Illustrirte Naturgeschichte Des Thierreichs
Vierter Band
Forfatter: Eduard Pöppig
År: 1851
Forlag: Verlagsbuchhandlung von J. J. Weber
Sted: Leipzig
Sider: 296
UDK: St.f. 59 Pöp
Naturgeschichte der wirbellosen Thiere
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K erf e.
Erfte Vrdnung. Kafer.
Einige Gattungen dieser Familie leben nur von
ihierischen Stoffen, andere von Blumen, manche im
Jnnern uberreifer Pilze. Die eigentlichen Nitidula
oder Glanzkfifer bleiben immer sehr klein, messen meist
nicht uber 2 Linien, haben kurze Fuhler (Fig. 2960. B)
mit verdicktem Grundgliede und rundlicher, gedrangt drei-
gliederiger Keule und Anhange an den Fuhgliebern (A).
Beruchtigt ist der sogenannte Rapskafer (N. aenea)
Fig. 2961. vergr., welcher die Blumen der angebaueten
Oelgewjchse zerfriht und Hierdurch sehr grohen Schaden
anrichtet und nicht einmal nur periobisch wiederkehrt,
sondern da, wo er sich emmal eingenistet, jahrelang als
schlimmster Feind des Landwirths fich behauptet. Er
ist blaulich schwarz, 1% Linie lang und glanzt metallisch.
Siebzehnte Familie.
Silphiden.
Fuhler uber dem Oberkiefer eingelenkt, mit kurzer,
dichter Keule. Oberlippe mehr oder weniger ties aus-
gerandet. Vorderbrustbein ruckwartS in eine geringe
Spitze verlangert. Huftglieber dicht neben einander.
Die eigentlichen Silphen (Silpha) haben mahig
verdickte Fuhler mit drei - bis viergliederiger Keule
(Fig. 2962. D), den Oberkiefer an der innern Scite
ztoeizahnig (A), den Unterkiefer an der Spitze mit einem
Dorn bewaffnel(B), die Lippe wenig ausgerandet (6),brei-
teS Halsschild, Flugeldecken mit abgerundeler, daS Ende
des HinterleibeS fast erreichenden Spitze. Am Mun-
chen sind die Border- und Hintertarsen verbreitert. Die
rothhalsigeSilpha(8. thoracica) gig. 2963. tiergr.
lebt he'ufig im Aas und Dunger, wird 7 Linien lang, ist
nrattschwarz, auf dem Halsstucke rostfarbig, tragt auf
den Flugeldecken drei Langsstreifen, kann den Hinterleib
sehr verlLngern und treibt, wenn man sie angreift, ans
dem Asier eine sehr ubelriechende Flussigkeit. Die
Gattung Tobiengraberkaser (Necrophorus) unterscheidet
fich durch unbewaffnete Kiefer, zweitheilige Lippe, schief
burchblaitete Fuhlerkeule, verkurzte Flugeldecken und
lebt fast nur im Aase. Mehrere hubsch geffirbte, aber
sehr ubelriechende Arten bewohnen Deutschland.
Achtzehnte Familie.
Dermestiden.
Fuhler kurz mit dreigliederiger Keule, daS Endglied
bisweilen sehr lang. Korper gewolbt, fast walzenformig.
Vorderbrustbein nicht ausgezeichnet.
Eine Menge kleiner, nicht felten im Larvenzustande
dem Hauswesen der Menschen ungemein schadlicher und
unter allen Breiten in verschiedenen Formen fich toieber-
Holender Kafer bildet diese weder durch Gestalt noch
Farbung der Arten ausgezeichnete Familie. Die Der-
mestiden freffen als Larven nur thierische Stoffe, alS
Kafer zum Theil auch pflanzliche, zumal Blumen, leben
aber im letztern Zustande nur kurze Zeit, und ohne durch
Gefrahigkeit grohen Schaden anzurichten. Vor allen
andern beruchtigt ist die Gattung der Dermestes im
strengen Sinne, mit am Jnnenrande gezahntem Ober-
kiefer (Fig. 2964. A), keulenfhrmigen Kiefertastern (B)
und sehr verdickter Fuhlerkeule (C). Sie vermogen
den Kops unter den vorragenden Rand des Halsschilbes
rtwas zuruckzuziehen, haben starke Fuhe, die ste bei
Beruhrung einschlagen und unbeweglich Halten, indeni
fie fich todt stellen, und entwickeln ebensoviel List als
Beharrlichkeit, wenn fie zu einem Gegenstande zu gelangen
wstnschen, der ihren Eiern eine passende Lagerstatte dar-
bietet. Die weihlichen oder schtoarzlichen rauhen Larven
scheuen das Licht, halten fich uberhaupt ruhig und setzen
in ungeahnter Verborgenheit lange Zeit ihre Vertoustun-
gen fort. Weiche und saftige Theile todter Korper uber-
lassen fie andern Jnseeten, benagen aber eingetrocknete
Sehnen, Membranen und MuSkelbundel, besonderS gern
die innere Seite trockener Haute. Zoologischen Samm-
lungen werden fie daher sehr gefahrlich und find nur
auszurotten und abzuhalten durch Bestreichung mit der
jetzt allgemein gebrfiuchlichen Arsenikseife. Hatte man
viese in alteren Zeiten gekannt, so wurde manche werth-
volle Sammlung auf uns gekommeu sein, die jene Raub-
kafer zerstsrten, denn schwerlich dursten sich in irgend
einem europaischen Museum einzeln ausgestopfte und
unverletzte Vogel und Saugethiere von Hoherem Alter
als 60 — 70 Jahren finden. In BuenoS Apres, wo
Ochsenhaute fast den einzigen bedeutenden Ausfuhrge-
genstand ausmachen, erscheinen die Dermesten alS
grohe und sehr gefurchtete Landplage. Der gemeine
Speckkafer (D. lardarius) Fig. 2965. vergr. niiht 3%
Linie in der Lange, ist schwarz und hat auf der aschgrau
behaarten Vorderhalfte der Flugeldecken drei schwarze
Punkte. Eine zweite Art (D. pellio) i st schwarz und
auf jeder Flugeldecke mit einem Weihen Punkte gezeichnet
und sucht Ehwaaren und Pelzwerk in den Hausern auf;
der schwarze, graublaulich punktirte, an Hinterbrust und
Bauch fast schneeweihe, graue Speckkafer (D. murinus)
lebt im Aase.
Neunzehnte Familie.
Elateriden.
Fuhler fabenformig, gesagt oder kammformig.
Flugeldecken Hornartig Hart. Brustbein lis zun:
Munde erweitert, abgerundet, hinten zugespitzt und
mittels eineS Dornes in eine Grube der Mittelbrust
einpassend. Hinterecken des Halsschildes vorspringend.
Unter den einheimischen Kafern sind die fogenannten
Schmidte oder Schnellkafer (Elaler im engen
Sinne) toegen ihrer besonderen Fahigkeit, sich Hoch
emporzuschnellen, wenn man sie auf den Rucken legt,
Allen bekannt. Sie erreichen keine betrachtliche Grohe,
fallen auch durch Farbung nicht auf, haben Lippentaster
mit beilformigem Endgliede (Fig. 2966. A), theils
kammformige, theilS gefågte Fuhler (B), langlichen,
toenig breiten Korper. Wenn fie fich emporschnellen
wollen, ziehen fie die Fuhe Hart an den Leib, biegen
Kopf und Halsschild stark nad; hinten uber, bis endlich
der Stachel des BrustbeineS in jente Grube einschnappt
(Fig. 2967.), folglich die gerade Linie ztvischen Bruststuck
und Hinterleib wieder hergestelli toird. Da nun, ver-
niåge der starken Ruckwfirtsbeuguitg, die Hintere Halfte
der Flugeldecken und das Halsschild sich gegen die Flache
stemmlen, auf toelcher der Kafer lag, so toird er bei
plotzlicher Geradestreckung tote durch die Kraft einer
elastischen Feder empor geschleudert toerben. Je ebener
und harter diese Flache ist, um so besser gelingt der
Sprung. Mit dieser eigenen Fahigkeit verbinden die
Elater noch den Instinet, selbst bei rauher Behandlung
sich regungsloS zu verhalten und todt zu scheinen. Sie
fliegen ubrigens mit mittlerer Geschtoindigkeit, finden in
jener Einrichtung des Brustbeines Ersatz fur die Kurze
der Fuhe, die sie am schnellen Aufrichten hindert, toenn
fie umgefallen, leben auf Pstanzen, theils auch unter
dem Rasen und fressen sotoohl im vollkommenen, als
im Larvenzustande nur PflanzlicheS. Unter den vielen
in Deutschland vorkommenden, immer kleinen und
unscheinbaren Arten muh der Saat - Schnellkafer
(E. segetis) Fig. 2968. vergr. alS die verderblichste gelten.
Seine schmale, glatte, gelbe, unter dem Namen deS
DrahitourmeS sehr bekannte Larve zerfriht die Wurzeln
der Getraidefaat und junge Kartoffelknollen und setzt ihre
Vertoustungen 4 — 5 Jahre fort, ohne fich zu verpup-
pen. Zumal in Schweden soli sie gemein sein und in
manchen Jahren die Ernten gatizer Provinzen zerstsren.
In England kann man vor ihr die Garten kaum schutzen;
sie ruinirt dort regelmahig die auf ehemaligem Wiesen-
boden neu angelegten Gemusepflanzungen. Der Saat-
Schnellkafer ist ubrigens braun, gran behaart, Hat graue,
braun gestrichelte Flugeldecken, ziegelrothe Fuhler und
Fuhe und miht 5 Linien. In Westindien leidet das
Zuckerrohr sehr grohen Schaden durch den Leuchtkafer
(E. noctilucus), den beruhmten Cucujo der Spanier,
der auf jeder Seite ves Bruststucks einen grohen ovalen,
deS Nachts stark leuchtenden Fleck tragt. Die in der
Regenzeit Herumstiegenden Taufenbe dieten allerdings
einen sehr uberraschenden Anblick, indeffen Hat man die
Starke des phosphorischen Lichts sehr ubertrieben ge-
schildert; ein Cucujo leuchtet ettoa toie drei oder vier
neben einander gestellte Johannistourmchen, fallt aber
niehr auf als diese, toeil er sein Licht nicht zu verbergen
vermag, sondern ruhig fortstrahlen laht.
Zwanzigste Familie.
Bupreftiden.
Fuhler kurz, gesagt. Flugeldecken Hornartig Hart.
Brustbein nach vvrn meist abgestutzt, nach hinten mit
stumpfer Spitze. Hinterecken des Halsschildes weder
tierlångert noch zugespitzt.
Die Buprestiden zeichnen fich aus durch reine, schbne
Farben und den herrlichen Metall- oder Evelsteinglanz
der Flugeldecken und des Halsschildes und verdienen im
vollen Maahe den ihnen gemeinhin gegebenen Namen der
Prachtkafer. Gleich anderen reich geschmuckten Thieren
gehoren auch fie meist den Tropenlanbern an; die toeni-
gen in Deutschland vorkommenden sind klein, und ihre
Schonheit tritt erst bei Vergroherung unter der Loupe
deutlich hervor. Der Glanz oder daS schillernde Far-
benspiel der meisten Hat seine Ursache in allerlei Gruben,
facettirten Erhohungen oder schuppenartigen Gebilden
der Decken, die jedoch ohne Mikroskop nicht zu erkennen
sind. Der Korper ist Hart, beinahe toalzig, der Kopf
angeschlossen an das kurze Halsschild, die Frehwerkzeuge
ragen toenig vor und kommen in den Gattungen ziem-
lich uberein, toahrend die Fuhler abanbern. An den
eigentlichen Prachtkafern ( Buprestis) ist die Oberlippe
(Fig. 2969. A) stumpf viereckig, vorn leicht ausgerandet,
der Oberkiefer (B) spitzig, aber ohne Ausschnitt, der
Taster der Unterkiefer (C) mit ausgeschnittenem End-
gliede versehen, die sehr schmale Unterlippe (D) tragt
ztoei fadenformige Taster, an den Fuhlern (E) find alle
Glieder, mit Ausnahme der ztoei unteren, in einen
stumpfen Sagezahn erweitert. Die Prachtkafer laufen
langsam, stiegen schnell, leben von Baumblattern und
bleiben mehrere Jahre alS Larven im Holze groherer
Baume verborgen, welches sie durchbohren, und dessen
Mulm fie freffen. Der grohe Prachtkafer (B.gi-
ganlea) Fig. 2970. miht 2 Zoll, lebt in Sudamerika, ist
kupferroth und goldgrun, hat ruitzliche, hinten zweizah-
nige Flugeldecken und auf dem glatten Halsschilde zwei
grohe schwarze Flecken. Seine Flugeldecken werden in
Brasilien zu allerlei kleinen Schmucksachen verardeitet.
Einundzwanzigste Familie.
Ptiniden.
Fuhler fabenférmig, mittellang, felten langer als ber
Korper, bisweilen kammformig oder auch mit verlanger-
ten Enbgliebern. Flugelbecken hornartig Hart. Brustbein
gewohnlich. Kopf zuruckgezogen, nickenb. ErstesTarsen-
glieb langer als bie folgenben.
Auch biese Familie enthalt sehr viele kleine, aber
schabliche ober lastige Kafer, inbem ihre Larven sich in
Holz ober Pflanzenstengel einbohren unb Hierburch uns
innerhald unb auher betn Hause Schaben zufugen. Sie
scheuen in jeber Periobe bes Lebens bas Licht unb toer-
ben schon toegen ihrer Kleinheit unb bustern Farbung
leicht ubersehen. Drei in viele Arten zerfallenbe Gat-
tungen bringen in unsere Gebaube, bie Ptilinen (Ptili-
nus), bie fogenannten Kummelkafer (Ptinus), von toelchen
einer (Pt. fur) befonberS ben Herbarien nachstellt, aber
auch anbere Sammlungen angreift, unb bie Anobien
(Anobium). Zu biesen gehort ber Klopskfifer ober
bie Tobtenuhr (A. pertinax) Fig. 2971., ber sich gern
in altem Gebalk unb Holzernem Hausrath aufhalt unb
fie burchgrabt, burch ausfallenbeS Holzmehl fich verrath
unb toegen feiner Sitte, sich tobt zu stellen unb auch bei