Gothisches Musterbuch 1

Forfatter: G. Ungewitter, D. Statz

År: 1856

Forlag: T.O. Weigel

Sted: Leipzig

Sider: 34

UDK: 723

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Side af 232 Forrige Næste
hervorbringen und nicht müde werden in seinen Evolutionen. Es ist eine eigenthümliche Erscheinung, daß diejenigen, welche stets den Vorwurf hören müssen, daß sie ungerecht über unsere Zeit urtheilten, ibr das Vermögen ziltrailen und den Verns zutheilen, die großartigste und ausgebildetste Kunstweise wieder ins Leben einzuführen, während die auf der anderen Seite ihr solche er- neuernde, wiederverjüngende Kraft auf das unumwundenste nb- sprechen! Allerdings stützen Erstere ihr Vertrauen weniger auf dasjenige, was man so gemeinhin den Zeitgeist zn nennen Pflegt, als auf den Geist, aus welchem heraus der Welt das „et reno- vabitur facies terrae “ verkündigt worden ist, eine Verkündigung, die nicht blos für Einen Tag, sondern für alle Tage Geltung hat, sofern wir nur Herz und Willen dem Hauche dieses Geistes nicht verschließen. Aber man kann sich nicht künstlich zurück- schrauben — hören wir die Anderen uns wieder entgegenrufen — in jene naive Anschauungsweise, wie sie sich in den Bildwerken des Mittelalters ausspricht; die instinctmäßige Unschuld der Kinderzeit ist nun einmal vorüber, der schöne Kinderglaube hat dem Gedan- fen, der Reflexion weichen muffen, das Versenken ins Concrete den Abftractionen der Idee; wir haben nun einmal vom Baume der höheren Erkenntniß gegessen und damit virtuell auf immer mit dem Mittelalter gebrochen, welches die Geistigkeit der Welt- anschauung nicht im freien Denken wirklich innerlich durchzuführen vermochte, überhaupt der wahren Freiheit unzugänglich war, eben weil seine Subsectivitat unentwickelt und daher vorzugsweise phan- tastischer Art war. Diese, einem namhaften Zeitphilosophen direct entnommenen Reden, welchen unser Ohr übrigens fast allerwärts im Widerhall oder in Variationen begegnet, sie laufen, etwas ge- meinverständlicher ausgedrückt, alle darauf hinaus, daß wir zu ge- scheidt, zu aufgeklärt, zu gebildet, rasfinirt seien, um wieder bauen, malen und meißeln zu können, wie die Alten mit ihren beschränkteren Köpfen, gleichsam bienenmäßig, gethan — möge man es auch als ein Unglück beklagen, daß wir in der begriff- lichen Entwickelung so viel weiter voran wären und allen künft- lerischen Stoff „zerdächten" — es sei nun aber einmal nicht anders, wir müßten Uns in die veränderte Situation zu finden suchen und nicht misere Kraft im Kampfe gegen dieselbe, gegen das Gegebene, zersplittern und verbrauchen. Uns will es indes bedünken, als ob die Zeiten der Cagliostro's und der Barnum's, der Tischwahrsagerei und des Börsenschwindels sich mit allem Fuge der Besorgniß entschlagen könnten, es möchte der reflectioni)e Verstand ein so ungemessenes Uebergewicht üben, daß die anderen Seelenkräfte nicht mehr gegen ihn aufzukommen im Staude wären. Unsere Architekten, Bildhauer imb Maler sind Wohl in dieser Beziehung zn ängstlich; sie sollten es nur einmal versuchen und herzhaft in die Fußstapfen der alten „naiven" Meister eintreten, so gründlich, so ausdauernd, und vor Allem mit solcher Selbstverläugnung lernen und üben, und sie würden sich ganz gewiß davon überzeugen, daß der Verstand ein 1° gar gefährlicher Stein des Anstoßes am Ende doch nicht ist, und daß die „ kindlichen" Architekten der Tausende von Riesen- domen dessen dazu doch etwas mehr brauchten, als unsere Philo- sophen sich träumen lassen. Von der Frucht des Baumes der Erkenntnis; haben bekanntlich Unsere ersten Eltern bereits gegessen; nicht minder bekannt sind aber auch die Heilmittel gegen die ver- derblichen Folgen dieses Genusses. Um den hinsichtlich der Umbildung unserer Klinstproduction angestrebten Erfolg im Großen und für die Folgezeit zu sichern, wird es aber vorzugsweise Noth thun, von unten anzufangen; icb will damit sagen, daß in den Schulen und den Gewerken die be- treffenden Principien maßgebend werden müssen, damit frühe schon Hand und Auge sich darnach bilden. Was nicht frühe geübt wird, erreicht selten einen hohen Grad der Vollendung, zumal auf dem Gebiete der Kunst, die mehr als irgend eine andere Tbatigkeit den ganzen Menschen in Anspruch nimmt. Es liegt in der Natur der Sache, daß die in den oberen Regionen herrschende Richtung auch von den unteren Besitz ergriffen und sich durch das Lehrper- sonal, die Methode, die Vorbilder u. s. w. geltend gemacht bat, wie schwierig es auch immerhin sein mochte, demjenigen, was Der gemeine Mann, die Elementar- und die Gewerbschnle bedarf, den antiken Zuschnitt zu geben. Schon bei der Prachtarchitektur hat man bekanntlich seine liebe Noth und ist herzlich froh, wenn man die Säulen und sonstigen schönen Sachen glücklich irgendwo unter» gebracht hat, wo sie nicht gar so sehr den Leuten im Wege sieben. Gegenüber den gewöhnlichen Bedürfnissen des Lebens aber niußte bald so zu sagen völlige Rathlosigkeit eintreten, da der Gegenwart auf die Dauer unmöglich zugemuthet werden konnte, sich in Betreff ihrer Utensilien oder gar ihrer Wohnungen und was dazu gehört nach Herculanum und Pompeji zu richten. Höchstens sieht man daher noch ab und zu einen Töpser durch Nachahinung ctrnskischer Geschirre dem classischen Alterthinn nachstreben oder einen höheren Tüncher ein Caffeehaus mit mythologischem Personale auf blauem oder rothem Grunde ausschmücken, um zu bekunden, daß hier die höhere Bildung einheimisch ist. — Jin Allgemeinen hat das an das Kunstgebiet streifende Handwerk durch das Erperimentiren mit den verschiedensten Stylen, namentlich mit den allerentlegensten und unbrauchbarsten, Bügel und Zügel verloren; es ist der Pfuscherei verfallen und es wird nothwendig vollends darin untergehen, wenn nicht wieder ein ächt künstlerisches Element in dasselbe eintritt, da, Oer schrankenlosen Concurrenz und der immer steigenden Damps- und Maschinenkraft Der Fabriken gegenüber, nur in demjenigen noch ein Halt zu finden ist, was eine fteithätige Hand und ein stetes Mitwirken des Geistes voraussetzt. Die scheinbar ansscl'ließ- lich ästhetische Frage ist in der That zugleich von hoher national* ökonomischer Bedeutung. Nur wenn das Handwerk die größere Theuerheit seiner Waare durch Originalität, Schönheit imb Soli- dität auszugleichen versteht, wie solches Die Meister des Mittelalters gethan, wird es, in seinem besseren Thcile wenigstens, wieder zu dem goldenen Boden und auch wieder zu dein Ansehen gelangen können, daran es sich in der gedachten Periode erfreute; die An- deren aber werben freilich, als Hörige der Unternehmer und Fabrik- herren, das Höchste erreichen, wenn sie nur eben das nackte Dasein fristen. Mit der ästhetischen Regeneration des Handwerks allein ist es indessen nicht genug; auch das Publicum, und es vor Allem, UUlß regenecirt, auf beiden Seiten das KlUlstbedürfniß imo das Kunstverständnis wieder geweckt und in die rechte Bahn gelenkt werden. An der „Wissenschaft", welche dein Volke die Kunst