ForsideBøgerIllustrirte Naturgeschich…erreichs : Vierter Band

Illustrirte Naturgeschichte Des Thierreichs
Vierter Band

Forfatter: Eduard Pöppig

År: 1851

Forlag: Verlagsbuchhandlung von J. J. Weber

Sted: Leipzig

Sider: 296

UDK: St.f. 59 Pöp

Naturgeschichte der wirbellosen Thiere

Mit 1558 Ubbildungen

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Side af 318 Forrige Næste
Achte Classe. K e r f e. Einleitung. Mit dem Namen von Kerfen oder Jnsecten delegt man im streng wissenschaftlichen Sinne nur jene skelett- losen Gliederthiere, deren Leib schon autzerlich in drei deutliche Hauptabschnitte, den Kopf, das Bruststuck und den Hinterleib zerfallt, welche mit mindestens drei geglie- derten Futzpaaren unv mehrentheilS mit zwei Paar Flugeln versehen flnb, und die, um ihre eigentliche, den Zustand der Reife bezeichnende Gestalt zu erlangen, mehrfache Umgestaltungen oder Metamorphosen erfahren muffen. Die Trennung des Leibes in wohl geschiedene Stucke unterscheidet fie von den Spinnen und Krustern, von den letzteren weichen fie noch ab durch ihre Ath- mungswerkzeuge, welche im auSgebildeten Jnsect nie aus Kiemen bestehen tonnen, und von den Borstenwffr- mern trennt fie die Zusammensetzung der Futze auS meh- reren, gelenkweis unler einander verbundenen Gliedern. Tie bilden ohne Zmeifel die umfånglichste Claffe des ThierreicheS, deren Zahlengrotze man gegenwartig nicht mehr abzuschatzen wagt, indem die Erfahrung bewiesen, datz die vor 30 — 40 Jahren von Entomologen alS an- nahernde angegebene Zahl seit langer Zeit hinter der Wahrheit viel zuruckbleibt. In ihrer autzeren Gestaltung giebt es mehr scheinbare als wirkliche Verschiedenheit, denn wenn auch der Laie auf den ersten Blick schwerlich die Verwandtschast der Libelle mit dem Kafer, der Fliege mit der Baumwanze wird anerkennen mågen, so entgeht diese doch dem genaueren Forscher nicht, der bald die allgemeine Grundform auffatzt, mag fie auch unter den mannichfachsten, aber den allgemeinen Begriff nie- mals aufhebenden Abanderungen sich verstecken. Ge- rade durch diesen wunderbar grohen, aber ganz gesetz- lichen Formenreichthum, der auf leicht erkennbare oder vorauSzusetzende Bedurfnisse und Befåhigungen allezeit bezogen werden muh, liegt eine der Wesent- lichsten Ursachen jeneS Reizes, welchen das ernstcre Studium der Entomologie auf Alle auSubt, die nach Bewaltigung der ersten Schwierigkeiten zu allgemeinen Anfchauungen gelangten. Kerfe entbehren, wie alle andere Gliederthiere, cut inneres Hartes Gerust, denn wenn auch viele, ebenfo Wie die groheren Kruster, im Jnneren deS Bruststuckes Harte, gewissen Muskeln zum Stutzpunkte dienende Theile haben, so find diese nichts Anderes alS FortsLtze der autzeren Umkleidung und niemals dem wahren inne- ren Skelette gleich zu achten. Ihre mit dem Namen Hautskelett bezeichnete Hulle zerfallt in regelmahige, je nach den Classen etwaS abandernde Segmente oder Ab- schnitte, die bei Fliegen und Mucken sehr weich, bei vielen KLfern von Hornartiger Harte, bei Geradfluglern (wie Heuschrecken) lederartig sind und im Ganzen nur als Hautgebilde, zumal alS verhartete und verdickte Haut erscheinen. Dah dem so sei, beweist theils die anato- misch-mikroskopische Untersuchung, theils auch die That- sache, dah alle aus der Puppe ausschlupfende Jnsecten AnfangS sehr Weiche Bedeckungen haben, welche einige Tage oder doch mehrere Stunden bedurfen, um unter IV. Baud. dem Einstuffe der Sonne und der Luft vollstandig zu er- harten. Anders verhalt sich die chemische Zusammen- setzung dieser Decken bei den Kerfen als bei den Kru- stern, denn wahrend bei diesen Kalk in ansehnlichem Berhtzltniffe beigemengt ist, enthalten die Panzer der Jnsecten einen eigenthumlichen Stoff in groher Menge, welchen man Chitin genannt hat. Man vermag ubri- genS die gewohnlichen Hautschichten an Kerfen zu un- terscheiden, namlich eine meist glanzende und structur- lose Oberhaut, ein Schleimnetz, welches der Sitz der oft prachtvolleit Farben, und eine Lederhaut, die aus mehreren Schichten sich kreuzender Fasern zusammen- gesetzt ist. Unter sich find die einzelnen Schienen oder Platten, in welche diese Decken zerfallen, feltener ganz un- beweglich verwachsen, sondern meistenS durch Hautfalten von gråherer oder geringerer Nachgiebigkeit verbunden, obenher oder auherlich nicht immer vollig glatt oder gar polirt, sondern poroS, rauh, feingefaltet, aufgetrieben, schuppig, Haarig oder stachelig. Wahre in besondern Sacken oder Zwiebeln wurzelnde Haare kommen aller- dings bei Jnsecten oft vor und find von Gebilden, welche der Oberhaut allein angehoren, wohl zu unter- scheiden. Schuppen, wie der Schmetterlingsflugel fie darbietet, unterscheiden fich von eigentlichen Haaren, mit welchen fie verglichen worden, in mehreren Beziehungen. — Am autzeren Skelett des ausgebildeten Jnsects er- kennt man leicht als die drei Haupttheile den Kopf(Fig. 2851. a), eine hornigeBlase mit vorderer durch die Fretz- werkzeuge geschloffener, und Hinterer mit der Hohle des BrustkastenS in Verbindung stehender Oeffnung; den Brustkasten (b), der auS drei Abschnitten besteht, den Hinterleib (c), der aus hornigen, durch weiche Haut- falten verbundenen Schienen zusammengesetzt ist. Der Theorie nach besteht der Kopf aus mehreren genau ver- wachsenen Ringen, die aber meist nicht zu erkennen sind. Hingegen fallen bei den meisten Jnsecten die Ab- schnitte, aus welchen das Bruststuck besteht, deutlich in die Augen. Sie wiederholen fich bei allen und beste- hen wesentlich immer aus denselben Theilen, welche da- rutn mit besonderen Namen bezeichnet werden mutzten, weil ihre Gestalt oder doch ihre Bekleidung und Ftzr- bung fur die Feststellung specifischer Kennzeichen vielen Werth haben. Jene Abschnitte oder Ringe Heitzen der Vorderbrustring (Fig. 2852. 2853. 1. und Fig. 2854.), der Mittelbrustring (Fig. 2852. 2853. 2. und Fig. 2855. 2856.) und der Hinterbrustring (Fig. 2852. 2853. 3. und Fig. 2857.). Ganz ungetheilt und daher von ein- fachster Gestalt sind diese Ringe nur bei ungeflugelten Kerfen, bei allen anderen erscheinen fie zusammengesetzt auS mehreren Platten oder Stucken, die Borderbrust (Fig. 2852. 2853. 1. a 1. b 1. c) aus drei oder vier, die Mittelbrust (2. a —2. d) auS funf bis steben und die Hinterbrust (3. a — 3. d) auS funf. Der untere Theil dieser Ringe bedeckt den Brustkasten von unten, ist daher mit dem Brustbeine der Wirbelthiere verglichen worden und zerfallt, dem obern Theile der Ringe entsprechend, in Borderbrustbein (Fig. 2854.), Mittelbrustbein (Fig. 2856.) und Hinterbrustbein (Fig. 2857.). An den Stel- len, wo diese Ringe sich verbinden, bleiben unten an den Seiten sechs Lucken, in welche die Huftgelenke der Futze (Fig. 2853. 1. c 2. e 3. f) einpassen, wahrend hoher oben in tzhnliche Oeffnungen (Fig. 2853. 2. f 3. e) die sehr felten fehlenden Flugel fich einfugen. Die BewegungSwerkzeuge der Kerfe find Futze oder Flugel. Jene unterscheiden fich von diesen durch Zahl, Gestalt und Bestimmung. Die meisten Jnsecten besitzen nur drei Paar; gesellt man zu den Kerfen, wie man fast nicht vermeiden kann, die Tausendfutze, so giebt eS frei- lich Formen, welche uber 200 Beine haben. Ein jeder Futz besteht in der Hauptsache aus denselben Theilen, wie jener bei den Krustern (S. 7. Sp. 2.) erklarten und zwar 1) aus einem zwei- oder dreigliederigen Huft- gliede, welches in eine besonderS gestaltete, in den Rin- gen des Bruststuckes befindliche Huftpfanne eingelenkt, ivalzig oder kugelrund ist, je nachdem es verschiedene Bewegungen ausuben soll (Fig. 2858. A B C a), und dessen zweiteS, seitlich liegendes Glied gemeinlich der Schenkelring (b) heitzt; 2) aus dem Schenkel (c), wel- cher immer vorragt, aber grotzem Gestaltwechsel unter- worfen ist, z.B. bei den Mantis lappenartige Verbrei- terungen zeigt, Haufig dornig, mit Zahnen versehen oder verdickl ist; 3) dem Schienbeine (d), welches, durch Winkelgelenk mit dem Schenkel verbunden, gemeinlich dunner, wenn auch ebenso lang und oft nicht minder dornig ist und am vorderen Ende haufig ein paar lange Stacheln (f), die sogenannten Spornen, tragt; 4) dem Futze (e), der am Haufigsten aus funf in einer Reihe hinter einander liegenden, gemeinlich an Grohe abneh- menden Gliedern, feltener aus zwei oder gar nur einem Gliede (C e) besteht und am Endgliede meist zwei Krallen (g) tragt. Die Unterseite des FutzeS, die soge- nannte Sohle, wird durch mannigfach gestaltete Polster, Haarbuschel und andere Vorkehrungen zum Anhaften geschickt gemacht. Die Gestalt wechselt, je nach der auS- nehmend mannigfachen Bestimmung der Futze; vielleicht find die Kunstausdrucke zur Bezeichnung dieser Berschie- denheiten zu sehr vervielfaltigt worden, indeffen verdienen die letzteren ihrer phystologischen Bedeutung wegen ge- naue Beachtung. Diese zu erkennen halt oft nicht schwer. Springfutze zeichnen sich auS entweder durch ungemeine Entwickelung deS Oberschenkels (Fig. 2858. D), oder durch die grotzere Lange eineS Paares, und zwar ge- meinlich des Hinteren, wie bei Heuschrecken. Schwimm- sutze gleichen immer den Rudern durch seitliche Zusam- mendruckung und daher entstehende Verbreiterung der Futzgelenke, deren Oberflache wohl auch durch angebrachte Borstenreihen vergrotzert wird, wie bei den Wasserkafern (B), wahrend am gewohnlichen Lauffutze (A) der Tarsus auS platten oder Horizontal auftretenden Gliedern (e) besteht. Am grabenden und zur Kraftubung in eigen- thumlicher Art bestimmten Beine find die Futzglieder (C e) auf die geringste Zahl zuruckgefuhrt, Hingegen wird das Schienbein (d) zur breiten, gezahnten Schaufel umgestaltet, und durch Verminderung der Zahl von Ge- lenken erhalt das ganze Gebilde eine bedeutende Wider- standsfahigkeit. Raubfutze kommen nicht haufig vor, und 8