Ausstellungszeitung Nürnberg 1906

Seite 558 Bayerifche Subildums-Landes-Huslfellung 1906 Nr. 26 Wanderungen burch die Husftellung. Von Paul Johannes Rée. Textil= und Bekleidungsindustrie. s M Lingange der grohen Koje, in der die mit 25 schwubischen, zwei oberbayerischen, einer mittel- frankischen und zwei oberfrcinkischen Firmen vertretene bayerifche Baumwollenindustrie Rb- bildungen einer Beihe von grohen Spinnereien und Mebereien mit Linblicken in deren Rrbeitssale, sowie Photographien, die uns uber die Gewinnung und den Ver- sand der Baumwolle in Indien aufkIdren, ausgestelit Hat, finden wir in mehrsacher lviederholung eine grohe Tabelle mit der fingabe, dah in den Fabriken der in der Sammel- ausstellung beteiligten Firmen im ganzen 979080 Spindeln und 17882 Webstuhle im Gang sind, dah die Zahl der dabei beschaftigten Rrbeiter 20 300 betragt und dah die Iahresprodulrtion in 33,9 Millionen Kilogramm Garn und 184 Millionen Metern Geweben besteht. Diese Zahlen reden eine deutliche Sprache und gewinnen angesichts der Fabrikansichten und der Huslage der haupterzeugnisse dieses Industriezweiges in dem vor der Koje ausgestellten Glus- schrank eine erhohte Bebeutung. Rusgestelit sind auher Zwirnen, Nahfaden und Spulen mit Baumwolle, Boh- und Buntwebereien, Kuttundrucke, Lalicos, Madapolame, Mako- tuche, ugyptische Baumwolle, Tischzeug, Hemden- und Seiden- tuche. Ruf verhaltnismahig engen Baum erscheint hier zu- sammengedrangt, was in so vielen Rrten und grohen Mengen die bayerische Baumwollindustrie heute auf den Weltmarkt bringt. Gesondert von dieser Sammelausstellung Hat noch die 1810 gegrundete Mechanische Buumwoll- buntweberei von I. Sim. Fleihner in einem grohen Schrank ihre Lrzeugnisse ausgestelit und ergunzt so das gunstige Bild, das wir soeben von der Lntwicklung der Textilindustrie in Bayern gewonnen haben. Die Baum- wollenindustrie ist auherdem noch vertreten durch ver- schiedene Zwirnerei- und Nahsadenfabriken, von denen die Gogginger nicht so sehr durch ihre Lrzeugnisse als viel- mehr durch ein grohes Modeli ihrer Fabrikanlagen das Rugenmerk auf sich zu ziehen sucht. Und es gelingt ihr dadurch auch ganz vorzuglich, dah sie die Rnlage belebt Hat durch einen sich zwischen den Gebauden bewegenden Lisenbahnzug und eine Beihe Forderwagen, die mit Faden- rollen, Zwirnknauel oder hleinen gefullten Korbchen be- laden, ihre Fracht den das Modeli umstehenden Beschauern zuschleudern. Lin reizvoller Lffekt ist es auch, dah die die Rnlage beleuchtenden Bogenlampen wirkliches elektrisches Licht spenden. Den Mechanismus fuhrte die Burnberger Fabrik optisch-mechanischer Maren von Bell und Breitenbach aus. Durch einen Kunstvollen Rufbau ihrer Lrzeugnisse tritt die Zwirnerei und Buhfudenfubrik Rugsburg Rkt.-Ges. Rugsburg hervor. In geschmackvoller Meise sind hier bei der Bildung des hohen Sockels, der die Gestalt des Rugustus vom Rugustusbrunnen in Rugsburg tragt, und bei der Gestaltung der beiden seitlichen Saulen die mit den baumwollenen Buhgarnen umwundenen grohen und Kleinen Holzrollen und Kreuzspulen zur Verwendung gebracht. worden. 3u diesen Kommen dann noch die Knduel und Struhne von ljackel-, Stopf- und Stickgarnen und die wie uns berichtet wird, galvanisch echten goldgelben und weihen Glanzfaden. - Sehr praktisch und ansprechend ist die Rrt, wie die Mechanische Meberei fur Filtriersacke und Filtertucher von Karl Rl. Berr in Plohberg (Ober- pfalz), ihre Filtriersacke zur Schau gestellt hat, indem sie sie an einem schmucken, in Blau-Rot-Gelb gehaltenen schmiedeeisernen Gesiell aufhing. Ven Lntwurf dazu lieferte h. hollfritsch. Fur eine wurdige Vertretung der bayerischen Mollindustrie hat die im Iahre 1857 gegrundete, Heute mit 101 000 Fein- und 24 230 3wirnspindeln arbeitende Kammgarnspinnerei Kaiserslautern in Kaisers- lautern gesorgt, indem sie einmal ihre Rohprodukte zeigt, wobei wir Gelegenheit haben, die gezwirnte mit der ge- waschenen Merinowolle zu vergleichen und auf grohen Spindeln ihre vortrefflichen Garne vor Rugen fuhrt, zu- gleich aber die Fabrikansichten von einst und jetzt bietet und uns mit ihren Rrbeiterwohnungen und verschiedenen Mohlfahrtseinrichtungen bekannt macht. Rls wichtiger 3weig der Kunstindustrie tritt uns in der Russtellung der Smyrna- und Velourteppichfabrik Guido Boeder & L o., Rnsbach, die Teppichknupferei entgegen und wir begruhen mit Freude die Tatsache, dah dieser besonders in Sachsen gedeihende Kunstzweig auch bei uns Murzel ge- schlagen hat. Vie Russtellung weist auher Velourteppichen und Suufern, die man bisher von auswarts beziehen muhte, auch mehrere Hundgeknupfte Smyrnateppiche auf. Sehr zu wunschen ist es, dah sich dieser Industriezweig gerade so wie die Gobelinwirkerei ganz auf die gesunde Kilnst- lerische Basis unserer Tage stellt, denn nur so wird sie zu Lrzeugnissen Kommen, die den Vergleich mit denen des Grients aushalten. Die zu Tuchen verarbeitete Molle findet sich im Verein mit den Bohmaterial in vielen Mustern in dem Stufenaufbau der Tuchfabrik Sudwigsau I. Feller & Lo., Sauingen a. d. Donau. Rls Besonderheit der Mollindustrie finden wir in dem zwischen der Hauptrestau- ration und der Maschinenhalle aufgestellten Pavillon Rdolf Grunbaums in Burnberg schan ausgefuhrte Magen- und Pferdedecken in geschmackvoller Rnordnung. Vie Rus- stellung dieser Firma beschrankt sich aber nicht auf dieses, sondern umfaht zugleich alle anderen, sich auf das Beit- und Fuhr- wesen beziehenden Rrtikel. - Lin wichtiges Material fur Vecken aller Rrt nnd undere 3wecke liefert die Mechun. Segel- tuch-, Seinen- und Buurnwollweberei und Decken-, 3elte- und Sackefabrik von S.Stromeyer & L o. inweiler (Rlguu) und Munchen. Ihre Russtellung luht un Beichhultigkeit nichts zu wunschen ubrig. Vu finden wir 3wirnstoff fur Zelte, Murkisen, Brotbeutel, Segeltuch fur Schuhe, Bucksucke, Gumuschen, Tornister, Mugendecken, Rutomobilverdecke u.a.m. in allen Farben und Qualitaten. Ruch wasserdicht impragnierte