Festschrift Zum 50 Jährigen Jubiläum Der Firma J. C. König & Eberhardt
År: 1895
Sted: Hannover
Sider: 60
UDK: St.f. 061.5(43)Kön
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Unterstützungsgelder für Wöchnerinnen und die Kranken- und Sterbegelder gezahlt werden. Eine gut fundirte Haus-
Invaliden-Kasse sichert den Arbeiter bei eintretender dauernder Erwerbsunfähigkeit vor gänzlicher Mittellosigkeit. So
wurde im verflossenen Jahre 8 Invaliden die Wohlthat eines Ruhegehaltes zu theil, und anlässlich der Jubelfeier
wurde, wie weiterhin beschrieben, der schon ansehnliche Fond der Invalidenkasse durch eine Stiftung der jetzigen
Geschäftsinhaber um 50000 Marie erhöht. Ein gleicher Betrag ist festgelegt worden, um für die Comptoiristen und
die Vorstände des Betriebes eine Pensions-Casse zu gründen, die den Beamten ein sorgenfreies Alter gewährt, wie
auch den Wittwen einen auskömmlichen Unterhalt und den Waisen derselben Erziehungsgelder aussetzt.
Sämmtliche Arbeitsmaschinen mit nur vereinzelten Ausnahmen sind mit den Wellenleitungen verbunden, die
durch die Dampfmaschinen in Bewegung gesetzt werden. Und zwar stehen der Fabrik 3 Augsburger Condensations-
• Dampfmaschinen (2 einfache und 1 Verbund-Dampfmaschine) von zusammen 300 Pferdestärken zur Verfügung, die
theils zum Treiben der nahezu 1 Kilometer langen Wellenleitungen, theils zur Erzeugung des elektrischen Lichtes
mittels zweier Dynamomaschinen Verwendung finden, so jedoch, dass jede an das Hauptvorgelege angekuppelt werden
und auch jede wieder die Dynamos treiben kann. Der Maschinenraum selbst ist durch einen stattlichen Laufkrahn
überspannt, der den ganzen Raum bestreichen kann.
In Bewegung werden die Dampfmaschinen gesetzt durch Dampf von 5 bezw. 6 Atmosphären Spannung, der
umschichtig in einem Paar oder in dreien der 4 Piedboeuf’schen combinirten Cornwall-Feuerröhrenkessel, die eine
Gesammtheizfläche von 556 Quadratmeter besitzen, erzeugt wird. Im Winter werden stets beide grosse 6 Atmosphären-
kessel mit in Feuerung erhalten, da neben der Aufwendung zum Betriebe und der elektrischen Beleuchtung erkleckliche
Mengen Dampf zur Heizung des. umfangreichen Gebäudes verbraucht werden. Verbrannt werden auf den Rosten
jährlich nahezu 900 Tonnen Kohlen. Gespeist werden die Kessel mit dem vorher chemiscli gereinigten Grundwasser,
welches den 3 auf dem Fabrikgrundstücke befindlichen Brunnen entnommen wird, bezw. mit dem gereinigten Abwasser
der Maschinen, und zwar dienen hierzu 3 Injecteure, 1 Dampfpumpe und 1 Aushülfspumpe. Dass die Dampfpumpe
auch als Feuerspritze benutzt werden kann, war schon oben angeführt worden.
Für die Reparaturen an den Maschinen und Apparaten der Fabrik, zur Herstellung von Transmissionen, Heiz-
Anlagen, Gasleitungen etc., für die Anfertigung auch ganz neuer Arbeitsmaschinen, die für die einzelnen besonderen
Fälle, wie sie durch die neu an die Firma herantretenden Anforderungen entstehen, angepasst werden müssen, dient
die geräumige, unter Leitung eines erfahrenen Maschinenmeisters stehende Maschinenwerkstatt. Sie ist mit mehreren
Leitspindeldrehbänken, Bohrmaschinen, Hobelmaschine u. s. w. ausgerüstet und beschäftigt ausserdem an der Werkbank
6 Schlosser. Ueber der Schlosserei befindet sich, getrennt durch feuersichere Decke, der Modellboden, während neben
der Schlosserei eine kleine Schmiede mit Schmiedesse liegt. Die Tischlerei dient vorwiegend der Ausführung von
Ausbesserungen im Gebäude, sowie zur Anfertigung von Liniirmaschinen, Setzerpulten, Regalen, Buchbindertischen
und -Bänken und auch zur Herstellung von Comptoirbedarfsartikeln aus Holz sowie ganzer Comptoireinrichtungen auf
Bestellungen hin. In der Tischlerei sind Abrichthobelmaschine, Fraismaschine, Stemm- und Langloch-Bohrmaschine,
Kreissäge, Bandsäge mit Schärfmaschine nebst 5 Hobelbänken aufgestellt. In der Maschinenwerkstatt und Tischlerei
sind bislang für den eigenen Bedarf schon 250 selbstständige, mehr oder weniger grosse Maschinen und Hülfsvorrich-
tungen für den eigenen Bedarf in der Fabrik construirt und gebaut worden. In der Kistenmacherei endlich wird der
ganze Bedarf an Kisten für den Versandt gedeckt. Zwei Klempnereien sind mit im Hauptgebäude untergebracht. In
der einen Klempnerei, in der auch die Schleifmaschine für die Messer der Papierschneidmaschinen untergebracht ist,
werden die Kantenschützer für Bücher, Messingkapitäle, Schilder und derartige Sachen aus Messingblech für die
Bücher hergestellt, während eine zweite Klempnerei in der Nähe des Packraumes für die Fertigstellung der innen
mit Zinkblech auszufütternden Kisten für die überseeische Beförderung dient.
Der Firma, die stets getreu dem in dem grossen Buchdruckmaschinensaal angebrachten Wahlspruch „Vorwärts
geh’n, nicht stille steh’n“ gehandelt und ohne Ausnahme bahnbrechende Neuerungen in ihrem Fache zuerst aufgegriffen
hat und der der Platz als Führerin unter den deutschen Geschäftsbücherfabriken mit vollem Recht zugesprochen werden
darf, sind ehrenvolle Auszeichnungen nicht fern geblieben. Auf sämmtlichen von ihr beschickten Ausstellungen —
Weltausstellungen wie lokalen Fachausstellungen — hat sie erste Preise erhalten und bereits seit 1878 ist sie Besitzerin
der goldenen Staatsmedaille für hervorragende gewerbliche Leistungen. Audi die Geschäftsinhaber wurden durcli
persönliche Ehrungen ausgezeichnet, es wurde Ebhardt 1881, Meineke 1889 der Charakter als Königlicher Commerzien-
rath verliehen.
Leider sollte es aber nicht allen Geschäftstheilhabern beschieden sein, das 50jährige Jubelfest zu erleben und
sich an diesem Tage im Glanze der Freude zu sonnen, welche das Gefühl giebt, durch rastloses Schaffen und Streben
ein Geschäft aus bescheidenen Anfängen heraus zu einer Weltfirma emporgehoben zu haben: Nölke starb im Juli des
Jahres 1884 und Meineke wurde nach langem Krankenlager am 28. Juli 1892 seiner Familie und seinem Wirkungskreise
durch den Tod entrissen.
Nach Nölke’s Heimgange wurde am 1. Oktober 1884 Otto Siecke, der Inhaber und Gründer der Firma
Reuter & Siecke in Berlin, welche Firma noch jetzt General-Agentur für Berlin ist, als Prokurist und kaufmännischer
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