Gothisches Musterbuch 1

Forfatter: G. Ungewitter, D. Statz

År: 1856

Forlag: T.O. Weigel

Sted: Leipzig

Sider: 34

UDK: 723

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Side af 232 Forrige Næste
geraubt hat, indem sie der christlichen Gesellschaft die heidnische Antike aufnöthigte, wäre es zunächst, nachdem die Ergebnisse sich so handgreiflich als unheilvoll herausgestellt haben, dieselben in ihrem weiteren Verlaufe zu hemmen und das alte, naturgemäße Verhältniß wieder herznstellen. Allein machen Wir uns nach dieser Seite hin keine Illusionen: in der Höhe wird der Wind so bald noch nicht wechseln) die Academien aber, insonderheit die Bauaca- demien, bilden atlerwärts die Citadellen des herrschenden Systems. Nicht also um dieselben zu belehren oder gar zu bekehren, sondern lediglich um mein Interesse an der Frage zu bethätigen, lasse ich einige Andeutungen hinsichtlich des Weges hier folgen, welchen, meines Erachtens, unsere Banacademien einzuschlagen hätten, um allmählig in ein besseres Fahrwasser zu kommen. Vor Allein soll zugegeben werden, daß man selten dadurch fehlerhafte Zustände bessert, daß man zum geraden Gegentheil über- geht; vielmehr trägt in der Regel jedes System eine gewisse Be- rechtigung in sich, und der Fehler liegt nur in der Uebertreibung und der Ausschließlichkeit. Wie man in England das Prinzip der Freiheit, des Gehen- und Gewährenlassens vielfach zu weit treibt, so hängt man diesseits des Canales viel zu sehr nach der Seite der bnreaukratischen Bevormundung, des Absolutismus, oder, wenn man lieber so will, der „Väterlichkeit" hin. So ist um bei unserem Gegenstände zu bleiben — in England die Aus- übung der Ballkunst an keinerlei Bedingung gebunden — der Schneider, Conditor und der Haarkräusler von heute können mor- gen sich dem Publicum als Architekten vorstellen und sofort daran gehen, Häuser, Paläste und Kirchen aufzuführen, wenn sich Leute finden, die gutinüthig genug sind, ihnen dazu Auftrag zu geben, was übrigens, beiläilsig bemerkt, kaum mehr befremden könnte, als wenn unsere patentisirten Baumeister, die bis dahin nur Wafser- uiib Wegebau oder akademischen Easernenstyl getrieben haben, mit der Errichtung von gothischen Kirchen, Museen oder Rathhäusern betraut werden. Obgleich, wie der Augenschein lehrt, es mit dem Bauwesen in England doch noch geht, und zwar im großen Ganzen mindestens so gut wie bei uns zu Lande, so niöchte doch solchem absoliUen Gewährenlassen nicht das Wort zu reden sein, wie sich denn dort auch schon einsichtsvolle Männer vom Fache für die Einführnng gewisser Beschränkungen ausgesprochen haben. Besser aber keine Art von Beschränkung, als ein Monopolisirlmgs- syftem, welches jede Freiheit der Entwicklung hemmt, jede Thätig- keit in ein festes Geleise einzwängt und dieselbe nöthigt, eine be- ftininite Richtung einzuhalten, wie sehr auch das Naturell und die Ueberzeugung sich dagegen sträilben mögen! Meines Erachtens ließe sich ohne besondere Schwierigkeit eine Mittellinie ziehen, welche den beiden Ertremen gleich ferne bliebe. Vor Allem wäre es wohl angemessen, die Baubeflissenen in zwei Kategorien zu (heilen, ungefähr entsprechend der englischen Unterscheidung zwischen En- gineers und Architects, so daß in der Einen, welche namentlich den Maschinen-, Wasser- und Wegebau in sich befaßte, das tech- nische, in der anderen das artistische Moment in den Vordergrund träte. Demgemäß wäre denn auch der Studiencursus für beide ein verschiedener und ebenso die zu bestehende Prüfung — mit Einer dürste es nemlich wohl genug sein. Die vielen Vorlesungen, Probearbeiten, Eramina, alle die Fertigkeiten und Kenntnisse, welche zur Zeit in den Regulativen figuriren, sind notwendig und erfahrungsmäßig die Veranlassung, daß die Candidaten sich mit Ballast überladen, daß kaum der Eine oder Andere seine Eigenthümlichkeit kräftig entwickelt, daß am Ende weder ein rechtes Wissen, noch auch ein rechtes Können — und zwar dies am allerwenigsten — herauskommt: mal élreint, qui trop embrasse. Damit die Hauptwissenschaft nicht unter den Hülfswifsenschaften gleich von vorne herein erstickt wird, sollte die Staatsregierung nur auf das Wesentlichste ein Augenmerk richten; sie sollte nur wissenschaftliche und künstlerische Befähigung überhaupt for- dern, nicht aber dieselbe von einer bestimmten stylistischen Richtung abhängig erklären, am allerwenigsten Probearbeiten in dmtsch- mittelalterlicher Art geradezu verbieten. Es ist doch etwas hart, diejenigen, welche sich zur christlichen, zur vaterländischen Kunst hingezogen fühlen, so zurückzustoßen, ans der Stylfrage eine Slib- sistenzfrage zu machen. Es erscheint nemlich so zu sagen physisch unmöglich, den Anforderungen, wie sie z. B. in den neuesten Vor- schriften für die kgl. Bauakademie zu Berlin unter den §§ 7 u. 8 aufgeführt sind, zn genügen und nebenher noch auf dem Wege der „selbstständigen Thätigkeit", auf welchen der § 9 hinweist, sich in der gothischen Bankuust, die eine Welt für sich ist, einheimisch zu machen, zumal wenn noch die nothwendigsten Hülssmittel fehlen nnd der Studirende sich stets die Unliebsamkeit vergegenwärtigen muß, welche auf Allein lastet, was nicht antik ist. Zudem ge- winnt es bei solcher Unduldsamkeit auch gar sehr den Anschein, als ob die Sache, welcher sie dienen soll, ans eigener Kraft sich nicht wohl behaupten könnte miD die Concurrenz außerordentlich zu scheuen hätte — denn um Glaubensartikel handelt es sich ja dabei nicht. Für Staatsbauten möge man immerhin ausschließ- lich irgend einen heidnischen oder quasiheidnischen Styl (selbst den babylonischen nicht ausgenommen) sanctioniren; es entspricht dies auch ganz gut der modernen Idee vom „omnipotenten" Staate; im Uebrigen aber sollte man doch wenigstens die Möglichkeit ge- währen, auch andere Wege einzuschlagen. Doch, alle solche Erörterungen und wohlgemeinten Vorschläge werden, wie schon gesagt, voraussichtlich zu feinem Resultate, we- nigstens nicht unmittelbar, führen, und so mag denn der neu sich bildende Strom neben dein Damme her ein Bette sich zn graben suchen, so gilt es eben gehen will. Obgleich die verschiedenen unteren Schulen auch mehr oder weniger von der academischen Region aus beeinflußt werden, so darf man doch hinsichtlich ihrer wohl schon eher der Hoffmmg Raum geben, daß den einheimischen Traditionen ein gewisser Spiel- raum vergönnt wird, indent das Bedürfniß hier allzu schreiend ist, als daß die Abhülfe noch gar lange auf sich warten lassen könnte. Hier uni) dort ist dieser Weg sogar bereits thatsächlich beschritten worden. Das technische Gewerbe-Jnstitllt in Berlin hat z. B. den Grund zu einer Sammlung von Abgüssen mittelalter- licher Sculpturen und sonstiger Kunstwerke gelegt, aus welcher ganz gewiß etwas recht Schönes erwachsen wird, wenn man nur halb so viel darauf verwendet, als die der Antike gewidmete Sammlung gekostet hat, die dann inuuerhin den Ehrenplatz tin Hauptsaale des Institutes behalten maß, um unausgesetzt daran zu mahnen, daß der Reiz der griechischen Kunst hauptsächlich darin