Ausstellungszeitung Nürnberg 1906
Forfatter: Paul Johannes Rée
År: 1906
Forlag: Wilh. Tümmels Buch- Und Kunstdruckerei
Sted: Nürnberg
Sider: 1096
UDK: St.f. 91(43)(064) Aus
Amtlisches Organ Der Unter Dem Protektorate Sr. Konigl. Hoheit Des Prinsregenten Luitpold Von Bayern
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Seife 272
Bayerifche 3ubildums • handes = Husifellung 1906
nr. 13
brachte sie Muschelfarben in Pappkasten, sowie VIechkasten
mit Honigsarben in blechernen Napfchen in den Handel,
welche damals hochgeschatzt waren.
3m Atelier murden dann auch vorubergehend drei in
£eip3ig engagierte Xylographen verwendet, als es sich
darum handelte, eine wochentlich erscheinende, den Fliegenden
Blattern nachgeahmte 3ugendzeitschrift herzustellen, die sich
indes nur Kurze 3eit Hielt. Nus die etwa ums 3ahr 1850
in die Geschastszweige mit aufgenommene Lithographie
wird weiter unten zuruckzukommen sein. Geitzler grundete
spater einen elgenen Verlag von Bilderbtichem, Spielen
und naturgeschichtlichen Wandtaseln. Ivahrend die erst-
genannten Artikel als veraltet eingegangen sind, ersreut
sich zurzeit der Wandtaselverlag im Besitze des Hiesigen
Buchhandlers Karl Koch unter der alten Firma einer
neuen Blute.
Karl Mayers Kunstanstalt, welche den modernen An-
spruchen angepatzt und von dessen Sohnen sortgesuhrt,
Heute noch in schwunghaftem Betriebe steht, beschrankte
sich damals lediglich auf den Stahlstich und die Kupser-
druckerei. Auch diese Anstalt ersreute sich in Deutschland
eines groven Rufes, und Auftrage slossen ihr von allen
Seiten zu. Ausschlletzlich wurde hier der glatte „englische"
Stahlstich gepslegt, und wie bei Geitzler vornehmlich die
Zeichner, satzen hier in langen Raumen die sich in die
hand arbeitenden Kupserstecher, Mann bei Mann, Hinter
ihren Blenden. Im ganzen nicht tider dem Handwerker
stehend, ging doch aus ihren Reihen gar mancher namhafte
Kupserstecher Hervor, nachdem er sich einmal von der Ge-
bundenheit der Anstalt losgelost hatte. So Sichling in
Leipzig, Barthelmetz und Vogel in Dusseldors, Sonnenleiter
in IDien. 3a, selbst J. £. Raab in Munchen hatte seine
ersten £ehrjahre in Mayers Anstalt verbracht. Reben den
vielen Austragen, die hier bewaltigt wurden, hatte Mayer
einen elgenen helllgenbllderverlag gegrundet, und es gab
kaum eine Wallfahrtsstatte, deren Gnadenbild nicht Hier
vervielfaltigt und dort an das Volk zu vielen Tausenden
abgesetzt wurde. Viel spater trat dann der Ilthographische
Buntdruck Hinzu, um den Stahlstich mehr und mehr zu
verdrangen. Lr wird meines tvissens heute dort ausschlietz-
lich gepslegt und erstreckt sich aus das verschiedenste Genre.
Line dritte Kunstanstalt war die von Serz^ gleichsalls
sur Kupfer- oder Stahlstich mit Druckerel und elgenem
Verlag. Sie betrieb anfanglich vorzugsweise die Herstellung
von £andkarten, fugte dem aber auch das Flgurliche bei
und richtete sich immer mehr darauf ein, den lukrativen
Heiligenbilderoerlag zu pflegen. Vie Anstalt bluht in
gleicher Iveise noch Heute.
Grotz war die Zahl der lithographischen Anstalten.
Vie meisten jedoch beschrankten sich auf die Herstellung
Kalligraphischer Drucke, wie Formulars feder Art mit neben-
sachlichem figurlichen oder ornamentalen Beiwerk, und so
reduzierte sich die angewandte Technik meist auf die Stein-
gravierung. Line Ausnahme Hievon machten die Anstalt
von Renner & Tie. und die von Buchner. Beide pflegten
vorwiegend die Kreidezeichnung und begrundeten einen
Bilderbogen- und Bilderbucherverlag, der sich zwar auf
Kein Kunstlerisches Niveau erhob, aber immerhin uber den
Neu-Ruppiner Lrzeugnlssen stand. Stark eingedammt durch
gesetzliche Schranken waren damals die Befugnisse der
Steindrucker,'eln Nmstand, den sich die hier bestehenden
lithographischen Anstalten zunutze machten. Man Konnte
sich Zwar in Nurnberg als £ithograph niederlassen, denn
als solcher war man als freier Kunstler angesehen. Das
Drucken aber als gewerbliche Tatigkeit bedurfte einer
Konzession, welche nur Anstalten erwerben Konnten, die
zugleich £ithographen beschastigten. Unabhangig von jenen
war hier ein Kunstlerisch ausgeblldeter £ithograph Theodor
Rothbarth setzhaft, welcher vorzugsweise fur auswartige
Verlagsfirmen arbeitete. Dies fuhrte bald zur Rbernahme
ganzer Auflagen, wodurch er wiederum veranlatzt war,
sich nach einem geschickten Steindrucker umzutun, welcher
sich namentlich auf Tondruck verstand. Seinen Bemuhungen
gelang es zuletzt, in der Person eines gewissen Lngelhardt
den rechten Mann zu sinden. Nun schlossen sich aber alle
lithographischen Anstalten zum Widerstand zusammen und
protestierten unter Berusung auf die erwahnte gesetzliche
Bestimmung gegen die Niederlassung Lngelhardts in Nurn-
berg. Fur diesen wurde dann ein Ausweg gefunden, der
ihm wenigstens die Ansassigmachung in der damallgen
Sandgemeinde Schweinau gestattete. Seine Auftraggeber,
darunter auch P. T. Geitzlers Kunstanstalt, welche bald den
Vorteil zu wurdigen wutzte, welchen ihr die Nahe des
brauchbaren Mannes bot und nun auch Sithographen be-
schaftigte, dursten freilich die Zeltversaumnis nicht in An-
schlag bringen, die eine noch nicht durch Telephon und
Stratzenbahnen ausgeglichene Lntsernung dieses Vororts
mit sich brachte. Lrst in der zweiten halste der funsziger
3ahre gelang es Lngelhardt doch noch, hier ansassig zu
werden und hier auch seine Druckerel zu erweltern, aus
der ihm dann bald von elgenen £euten Konkurrenz erstand.
Solchergestalt waren die Vorlaufer der Hiesigen Kunst-
anstalten beschasfen und mit derartigen Hemmnissen Hatten
sie zu kampfen. 3u Anfang der zweiten halfte des vorigen
3ahrhunderts begannen dann Hierorts die ersten Veroffent-
lichungen des polychromen lithographischen Druckes, aus
bescheidenen Anfangen zu immer umfangreicheren und auch
kunstlerischeren Seistungen sich entwickelnd. Ls war das
Verdienst L. A. Pochers, welcher mit sehr einsachen, an die
Fenster zu hangenden £lchtbildern begann, und dann die
damals eben bekannt werdende Metachromatypie aufgreisend,
sein Geschaft zu immer grotzerem Umfange ausdehnte und
dessen Lrzeugnisse verbesserte. Andere Anstalten schossen
daneben wie Pilze aus dem Boden, von denen viele zur-
zeit noch in Blute stehen. Alle uberragt an Umfang und
Kunstlerischer Bedeutung Nisters in grotzem Stile gefuhrte
Kunstanstalt. Hier ist uns jedoch ein halt! geboten, denn
der diesem Artikel gegebene Rahmen gestattet nicht, mehr
als einen fluchtigen, aber auch erfreulichen Blick auf die
Kunstanstalten der Gegenwart zu werfen.