Illustrirte Naturgeschichte Des Thierreichs
Dritter Band
Forfatter: Eduard Pöppig
År: 1848
Forlag: Verlagsbuchhandlung von J. J. Weber
Sted: Leipzig
Sider: 150
UDK: St.f. 59 Pöp
Naturgeschichtes der Reptilen und der Fische
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Lurche oder Neptilien.
Echsen.
die Verbreitung dieser Art einen sehr grogen Theil der
alten Welt begreife. Sie lebt im Nil, in dem Senegal
und anderen afrikanischen Flfissen, in Port-Natal,
Mozambique und MadagaSear, im Ganges und in
Landseen verschiedener Gegenden Indiens und fogar auf
den Sechellen -Jnseln. Einst war das Krokodil in
Aegypten viel gemeiner als Heutzutage, denn eS bewohnte
noch zur Zeit des Romerreiches die User des Delta,
jetzt steigt eS nicht weiter als Theben den Strom Hinab
und findet stine eigentliche Heimath in Nubien und
Abyssinien. Sehr thatig ist es nur deS NachtS und
eigentlich nur dann zu ffirchten, denn am Tage liegt es,
fich sonnend, auf den Ufern der Jnseln und eilt dem
Flusse zu, sobald es irgend etwaS Verbachtiges in der
Ferne entbeckt. Aengerster Hunger oder Schreck uber
das Plotzliche Erscheinen eineS Menschen konnen es allein
zum Angriffe treiben, der fibrigenS gewandten und be-
sonnenen Leuten nicht sehr gefahrlich wird, indem solche
dem zum schnellen Umkehren unfahigen und fiberhaupt
auf dem Lande nicht sehr schnell laufenden Krokodil
durch Haufige Aenderungen in der Richtung der Flucht
leicht entkommen. Im Wafser schiegt daS Krokodil
Hingegen mit Pstilesschnelle fort und lagt, wie ein
rasch stgelndes Boot, eine tiest Furche hinter sich.
Man kennt den Grund der gewaltigen Aufregung
nicht, der einzelne bisweilen bestimmt, ihren Hin-
terhalt zu verlaffen, nach der Mitte des Stromes
zu eilen, dort den gleichsam von Zorn geschwollenen
Korper Herumzuwalzen, wfithend mit dem Schwanze
unt sich zu fchlagen, bis ringsumher dichter Schaum
die Oberstache deckt, und endlich, in Halber Er-
schopfung, zu verfinken. Gemeinlich bewohnen meh-
rere dieselbe Gegend des Stromes oder Landstes,
doch find fie schwerlich unter die eigentlich geselligen
Thiere zu rechnen. Dag fie, wie filtere Schriftsteller
erzahlen, eine Wache ausstellen, wShrend die Anderen
fchlafen, mag mit Recht bezweifelt werden. Kein im
Masser lebendes grogereS Thier, das Nilpferd ausge-
nommen, geniegt dem Krokodil gegenfiber volle Sicher-
Heit, jedoch gelingt eS ihm felten, Schwimm- und Wab-
vogel zu erhaschen, die mit unablasfiger Aufmerksam-
keit ihren wohlbekannten Feind beobachten. Leichter
werden ihm Hunde, Schweine und andere Saugethiere
zur Beute, die arglos dem Ufer nahen; unter Fischen
richtet es gewaltige Verwfistungen an. Im Winter soll
seine Gesragigkeit sehr abnehmen; die Alten glaubten
sogar, dag es mehrere Monate hindurch gar nicht
sreffe. Aas verschmaht es keineSwegeS und wird in
Heigen Landern durch Bestitigung desselben nfitzlich;
die Verehrung, die ihm die alten Aegypter erwiestn,
mag fich daher erklaren lassen. Stimme lagt es fel-
ten hLren, denn nur in der BegattungSzeit und im
augersten Zorne stogt es ein schreckendeS Gebrfill aus.
Die Eier find von oblonger Gestalt, etwas groger als
Ganseeier, mit ziemlich Harter, weiger Schale fiberzogen,
werden an sandige, dem Sonnenstrahl zugangliche Orte
gelegt und vom Weibchen bewacht. So klein die
auskriechenden Jungen sein mogen, so versuchen fie doch
sogleich um sich zu beigen und verrathen aiigestammte
Wildheit. Viele erliegen den Verfolgungen der Nil-
Warneidechse, und eine Menge von Eiern zerstort der
oben (Bd. I. S. 90. Fig. 328.) beschriebene Jch-
neumon, den schon die Alten kannten und rfihmten.
Trotz stiner Groge und Gefahrlichkeit wird das erwach-
sene Krokodil in Nubien viel und gern gejagt; in Don-
gola gilt sein Fleisch als Leckerei, obgleich es europfii-
schen Gaumen, schon des Moschusgeruches wegen, nicht
zusagt. Thevenot sand es egbar, allein schmacklos.
Rfippell war ofters Zeuge solcher Jagden, die am Vor-
theilhaftesten im Winter, wo das Krokodil am Ufer
schlaft, oder nach der Paarungszeit betrieben wird, wo
die Weibchen auf dem Lande die Eier bewachen. Die
Eingeborenen verbergen sich hinter einent aufgeworfeiien
Sandhfigel an der Stelle, wo das Krokodil regelmagig
zu fchlafen pflegt, muffen aber die Richtung des Win-
deS beachten, weil daS fcharfriechende Reptil fie fonst
entdeckt und bei Zeiten fich zurfickzieht. Sie schleudern
auf das eingeschlafene einen mindestens 4 Zoll tief ein-
dringenden Harpun, an welchem mittels eineS Seiles
ein Stfick leichten Holzes befestigt ist, das, obenauf
schwimmend, die Richtung des Krokodils anzeigt, sobald
eS im Waffer Zuflucht gesucht hat. Der Jager begiebt
fich in den Kahn eineS wartenden Kameraden, und
beide beginnen alsbald die Verfolgung, ziehen mittels des
Seiles den Gefangenen herauf, bringen ihm noch einige
Harpune bei und schleppen ihn an das Land, sobald er
den Anfangs fiberauS furchtbaren Miderstand aus Er-
schopfung aufgiebt. Sie entwickeln hierbei ebenso viel
Muth alS Geschicklichkeit, und Rfippell selbst sagt, dag
er die Bezwingung und endlicheTodtung eineS 14 Schuh
langen Krokodils durch nur zwei Manner, ohne Augen-
zeuge gewesen zu sein, nie fur mdglich gehalten Haben
wfirde. Einmal auf festeS Land gezogen, wird daS
Krokodil immer wehrlofer, fibergeworfene Schlingen
fchnfiren feine Kiefern zu und rauben den Ffigen und
dem geffihrlichen Schwanze alle Beweglichkeit; ein
Dolchstog, der im Nacken daS Rfickenmark durchfchneidet,
ffihrt endlich den Tod deS Gefangenen herbei. Das
Fleisch findet in Nubien begierige Kaufer, und Hanbel-
treibende Berbern zahlen bis zwei Thaler fut jede der
ausgeschnittenen MoschuSdrfisen, deren Jnhalt in TuniS
u. s. w. als angenehmes Niechmittel den Haarsalben zu-
gesetzt wird. Im westlichen Afrika entwickeln die Neger
fast noch mehr Kfihnheit, denn mit einem scharfen Dolche
bewaffnet, tauchen fie unter daS Krokodil und burch-
bohren ihm den Bauch; nicht felten soll bei diesen
Kampfen der Mensch unterliegen oder dadurch allein
fich retten, dag er dem aufgebrachten Thiere das sehr
empfindliche Auge durchstogt oder, nach Verlust der
Masse, mit dem Daumen quetscht. Herodot erwahnt
bereits den Fang mittels groger, mit ausgeblastner
Schweinehaut fiberzogener Angelhaken, welchen das
durch das Geschrei eines ledenden, von den Fischern Her-
beigebrachten Schweines getauschte Krokodil gierig ver-
schlang. Dag diests mit dem Leviathan des Hiob zusam-
menfalle, vermuthen viele Bibelerklarer, und dag es in
Aegypten, jedoch nicht fiberall, fur Heilig galt, erzahlt
Herodot. Man hielt eS im zahmen Stande, schmfickte
seine Ohrenklappen mit goldenen Ringen, ffitterte es
sorgfaltig, balsamirte den todten Kfirper und bewahrte
denselben an Heiliger Statte. Mumien, die sich in der
agyptischen Sammlung Berlins befinden, beweisen die
Wahrheit jener Angabe der alten Griechen und lassen
die Locher, in welchen die Ohrringe geseffen, deutlich
wahrnehmen. Auf der Jnsel Elephantine pflegte man
Hingegen Krokodile des Fleisches wegen zu jagen. Dag
Gaukler diest zahmten und zu ihren Kfinsten benutzten,
beweist ein altagyptisches, an das britische Museum ge-
langtes Bildwerk der berfihmten Sammlung Townley's
(Fig. 2085.). Die altagyptische Mythologie erklarte
das Krokodil sfir ein Symbol des Typhon oder bosen
GeisteS, welcher den Osiris gemorbet Hatte, und der,
um sich vor der Rache deS Horns, des Sohnes von Ofi-
ris, zu schfitzen, jene Gestalt angenommen Hatte. Wahr-
scheinlich beziehen sich gewiffe Erzplatten deS britischen
Museums (Fig. 2086. 2087.) auf jenen Mythus und stel-
len den Horus vor, wie er das Krokodil daniedertritt.
In alten Zeiten scheint dieses viel groger geworden zu
fein als heutzutage; das von Aelian angegebene Maag
wfirde 36 Fng gleichkommen. Die gewvhnliche Lfinge
betragt in unferen Zeiten 12—20 Fng, langere Jn-
dividnen sind sehr selten. Kenntlich ist die Art an
den Nackenschildern (Fig. 2080.), von welchen vorn vier
in einer Reihe neben einander, dahinter wieder sechS
in zwei Reihen (vier und hinten zwei) stehen; fiber den
Rficken lansen sechs LfingSreihen, die an der Schwanz-
Wurzel zu zwei verschmelzen, und die endlich an der
Schwanzspitze einen einfachen Kamm ausmachen. So-
wohl Indien als Amerika besitzen eigene Arten von Kro-
kodilen, die von dem beschriebenen deutlich abweichen.
II. Kaiman. (Alligator.)
Gattungscharakter: Vierter Unterkieferzahn in
eine kegelsSrmige Grube des Oberkiefers einpassend
(Fig. 2091. 2092.). Hinterffige mit Halben Schwimm-
Hauten (Fig. 2090.). Zehen der Vorderffige frei.
1. Der Hechtskopf.Kaiman. (AUigator Lucius.) gig. 2094.
Die Kaimane gehdren ausschlieglich der neuen Welt
an; sie haben breiten Kvpf, nach vorn abgernndete
etwas plattgedrfickte Schnauze (Fig. 2089.), ungleich
lange Zahne und drehrnnde, nicht seitlich zusammenge-
drfickte und auf der Kante mit scharfen Schuppen besetzte
Hinterglieder. Hinstchtlich des inneren BaueS kommen
sie fiberein mit den achten Krokodilen; das Skelett er-
laubt ebenfallS nicht rasche feitliche Bewegnngen, am
wenigsten des Halses, dessen Wirbel die oben erwahnten
Rippenanfange (Fig. 2075.) in sehr entwickelter Form
tragen. Man kennt mehrere, Hauptsachlich durch die
Gestalt der Nackenplatten von einander verschiedene
Arten; an dem in Nordamerika lebenden Hechtskops-
Kaiman stehen zwei Paare dieser Platten im Viereck
(Fig. 2093.), an dem Brillen-Kaiman deS tropischen Ame-
rika (Fig. 2096.) beschreiben sfins ungleich groge, einan-
der sehr genaherte Paare eine Ellipse; bisweilen konnen
diefe knochigen Hervorragungen sonderbar imregelmagig
oder miggebildet sein (Fig. 2097.) oder so vielfach in
andere bekannte Stellungen fibergehen, dag sie, wie am
brafilischen Jaearé (Fig. 2094.), aufhoren, gute Kenn-
zeichen zu bieten, und der Glaube gerechtsertigt erfcheint,
dag zwischen manchen von den Syftematikern getrennten
Arten ein specifischer Unterschied in Wahrheit nicht
bestehe. Hinsichtlich ihrer Sitten kommen die Kaimane
so fiberein, dag es sfir gewohnliche Zwecke genfigt, die
Lebensgeschichte einer einzigen Art zu beschreiben. Wir
wahlen in dieser Absicht den HechtSkopf-Kaiman oder
gemeinen nordamerikanischen Alligator, der, fiber einen
sehr weiten Landstrich verbreitet, den Misfisippi und
viele seiner Seitenstrome und die Gewasser von Loui-
fiana, Alabama und Georgien, den Floridas, Teras
und dem merikanischen Kfistenlande bewohnt und sogar
der Jnsel Cuba nicht sehlt. Gleich feinen Verwandten
vermeidet er mit Meerwaffer ersfillte Bnchten und Baien,
lebt nicht gern in den halbsalzigen oder brakischen Flug- *
mfindungen, sondern vorzugsweis in Flfiffen und Seen,
zu welchen die Fluth des Meeres nicht Hinaufsteigt.
Dag ihn gerabe nicht ber Beigeschmack bes MeerwasserS
vertreibe, mochte man aus ber von Bartram mitge-
theilten Thatsache solgern, bag er zahlreich im Mus-
quitofiusse Oststoriba'S an einer Stelle gefunben wirb,
wo eine Heige, nach schweselsaurem Eisen augerorbentlich
stark schmeckenbeQuelle fich bem Fluffe beimischt. Vor-
zfiglich gern weilt er in ben Mfinbungen kleinerer, aber
fischreicher Seitenfifisse unb bilbet ba, in Gesellschast
vieler Anberer, ein surchtbares Heer, bem nicht leicht
ein fiberschwimmenbes Saugethier ober ein Mensch ent-
kommt, ber baS Unglfick Hatte, aus bem Kahne zu fallen.
Unvorfichtig Babenbe bringt er fiberall in Gefahr, benn
Hat er sie in ber Ferne erkannt, so taucht er unter,
schwimmt in ber Tiest herbei unb erscheint urpIotzlich
in ber Nahr beS OpferS. Die Bewohner jener Pro-
vinzen kennen jeboch biefe Tficke so genau, bag selten
unb nur in Folge von nicht vorauSzusehenben Unglficks-
sfillen einer ober ber anbere bem eben so grogen als vor-
zugsweis gefahrlichen Alligator in ben Rachen gerath.
Von ihm wirb basselbe erzahlt, was alS vollig Wahr
au ch bie brafilischen Jnbier vom Jaearé mittheilen; er
soll, wenn er einmal Menschensieisch gekostet, ben
Hochsten Grab von Bosartigkeit erlangen, mit eben so
groger Kfihnheit alS List bem Menschen nachstellen und
alles Anbere geringer achten. Man glaubt in beiben
Welttheilen, bag gewiffe einzelne Kaimane, bie ohne
ihre sonst gewohnliche Scheu fich bie LanbungSplfitze ber