Gothisches Musterbuch 1

Forfatter: G. Ungewitter, D. Statz

År: 1856

Forlag: T.O. Weigel

Sted: Leipzig

Sider: 34

UDK: 723

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Side af 232 Forrige Næste
5 müssen gleichsam in Fleisch und Blnt übergegangen, zur andern Natur geworden sein. Das aber ist allerdings nichts Kleines und Leichtes, weshalb denn auch unsere Architekten voraussichtlich noch lange gegen die mittelalterlichen Fesseln eifern, oder doch minde- stens alif eine „Umbildung und Veredlung" der Gothik-, nach freiestem Ermessen jedes Einzelnen, dringen werden. Sonderbar: noch nicht ein einziger Architekt, der praktisch dargethan, daß er der alten Gothik Meister ist, hat deren Unzeitgeinüßheit behauptet oder ans die Einführung einer neuen gedrungen; nur Solche, de- ren Werke Niemand nennt und kennt, sieht man für die Erfin- dung eines neuen Bauftyles sich begeistern, bis dahin aber min- destens die durchgreifendste Fortbildung des Dagewesenen sür einen Ehrenpunkt der Gegenwart erklären: ob sie vielleicht alle ihre Kraft bis zu jenem frohen Ereignisse aufsparen wollen? oder ob all' diese Widerbellerei gegen die Gothik etwa kurzweg ihre Erklä- rung in der alten Geschichte von dem Fuchse und den säuern Trauben findet?------------ Doch, die Liebe macht bekanntlich blind, warum nicht auch vielleicht die Liebe für eine gewisse Kunstrichtung, für gewisse Ty- pen, Formen und Bildungen? Die sich immer mehr ausbreitende Neigung zur mittelalterlichen Kunst ist vielleicht nur eben ein Modehang nicht, eine vorübergehende Grille, vielleicht auch das letzte Aufflackern des erlöschenden Lichtes, welches die Sonne un- serer Väter war? Nahm nicht auch unter Hadrian die antike Kunst wieder plötzlich einen höheren Flug, aber nur um gleich nachher desto tiefer zu sinken? — Daß solche Fragen und Zweifel austauchen, ist gewiß höchst na- türlich, nnd ferne sei von mir die Anmaßung, durch pcrem torische Argumente dieselben beseitigen zu wollen. Sie fallen theilweise in ein Gebiet, auf welcheni die Logik, die Dialektik unb die Empirie nicht unbedingt maßgebend sind, in das Gebiet des Glaubens nein lieb. Allein wenn man auch das Aeußerste annähme, wenn zugegeben wer- den müßte, daß die in Rede stehende Kunstweise ihre Laufbahn voll- endet, daß sie ihre productive Kraft ganz unb gar erschöpft habe, daß unsere Zeit nothwendig etwas schlechthin Neues aus sich heraus gebären müsse, so bleibt darum das StUdilim jener „überwundenen" Kunstweise nichts desto weniger noch immer nothwendig, nnd zwar das praktische sowohl, als das theoretische. Darin wenigstens kommen nemlich alle Stimmen überein, wie weit sie im klebrigen auch anseinandergehen mögen, daß bei der Erhaltung, der Restau- ration nnd der etwaigen Fortführung der alten Bauwerke das in il'iii'ii liegende Gesetz zur Richtschnur dienen müsse. — Alle ohne Ausnahme verurtheilen die Zopfzeit wegen ihres Verhaltens gegen- über den alten Denkmälern, denen die Willkürlichkeiten des Roc- l’dco gewaltsam aufgenöthigt wurden, und wie prächtig auch im- mer der uns in Aussicht gestellte „Styl der Zukunft" einst seine Schwingen entfalten möge, zu dem fraglichen Zwecke wird er kei- nenfalls dienen können, eben um seiner Neuheit willen. Nun hat aber das Mittelalter, bei seiner ans Unglaubliche gränzenden Fruchtbarkeit, uns eine so große Zahl von Kunstwerken hinterlassen nnd, trotz allen Wüthens gegen dieselben uni) aller Vernachlässi- ønng, sind noch so viele davon erübrigt, daß Generationen koin- meu und gehen werden, bevor nichts inehr davon zn erhalten und herzu stell en ist. Solchen Betrachtungen gegenüber wirst sich von selbst die Frage ans, ob denn hinreichende Vorkehr getroffen sei, um wenig- stens dem unbestr ittenen Bedürfnisse zu genügen? Wer mit den einschlagenden Verhältnissen in Dentschland einigermaßen bekannt ist, wird sich billig darüber wundern, daß ich die Frage nicht da- hin form «Urt habe, ob es, wie die Dinge zur Zeit stehen, über- haupt möglich ist, daß jenem Bedürfnisse entsprochen werde. In den officiellen unb sonst maßgebenden Regionen, insbesondere in allen öffentlichen Kunst- und Gewerbe-Unterrichtsanstalten, hat nur die Antike und was es an Abarten von derselben gibt, Bürgerrecht. Wenn es für irgend Jemanden noch eines Beweises dafür bedürfen sollte, so sei hiermit auf die noch im Laufe dieses Jahres in Berlin erschienenen „Vorschriften für die Ausbildung nnd Prüfung derjenigen, welche sich dem Baufache widmen," iino die gleichzeitig publicisten „Vorschriften für die Königliche Bau- Academie zu Berlin" verwiesen, in deren 63 Paragraphen der mittelalterlichen Baukunst nicht einmal Erwähnung geschieht, wäh- rend sie in einer 1852 erschienenen Bekanntmachung in Betreff der Bauführer-Prüfung nur erwähnt ward, um alles Arbeiten im Style derselben positiv zu untersagen, und, wie es auch das Regu- lativ vorn 18. März 1855 (§ 6) that, nur solche Probearbeiten für zulässig zu erklären, welche „entweder im antiken oder einein in antiker Auffassung durchgebildeten Banstyle entworfen sind." Die Verzeichnisse der Unterrichtsgegenstände und der Vorlesungen geben den gleichen Standpunkt zu erkennen, auf welchem denn auch selbstredend die Zöglinge, denen es unis Fortkonnnen zu thnn ist, sich firiren, zumal ihnen so zu sagen jede Gelegenheit abge- schnitten ist, noch in einer anderen Richtung sich gründlich aus- zubilden, wenn dazu überhaupt, bei den immer mehr sich häufen- den Anforderungen in wissenschaftlicher Beziehung, noch die Mög- lichkeit bliebe. Auch die Muster- und Modellsaminlungen, die Bibliotheken, die Mappen, selbst die äußere Ausstattung der zum Unterricht dienenden Gebäude, kurz Alles trägt ja den gleichen Stempel, allerwärts niacht sich durchweg nur die „Antike" geltend. Wenn der Grundgedanke der richtige wäre, so ließe sich in der That die Consequenz hinsichtlich seiner Durchführung nur lobend anerkennen, uno nicht minder erklärt es sich leicht, daß man mit- telst derselben und gestützt auf das Staatsinonopol, so wie auf die immensen Mittel, welche letzteres seinen Inhabern zur Verfü- gung stellt, so lange an der Hoffnung festgehalten hat — wie man sie denn auch immer noch nicht aufgeben will — mit dein „Antiklsircn" der Gegenwart doch noch zu Stande zu kominen, im Reiche der Kunst dem Griechen- unb Römerthum die feste Herrschaft über das Gcrmanenthum zn verschaffen. Die Duld- sameren, welche anderen Richtungen noch eine gewisse Berechtigung zuerkennen und sich dahin vernehmen lassen, daß jedweder Styl, sei es nun für sich allein, sei es in Verbindung mit einem oder mehreren Anderen, je nach dein Zweck und den obwaltenden Ver- hältnissen, zur Anwendung zu kommen habe, mit Einem Worte, die Eklektiker, wollen eben so wenig wie die erclusiv klassisch Gesinnten den Vorrang der Antike in irgend einer Art beeinträch- tigen lassen; mit gleicher Entschiedenheit weisen sie die Behauptung zurück, daß die antike Kunst in einem untergegangenen Leben, daß sie in Ideen und Anschauungen wurzele, von welchen das