Ausstellungszeitung Nürnberg 1906
Forfatter: Paul Johannes Rée
År: 1906
Forlag: Wilh. Tümmels Buch- Und Kunstdruckerei
Sted: Nürnberg
Sider: 1096
UDK: St.f. 91(43)(064) Aus
Amtlisches Organ Der Unter Dem Protektorate Sr. Konigl. Hoheit Des Prinsregenten Luitpold Von Bayern
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Seite 10
Bayerifdie Subildums = kandes * flusifellung 1906
Nr. 1
Lrlangung eines Kunstlerischen Ausstellungsplakates beteiligte,
und welches das Preisgericht dazu bestimmt hatte, ihn zu
dem sich anschliehenden engeren Wettbewerb aufzusordern.
3n origineller Weise hatte er aus dem unter dem IHotto :
„Hellblau ist bayrisch" eingesandten Lntwurs eine in einer
Hochgebirgslandschast dahinschreitende Ehrenjungfrau dar-
gestellt, die eine mit blauen und weihen flatternden Bandern
geschmuckte Insignie mit den Abzeichen von Handwerk,
Industrie und Kunft tragt, das Ganze echt Kunstlerisch und
plakatmahig mit einsacher Flachenwirkung in Blau, Weih
und Goldbraun durchgesuhrt, so dah es schwer fiel, von
seiner Wahl abzusehen, aber so drastisch im Motiv und
ohne jede Anspielung aus Iturnberg und seine Ausstellung,
und deshalb fur den gedachten Zweck mit dem besten Willen
nicht verwendbar. Nicht roeniger als 137 Lntwurse maren
zu diesem Wettbewerb eingesandt worden, aber aus Kernen
fiel der Preis. So kram man dazu, fur die zu den Preisen
ausgesetzte Summe von 1800 Markr die drei Kunstlerisch
wertvollsten Arbeiten anzukaufen und deren Schopser, als
welche sich die Maler Albert Weisgerber, Rudolf Schiestl
und das Kunjtlerpaar L. Landauer und R. Brackenhammer,
alle in Munchen ergaben, zu veranlassen, sich um den
neuerdings ausgesetzten Preis von 1000 Mark mit einem
neuen Plakat zu bewerben. flus diesem am 5. Juli zum
flustrag gebrachten IVettbewerb ging mit dem hier in einer
den Farbenwerten vorzuglich gerecht werdenden Schwarz-
weih-wiedergabe veroffentlichten Plakat Albert Weisgerber
hervor. Er hatte mit seiner flrbeit den Nagel aus den Kopf
getrosfen. Uberraschend war die Wahl des Motivs, groh-
zugig die Komposition, keck und sicher die Zeichnung und
von starker dekorativer Wirkung die Farbengebung. fluch
Hier sand man wieder in Verbindung mit einem nur
etwas dunkler gehaltenen Braun die unmittelbar aus
Bayern Hinweisende Verbindung von Blau und Weih, und
dazu war noch in breiten Flachen ein valles Schwarz ge-
Kornmen, das die ubrigen Tone zu einem Kraftigen Akkord
zusammenschloh.
Mancher wird ohne Zweifel aus den ersten Blick uber
die drei Fahnentrager stutzen, die mit der Kernig gezeichneten
Burg im Hintergrunde das Plakatmotiv bilden. Man ist
es nicht gewohnt, in solchen Fallen die Tracht unserer Tage
zu erblicken, man hat da bisher immer Gestalten in irgend
einer historischen oder idealen Gewandung gesehen, aber die
3eit der Kunstgewerblichen Maskerade ist voruber, und
damit auch die 3eit, in der immer Kostumliche Mittel der
Vergangenheit herhalten mussen, um unseren festlichen Ver-
anstaltungen das Kunstlerische Geprage zu geben. Man
mag uber unsere Zesttracht - ich meine die mannliche -
denken wie man will, man mag sie schon oder Hahlich,
Kleidsam oder unkleidsam, poetisch oder prosaisch finden,
wir haben einmal den schwarzen Frack, den schwarzen
Gehrock, den Zylinder und die gesteifte Wasche, und mussen
uns deshalb auch dazu bekennen, roenn die Feststimmung
unserer 5eit zur Lrscheinung Kommen und roie in unserem
Falle der Dreibunb von Industrie, Geroerbe und Kunst
unserer Tage versinnbildlicht roerden soll. Freilich muh es
in einer das Wesentliche betonenden, pragnanten, Kunst-
lerischer Weise geschehen roie Hier, damit ein Sinnbild und
Keine Illustration entsteht.
Vie Lharakterisierung der drei Gestalten ist vortrefflich:
des Industriellen in der Mitte mit seiner selbstbewuhten
Haltung und eleganten Kleidung, des Kunstlers, dessen Be-
roegungen und Toilette ein geroisses Sichgehenlassen aus-
drucken und des Handwerkers, aus dessen Lrscheinung
Arbeitsamkeit und biederes Wesen sprechen. Lin leiser
humor durchzieht die Gruppe, aber dabei ist doch die Auf=
sassung rourdig und groh und der Gesamteindruck ein
sestlicher, roie es der Zweck verlangt.
Von ausgezeichneter Wirkung sind die mit entsprechenden
Sinnbildern versehenen machtigen Fahnen, deren Blau dem
blauen Ton des Grundes vollstandig entspricht, so dah ein
groher flachiger Lindruck hervorgerufen wird. Vorzuglich
ist die charakteristische Wiedergabe der Burg, deren zeich-
nerische Varstellung an alte holzschnitte gemahnt, und aus-
gezeichnet geht mit dem Bild die Schrist zusammen, die
ornamental wirkt und aus der die Worte : „Iubilaums-
Ausstellung-Nurnberg 1906" deutlich Hervortreten.
Wie ein Fansarenstah, Hat ein Franzose gesagt, soll
ein gutes Plakat wirken. Ls soll wie jener lange nach-
hallen und Linen nicht so schnell wieder los lassen. Viese
Wirkung wird unser Plakat sicherlich nicht versehlen. Ich
zweifle aber auch nicht daran, dah es sich mit seinen aus-
gezeichneten Kunstlerischen Ligenschaften viele Freunde er-
werben und das Seinige dazu beitragen wird, der Ausstellung,
fur die es zu wirken berufen ist, solche zuzufuhren.
Noch sei bemerkt, dah die vortrefsliche Farbendruck-
aussuhrung von der lithographischen Kunstanstalt Fritz
Schneller & Tie. in Nurnberg stammt.
P. I. Rée.