungen als Bei- spiele bienen. Jnsofern bie Nahrungsstoffe ber Kerfe feste ober flussige sinb, anbert bie Art ihrer Aufnahme unb bie Beschaffenheit ber Frehwerkzeuge. Wir stellen bie Er- orterung ber zum Kauen unb Beifien, also ber fur feste Stoffe geeigneten Organe ben saugenben voran, inbenr fie bie vollkommneren, aber auch bie zusammengesttzteren find, burfen und jeboch Hierbei int Allgemeinett auf bas oben (S. 6. Sp. 1.2.) Gesagte beziehen. Die Frefitverk- zeuge ber nicht saugenben Kerfe bestehen aus fieben Stucken, einer Oberlippe, einer Unterlipve, zwei Ober- kiefern unb zwei Unterkiefern unb einer sogenannten Bitnge. Jeber biefer Theile bebarf einer kurzen Erlau- terung. Die Oberlippe, beren wesentliche Formenver- schiebenheiten unter Fig. 2865. abgebilbet find, bie aber bei ber Mehrzahl ber Kerfe vorn auSgeranbet (a) erscheint, pfiegt mit ber ben Kopf vorn bekleibenben Platte, bent Stirnschilbe, burch bewegliches Gelenk verbunben zu sein. Auf sie folgen bie seitlich eingelenkien, wie Scheerenblat- tcr gegen einanber arbeitenben Oberkiefer, ivelche gemein- lich stark, hornig, etwas gebogen, auf ber Jnnenseite gezahnt sinb unb haufig Haken gleichen. Weiter nach Jnnen stehen meist Heinere unb zartere Unterkiefer, bie nicht wie ber Oberkiefer auS einem Stucke, sonbern auS vier Theilen zusammengesetzt finb, von welchen bie beiben untersten unter fich sowie mit bent Kopfe unb ber Unter- lippe mittels weicher Banber vereinigt finb. Das erste schmale unb guerliegenbe Glieb (Fig. 2868. A a), bie sogenannte Angel, bilbet mit bent zweiten, bem Stiele (b), einen rechten Winkel, bas britte unb vierte Glied (c d) finb haufig bunner alS bie vorhergehenben ; an ber innern Seite ist ber Unterkiefer gemeinlich zum Kieferlappen (e) erweitert, beffen Borstenreihen bie Munboffnung becken tonnen. Kleine, gewohnlich tnehr- glieberige, ben Fuhlern nicht unfihnliche Werkzeuge, bie Taster (f), fitzen am Unterkiefer, ber je nach Unistanben ehr abgeanberte Berhaltniffe feiner Bestanbtheile zeigt (B C), aber auch an ber Unterlippe (Fig. 2866.), welche nach hinten bas System ber Munbtheile abschlieht unb aus brei Theilen besteht: bem Stielgliebe, bem Kinne, einer breieckigen, rhombischen ober runben Hornplatte, welche bie Unterlippentaster tragt, unb ber Zunge (a), einem balb hautigen, balb fogar fleifchigen Organ, wel- cheS oft bas Kinit uberragt unb mit gewiffen stitlichen Anhangen, ben Nebenzungen (b b), nicht verwechselt