Illustrirte Naturgeschichte Des Thierreichs
Dritter Band
Forfatter: Eduard Pöppig
År: 1848
Forlag: Verlagsbuchhandlung von J. J. Weber
Sted: Leipzig
Sider: 150
UDK: St.f. 59 Pöp
Naturgeschichtes der Reptilen und der Fische
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FUrche oder Neptilien.
Linleitung.
Hnsen gleichen. Reptilien besttzen Fahigkeit zu eben
so mannichfachen Betoegiingen toie Sfingethiere; man
kennt wLhlenbe und gravende, aus dem trockenen Lande
allein levende, schwimmende und sogar unvollkommen
flatternde. Manche bewegen sich blitzschnell, die meisten
mit vieler Getoanbtheit, nur toenige kriechen so unbe-
holfen wie die Molche. Die kletternden finden in den
langen Zehen und Krallen toichtige Hilfsmittel, oder sie
befitzen toohl auch vesondere, erst in der Classe der Jn-
secten toieder vorkommende Bildungen der Fnhzehen,
durch toelche z. B. die Vlatterzehigen Echsen an den glat,
testen Flachen Haften. Den Froschen erlaubt die un-
gemeine Verlangerting der Hinterfuhe Sprunge auSzu-
suhren, toelche die eigene Korperlange um das Fnnfzig-
fache fibertreffen. Getoisse Eidechsen schleudern stch fort,
indem fie sich aus den Schtoanz stutzen, anderen dient
derselbe Korpertheil als kraftigsteS Werkzeng tin Schwim-
men. Schlangen kriechen in sehr eigenthumlicher Art
durch abtoechselndeS Krummen und AuSstrecken der sehr
Veweglichen Wirbelsaule. Einer gleichformigen und
lange fortgesetzten Ortsbetoegung scheinen indeffen die
aus trockenem Lande lebenden Lurche meniger fahig als
Saugethiere, denn zumal bei den vierfuhigen ist daS
Verhaltnih der Glieder zum Leibe und derWinkel, tinter
toelchem sie sich mit demselben verbinden, nichts weniger
als gunstig fur jene Ztoecke. Am Wenigsten befahigt
zum schnellen Laufe find die Schilbkroten, toeil ihre
kurzen und toenig biegsamen Fuhe vom Mittelpnnkte
des Korpers zu entfernt stehen; Aehnliches gilt auch
von allen langstreckigen Echsen. Der charakteristisch
langsame, toankende und unbestimmte Gang der Mehr-
zahl der Reptilien erklart fich aus ihrem Bau.
Die Nahrung der Reptilien besteht fast nur aus an-
deren Thieren, die feltener kampfend bestegt, vielmehr so
rasch ergriffen toerden, dah ihnen keine Zeit zum Wider-
stande bleibt. Von Pflanzen nahren fich allein die
Schildkroten und die im ersten Abschnitte ihres Lebens
als sogenannte Kaulguappen befindlichen Frosche. Alle
Reptilien vermogen auf Einmal erstaunliche Mengen
von Nahrung aufzunehmen, allein auch Entbehrung
sehr lange Zeit ohne Erschbpfung zu ertragen. Sie
srefsen und saufen daher in groheren Pausen als anvere
Wirbelthiere; von groheren Schlangen toeih man, bah
fie oft in mehreren Tagen nichts geniehen. Ihre Ver-
dauung ist namlich so vollkommen, dah alles irgend
Vertoendbare aus dem Verschlungenen ausgezogen toird,
ein Umstand, der andererfeits die geringe Menge ihrer
Darmausleerungen erklart. Zu dieser Verdauung tragt
mechanische Zerkleinerung ivenig oder nichts bei. Rep-
tilien mussen fast alle ihre Nahrung ganz verschlingen,
indem ihnen toahre Kautoerkzeuge abgehen; nur an
einigen Eidechsen hat man eine Spur vom Kauen toahr-
genommen. Schildkroten schneiden mit den scharfen
Kieferrandern Theile von Pstanzen ab, zerkanen aber
diese Bissen nicht. MehrentheilS sind die Kinnladen
schtoach und dabei dehnbar und folglich nicht geeignet, im
Beihen grohe Kraft zu autzern. Zfihne fehlen den Schild-
kroten, bilden bei den Froschen kleine, am Gaumen ste-
Hende Gruppen, finden fich bei Echsen, Schlangen nicht
allein in den Kiefern und am Gaumen, sondern auch auf
den Schlundknochen, haven verschiedene Gestalten, je-
doch felten diefenige eines stumpfkronigen Backenzahnes
und dienen meistens nur zum Ergreifen oder Festhalten
einer Bente. Im Rachen der Schlangen krummen sie
sich so toeit nach hinten, dah siedaS Herausschlupfen eines
erhaschten, toenn auch fich Veftig strauvenden Thieres
vollkommen hindern. Aufnahme von Flusfigkeiten kann
nur langsam und durch Thatigkeit der Zunge geschehen,
Saugen aber ist immoglich, denn mit Ausnahme einer
einzigen Gattung von Schildkroten fehlen allen Lurchen
toeiche und auSdehnbare Lippen. Der Rachen Id^t fich
bei den meisten sehr ertoeitern, vorzugstoeiS so bei den
Schlangen, toelchen der Knochenbau ihrer Kinnladen
gestattet, Thiere zu verschlingen von groherem Durch-
messer, als fie selbst haben. Bei dem Ergreifen der
Beute betheiligt sich nicht felten die Znnge und toird dann
zum mechanischen Werkzeuge, tote bei Laubfroschen,
Chamaleonen und anderen von Jnsecten lebenden Echsen;
als SinneSorgan Vefitzt sie schtoerlich Bedeutung, indem
Reptilien die Nahrung ganz verschlingen. Gestalt tind
Beschaffenheit deS Magens unterliegen im Ganzen viel
toenigeren Abanderungen als tn den vorhergehenden
Thierclassen; das Getvebe desselben ist fast immer Hautig,
die Form langlich, bei Schlangen ist er ansnehmend
lang und von der Speiserohre kanin unterschieden, bei
Schildkroten und Krokodilen muskelreicher als in an-
deren Ordnungen. Den animalischen Nahrnngsmit-
teln entspricht die Knrze des Darmcanals. Eine einzige,
kleine Familie, diefenige der Kiemenmolche, besitzt daS
ganze Leben hindnrch Kienien und gehort also zu den
ivasserathmenden Thieren, alle andere Reptilien athmen
durch Langen, die auS polygonen Zellen bestehen und
von viel loserem Gewebe sind als bei Sangethieren, oft
sogar in hohle Hantsacke auslanfen. Die Athmung
selbst muh natfirlich in ganz besonderer Art bei solchen
Reptilien geschehen, die entweder keine oder nnbeweg-
liche Rippen haben; sie besteht in diesem Falle in
Verschlncknng der Luft, indem ein Wechselspiel statt-
findet ztoischen ven Mnskeln des SchlnndeS, toelche Luft
Hinabpressen, und den Mnskeln des Bauches, welchedtirch
Znsammendrncknng die Lnft wieder ans den Lnugen
treiben. Ueberhanpt erscheint hier die Athmnng als
ein der Willknr untertoorfeneS Geschaft, ivelches ohne
Schaden anf geranme Zeit nnterbrochen toerden kann.
Bermvge besonderer Einrichtnngen hanft fich das aus
dem Umlaufe toiederkehrende Blut nicht in den Lnugen
an, toenn and; die Athmnng eben stillsteht, sondern
ein groher Theil des Benenblutes geht nnverandert in
den Kreislanf nber. Stimme fehlt den Schlangen ganz,
toird nur an toenigen Eidechsen beobachtet nnd Hangt
bei vielen mit dem periodisch erregten Fortpflanzungs-
triebe zusammen; sie kann bei Krokodilen znr fnrchtbar
drohnenden toerden, schallt bei titelen Froschen sehr lant
nnd nur bei einigen Baumfroschen des tropischen Ame-
rika nnd Indiens halbweg angenehm. Reptilien Hangen
hinsichilich ihrer Temperatur von den Umgebungen ab,
vermogen es nicht, durch organische Thatigkeit eine eigene
innere Wfirme zn erzeugen, und gehoren daher zu den
sogenannten kaltblfitigen Thieren. Die Schlange, die
anf einer tion der Sonne burchivarmten Bodenstelle ge-
machlich znsammengerollt daliegt, oder die Eidechse, die
anf einem nackten Felsen lanert, ffihlen stch beide toarm
an; fie tierlieren nach und nach diese Temperatur, sobald
sie an etnen kalteren Ort gebracht toerden. Nur an dem
anf seinen Eiern znsammengerollten Python Hat man
Spuren einer selbststanbigen Warmeenttoickelung nach-
getoiesen, die wahrscheinlich als Folge einer periodisch
gesteigerten Lebeusthatigkeit eintritt. Vermoge jener
Abhangigkeit von anherer Temperatur find Reptilien
fiberhanpt ziemlich frostig, ntetben arktische Klimate
ganzlich, verschlafen in milderen Breiten den Winter
und finden stch nur in den heihen Erdgegenden in zahl-
reichen Arten und in Menge. Der Hitze toiderstehen
fie beffer als andere Landthiere vermittelst starker Ver-
dunstung an der Overflache desjenigen Wassers, toelches
zu solchem Ztvecke bei vielen in besonderen Behfiltern
anfgesammelt toird. Die Geschlechter find ztoar immer
auf verschiedene Jndividuen vertheilt, indeffen Mann-
chen und Weibchen anherlich in der Regel nicht unter-
scheidbar. Die anheren Geschlechtsoffnungen und der
After befinden fich in einer gemeinsamen Bertiefung,
einer sogenannten Cloake, am Hinterenbe des Leibes;
eine Spalte, die bei einigen Ordnungen guerfiber, bei
anderen in die Lfinge gestellt ist, zeigt jene an. In dem
Geschlechtscharakler betoahrt fich die auch sonst vorherr-
schende Kalte, Gleichgfiltigkeit und Ungeselligkeit, denn
niemals toird Zuneigung ztoischen Jndividuen bemerkbar,
und die Berbindung von solchen beztoeckt nur augen-
blickliche Besriedigung, giebt nie Beranlassung zum Zu-
sammenleben oder einem Hanshalte. Die Weibchen
legen entweder Eier oder bringen, in selteneren Fallen,
toohl auch lebendige Junge znr Welt. Jene Eier Haben
niemals eine Harle Kalkschaale, sondern nur eine leder-
artige Hfille, die bei Froschen sogar gallertartig bleibt;
sie enthallen weniges, nicht gerinnendeS Eitoeih und
Hangen bei vielen Schlangen bfindelweis, bei Frvschen
in langen Schnuren zusammen. Die Fruchtbarkeit
stellt fich als sehr verschieden heraus, komint aber selbst
bei den im Waffer levendeit Arten niemals derjenigen
der Fische gleich; Schlangen legen bis 30, Schildkroten
bis 100, Frosche bis 800 Eier, jevoch nur einmal im
Jahre. Ffir die Nachkommen tragt der Vater keine,
die Mutter nur geringe Sorge, indem sie fich damit Ve-
gnugt, die Eier an passende Orte zu bringen, Ansbrfi-
tung aber den elementåren Einstfiffen fiberlaht. Ob
astatische Riesenschlangen im freien Zustande wirklich
6ruten toie die in einer pariser Menagerie Veobachtete,
steht noch nicht entschieden da. Das sogenannte Leben-
diggebaren der Giftschlangen, der Molche und einiger
Echsen besteht darin, dah das Junge kurz vor oder so-
gleich nach der Geburt die Eihaute durchbricht, also
enthfillt zur Welt komint. Mit Ausnahme der einer
Verivandelung untertoorfenen Frosche gleichen in den
anderen Ordnungen die Jungen der Gestalt nach stets
den Aeltern. Mit dem fortschreitenden Machsthume
steht eine periodische Hautung in Verbindung, die zu-
mal bei Schlangen in solcher Vollkommenheit geschieht,
dah der abgestreifte Balg oft nur am Kopfende Zerrei-
Hungen getoahren laht; an froschartigen Reptilien laht
sie sich dårum schtoerer beobachten, toeil eine eigentliche
Harte und trockene Epidermis fehlt und die schlfipfrige
Schleimhaut fich in kleinen Stficken oder Flecken ablost.
Nach feder Hautung treten die Farben lebendiger Hervor.
Ehedein glaubte man, dah dieser Hergang, mindestens
in kfilteren Klimaten, stets nur im Frfihling stattfinden
konne; Beovachtungen haven aver gelehrt, dah derselbe
durch Trockenheit oder Feuchtigkeit aufgehalten over be-
schleunigt toerde. Neber die Lebensdauer der Reptilien
fehlen genugenbe Untersuchungen; man toeih nur, bah
Schildkroten und grohe Echsen, toie Krokobile unb Al-
ligatoren, ein hohes Alter erreichen kunnen.
Dah bie Siniiesthatigkeiten ber Reptilien keine sehr
umfassenben sein konnen, bars man aus ber verhaltnih-
mahig geringen Menge von Hirn unb bem Vorwiegen
beS Rfickenmarks fiber baffelbe folgern. An einer von
Dumeril untersuchten Seeschilbkrote von 29 Pfunb be-
trug bas Hirn nur ben ^5^ bes GesamintgetoichteS.
Am Tiefsten steht ber Taststnn, inbein alle anhere fur
benselben bestimmte Organe fehlen; bie in ben ersten
brei Orbnungen ber Classe getoohnliche Harte Beklei-
butig bes KorperS schlieht bie Fahigkeit feineren FfihlenS
aus. Dah bie Zunge hauptsachlich mechanischen Zwecken
biene, ist oben ertoahnt toorben; sie burfte allein bei
Schilbkroten bas Schmecken vermitteln, hat bie mannich-
fachsten Gestalten, fehlt biSweilen ganz unb ist bei Kro-
kobilen fast in ihrer ganzen Lange angewachsen unb
baher unbetoeglich. Auch bem Riechsinne toirb grohe
Scharfe nicht zuzutrauen sein, benn Riechen setzt ein
regelmahiges Athmen vorauS. Da bie Athmung ber
Reptilien zum Theil vom Willen abhangt, fiberhaupt
langsam geschieht, viel Luft auf Einmal in bie Lungen
aufgenommen toirb unb bort geranme Zeit tiertoeilt, so
stromt jene in grohen Ztoischenranmen bnrch bie Na-
sencanale, unb Hanfig mfissen mit Gerfichen geschtoan-
gerte Lnfttoellen nnbenutzt unb nnbemerkt vorfiberstrei-
chen. Ihre Bente spfiren Reptilien fibrigens nicht bnrch
ben Gernch anf, sonbern sie Vebienen sich zu solchem
Ztoecke allein bes Auges. Ein irgenb mehr znsammenge-
setzter Ban ber Riechorgane ist in teiner Orbnnng vor-
Hanben, an Froschen zeigt er sich sogar Hochst einfach.
Die immer toeit nach vorn gelegenen Nasenlocher besitzen
bistoeilen eine besonbere Gestalt; bei Schilbkroten toer-