Illustrirte Naturgeschichte Des Thierreichs
Dritter Band
Forfatter: Eduard Pöppig
År: 1848
Forlag: Verlagsbuchhandlung von J. J. Weber
Sted: Leipzig
Sider: 150
UDK: St.f. 59 Pöp
Naturgeschichtes der Reptilen und der Fische
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102
Fisch e.
Erste Ord»ung.
ropa salzt man fie ein und versendet fie nach dem Jiine-
ren in kleinen Fassern. Die Zeit des Fanges ist fur alle
Kfistenbewohner eine ungemein bewegte, denn alle neh-
men, und zwarbiS auf die Knaben herab, an den Mfihen
Theil. Nicht alle Jahre liefern denselben Ertrag. Um
Dover gab es 1809 so unendliche Meugen von Makrelen,
dah 60 fur einen Schilling ausgeboten wurden, ohne
immer KLufer zu finden. Eine noch nie fibertroffene
AuSbeute gewahrte das Jahr 1821, wo die Fischer und
Bootbefitzer der Kfiste von Suffolk allein in wenigen
Wochen 14,000 Psd. Sterl. reinen Gewinn machten.
Um Varmouth fing man i. J. 1823 nicht weniger als
1,420,000 Stfick, und im Marz 1833 brachten vier Bdte
von Hastings als Lohn einer einzigen Tagearbeit 10,800
Makrelen an das Land. Der Fang geschieht gemeinlich
mit Netzen, welche 20 Fuh Hoch, 120 Fup lang find,
durch Bleigewichte nicht hinabgezogen, ubrigens durch
zahlreiche Korkstficken schwimmend erhalten und daher
Treibnetze (Dristnets) genannt werden. Zwbls, sunszehn
oder bismeilen mehr solche Netze, »velche den Befitzern
der zum Fange vereinten Fahrzeuge gehoren, werden an
einander besestigt und hinten uber geworsen. Jhre bei-
den Enden hangen durch ein Seil mit zwei Fahrzeugen
zusammen, die, vor dem Winde segelnd, sich in Bewe-
gung setzen und dann erst beilegen, »venn diese ganze
Netzwand, die ost eine englische Meile lang ist, sfir vsl-
lig auSgespannt gelten kann. Die im Dunkeln Herum-
streisenden Makrelen bleiben in den Maschen Hfingen,
die gerade weit genug find, um den Durchgang deS Kop-
ses bis zu den Kiemenspalten zu gestalten, aber den nach
der Mitte dickeren Rumps nicht hindurch lassen. Ge-
wbhnlich zieht man das Netz des Morgens mittels An-
kerwinden an Bord. Franzostsche Fischer benutzen Netze
von etwas verschiedener Einrichtung, und in manchen
Gcgenden, z. B. an den Kfisten von Irland und der
Bretagne, bedient man fich der Seeangeln, von welchen
ein Mann recht gut zwols Stfick beaussichtigt. — Die
Alten schatzten die Makrele nicht minder als wir, und
fie sprechen Haufig von ihr. Eine stark gewfirzte Brfihe,
die man zu anderen Fischen ah, daS sogenannte Garum,
welcheS, roenn die Beschreibungen richtig find, eine Hochst
eckelhafte Zusammensetzung geroesen sein muh, bestand
zum Theil auS der Jauche versaulter Makrelen.
XXXIV. Thunfisch. (Thynnus.)
Gattungscharakter: Beide Rfickenflossen dicht
hinter einander; oben 8—9, unten 7—8 Bastardflos-
sen. Rumps mit grohen Schuppen bekleidet, die um
die Brust eine Art von Panzer bilden; Schroanz mit
knorpeligem, zroischen Hautleisten gelegenen Borsprunge
gekielt. Kiesernzahne klein, zugespitzt, in einsacher Reihe.
Sleben Kiemenstrahlen.
I. Der tropischc Thunfisch. (Thynnus Pelamys.) Fig. 2390.
Fast alle Beschreiber langerer Seereisen gedenken un-
ter dein Namen der Bonite eines gewaltigen FischeS, der
die Tropenzone des atlantischen und stillen Meeres durch-
streist, ost Hart an das segelnde Schiff herankommt und,
ungeachtet seiner erstaunlichen Schroimmsertigkeit, Hau-
fig genug harpunirt wird, indessen keinesroeges ein be-
sonders schmackhastes oder zartes Fleisch liesert. Er ge-
Hort der Gattung der Thunfische an, die als colossale
Makrelen anzusehen find, gleiche Geselligkeit roie diese
zu Tage legen und, roenn gleich nichtalle, dem Menschen
fich sehr nfitzlich erweisen. An der Bonite haben die flie-
gendeii Fische den surchtbarsten Gegner, denn unablasfig
zieht fie hinter ihnen her und erhascht sicherlich viele, roie
sehr sie fich auch anstrengen mogen, durch Reihen langer
Sprfinge der Gesahr zu entgehen. Auch die weit klei-
neren Calmare oder Tintentfische, Weichthiere aus der
Ordnung der Kopssfihler, die bisroeilen gesellig Herum-
ziehen, leiden durch die Versolgung desselben gesrahigen
Feindes und fallen haufig ausdas Deck segelnder Schiffe,
roenn sie durch einen Schlag der breiten Schwanzflosse
fich auS dem Wasser hervorschnellen. Man roeih nicht,
welche andere Nahrung die Bonite bisroeilen zu sich
iiehme, denn nicht immer ist ihr Fleisch ohne Gesahr zu
effen, dessen von vielen alteren und neueren Seesahrern
bemerkle giftige Eigenschaflen nur aus dem vorherge-
gangenen Genusse irgend anderer allezeit giftiger See-
thiere fich erklaren lassen. Uebrigens roird die Bonite
mehr als irgend ein anderer Thunfisch von Eingeweide-
rofirmern und auheren Parafiten geplagt. Commerson,
der sie in solcher Beziehung als ein hochst unglfickliches
Geschops beschreibt, sand in ihrem Magen und den Dar-
men an neun verschiedene Arten von Entozoen; Solan-
der bestatigt diese Beobachtung. Die Bonite roird ge-
gen oder etroas fiber 2 Fuh lang, hat fast unbemerkliche
Schuppen und fieht daher roie polirt aus. Die Farbe
ist grauroeih, silberglanzend; auf jeder Seite des Rum-
pfes stehen unten 4—6 schroarzliche Langstreifen, oben
8, unten 7Bastardflossen. — Ungleich grohere Wichtig-
keit hat der gemeine Thunfisch (Th. vulgaris), der
vereinzelt in allen europaischen Meeren angetrossen roird,
aber vorzi^lich das Mittelmeer und das schroarze Meer
im Frfihjahre als Wanderfisch besucht. Er roird 12
—18 Fuh lang und 1200 Pfund schroer; Jndividuen
von 6 Fuh Lange und 4—500 Pfund Geroicht sind sehr
gewbhnlich. Obenher ist er stahlblau, am Bauche stl-
berglanzend, gran gefleckt. linier den Fischen, die der
Mensch des Fleisches roegen fangt, muh er als der grohte
gelten. Um Sieilien, Sardinien, an den spanischen
und sfidfranzofischen Kfisten zieht er in zahlreichen Gesert-
schaften umher, gcht bis Venedig Hinaus und roar in ver-
gangenen Zeiten im schroarzen Meere und zroischen den
Dardanellen so geinein, dah man die Berichte der Alten
sfir Nebertreibungen halten mochte, rofirden diese nicht
durch Reisende des Mittelalters bestatigt. Ihr Fang
roar einst sfir Byzanz eine Hauptguelle des Reichthums,
die unter der Herrschaft der Tfirken bald verfiechte. Ge-
genwartig nahrt sich ein ansehnlicher Theil der Kfisten-
bevolkerung des Mittelmeeres von demselben Fange, Ver
auf sehr sinnreiche Art betrieben roird und eine geroaltige
Menge von Fischen liefert, roelche theils frisch aufge-
zehrt, hauptfachlich aber eingesalzen versendet einen sehr
bedeutenden Handelsgegenstand abgeben. DaS bei dem
Fange von den Sfiditalienern und Provencalen beobach-
tete Verfahren, roelches sehr grohe und kostspielige Vor-
richtungen erheischt, Hat Brydone in seiner bekannten
Reisebeschreibung umstandlich beschrieben. Schon Ari-
stoteles kannte den Thunfisch, welchen die Romer sehr
schatzten, die Griechen der Diana weihten und aufMfin-
zen darstellten. Das Fleisch gleicht im Geschmacke dem
Rindfleische, fort aber llngewohnten leichtVerdauungS-
beschwerden verursachen.
2. Der langfinnige Thunfisch. (Thynnus Alalonga.) Fig. 2397.
Es ist eine fonderbare Thatfache, dah diefer zweite
Thunfisch den Alten gar nicht bekannt gewefen und
selbst noch im 16. und 17. Jahrhunderte von Natursor-
fchern nicht erwahntworden ist, obgleich er zahlreich das
Mittelmeer bewohnt, an vielen Orten gesangen wird und,
wenn er auch den Vorzug vor dem gemeinen Thunfisch
nicht erhalt, doch durch eigenthfimliche Kennzeichen fich
auszeichnet. Der italienische Name Alalonga bezieht
sich aus die ungemeine Entwickelung der Bruststossen,
die, bei schmaler und sichelformiger Gestalt, ein Dritt-
theil der Kbrperlange ausmachen und bis fiber das Asier
Hinausreichen. Cuvier glaubte Hierin Grund genug zu
haben, unt diefen Fisch von ben eigentlichen Thunfischen
zu trennen und als Vorbild einer besonderen Gattung
(Orcynus) hinzusterten. Wie die Verwandten Hat er
einen schwarzblauen Rficken und silberweihen Bauch.
Im Mai erscheint er in Schaaren von Taufenden an den
spanischen Kfisten vom Golfe von Biseaya bis nach Ca-
talonien, ebenso an den Gestaden von Sfidsrankreich
und ben mittellfinbischen Jnseln. Er roirb bis 80 Psunb
schwer unb bilbet fur bie Biseaher ben Gegenstanb einer
sehr im Grohen betriebenen Fischerei unb eintraglichen
Hanbels. Man fchatzt ihn fibrigens weniger als ben
gemeinen Thunfisch, inbem er groberes unb irockneres
Fleisch haben fort.
XXXV. Degenfisch. (Trichiurus.)
Gattungscharakter : Eine einzige, zusammen-
Hangende, uom Nacken bis auf ben fabenformig verlan-
gerten Schwanz fortlaufenbe Ruckenfloffe; Bauch- unb
Schwanzflosse fehlenb; lange, auS freien Strahlen be-
stehenbe Asterflosse. Seitenlinie ohne befondere Be-
fchuppung.
I. Der Sai'ula.Degenfisch. (Trichiurus Savala.) Fig. 2398.
Die Degenfifche unb Rinkstsche entfernen sich zwar
ini artgemeinen Ansehen von ben Makrelen, stehen indes-
sen, zusolge ber Ansichten ber Neueren, viel natfirlicher
unter biesen als unter ben weiterhin aufgesfihrten Banb-
fischen, zu welchen sie selbst von Citvier AnfangS gezahlt
»vorben finb. Beibe Gattungen haben eine sehr eigen-
thfimliche Kbrperform, zeichnen sich burch reinen Silber-
glanz aus unb entbehren jebe Spur von Bastarbslossen.
Arte bekannte Arten befitzen bieselben limrisse bes
Korpers,ber, einem sehr langen unb breiten, babei spie-
gelnben unb ben Lichtstrahl zurfickroerfenben Banbe ahn-
lich, einen wunberbaren Linblick gewahrt, sobalb er
schlfingend burch bas Wasser gleitet. Gerabe auSge-
streckt unb platt baliegenb rechtsertigen zumal bie Tri-
chiuren ben Namen, welchen man ihnen im Deulschen
beilegt, unb bernur eine llebersetzung ist bes ganz gleich.
bebeutenben, unter ben spanischen, porlugisischen unb
franzostschen Colonisten des roårmeren Amerika und
nicht minder in den indischen Sprachen gewohnlichen.
Man kennt mehrere Arten dieser zuerst vor Linné 1757
errichteten Gattung. Zwischen den einzelnen Herrschen
geringe ilnterschiebe. Die gemeinste, der sogenannte
Haarsch wanzfisch (T. lepturus), lebt entlang den
amerikanischen Kfisten von Neuyork bis Brasilien, sel-
tener arterdings in hoheren Breiten als zwischen ben
Wenbekreisen unb ist einigemale sogar in ben englischen
Gewaffern gesangen worben. Sie kann inbessen nur
burch Berirrung borthin gerathen sein unb verbient ben
Platz im Verzeichnisse ber europfiischen Fische nicht,
welchen ihr englische Jchthyologen auS einer Art von
Eitelkeit angewiesen haben. Wie nur zu ost, so sehlt
es auch fiber biese Fische an genauen, bie Lebensweise
beschreibenben Nachrichten. Dah sie schnert schwimmen
unb gesrahig unb rauberisch finb, rofirbe man schon auS
ber Gestalt bes KorperS unb Gebisses solgern muffen.
Vermuthlich geschieht es in ber Hitze ber Versolgung,
wenn fie hoch aus bem Wasser Hervorspringen unb bann
vielleicht ben Fischern in bie Kahne farten, wie mehrere
Reisenbe berichten. Uebrigens liefern sie weihes unb
schmackhastes Fleisch unb roerben soroohl mit Netzen alS
Angeln gesangen. Der Savala - Degenfisch ge-
Hbrt Jnbien an unb roirb an arten Kfisten von Ponbi-
chery bis Jnbien gesangen; er sort, nach Duffumier's
AuSsage, im April unb Mai besonberS haufig sein unb
eingesalzen einen roesentlichen Antheil ber von ben Ein-
geborenen fur bie schlechte Jahreszeit angelegten Vor-
rathe ausmachen. Frisch wird er nicht gegeffen, am
Wenigsten von Europaern. Seine Lange betrfigt 3
— 5 Fuh; von ben amerikanischen unb verwanbten
inbischen Arten unterscheibet er fich burch anbere Langen-
verhaltniffe beS KopfeS unb geringere Zahl (115) ber
Strahlen der Nfickenfloffe, gleicht ihnen aber in der
silbernen Farbung.
XXXVI. Rinkfisch (Lepidopus.)
Gattungscharakter: Eine einzige, zusammen.
hangende, vom Nacken bis auf ben Schwanz fortlaufenbe
Ruckenfloffe; Bauchfloffenburch zwei vorragenbe Schup-
pen angebeutet; Afterfloffe lang mit freien Strahlen;
Schwanzflosse klein, gabelig. Seitenlinie ohne Be-
schuppung.
1. Der silberfarbige Rinkfisch. (Lepidopus argyreus.) Fig. 2399.
Es ist schwer erklarlich, wie ein Fisch von solcher
Grbhe unb Schbnheit unb so besonberem Aeuheren wie