Illustrirte Naturgeschichte Des Thierreichs
Dritter Band
Forfatter: Eduard Pöppig
År: 1848
Forlag: Verlagsbuchhandlung von J. J. Weber
Sted: Leipzig
Sider: 150
UDK: St.f. 59 Pöp
Naturgeschichtes der Reptilen und der Fische
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Fisch e.
Erste Ordnung.
fangen. Er schwimmt schlechi, besttzt keine Schwimm-
blase nnd bemachtigt flch feiner Beute, indeni er , ruhig
im Schlamme liegend, au8 dem offenen Maule einen
Wurmforinigen Faden Herausschlagi, der als Fortsetznng
einer unter der Zunge liegenden Hautfalte erscheint und
als Kbber zur Herbeilockung kleiner Meerthiere bient.
Wie angemefsen einer solchen Lebensweise die Stellung
der Augen sei, ergiebt sich von selbst. Die Alten Hielten
diesen Fisch fur ein nachtliches Thier und schrieben ihm
eine besonderS grotze Gallcnblase zu. Sein Fleisch soll
einen unangenehmen Geruch haben, trocken und schmack-
los sein und nur von der armsten Classe genossen Wer-
den. Die Lange betragt 8 —lo3oU, die Dicke des auS-
mendig knochigen Kopfes an 2 Zoll; am Kinn steht ein
kurzer Bartfaden. Die obere Seite ist grunbraun, die
untere weitzlich.
IX. Fingerfisch. (Polynemus.)
Gattungscharakter: Bauchflofsen hinter den
Brustflossen, deren untere Strahlen in die Schwimm-
Haut nicht verwachsen und fadenformig sind; zwei Ruk-
kenfloffen wie die anderen unpaarigen Flossen beschuppt.
Schnautze gewblbt; Vordeckel gezahni; Hinterdeckel
langstachelig; Maul sehr weit gespalten; Hechelsormige
Zahne uberall; sieben Kiemenstrahlen.
I. Der vierfingerige Fingerfisch. (Polynemus tetradactylus.)
Sig. 2364.
Die Lostrennung der unteren, grogeren, weich und
fadenformig bleibenden Strahlen der Bruststosse gehort
den Fingerfischen nicht als ausschlietzlicher Charakter an,
denn sie kommt auch bei den zahlreichen Arten der Gat-
tung Seehahn vor. Die Bedeutung dieser Verlange-
rungen ist noch nicht aufgeklart; sie tonnen weder zur
Ortsbewegung noch als Kover dienen. In den allge-
meinen Korperumrifsen gleichen die Fingerfische den
langstreckigen Barschen, z. B. dem Zander, entfernen
sich aber von diesem Vorbilde durch die aufgetriebene,
stumpfe Schnautze. Zwar mufsen sie als Seefische an-
gesehen werden, indem sie in den Flussen nur an den
Mundungen, also im Bereiche der Fluth vorkommen,
indeffen bewohnen sie meist nur die Untiefen am Strande
und schwimmen nicht besonders. Sonderbarerweise feh-
len einigen Arten die anderen verliehenen Schwimmbla-
sen. Bei einer in Indien gemeinen, an 4 Futz langen,
bort Suleah genannten Species hat bie Schwimmblase
alle Eigenschaften ber Hausenblase unb scheint in einer
gegebenen Menge sogar noch weit mehr thierischen Leim
zu enthalten als biese, eine fur jenes Lanb sehr wichtige,
um 1838 von bent Natursorscher Cantor gemachte Eitt-
beckung. Eine ober zwei Arten ausgenommen, bewoh-
nen bie Fingerfische allein bie warmen Meere ber ostli-
chen Halbkugel, finb leicht zu fangen unb liefern ein
sehr geschatzteS Fleisch. BesonberS zahlreich sollen sie in
ben SunberbunbS, bent bereits mehrfach erwahnten Delta
ber Gangesmunbungen, sein; eine Art (P. longifilis)
gewahrt ber armen Voltsklasse Calcutta's ntehre Mo-
nate hinburch eine ebenso gute wie wohlfeile unb reich-
liche Nahrung. Der vierfingerige Fingerfisch macht
burch seine Grotze eine merkwurbige AuSnahnte unter
ben Barschen, inbem er gegen 6 Futz lang unb schwer
genug wirb, um fur funf Manner eineLabung zubilben;
er ist obenher graublau, an ben Seiten unb unten gran,
hinter jebent Auge mit einem halbmonbformigen gelben
Fleck gezeichnet; bie unteren Floffen finb gelb, bie obe-
ren schwarz punktirt, bie Augen silberfarben.
2. Artedi's Fingerfisch. (Polynemus Artedi.) Sig. 2365.
Cuvier Hat biese Art mit einer ahnlichen an ben
Kusten BengalenS wohnenben verwechselt, Bennett bie-
sen Jrrthum aufgeklart. Beibe haben bie freien Strah-
len ber Bruststosse von auSnehmenber Lange, unb zwar
ben Korper uberragenb. Die bent schwebischen Jchthyo-
logen unb Zeitgenossen Linne's gewibmete Art halt sich
an ben Kusten bes norbwefllichen Afrika auf unb ist
obenher bunkelbraun, unten gelb gefarbt.
3. Der vierfadige Fingerfisch. (Polynemus quadrifilis.) Fig. 2366.
Der specifische Charakter dieser am Senegal gemeinen
Art liegt in ber geringen, vier nicht ubersteigenben Zahl
seiner freien Bruststoffenstrahlen, bie etwa ber Halben
LeibeSlange gleich finb. Wahrscheinlich erreicht bieser
Fisch eine bebeutenbe Grotze, benn Cuvier erhielt 2 Futz
lange Eremplare. Die Farbung ist obenher silbergrau,
unten filberweitz.
X. Spet. (Sphyraena.)
Gattungscharakter: Bauchstossen sehr weit hin-
ter ben Brustflossen; zwei weit getrennte Ruckenflossen.
Korper lang gestreckt. Kopf langlich, niebergebruckt;
Vorbeckel ungezahnt, Kiemenbeckel ohne Strahlen;
Maul weit gespalten; Unterkiefer ben oberen weit uber-
ragenb; Zahne ber vorberen Reihen Hechelformig, ber
Hinteren grotzer, schneibenb; sieben Kiemenstrahlen.
1. Der gemeine Spet. (Sphyraena vulgaris.) Fig. 2367.
Die Spet entfernen sich so bebeutenb von ben eigent-
lichen Barschen, batz ein Theil ber Jchthyologen sie an
bas Enbe sener Familie, anbere sogar zu ben Hechten
gestellt haben, an welche sie allerbings im Aeutzeren er-
innern, ohne jeboch benselben nahe verwanbt zu sein.
Sie schwimmen mit reitzenber Schnelle unb schietzen ge-
rablinig im Wasser bahin, eine schon von ben Alten anf-
gefatzte BewegungSart, auf welche ber bei griechischen
Schriftstellern sich finbenbe, einen Pfeil ober Murfspietz
bezeichnenbe Gattungsname Hinbeutet. In ihrer LebenS-
weise erscheinen sie als gefrfihige, theils auch gefahrliche
Raubthiere, bie, obwohl sie nur ein paar Futz lang sein
ntogen , sich nicht scheuen, babenbe Menschen anzufallen
unb im Voruberschietzen ihnen eine starke Munbe beizu-
bringen, vielleicht sogar ein Stuck auS fleischigen Thei-
len abzureitzen. Beruchtigt unb gefurchtet sinb in bieser
Beziehung zumal ein paar in Westinbien gemeine Arten,
bie Pieuba unb Barracuba ber spanischen Creolen, bie
sogar in bie Bai von Havana einbringen unb, ber Sage
nach, zu gewissen JahreSzeiten burch ben Genutz ber gis-
tigen Fruchte ber Maneinella bieselben Eigenschaften er-
Halten unb, frisch zubereitet gegessen, ben Tob unter
vielen Schmerzen herbeifuhren sollen. Aehnliches weitz
man nicht von bem gemeinen, im Mittelmeere nirgenbs
feltenen Spet, ber eine Lange von mehr alS 3 Futz er-
langt, auf bem Rucken bronzefarben, am Bauche silber-
weitz, in ber Jugenb gefleckt ist unb ein schmackhafteS,
bemjenigen beS Schellfisches gleiches Fleisch liefert. Er
wirb auf ben ben Fischmarkten aller Seestabte von Cabiz
bis Constantinopel feil geboten, bringt aber nicht burch
ben BosphoruS bis an bas schwarze Meer. Seine ita-
lienischen Namen beziehen sich nteistens auf bie autzere
Aehnlichkeit mit bem Hechte, theils auch auf bie spitze
Form beS Unterkiefers unb bie starke Bewaffnung ber-
selben mit zwei grotzen Schneibezahnen hinter einer
mehrfachen Reihe von kleineren.
Zweite Familie.
Panzerwangen.
Die Abtrennung ber sogenannten Panzerwangen von
ben Barschen wirb, ungeachtet mannichfaltiger autzerer
Aehnlichkeit, vollkommen zu rechtfertigen sein, wenn
man uberhaupt von ber Anficht ausgeht, batz wesent-
liche anatomische Verschiebenheiten auch shstematische
Eintheilungen herbeifuhren muffen. In ber Korper-
gestalt kommen allerbings viele Fische ber zweiten Fa-
milie senen ber ersten gleich, allein sie befitzen baS eigen-
thumliche Kennzeichen, batz einer ober mehrere ber ben
Augenring nach unten schlietzenben Knochenstucken sich
so vergrotzern, batz sie uber bie Mange mehr ober weni-
ger Hinuberreichen, am Hinteren Enbe in ben Vor-
beckel sich einlenken unb hierburch ber Seite bes KopfeS
baS Ansehen geben, als ware sie mit einem breiten,
nteistens autzerlich nackten unb knochigen Panzer uber-
zogen. Durch biese Bekleibung wirb einerseits bem
Kopfe eine grstzere Harte unb Unverwunbbarkeit, autzer-
bem auch eine bestimmtere, Haufig eckige ober prisnta-
tische Gestalt verliehen. Abgesehen von biesent allge-
tneinen Charakter sinb bie panzerwangigen Fische sich
ziemlich unahnlich, theilS hinfichilich ber Zahl ber
Ruckenflossen, ber Gestalt ber Brustflossen, ber Schup-
pen unb bes Kopfes, ber Stellung ber Bauchflossen
unb mancher zwar nicht auf bie Lebensautzerungen,
inbeffen boch auf bie Phhsiognomie ini Ganzen eittwir-
kenben Umstanbe. Fast alle hierher gehorende Fische
bewohnen bie Meere; nur ein einziges Geschlecht kommt
vor in unseren Sutzwassern.
XI. Kuurrhahu; Seehahn. (Trigla.)
Gattungscharakter: Zwei Ruckenflossen, ohne
freien Dorn vor ber ersten; Brustflossen uber ben
Bauchflossen, mit brei freien, geglieberten Strahlen.
Kops fast einseitig pyramibalisch, mit rauhem Knochen-
panzer; Zahne uberall, hechelformig; Korper schuppig.
1. Der rauhe Seehahn. (Trigla aspera.) Sig. 2368.
Menige Fische besitzen einen so starken, so unver-
wunbbaren Kopf wie bie Seehahne. Schon in bem
Mangel an leicht trennbaren Nathen unb in ber gerin-
geren Beweglichkeit ber Gesichtsknochen liegt eine ge=
wisse Sicherung gegen autzere Gewalt, autzerbem tragen
viele Arten am Hinterbeckel einen nach hinten gerichteten
scharfen Stachel unb einen zweiten grotzeren ant oberen
Ranbe besselben oberhalb ber Bruststosse. Die Schup-
pen finb klein, aber fest unb am Ranbe fein gesagt, auf
ber Seitenlinie grotzer unb mit erhabenen Strichen
uberzogen, bie, bei ben meisten von einem gemeinsamen
Mittelpunkte ausgehenb, sich ausbreiten, wie bie ein
Bunbel bilbenben Nabeln einer Fichte. Unter ber Brust-
floffe stehen einige freie geglieberte Strahlen, unb bie
Schwimmblase ist immer gespalten, se nach ber Spe-
cies in zwei ober auch in brei Lappen. Zu irgenb einer
ansehnlichen Grotze wachsen biese Fische nicht heran,
benn felten messen sie mehr alS 2 Futz; sie schwimmeit
schnell, jeboch mehr in geraber Richtung, ba ihnen bie
Sånge ber Flossen rascheS unb behenbeS Umbrehen we-
niger gestattet. Unter ihren phhsiologischen Eigenthunt-
lichkeiten bes phosphorifchen LenchtenS unb ber Fahig-
keit, gewisse Lånte horen zu lassen, verbient bie letztere,
als bie seltenere, vorzugSweise Ausmerksamkeit. Zieht
man einen Fisch bieser Gattung aus bem Wasser, so
stotzt er eigenthumliche knurrenbe Lånte attS, bie nur
burch gewaltsatn Hervorgebrangte, in ber Schwimmblase
eingeschlossene Luft hervorgebracht tverben konnen.
Einige Arten ziehen gesellig uinher, anbere werben
nur einzeln gesangen, manche scheinen sich nur in gro-
tzeren Tiefen auszuhalten, wahrenb einige in ber Nfihe
beS StranbeS selbst gesangen werben. Nicht bei allen
ist bas Fleisch von gleichent Werthe, benn wahrenb
einige Wenige geschatzt finb, hLlt man bie ubrigen fur
fo trocken unb unfchmackhaft, bah nur armere Kusten-
bewohner sie verspeisen ntogen. — Der rauhe Seehahn
steht unter ben kleinsten feiner Gattung, inbem er kaum
5 Zoll lang wirb, unb ist, seiner schonen rothen Far-
bung ungeachtet, von ben meisten Jchthhologen uberse-
hen tvorben. Er ist tnt Mittelmeere nicht felten, burch
kurzen Kopf, rauhe Schuppen, fcharfe, ben Rucken-
flossen entlang laufenbe Kamme unb rothe Farbung
ausgezeichnet.
2. Der gestreifte Seehahn. (Trigla lineata.) Sig. 2369.
Durch fehr grotze, Haufig ber halben LeibeSlange
gleichkontmenbe Brustflossen werben bie Fische ber ge-
genwårtigen Gattung in Siaitb gesetzt, nicht allein aus
bem Wasser Herauszuspringen, sonbern auch, gewiffer-
maatzen flatternb, kurze Entfernungen in ber Luft zurtick-
zulegen. An ber zweiten ber an biesent Orte bargestell-
ten Arten tritt biese Eigenthumlichkeit veutlich Hervor.
Sie unterscheibet sich theils burch biese, theils burch
etwas erhabene, vom Rucken an ben Seiten hinab ver-
laufenbe Streifen von ben Verwanbten, wirb sel-