Illustrirte Naturgeschichte Des Thierreichs
Vierter Band
Forfatter: Eduard Pöppig
År: 1851
Forlag: Verlagsbuchhandlung von J. J. Weber
Sted: Leipzig
Sider: 296
UDK: St.f. 59 Pöp
Naturgeschichte der wirbellosen Thiere
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Kerse.
Einleitung.
ihr Begriff erstreckt stch nur auf die Vorberbeine, deren
Schienbein und Ftifi im Zustande der Ruhe gegen den
Schenkel einwarts geschlagen bleiben, eine Bilbung,stener
ganz analog, die sich an den Gogerkrebsen (Fig. 2698/
yndet. Im Larvenzustanbe haben die Jnsecten entweder
keine Beine, oder es zeigen diese meist eine andere Gestalt,
als nach vollenbeter Berwandlung. Es kommen auch
hier verschiedene Bildungen, wenn auch minder zahlreich,
vor, als im spileren Lcbensalter. An den Raupen der
Schmetterlinge finden stch zwei Arten von Beinen, die
wirklichen oder Brustfutze (Fig. 2859 A), welche an den
ersten drei LeibeSringen, den kunftigen Bruststucken, sitzen
und aus denselben, wenn auch in ihren Berhaltnissen
veranderten Gliedern bestehen, die man am reisen Jnsect
erkennt, und die Bauchfuhe oder Afterfuhe (B), kurze,
drehrunde, steischige Fortsatze, die, an den mittleren
Bauchringen angebracht, einige Formenvcrschicdenheit
zeigen, gemeinlich stch einstulpen lassen und sehr ost eine
flachc, runde Sohle darbieten, die nicht allein durch den
am aufiersten Rande gestellten Hakenkranz, sondern auch
dadurch anhaftet, dafi ste nach genauer Anfugung des
Randes in der Mitte sich erhebt und hierdurch einen
ziemlich luftleeren kegelformigen Raum umschliesil.
Bollkommen ungeflugelt ist nur eine sehr geringe Zahl
von Jnsecten; die meisten befitzen im reisen Zustande
vier oder zwei Flugel, welche entweder alle dieselbe
Bildung theilen, oder paarweis durch ungleiche Grofie
und sonstige Beschaffenheit von einander abweichen, so
dafi z. B. die vorderen Hornig oder pergamentartig, die
Hinteren weicher sein finnen. Zur Flugbewegung dienen
im Wesentlichen nur die dunnen, Hautigen Flugel, nicht
die Hornigen der Kafer, die man Flugelbecken nennt, und
die im Fluge auSgestreckt getragen und nicht bewegt
toerten (Fig. 2861.). Eigentlich besteht jeder Flugel aus
zwei sehr dunnen, gewohnlich nur unter dem Mikroskop
uachweisbaren Platten oder Hautschichlen, die alS Fort-
setzung der Rucken - und der Bauchdecke des Jnsecls an-
zusehen sein wurden und hinfichilich thres Umfanges und
ihrer Gestalt von den sogenannten Adern abhangen,
welche alS Hartere Stabe ste ausspannen und in vielfacher,
aber durchaus nicht zufalliger Richtung durchziehen.
Zwischen diesen Adern, die als hohle Luftgefafie dienen,
liegen in Folge der Verzweigung Felder, welche, immer
nach bestimmten Gesetzen geordnet, fur einige Ordnungen
der Kerfe sehr gute Hilfsmittel zur systematischen An-
ordnung gewahren und daher besondere bei den Hant-
fluglern weiterhin zu erorternde Namen tragen.
Noch allgemeinere und daher grohere Wichtigkeit alS
die Zusammensetzung hat fur Zwecke der Systematik die
Art, wie die Flugel in der Ruhe getragen werden; bei
Tagschmetterlingen werden ste senkrecht gegen einander,
bei Nachtschmetterlingen u. s. >v. Horizontal, bei Jnimen
aekreuzt uber einander gelegt, bei Geradstuglern der
ganzen Lange nach wie ein Facher und bei Kafern nur
zur einen Halfte langSgefaltet, zur andern Halfte ruck-
wartS nach oben eingeschlagen (Fig. 2860. Flugel von a
cinem Kafer, b dem Ohrwurme, c einer Bohrwespe,
d einer Schlupfwespe, e einer gemeinen Fliege, teiner
Eulenmucke). Die sehr kraftige und anhaltende Beme-
gung der Flugel wird durch angemeffene Muskeln Her-
vorgebracht, die, wenigstenS bei zweistugeligen Jnsecten,
ein doppeltes System auSmachen; die Schicht deS Seiten-
RuckenmuskelS (Fig. 2862. b; a Hinterleib, c Kopf)
entspringt inwendig am Seitentheile deS BrustbeineS,
laust schief aufwarts und hebt die Flugel, welche burch
die tiefer liegende Schicht der gerader aufsteigenden
BeugemuSkel (Fig. 2863. b c d) hinabgezogen werden.
Bei vierstugeligen Kerfen ist der MuSkelbau viel zufam-
mengesetzter. Die vielgliederigen Fufie erheischen eine
ziemliche Zahl von Muskeln, und mit solchen muffen
nothwendig alle bewegliche Theile des HornskelettS und
selbst die ost mikroskopischen Frehwerkzeuge versehen
sein. Ungeachtet ihrer Kleinheit und der Schwierigkeit
ihrer Darstellung auf anatomischem Wege find fie bei
mehreren Ordnungen der Kerfe untersucht, beschrieben, ge-
zahlt und abgebildet worden. AlS alteres, aber noch immer
Bewunderung verdienendeS Muster solcher unendlich
muhsamen Untersuchungen mag die aus Lyonnet's Werk
uber die Anatomie der Weidenraupe copirte Abbildung
(Fig. 2864.) bienen. Sie stellt einen, aufier dem Kopfe,
neun Segmente des LeibeS umfaffenden Theil der aufge-
schnittenen Raupe und die mannichfachen Systeme der
Bewegungsmuskeln dar, die dadurch alle sichtbar gemacht
fint, dafi in der Richtung von der Linken zur Rechten
gradweiS die obenaufliegenden weggenommen worden.
Aehnlichen, aber noch mehr wissenschastlichen Unter-
suchungen ward der Maikafer von Straufi-Durkheim
unterworfen. Nach Lyonnel's Anfichten finden fich im
Kopfe jener Raupe 228 , im Leibe 1647 und um den
Darincanal 2186 Muskeln. Zieht man von diesen 20 ab,
welche dem Kopfe und Leibe zuglcich angehoren, so Wurbe
immer noch eine Gesammtzahl von 4041 Muskeln fur
eine etwa fingerlange Raupe bleiben. Spatere Unter-
sucher haben gegen diese Zahlung die Einwendung
erhoben, dafi sie die Bundel der gefiederten und sonst
getheilten langen Muskeln als Jndividuen aufgenommen,
und migen allerdings Recht haben, indeffen bleidt die
Menge eden dieser Bundel, die in strenger Symmetrie
fich kreuzen und durch einander laufen, imulerhin der
Bewunderung werth. Der Mensch, das Saugelhier und
der Bogel haben hochstenS 530 zur Qrlsbewegung bie-
nende Muskeln. AlS Folge dieser Muskulatur erscheint
nun bei Kerfen eine Kraft, eine Beweglichkeit und eine
Ausdauer, die in den Claffen der vollkommneren und
unendlich groheren Wirbelthiere ihreS Gleichen nicht Hat.
Je nach der Ordnung oder Gruppe, welcher die Kerfe
angehoren, vermogen sie zu gehen, zu laufen, zu springen,
zu schwimmen oder zu stiegen, und viele vereinen in sich
die Fahigkeit zu mehr als einer dieser Betoegungsarten,
die ubrigens wiederum auf das Mannichsachste abgean-
dert und umgeftaltet sein finnen. Nicht viele Kerfe
bleiben im reifen Zustande beschrankt auf den einfachen
und langsamen Gang, der Haufig die Ilnvollkommenheit
des Larvenlebens bezeichnel; die meisten laufen schnell,
migen ste auch zum Springen nicht besihigl sein. Haufig
geschieht es, dafi das menschliche Auge den einzelnen
Bewegungen zu folgen nicht vermag; so, wenn der
gewihnliche Taumelkfistr ( Gyrinus) auf ruhigen
Wasserflachen feine Kreise beschreibt durch Rudern mit
den Fuhen, oder wenn eine Schwebstiege an einem Orte
in der Luft stch stehend erhfilt durch unendlich schnelle
Schlage der zarten Flugel. Indeffen gewahrt der ganze
Bau dem Jnsect mannichfache Beihilfe zur Hervorbrin-
gung rascher und anhaltender Bewegungen. Einmal ver-
zweigen stch durch sein Juneres ungezahlte Luftgefahe,
und indein die Athmung der Willksir unterliegt, Hangt
es ab vom Kerf, ob er fich specifisch leicht oder schwer
inachen wolle. Begunstigt wird er ferner dadurch, dafi
feine Muskeln fich im Jnnern der hohlen Gliederscheiden
anfugen und diest Anfugungsorte der Hebelbewegung
besser entsprechen, alS an dem feine Muskeln autzerlich
tragenden Wirbelthiere. Gerade aus diefer Einrichtung
erklart fich auch jene unverhaltnifimahige Kraftentwicke-
lung, zumal bei solchen Kafern, deren domartig getvilb-
ter, mit sehr Harten Ringen eingeschlossener Leib an sich
'chon die zum Widerstande gunstigste Gestalt Hat. Die
pillenformenden Dungerkafer Amerika's walzen Kugeln
vor sich Her, durch die sie an Gewicht um das Zwanzig-
sache ubertroffen werden, und sechs oder acht Todtengra-
berkafer vermigen in einer Biertelstunde die Leiche eines
MaulwurfeS so zu unterwuhlen, dafi sie mehrere Zoll
ties einfinkt. Zwischen ihnen und dem Gegenstande ihrer
Thatigkeit besteht etwa das Grifienverhaltnifi, wie zwi-
schen dem Menschen und dem Walfisch. Mit Recht Hat
ein beruhmter Naturforscher bemerkt, dafi der Elephant
Felstnwande umzusturzen im Stande stin wurde, besatze
er im Berhaltnifi zur eigenen Grofie die den meisten
Jnsecten verliehenen Krafte. In scharfem Spotte lafit
Lucian die Philosophen feiner Zeit mit der Messung der
Weite eines FlohsprungeS fich ernst beschSfligen; aber
gerade diest Untersuchungen haben in unsern Tagen daS
Resultat geliefert, dafi keineS der zum Sprunge am Gun-
stigsten ausgerusteten Saugethiere, wie Kangurus und
Springhalen, auch nur zwanzigmal hoher springen
konne, alS eS stlbst hoch ist, wahrend bie Hihe beS
Sprunges bei bem Flohe bie Korperlange zweihunbert-
mal ubertrifft. AmWenigsten vollkommen erscheint bei
Kerfen bie Bewegnng burch Schwimmen. Mogen viele
als Larven int Wasser ihren angemeffenen Mohnort
finben, fo vermag boch kein ausgebilbetes unb babei auf
bas Mafferleben augewiestneS Jnsect unbegranzt lange
Zeit unter ber Oberflache sich schwimmenb zu erhal-
ten. Jiibem sein Korper, vermoge bes grohen Luft-
gehaltes, specifisch leichter ist als bas Wasser, wirb eS
gegen feinen Willen aufwarts gerisstn unb muh bann
suchen ein Schilfrohr ober bergleichen Grunbfesten zu
erreichen, um kriechenb von Neuem in bie Tiest zu gelan-
gen. AmBesten schwimmen unter ben beutschen Kerfen
bie grofien Wafferkafer (Dytisciis) vermoge ihrer
platten, seitlich scharfen Korper unb ber Gestalt ihrer
Beine. Die am Meisten auffallenben Beweise von aus-
bauernber Kraft legen allezeit bie fliegenben Jnsecten ab,
theils alS tvanbernbe, welche weite Strecken, fast ohne zu
raften, burchmeffen, theils als unablassig in Bewegung
begriffene ober mit rcifienber Schnelle bie Lufte burch-
schneibenbe. Zugheuschrecken, Libellen unb viele Arten
von Fliegen mågen in biesen brei Beziehungen als Bei-
spiele bienen.
Jnsofern bie Nahrungsstoffe ber Kerfe feste ober
flussige sinb, anbert bie Art ihrer Aufnahme unb bie
Beschaffenheit ber Frehwerkzeuge. Wir stellen bie Er-
orterung ber zum Kauen unb Beifien, also ber fur feste
Stoffe geeigneten Organe ben saugenben voran, inbenr
fie bie vollkommneren, aber auch bie zusammengesttzteren
find, burfen und jeboch Hierbei int Allgemeinett auf bas
oben (S. 6. Sp. 1.2.) Gesagte beziehen. Die Frefitverk-
zeuge ber nicht saugenben Kerfe bestehen aus fieben
Stucken, einer Oberlippe, einer Unterlipve, zwei Ober-
kiefern unb zwei Unterkiefern unb einer sogenannten
Bitnge. Jeber biefer Theile bebarf einer kurzen Erlau-
terung. Die Oberlippe, beren wesentliche Formenver-
schiebenheiten unter Fig. 2865. abgebilbet find, bie aber
bei ber Mehrzahl ber Kerfe vorn auSgeranbet (a) erscheint,
pfiegt mit ber ben Kopf vorn bekleibenben Platte, bent
Stirnschilbe, burch bewegliches Gelenk verbunben zu sein.
Auf sie folgen bie seitlich eingelenkien, wie Scheerenblat-
tcr gegen einanber arbeitenben Oberkiefer, ivelche gemein-
lich stark, hornig, etwas gebogen, auf ber Jnnenseite
gezahnt sinb unb haufig Haken gleichen. Weiter nach
Jnnen stehen meist Heinere unb zartere Unterkiefer, bie
nicht wie ber Oberkiefer auS einem Stucke, sonbern auS
vier Theilen zusammengesetzt finb, von welchen bie beiben
untersten unter fich sowie mit bent Kopfe unb ber Unter-
lippe mittels weicher Banber vereinigt finb. Das erste
schmale unb guerliegenbe Glieb (Fig. 2868. A a), bie
sogenannte Angel, bilbet mit bent zweiten, bem Stiele
(b), einen rechten Winkel, bas britte unb vierte Glied
(c d) finb haufig bunner alS bie vorhergehenben ;
an ber innern Seite ist ber Unterkiefer gemeinlich zum
Kieferlappen (e) erweitert, beffen Borstenreihen bie
Munboffnung becken tonnen. Kleine, gewohnlich tnehr-
glieberige, ben Fuhlern nicht unfihnliche Werkzeuge, bie
Taster (f), fitzen am Unterkiefer, ber je nach Unistanben
ehr abgeanberte Berhaltniffe feiner Bestanbtheile zeigt
(B C), aber auch an ber Unterlippe (Fig. 2866.), welche
nach hinten bas System ber Munbtheile abschlieht unb
aus brei Theilen besteht: bem Stielgliebe, bem Kinne,
einer breieckigen, rhombischen ober runben Hornplatte,
welche bie Unterlippentaster tragt, unb ber Zunge (a),
einem balb hautigen, balb fogar fleifchigen Organ, wel-
cheS oft bas Kinit uberragt unb mit gewiffen stitlichen
Anhangen, ben Nebenzungen (b b), nicht verwechselt