Festschrift Zum 50 Jährigen Jubiläum Der Firma J. C. König & Eberhardt
År: 1895
Sted: Hannover
Sider: 60
UDK: St.f. 061.5(43)Kön
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3. Die Verfahren, bei deren Druck die Kupferdruckpresse benutzt wird (Kupferstich, Stahlstich, vertieft in
Stein gravirte Sachen, Lichtkupferdruck [Heliogravüre, Photogravure, Heliographie]).
Und nun hinein in die Fabrikräume! Aber Du machst ein bedenkliches Gesicht und deutest fragenden Blickes
auf Deine hellen Pantalons und Deinen neuen Seidenhut. Hege keine Besorgnisse; luftig und licht sind sämmtliche
Räume, breit und geräumig sind die Treppen und Corridore, gesichert sind die rastlos sich umdrehenden Wellen mit
ihren Scheiben und Riemen, blank sind die Parketgänge in den weiten, weiten Fabriksälen und nirgends findest Du
auf ihnen einen gleissnerischen Oeltropfen, nirgends siehst Du in den Räumen auch nur ein Papierschnitzel an unge-
hörigem Ort, überall herrscht hier wunderbare Ordnung und peinlichste Reinlichkeit, denn — die jungfräuliche Weisse
des Papiers macht die Bücher empfindlich. Betrachte das vor Dir liegende Werk, es hat bei seiner Herstellung in
der Fabrik Hunderte von Handgriffen der rührigen Arbeiter erleiden müssen und docli liegt es in tadellos schmuckem
Gewande mit fein geglättetem, fleckenlosem Inneren vor Dir. Dein heutiger Führer, der als Freund des Hauses vor
Dir und für Dich in den weiten Fabrikräumen gehaust hat, giebt Dir die Versicherung, dass Du nichts für Deinen
äusseren Menschen zu fürchten hast. Also tritt ein, sei willkommen!
Beim Gange durch den Betrieb selbst wollen wir folgende Reihenfolge einhalten: Zuerst Papierlager und
Papierstube, dann Druckerei und Liniirerei mit ihren Hülfswerkstätten, hierauf Buchbinderei, Lager für die Bücher,
dann Steindruckerei und schliesslich Geschäftsräume.
Wir begeben uns, im Vorbeigehen ehrfurchtsvoll von dem reckenhaften Portier begrüsst, zunächst nacli dem
Papierlager, einem Raume des Untergeschosses von einigen 40 Meter Länge und 14 Meter Tiefe, in welchem vom
Boden bis zur Reichhöhe die grossen Papierballen aufgestapelt sind, die aus den verschiedensten Ländern angeliefert
werden; dass hierbei die deutschen Fabriken den Hauptantheil liefern, braucht wohl nicht nocli betont zu werden,
doch sind auch englische Marken und namentlich für die Herstellung der Briefcopiebücher viele japanische Seiden-
papiersorten vertreten. Die Papierballen gelangen direkt von dem hinteren Hofe aus in das Lager, werden hier von
ihren hölzernen Hüllen befreit, die aufgelöst in die Kistenfabrik zurückwandern, während der Balleninhalt seinen älteren
Geschwistern gleicher Art beigesellt wird. Es schlummern nun die einzelnen Riese, sorgsam verwahrt gegen äussere
Einflüsse in papiernem Gewande, welches durch die aufgeklebte Etikette zugleich genau die Eigenschaften des Inhaltes
kennzeichnet, wohl geordnet nach der zukünftigen Verwendung in schmalen, durcli Gänge getrennten Reihen, in
Hunderten und Aberhunderten von Unterabtheilungen, bis sie zu ihrer Metamorphose aufgerüttelt werden und hinauf-
wandern in die Räume ihrer Umgestaltung, in die Druckerei, Liniirerei u. s. w. Sechs Personen sind hier unter
kundiger Aufsicht beständig mit der Papierausgabe beschäftigt, und geräuschlos rollen die Wagen auf Gummirollen
von und nach dem Aufzuge hin.
Wie gross die Massen sind, die' hier lagern, mag aus folgender Zahlenzusammenstellung erhellen, welche die
Bestände bei der letzten Inventur wieder giebt: Papier-Qualität C 2071 000 Bogen (47 817 kg), Papier-Qualität B
1 782 000 Bogen (54 360 kg), Papier-Qualität A 615 000 Bogen (21 130 kg), Papier-Qualität Extrafein 320 000 Bogen
(11 935 kg), Papier-Qualität Extrafest Elfenbein 172 000 Bogen (6 463 kg), Etikettenpapiere 156 000 Bogen (5 007 kg),
Preiscourantpapiere 230 000 Bogen (4 245 kg), Plano-Postpapiere 1 720 000 Bogen (23 955 kg), Druckpapiere 710 000
Bogen (18010 kg), Cartons 261 000 Bogen (20 721 kg), farbige Naturpapiere 512 000 Bogen (11 065 kg), Glaçepapiere
83 500 Bogen, Copirpapiere 5 000 000 Bogen, Löschpapiere 509 500 Bogen, Einschlagpapiere 650 000 Bogen, Vorsatz-
papiere 200 000 Bogen, wobei zu berücksichtigen ist, dass sich im Betriebe nochmals das doppelte Quantum befindet.
Hierbei muss berücksichtigt werden, dass die Inventur-Bestände in der Regel knapp gehalten werden, und
dass man aus naheliegenden Gründen auch nicht gern übermässig hohes Durchschnittslager hält; das Durchschnittslager
ist aber doch etwa 25 bis 30 % höher als die oben gegebene Zusammenstellung angiebt.
Was die Bezeichnung „Papier-Qualität A, B“ u. s. w. anlangt, so weisst Du als Geschäftsfreund ja Bescheid,
da alle diese einzelnen Sorten in dem „Musterbuche der Papierqualitäten, Formate und Liniaturen“ in natura enthalten
sind und Du sie selbst wiederholt geprüft hast. Auch jetzt hältst Du prüfend den vorgelegten Papierbogen gegen
das Licht, um zu sehen, ob Dir das bekannte Wasserzeichen der Jubelfirma entgegenblickt, welches Dir Gewähr für
surrogatfreies gutes Schreibpapier bietet. Geschäftsbücher stellen für den Kaufmann gleichsam werthvolle Dokumente
dar und es muss deshalb auf ein haltbares Papier vor allem gesehen werden,
denn gutes Aussehen und Haltbarkeit sind nicht immer vergemeinschaftet.
Um nun den Kunden ein gutes, surrogatfreies Papier bei den Lieferungen zu
verbürgen, trägt jeder Bogen der Firma, der zu Geschäftsbüchern verwendet
wird und der nur aus Hadern, als dem edelsten Papierrohstoffe, hergestellt ist,
als Bürgschaftsstempel nebenstehendes Wasserzeichen, welches mithin sagt, dass
dieses Papier surrogatfrei ist, dass es nur aus Hadern erzeugt ist. Die Papier-
Klasse C trägt also, weil sie Cellulose als Zusatz enthält, dieses Zeichen nicht,
ist aber, wie Deine Prüfung durcli Zerknittern, Einreissen etc. ergiebt, immer
noch ein sehr brauchbares Schreibpapier.
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