Festschrift Zum 50 Jährigen Jubiläum Der Firma J. C. König & Eberhardt
År: 1895
Sted: Hannover
Sider: 60
UDK: St.f. 061.5(43)Kön
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Mit welcher zärtlichen Sorgfalt hier die Kinder der Papierfabrilien in ihrem ersten Schlummer gebettet werden,
kannst Du an Folgendem erkennen: alle einzelnen Riese, bezw. Bruchtheile derselben, sind durch schützende Papier-
hüllen umschlossen, sie liegen ferner nicht unmittelbar auf dem Fussboden auf, sondern sind auf hochgestellte Bretter-
böden aufgestapelt, welche der Luft unten freies Hindurchstreifen gestatten, und damit das Papier in den höherliegenden
Schichten durch das verstärkte Auftragen der Umhüllung an den eingeschlagenen Rändern nicht hohl in der Mitte
durchhängt, sind zwischen je zehn Ries wieder glatte Bretter dazwischen gelegt, welche die ursprüngliche Ebene
wieder herstellen. Endlich bemerkst Du in dem Raume, obgleich er von zwei langen Wellenleitungen durchstrichen
wird, durchaus keine horizontalen Riemenzüge, welche zu Staubablagerungen und fortwährender Staubaufwirbelung
Veranlassung geben würden, und überall sind Riemenscheiben und Lagerungen durch untergehängte Schmutz- und
Oelfänger verdeckt.
Um uns eine Treppenersteigung zu ersparen, treten wir von dem Papierlager aus gleich in die benachbarte
„Papierstube“, wo uns die in den oberen Geschossen liniirten und bedruckten Bogen wieder begrüssen und wo auch
einige Sonderzweige der gesammten Fabrikation ihr Heim gefunden haben. Zunächst fallen Dir hier die spiegelblanken
Oberflächen der Gruson’schen Hartgusswalzen dreier Satinirmaschinen in die Augen, welche mit hurtiger Geschwindigkeit
alle herausgequollenen oder durchgedrückten Unebenheiten der liniirten oder bedruckten Bogen zurückpressen in die
Papierfläche, wie es für ein schmuckes Aussehen der Bücher und ein leichtes Beschreiben der Blätter nothwendig
erscheint. Hierbei drücken sich aber auch rückwärts an die dampfgeheizten Walzen kleinere Farbtheilchen an und
sie würden mit unfehlbarer Sicherheit den nächsten Bogen verunzieren, wenn sie nicht vorher durch feuchte, gegen
die Walzen gepresste Schwämmp entfernt worden wären. So aber durchfliegt Bogen auf Bogen der besten Papier-
Gattungen vor Deinen Augen fein säuberlich die Maschinen. Hier kann man sagen, dass Geschwindigkeit die Leistung
bringt, denn in einem Tage können die 3 Maschinen 120 Ries Bogenpapier glätten. Doch dicht daneben wird der
gleiche Zweck durch massenhafte Behandlung in der Ruhe erreicht. In der herkulischen Glättpresse, sorgfältig ein-
gespänt zwischen glatten Pressspänen, sind die liniirten Papierbogen eingepfercht, welchen man nicht den hohen lokalen
Druck der Satinirmaschine zumuthet, das sind vornehmlich die Papiere der Klasse C sowie sämmtliche Postpapiere.
Bei ihnen werden alle Runzeln durch Druck entfernt. Hier bewunderst Du auch den menschlichen Scharfsinn beim
Betriebe der hydraulischen Presse. Die Pumpe setzt selbstthätig aus, wenn der gewünschte, vorher eingestellte Druck
von 200 Atmosphären erreicht ist. Die nun hochfein geglätteten Bogen aber werden fürsorglich schichtweis in die
bereitstehenden Regale geschoben, wo uns auch schon die „Liebig-Drucke“ begegnen, von welchen monatlich in der
Fabrik rund 2 Millionen hergestellt werden.
Doch ich sehe, Deine Blicke sind schon abgelenkt und Du treibst heraldische Studien, denn dort stehen an
den Fenstern 2 Siegel-Oblaten-Maschinen, aus denen reihenweis die farbig gedruckten Siegel von Behörden und
Privaten einträchtiglich nebeneinander taktmässig herausmarschiren, wenn gefordert in 4 Gliedern, da in der Maschine
4 Stempel nebeneinander eingesetzt werden können. Auf der einen Seite werden die gummirten Papierstreifen hinein-
gezogen, auf der vorderen Seite stolziren die fertig gedruckten, bunten Oblaten heraus und stolz berichtet Dir auch
der beaufsichtigende jugendliche Arbeiter, dass er auf der Maschine täglich bis zu 96000 Stück liefern kann. Sechs
Ausstanzmaschinen oder Durchschnitte besorgen das Ausschneiden der einzelnen Siegel aus den Papierstreifen mit
ihren haarscharf ineinander passenden geschlossenen Scheerblättern, die gar leicht den bedienenden Fingern gefährlich
werden könnten — denn das Schneiden geht rasch von statten, in der Stunde werden 2000 Stück fertig — wenn
nicht überall Schutzvorrichtungen vorgesehen wären. Gerade in diesem Punkte — Schutzvorrichtungen — zeigt
sich der erfinderische Geist des technischen Leiters rastlos segenbringend weiterarbeitend. Die rasch schwingenden
Maschinenstempel sind fein sichtbar in einem Glasgehäuse eingeschlossen, welches wohl den freien Durchblicic gestattet,
aber ungeschickten Fingern den gefahrbringenden Eingriff verwehrt. Und so siehst auch Du beruhigt zu, wie Siegel
auf Siegel ausgeschnitten wird und die Abfälle in die hierfür überall besonders aufgestellten Körbe wandern. Die
fertigen bunten Siegel ruhen aber bald zu Tausenden in saubere Kästchen der Cartonnagenabtheilung, die wir später
besichtigen werden, verpackt und warten, bis sie der Expedient wieder ans Tageslicht befördert und sie ihren Zweck
erfüllen lässt.
Du selbst erinnerst Dich gleichfalls des eigenen Bureaulebens, wenn Du Dich umdrehst und die Herstellung
der Abreisskalender in der Gestalt erschaust, wie sie Deinen Arbeitsraum schmücken. Verfolgen wir deshalb die hier
im Untergeschoss als Sonderzweig untergebrachte „Kalendermacherei“ etwas näher.
Zunächst werden die einzelnen mit einer bestimmten Anzahl von Tagesnummern bedruckten und auf einem
carrousselartig bewegten Tisch aufgestapelten Bogen von Frauen in der bestimmten Reihenfolge „zusammengetragen“
und dann der Nachbarin übergeben, welche die Bogen „aufnadelt“. Die Druckbogen sind nie alle ganz genau gleich
gross und doch muss, bevor das Auseinanderschneiden in einzelne Blocks erfolgen kann, genau Nummer auf Nummer
gebracht werden, denn eine schiefstehende Nummer kann Dir einen ganzen Tag lang Verdruss bereiten. Diesen
Uebelstand zu vermeiden, werden auf den Bogen „Punkturen“ mit aufgedruckt, welche die Orte angeben, an welchen
die Bogen auf Nadeln aufgespiesst werden, so dass nun die einzelnen Felder sich vollständig decken. Erst so geordnet,
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