Ausstellungszeitung Nürnberg 1906
Forfatter: Paul Johannes Rée
År: 1906
Forlag: Wilh. Tümmels Buch- Und Kunstdruckerei
Sted: Nürnberg
Sider: 1096
UDK: St.f. 91(43)(064) Aus
Amtlisches Organ Der Unter Dem Protektorate Sr. Konigl. Hoheit Des Prinsregenten Luitpold Von Bayern
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Seite 192
Bayerifche Subildums-Landes-Hustfellung 1906
nr. 9
Erscheinungen ihre unheilvollen IDirhungen aus, sie Haben
den Tharakter des Rtirnbergers bestimmt, wie ihn Landes-
birektionsrat Freityerr von Lochner im Satyre 1807 zeichnet.
Sm allgemeinen waren „Gutmtitigkeit und Rntyanglichkeit
an die Regierung von jeher Herrschende Suge" desselben.
„Dazu gesellt sich aber ein Mihtrauen bei allen neuen
Einrichtungen, welches aus dem Geiste der magistratischen
Verwaltung und der politischen Verhaltnisse der Reichsstabte
tiberhaupt sich schon erklaren laht. Bei der beschrankten
Lage derselben, bei dem bestandigen Kampfe, eine Existenz
zu erhalten, welche nach dem Geiste der Seit und nach
den hoheren Forderungen der Politik und des allgemeinen
Ivohles sich langst als unhaltbar stir den Denker ausge-
sprochen hatte, muhte eine bestandige
Rusmerksamkeit aus alle, auch die un-
bedeutendsten Dorgange, ein angstliches
5treben der Regierungsgewalt, die
wahre Lage der Sache vor den
Rugen des Btirgers zu ver-
bergen, die Kleinliche Be-
obachtung und Beibe-
Haltung aller Formen,
welche man als Lrsatz
der verlorenen Rtacht
und Grbhe betrachtete,
den Geist der Lin-
wohner niederdrticken,
den sreien Gang des
Genius aufhalten, den
Menschen an beschrank-
te Rnsichten gewbhnen
und blindes Vertrauen
aus das Rite einslbhen.
Diese Mahregel brachte als
eine Folge nattirlich bei der
gesamten Masse der Einwohner
die namlichen Ivirkungen Hervor,
welche dieselbe bei dem einzelnen
Menschen erzeugt und welche sich in
dem angstlichen Mihtrauen bei neuen Gin
richtungen auhert. (Es ist auffallend, wie sehr
dieser Geist des Kleinlichen, diese Rnhanglichkeit an alte
Formen, dies Mihtrauen aus die Solgen feder neuen
Unternehmung, dies beschrankte Wirken in dem ge-
wbhnten engen Kreise sich bei jeder Klasse der Einwohner
auhert. Rur Belehrung und ein ruhiger Gang der Re-
gierung bei Rnwendung der Gesetze kann hier wohltatig
aus den Geist des Volkes wirken, statt dah zu strenge
Mahregeln hier im ganzen, sowie bei dem einzelnen
Menschen einen Starrjinn erzeugen wtirden, den man wohl
bekampsen Konnte, welchen aber eine Humane Regierung
nie selbst veranlassen wird. Dah die leider in allen Standen
herrschende Rrmut sehr nachteilig auf die Geistesentwicklung
wirkt, ist nicht zu verkennen, und daher werden zweck-
mahig eingerichtete Schulanstalten, Besorderung der In-
dustrie und Rufmunterung der Einwohner, welche sich vor-
ztiglich in irgend einer Beziehung auszeichnen, vorteilhaft
Niirnberger Burg und Docher.
dazu wirken, die schlasenden Krafte zu roecken und den
Tharakter des Volkes zu erheben."
In zwei Hauptklassen teilte sich die Stadtbevolkerung
Htirnbergs, in Btirger und in Schutzverwanbte. Beide
Hatten in diesem Verhaltnisse verschiedene Vorteile, wogegen
sie aber auch besondere Verbindlichkeiten Hatten.
Das Btirgerrecht wurde entweder durch die Geburt,
oder bei weiblichen Personen durch Verheiratung mit einem
Btirger, oder endlich durch gesetzliche Rusnahme eines Richt-
btirgers zum Btirger erlangt. Bei den geborenen Btirgern
ward Kein Unterschied gemacht, ob sie eheliche oder un-
eheliche Kinder waren, ob sie vor oder nach des Vaters
Rusnahme zum Btirger geboren wurden. Die Verschiedenheit
zeigte sich nur darin, dah ein geborener
Btirger ein Mitglied des Staates sein
Konnte, ohne ein bestimmtes Geschaft,
Gewerbe oder Vermogen zu Haben,
und dah er, wenn er sein elgenes
hauswesen einrichten wollte,
Kelner seierlichen Rusnahme
unterworsen war. Es wur-
den Keine Btirgen, Spor-
teln oder ein besonderer
Lid von ihm gesordert,
sondern sein Rame
wurde bei dem jahr-
/id}en Losungschreiben
in das Btirgerbuch
eingetragen. Die Ruf-
nahme eines neuen
Btirgers war aber mit
manchen Rmstanden
verbunden. Es wurden
zuerst von dem sogenannten
Btirgeramte die Eigenschaften
desjenigen, welcher um das
Btirgerrecht anhielt, genau unter-
sucht: Er muhte von ehelichen
Eltern geboren sein, sich in Keinen
btirgerlichen Verhaltnissen mehr mit einer
underen Gbrigkeit befinden und sich zum Pro-
testantismus bekennen. Er mutzte genau angeben, ob er
das Btirgerrecht stir sich allein verlange, oder ob er auch
Kinder habe, welche zugleich mit ihm ausgenommen werden
Konnten' er mutzte sich zu einem Geschafte bekennen, muhte
das Vermogen bestimmen, wovon er jahrlich die Losung
geben wtirde, muhte dem Fiskus roegen derselben eine
Hypothek aus alle jetzigen und Ktinftigen Besitzungen ver-
sprechen und zroei Btirgen, welche stir seine Verbindlichkeit
hasten sollten, namhaft machen. Diese samtlichen Rmstande
wurden von dem Btirgeramte untersucht, dartiber an den
Rat Bericht erstattet und von diesem die Rusnahme be-
schlossen oder abgelehnt.
Schutzverwandte wurden diejenigen genannt, welche
nicht Btirger werden wollten oder Konnten. Gewbhnlich
wurde der Schutz nur aus ein Satyr erteilt, doch wurde
dieser ost durch jatyrliche Rnnatyme des vorausbezatylten