Ausstellungszeitung Nürnberg 1906
Forfatter: Paul Johannes Rée
År: 1906
Forlag: Wilh. Tümmels Buch- Und Kunstdruckerei
Sted: Nürnberg
Sider: 1096
UDK: St.f. 91(43)(064) Aus
Amtlisches Organ Der Unter Dem Protektorate Sr. Konigl. Hoheit Des Prinsregenten Luitpold Von Bayern
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Seite 214
Bayerifche 3ubildums-Landes-Husifellung 1906
nr. 10
Russtellungsleitung in einem Schreiben an den Polytech-
schen Deretn in Munchen Hervor, datz die russische Kaiserin-
IDitwe die Russtellung besucht hade und datz „Rllerhochst
dieselben nicht mit blotz fluchtigem, sondern mit einem wahr-
hast prusenden Blick alle ausgestellten Gegenstande zu
betrachten geruheten, uber manches Rufklarung verlangten
und dagegen rvieder mit Dergleichungen gegen die russischen
Geroerbszroeige, mehrere Stunden die Rnroesenden und mit
unbeschreiblicher huld und Gnade unterhielten".
Uber die Rugsburger Russtellung teilt der Bericht mit,
datz dank der guten Beschickung der Russtellung durch die
Kunstler und Kunstliebhaber der Kunstlerische Teil der Rus-
stellung besonders reich und glanzend war, wahrend die
Russtellung „in hinsicht der Industrie-Lrzeugnisse nicht so
zahlreich aussallen Konnte, als man vom Rugsburger Kun(t=
sleitz zu erwarten das Recht hatte." Lin ausfiihrliches
Derzeichnis der ausgestellten Gegenstande, das leider von
der Nurnberger Russtellung sehlt, gestattet es, uns von
dem Inhalt dieser Nusstellung eine deutliche Dorstellung zu
machen. Sie bestand aus sechs Gruppen, von denen die
erste die Gemalde, Zeichnungen und Kupferstiche umsatzte,
wahrend die zweite die mathematischen, optischen, mecha-
nischen und rnusikalischen Instrumente, die dritte, vierte und
funfte die Fabrikrate aus mineralischen, vegetabilischen und
animalischen Stoffen und die sechste die Maschinen und Modelle
enthielt. Vesonders gunstig traten in der Nusstellung die
Lrzeugnisse der Stahl- und Eisenindustrie sowie die Rrbeiten
der Weberei Hervor, und der Verichterstatter ist uberzeugt,
datz dieser Umstand wesentlich dazu beitragen wurde, die
auslandische Ginfuhr zuruckzudrangen. Dabei denkrt er
vor allem an England und, auf die Notlage der Heimischen
Weber hinweisend, richtet er an die Regierung die Ruf-
forderung, die Industrie durch Linfuhrung jener Pramien
zu fordern, „wodurch die englische Regierung ihre Fabrikanten
in den Stand setzt, den Fabriken des Kontinents die Kon-
Kurrenz zu erschweren oder sie ihnen nur unter den Hartesten
Entbehrungen moglich zu machen". —
Die Munchener Russtellung, von welcher gleichfalls
ein ausfiihrliches Derzeichnis vorliegt, ist fur uns deshalb
von besonderem Interesse als sie eine, zwar in sehr Kleinem
Matzstabe durchgefuhrte Bayerische Landesausstellung
war. Ihre Unternehmer waren die im Jahre 1815 von
dem ruhrigen Kaufmann I. G. Zeller ins Leben gerufene
Kommissions-Niederlage fur den inlandischen Kunst- und
Gewerbfleitz, und der ein Jahr darauf gegrundete Poly-
technische Derein im Konigreiche Bayern. Um eine Rus-
stellungsgelegenheit zu schaffen war jene Kommissions-
Niederlage ins Dasein gerufen worden. Sie sollte eine
Statte sein, „wo der Kunstler, wo der uber das Gemeine
sich erhebende Fabrikant, wo jeder Inlander, der etwas
Rusgezeichnetes erfunden oder Hervorgebracht Hat, sein
Kunstwerk oder das Lrzeugnis seines Nachdenkens und
Fleitzes offentlich ausstellen und zur Rnschauung seiner Mit-
burger bringen Konnte", wie Zeller in seiner Rnkundigung
dieses Unternehmens und des in Derbindung damit Heraus-
gegebenen „Wochentlichen Rnzeigers" fur Kunst, Kunst-
fleitz und Gewerbe in Baiern" bemerkt. Der Lrfolg der
nur fur die Mitglieder des Polytechnischen Dereins ver-
anstalteten Monatsausstellungen gab den Mut, im fjerbst
des Jahres 1818 eine allgemeine Landesausstellung ins
Leben zu rufen und alle Kunstler und Gewerbetreibenden
Bayerns zur Beteiligung aufzufordern. Die Russtellung
erhielt dadurch einen offiziellen Tharakter, datz durch Rller-
Hochstes Reskript die samtlichen Kreisregierungeu angewiesen
wurden, „diese Nachricht und Cinladung in die Kreis-
Intelligenzblatter aufzunehmen und alle konigl. Behorden zur
Forderung dieses nutzlichen Dorhabens aufzufordern." Die
Russtellung, die am 12. November eroffnet wurde, fand im
Gasthaus zum schwarzen Rdler statt, fur eine Landes-
ausstellung zweifelsohne eine bescheidene Russtellungsstatte.
Die Kosten fur die Rufstellung der Gegenstande und die
Rufsicht trug fjerr Zeller, der dabei auch die Hauptarbeit
besorgte. © gute alte Zeit, wie gut hast du es gehabt,
wenn man an die Rrbeit und die Kosten denkt, die Heute
eine Landesausstellung verursacht! Und doch mochte ich
nicht mit dir tauschen. Du hast auch deine Sorgen und
Plagen gehabt, und nur, well wir so fern von dir sind,
nimmst du dich so aus, datz wir dich die gute nennen! Das
Unternehmen fand allgemeine Rnerkennung. Ris Hohe
Besucher der Russtellung nennt der Bericht das Konigliche
und das Kronprinzliche Paar und die Kaiserin von Gster-
reich. Rutzerdem teilt er mit, datz der Kaiser von Gster-
reich, der nach Schlutz der Russtellung eintraf, sich mehrere
Gegenstande, die dort aufgereiht gewesen roaren und die
Rufmerksamkeit I. M. der erhabenen Gemahlin des Kaisers
besonders auf sich gezogen hatten, durch fjernt Zeller noch
besonders auf dem Zimmer hat vorlegen lassen. Wie die
Nurnberger, so roar auch die Rugsburger Russtellungs-
leitung zur Linsendung besonders guter Gegenstande auf-
gefordert roorden, und die Rugsburger Kamen diesem Rn-
suchen besser nach, als die Nurnberger, die, roie bemerkt,
die Transportgefahren furchteten. Dornehmlich beteiligten
sich von den Rugsburgern die Metall- und Textilindustriellen.
Der Bericht fuhrt die Russtellungsgegenstande in der Gruppen-
einteilung der Rugsburger Russtellung auf. Im Mittel-
punkte der Kunstabteilung, in der aus Nurnberg nur der
Landschaftsmaler Johann Konrad Gehlig mit zroei Bildern
vertreten roar, stand die damals noch in ihren Rnfangen
steckende Lithographie. „Ris bayerische Lrfindung", Heitzt
es in dem Berichte, „erhielt dieselbe einen vorzuglichen
Platz in dem Saale," und er setzt Hinzu, datz die aus-
gestellten gelungenen Produkte diese Ruszeichnung gerecht-
fertigt hatten. Rufsehen erregte vor allem das „alles
Geheimnis von der Betreibung der Lithographie Hinroeg-
Hebende" Senefeldersche Lehrbuch des Steindrucks. — Zu
den von der Nurnberger Zinngietzerei Freyer Witroe &
Sohn ausgestellten Rrbeiten, darunter eine Musterkarte von
allem demjenigen, roas die Landroehr zur Uniformierung
bedarf, eine Blumenvase mit Hellblauem Glase und Blumen,
ein Paar Pyramidenleuchter, eine Zuckerbuchse in Urnen-
form — die ganze Biedermeierzeit steigt vor einem auf -,
bemerkt der Berichterstatter: „Sammtliche Rrbeiten ver-
dienen gerechten Beyfall — und mit Bedauern mutz bey
dieser Gelegenheit bemerkt roerden, datz alle ubrigen