Abschnitt I. Geschichtlicher Überblick
33
5. Der englische Gartenstil.
Der englische Gartenstil ist Naturstil, Landschaftstil, im Gegensatz zum geometrisch-regelmäßigen, zum architektonischen Gartenstil. Er ist das Ergebnis eines langgeführten Streites über die Frage, ob die Kunst oder die Natur den Garten beherrschen soll. Die Hauptkämpfer für die Vorherrschaft der Natur waren Dichter und Philosophen; ihre Waffe war die Feder. Mason bezeichnet Bacon als den Propheten, Milton als Herold des neuen Stils, Addison und Pope als Ritter des wahren guten Geschmacks. (A. Grisebach bezeichnet zutreffend dieselben Leute als die ersten Romantiker der Gartenkunst). -
Zunächst sei festgestellt, daß der englische Gartenstil nicht etwa da anhebt,
Abb. 23. Gartenplan von Stowe
wo der französische aufhört, sondern daß der genannte Meinungsstreit schon beginnt, bevor Versailles angelegt wurde. Nennenswerte Gärten im Naturstil erstanden allerdings erst zu Anfang des 18. Jahrhunderts, während andererseits zu Ende des nämlichen Jahrhunderts noch Gärten im französischen Stile angelegt wurden.
Der Übergang vom Architekturstil zum natürlichen Stil war durch verschiedene Umstände bedingt, zunächst durch die Änderung des Zeitgeistes, mit der eine lebhafte Entwicklung des Naturgefühls verbunden war; dann durch den Überdruß, den die Übertreibungen und Spielereien der barocken Gartenkunst schließlich hervorrufen mußten. Eine Bestärkung der Ansicht, daß der architektonische Gartenstil nicht der einzig denkbare sei, ergab sich ferner aus dem Bekanntwerden der Gartenkunst der Chinesen.
Meyer u. Ries, Gartentechnik. 3