Illustrirte Naturgeschichte Des Thierreichs
Dritter Band
Forfatter: Eduard Pöppig
År: 1848
Forlag: Verlagsbuchhandlung von J. J. Weber
Sted: Leipzig
Sider: 150
UDK: St.f. 59 Pöp
Naturgeschichtes der Reptilen und der Fische
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Schildkroten.
LUrche oder Reptilien.
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I. Lairvschildkrote. (Testudo.)
Gattungscharakter: Rfickenschild und Brust-
bein fest verbunden, ohne bewegliche Klappe. Vorder-
sfisie ffinfzehig-
1. Die gefurchte Landschildkrote. (Testudo sulcata.) gig. 2064.
Wenn nicht ein Jrrthum untergelaufen, so bietet
viese Art daS Beispiel einer Verbreitung, welche in der
ganzen Clafse der Reptilien nicht ihres Gleichen Hat.
D'Orbigny will fie namlich auch in Patagonien gefun-
Den Haben, obgleich man fie sonst nur als Bewohnerin
des grotten Theiles von Afrika, von Abysfinien, Sene-
gal und dem Kaplande kennt. Sie wird lehr groh und
schwer, hat ein tief gefurchtes, obenher blahgelbes , am
Rande dunkelbraunes, hinten und vorn gezahnteS Ru-
ckenschild, dunkeln Kopf und gelbe Futze. Einzelne Ha-
ben ein fast schwarzliches Schild. — Europa befitzt drei
wahre Schildkroten, von welchen nur eine (T. graeca)
wirklich gemein ist, die um daS Mittelmeer gelegenen
Lander bewohnt und an vielen Orten gern gegcfsen wird.
Jhr Wirbelplatten find buckelig, von den 25 Randplatten
ist die mittelste vordere sehr schmal, daS vorn abgestutzte,
hinten auSgerandete Brustfchild besteht auS 12 Platten,
der Schwanz endet in einen stumpfen Stachel, die
Platten des Rfickenschildes sind gefurcht, gelb, schwarz-
gefleckt.
II. Biichsenschildkrote. (Pyxis.)
GattungScharakter: Ruckenschild oval, sehr
gewolbt, am Vorderrande tief auSgekerbt. Brustfchild
am Vordertheil mittels eineS Quergelenks beweglich,
fsihig, die vordere Schalenoffnung nach Zurfickziehung
des Kopfes und der Ffihe vollkommen zu schliehen.
1. Die gkwohnliche Buchsenschildkrote. (Pyxis arachnoidea.)
gig. 2065. 2066.
Man kannte bis vor kurzer Zeit diese Art, als die
einzige ihrer Gattung, nur aus Schalen, die fich in
Sammlungen zahlreich finden und auf gewohnlicheS
Vorkommen in Indien, dem wahren Vaterlande, schlie-
Hen lafsen, befitzt aber keine Kenntnih von der Lebens-
art. Die Grohe ist nicht bedeutend, die Zeichnung Hin-
gegen sehr schLn. Kopf, Hals und Schwanz sind bLaun,
die Glieder gelblich und schwarz gestreift, die Wirbel-
platten deS rothlichgelben Rfickenschildes durch 8 — 10
strahlenformige, schwarze Flecken geziert, die Rand-
platten schwarz gestreift.
Zweite Familie.
FluHschildkrSten.
Zehen fret, durch eine Schwimmhaut verbunden;
Vorderffihe mit funf, Hinterzehen mit vier spitzen Kral-
len. Kiefern lippenloS, mit Hornbedeckung. Rucken-
schild ziemlich flach, vollkommen verknochert, mit dem
verknocherten Brustbeine durch Knochennath oder Knor-
pel zusammenhangend.
Die Fluhschildkroten, die von einigen Sumpfschild-
krbten genannt werden, dilden eine eben so natfirliche
als zahlreiche, fiber alle milderen Breiten der Erde ver-
streuete, auch in Neuholland vertretene Familie. Sie
leben in stehenden Gewassern, kleinen Flfissen und
Sfimpfen und schwimmen schnell und geschickt, entfernen
fich niemalS weit vom Wasser, suchen allezeit in dem-
selben Schutz gegen Gefahren und kriechen am Lande
nicht weniger unbehilflich alS achte Landschildkroten.
Die Verbindung ihrer zwel Schalenhalsten hat allezeit
weniger Festigkeit und erscheint an jungen Jndividuen
als weicher, langsam verknochernder Knorpel, der bei
einigen Gattungen ,z. B. den Dosenschildkroten (Cistudo),
daS ganze Leben hindurch eine gewiffe Nachgiebigkeit
behalt und, zwischen der vorderen und Hinteren Halfte
des Brustbeines fich fortsetzend, beiden die Beweglichkeit
abgesonderter Klappen verleiht. Ze nach der Gestalt
und Grohe der letzteren wechselt auch die Moglichkeit,
fie mehr oder minder vollkommen dem Rfickenschilde an-
zupreffen, und hierdurch bald nur die vordere oder Hintere
III. Band.
Schalenbffnung, bald beide zugleich zu verschliehen.
Fluhschildkrbten freffen nie Pstanzen, sondern Fische,
Frosche, Wassermolche, Blutegel und Wasterinsecten,
verfolgen diest eben so beharrlich als gewandt und ent-
wickeln bisweilen ein sehr bosartigeS Naturell. An
manchen macht fich schone und lebhafte Zeichnung der
stetS sehr dfinnen Hornplatten deS Rfickenschildes oder
der Haut der Glieder bemerklich, andere sind einfarbig
dunkelbraun. Die Weibchen legen ihre Eier in flache
Gruben, die fie selbst am User der Gewaffer ausscharren,
welchen die auSkriechenden Jungen sogleich zueilen, ohne
jedoch sie immer zu erreichen, indem kleine Raubsauge-
thiere, Wadvogel und Raubvogel ihnen eifrig nach-
stellen. Von den 74 bekannten Arten bewohnen nur
drei unseren Welttheil. Die gemeinste derselben, die
enropfiische Sumpsschildkrote (Emys europaea), wird im
Hstlichen Deutschland haufig angetroffen.
III. Schweisschildkrbte. (Chelydra.)
GattungScharakter: Brustschild durch Kno-
chennath mit dem Rfickenschilde verbunden, klein, kreuz-
formig, ohne bewegliche Klappe, die Mitte der Bauch-
seite allein deckend. Schwanz lang, mit einem Kamme
Horniger Platten besetzt.
1. Dik amtrifunif^e Schweisschildkrotk. (Chelydra serpentina.)
gig. 2067.
In der Schweifschildkrbte fliehen die Gestalten des
Alligator und der Schildkrote zusammen. Jene erreicht
nicht nur einen grosien Umfang, sondern entwickelt auch
ein so grimmiges und verratherisches Wesen, dasi man
sie in ihrem Vaterlande, dem Sfiden der Ver. Staaten,
wirklich ffirchtet und sich nicht gern in die Sfimpfe und
stehenden Gewaffer Hineinwagt, in welchen fie ihren
Sitz zahlreicher aufgeschlagen hat. Zumal bedenklich
ist daS Zusammentreffen mit sehr alten und dann gegen
4 Fuh langen Jndividuen, die zwischen Sumpfpstanzen
verborgen lauern und im Stande sind, auch ungereizt
Hervorzustfirzen, und den vereinsamten Jager oder Fischer
zu packen, den Nothwendigkeit oder Jagdlust in die un-
heimlichen, noch von anderen gefahrlichen Reptilien be-
wohnten Moraste verlockte. Mas die Schweifschild«
krste einmal erfasit, lfisit sie freiwillig nicht wieder los;
sogar die jungercn, bisweilen nach Europa lebend ge-
brachten Eremplare wollen vorfichtig behandelt sein,
denn fie pstegen mit unverkennbarer Bosheit nach den
Betrachtenden zu schnappen und erreichen ihr Ziel um
so stcherer, als man dem gemeinlich eingezogenen Halse
den hohen Grad von Beweglichkeit und die Lange gar
nicht zutrauet, die er wirklich befitzt. Die Schweifschild-
kroten schwimmen sehr schnell, verfolgen gierig und in
der Regel mit Erfolg die stiehenden Fische, schleppen die
ergriffenen auf Untiefen oder an das Land und zerflei-
schen sie mit den starken, Hakenformigen Kiefern oder
den furchtbaren Krallen. Von ihrer Beisikraft zeugt
die Erfahrung, dasi Halberwachsene einen Stock von
Halbzolligem Durchmeffer und Hartem Holze mit einem
Bisse zerbrechen. Dem Fleische wohnt tin starker Mo-
schuSgeruch bei; man pstegt eS nicht zu effen. DaS ziem-
lich platte, im Umrisse ablonge braune Rfickenschild
tragt in der Mitte drei, durch die Hocker der Wirbel-
platten gebildete Lfingskiele. Kopf und Glieder find
olivengrfinlich.
Dritte Familie.
LurchschildkrSteu.
Rfickenschild unvollkommen verknochert, am Rande
knochig, mit Hornplatten fiberzogen. Kopf flach; Kie-
fern niedrig, ohne Hornbedeckung, mit weicher Haut
fiberzogen. Ffisie und Kopf nicht zurfickziehbar. Zehen
frei, durch Schwimmhaut verbunden.
Mit der vorhergehenden Familie fåntmt diese in man-
chen Hinstchten ziemlich fiberein, ein wesentlicher Un-
terschied liegt indeffen in der Bildung deS Rfickenschildes
und dem Ueberzuge der Kiefern sowie auch in der Un-
fahigkeit des Halses, fich vollkommen zurfickzuziehen. ES
sind nur wenige hierher gehorende Arten bekannt; sie
leben in stehenden Gewaffern und Sfimpfen Warmer
Lander und freffen keinesweges Pflanzen, sondern an-
vere Wasserthiere.
IV. Russelschildkrote- (Chelys.)
Gattungscharakter: Brustschild ganz verkns-
chert, durch Knochennath mit dem Rfickenschilde ver-
bunden. Nase rfiffelfsrmig. (Fig. 2060 —2063.)
1. Dik gefranjte Russelschildkrote. (Chelys 6mbriata.) gig. 2068.
In Brasilien heisit diese Schildkrote „Matamata".
Sie stellt eine der wunderlichsten, vielleicht widerlichsten
Gestalten dar, nicht unter der Ordnung allein, welcher
fie angehort, sondern selbst in der grohen Claffe der
Reptilien. Der breitgeguetschte Kopf steht in keinem
Verhaltniffe zu den sehr kleinen Augen und der gewal-
tigen Rachenspalte, endet in einen langen, dfinnen Rfis-
sel, der, nach allen Richtungen beweglich, aus zwei
Rohren besteht, und tragt jederseits in der Ohrengegend
einen grohen Hautlappen. Vom Kinne Herab Hangen
zwei gefranzte Hautlappen, vier andere stehen quer fiber
die Kehle, und viele reihen sich auf der Hinterseite deS
Halses zu einem doppelten Kamme. Diesem Furcht
oder Widerwillen einflosienden Aeutzeren entspricht nicht
die sonstige Wehrlosigkeit und die Furchtsamkeit, welche
die Matamata zu einem ganz unschadlichen Thiere ma-
chen. Sie nahrt fich von kleinen Fischcn und Froschen,
liegt lauernd zwischen schwimmenden Wafferpflanzen,
schwimmt schnell, vermag fogar Fische einzuholen, er-
hascht durch plotzliches Auftauchen kleine Waffervogel
und gilt in Cayenne fur schmackhafter als alle andere
Schildkroten. Unablasstge Verfolgungen sollen ihre
Zahl in bewohnten Gegcnden sehr vermindert haben.
Das braune Rfickenschild hat mit demjenigen der Schweif-
schildkrote viel Aehnliches. Ausgewachsen misit fie gegen
4 Fuh in der Lange.
V. Schlangenschilvkrote. (Chelodina.)
Gattungscharakter: Brustschild sehr groh,
ganz verknochert, durch Knochennath mit dem Rficken-
schilde verbunden. Nase stumpf. Ffihe vierzehig.
1. Die neuhollandische Schlangenschildkrote. (Chelo dina norae-
Hollandiae.) Fig. 2069.
Kopf und Hals der Chelodinen mahnen mehr an
Schlangen als an Schildkroten, befonders fallt der letz-
tere durch seine ungemeine Lange auf. Man kennt drei
Arten dieser Gattung, von welchen zwei in Brastlien
leben. Aufenthaltsort, BewegungSartund Sitten scheinen
dieselben zu sein, wie bei der bekannteren Schweiffchild-
fråte. Die abgebildete Art hat kastanienbraune, mit
schwarzen Nfihten eingefahte Rfickenplatten, gelb und
brauneS Brustschild, schwfirzlichgrauen Kopf und Glie-
der und lebt in den stehenden Gewaffern von Neusfid-
wales.
Vierte Familie.
Lippenschildkroten.
Zehen frei, durch Schwimmhaute verbunden. Kiefern
mit Hornbedeckung und fleischiger Lippenhaut. Rficken«
und Brustschild unvollkommen verknochert, ohne Horn-
platten, mit Haut fiberzogen.
Das Rfickenschild dieser Familie besteht gegen den
Rand hin aus einer biegsamen, fast ganz knorpeligen
Masse und einer in der Mitte gelegenen knochigen
Scheibe (Fig. 2053.), deren beinahe platte Oberflfiche
Furchen und rauhe Unebenheiten tragt; die Rippenenden
sind unter einander nicht verwachsen, die Seitentheile
deS BrustbeineS durch in der Mitte liegenden Knorpel
verbunden (Fig. 2054.). Der schmale und verlfingerte
Kopf endet in eine rfiffelformige Nase, fiber die Kiefern
Hfingt eine lippenahnliche Hautfalte herab, die einander
genfiherten, schief aufwartS gerichteten Augen ragen
weit hervor, der Schwanz ist kurz und dick. Die Glie-
der find stark; von den Zehen tragen nur 3 an jedem
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