Illustrirte Naturgeschichte Des Thierreichs
Dritter Band
Forfatter: Eduard Pöppig
År: 1848
Forlag: Verlagsbuchhandlung von J. J. Weber
Sted: Leipzig
Sider: 150
UDK: St.f. 59 Pöp
Naturgeschichtes der Reptilen und der Fische
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Lurcheoder Neptilien.
Aweite Vrbnung.
Wiihrenb die kleineren fich mit Jnseeten begnuglen. Aus
der Gestalt und ©råge der Hinferfuhe schloh Buckland
ferner, bah Armgreife auf dem Lande ziemlich senkrecht
stehen und nach Art der Bogel einherschreiten konnten.
Rechnet man Hinzu, dast sie mittels der Kratten der Vor-
bersuhe fich anhaken und wie Flebermause an senkrechten
Flachen herumkriechen konnten, so fieht man in ihnen
Thiere, die eine Mannigfaltigkeit der Ortsbewegung
besahen, wie keines der jetzilebenben Wesen fie in fich
vereinigt.
II. Maasechse (Mosaesaurus.)
Die Maasechsen bilden eine kleine Gattung, deren
Arten die Meere der norblichen Halbkugel Wahrenb der
Ablagerung deS Kreidegebirges bewohnten. Sie Hatten
die Zahnhohlen und den zusammengedruckten Schwanz
der Krokodile, im Uebrigen aberden Bau der ietztlebenden
Eidechsen. Jhr Schabel glich in mehreren Beziehungen
demjenigen der Heutigen Warnechsen, allein fie besahen
Gaumenzahne.
1. Eamper's Maasechse. (Mosaesaurus Camperi.) Fig. 2188.
Ein fast vollstanbiger Schadel dieseS Thieres ward
1780 im Kreidetuff des Petersbergs bei Mastricht ent-
deckt. Die Nahe des Flufses Maas zum Fundorte gab
Veranlassung zur Aufstellung des noch geltenden Gat-
tungSnamens, obgleich spaterhin eine zweite Art am
Missouri und inNeujersey embecki ward. Welcheauher-
ordentliche Grohe jenes Geschops besessen haben musse,
ergiebt fich aus der Thaisache, bah man seine Reste ge-
raume Zeit einem untergegangenen Walthiere zuschreiben
zu muffen glaubte. Seine Lange Hat mindestens 25
Fuh betragen, wie Cuvier auS den vorhandenen Theilen
der Wirbelsaule berechnete. Der seitlich zusainmenge-
druckte und sehr hohe Schwanz hat 10 Fuh gemessen
und aus 97 Wirbeln bestanden, ein Berhaltnih, welches
die Annahme vollig rechtfertigt, dah die Maasechse im
Meere gelebt nnd durch seitliche Schlage des Schwanzes
rascher und gewaltiger als selbst unsere Krokodile die
Fluthen durchschnitten habe. Anstatt der in Finger
getheilten Fuhe hat sie breite Ruderfinnen wie der Wal-
fisch besessen, also dem weiterhin zu beschreibenden Ple-
fiosaurus geglichen und durch dieselben im Wasser auf-
und abzusteigen vermocht. Jhr geognostisches Bor-
kommen beweist, dah fie erst entstanden, nachdem jene
furchtbaren Ungethume, die Jchthyosauren und Plesio-
sauren, bereits ausgestorben Waren; dah sie eine nicht
minder verberbliche Rolle gespielt, laht ihr Gebih und
ihr ganzes Mesen ahnen. Schwerlich vermochte ihr
irgend ein groher Fisch zu entkommen, denn die Ber-
bindung der Mirbel untereinander durch Kugelgelenke,
wie sie weiterhin bei den Schlangen beschrieben luerben
sollen, verlieh ihnen eine allseitige Beweglichkeit. Der
abgebildete Kopf iniht nahe an bier Fuh in der Lange.
III. Riesenechse. (Geosaurus.)
Die Riesenechsen Hatten einen Schadel, welcher durch
abgerundete Umrisse an die Warnechsen erinnert, aber
durch das Berhaltnih seiner einzelnen Knochen demjeni-
gen der Krokodile gleicht (Fig. 2189.). Ein aus kno-
chernen Platten zusammengesetzter Ring, der fich bei den
Warnechsen ebenfalls findet und theilweis gut erhalten
ist (Fig. 2190.), liegt in der geraumigen Augenhohle.
Gestalt des Rumpfes und Schwanzes scheinen wie bei
Krokodilen gewesen zu sein, und bermuthlich entsprach
die Bildung der Fuhe der Bestimmung zur aniphibischen
Lebensweise.
I. Sommering's Riesenechse. (Geosaurus Soemmeringii.)
Fig. 2189—2192.
Aus den im lithographischen Schiefer Frankens und
zwar an mehreren Orten entdeckten, nirgends aber ein
vollstandiges Skelett darbietenden Resten schloh man,
dah diese Echse, welche Sommering zuerst genau be-
schrieb, 12—15 Fuh lang gewesen sein muffe. Sie
Hat sich den Krokodilen mehr genahert als die Maas-
kchse und besah eine viel weniger bewegliche Wirbelsaule.
Die Zahne (Fig. 2191.) standen im Oberkiefer zu
18—19 und waren auf dem Rande desselben sestge-
wachsen; sie Hatten eine verbickte Basis und Waren mit
einer Harten, braunen Schmelzrinde uberzogen, die
noch jetzt an den ausgefundenen zum Theil wohler-
Halten ist.
IV. Megalosaurus. (Megalosaurus.)
Es find an so vielen Orten Bruchstucke dieser merk-
wurdigen Gattung entbeckt worden, dah man an ihr
nicht zweifeln darf, obgleich ein irgend vollstanbigeres
Skelett noch nirgends in Sammlungen eristirt. Man
kennt nur eine Art, die Buckland zu Ehren benannt
worden ist (M. Bucklandi), indeni dieser 1818 in den
Schiefern von Stonesfield die ersten Knochenbruchstucke
aufgefunden Hat. illus den sphieren Entdeckungen ahn-
licher Reste in Frankreich und Deutschland ergiebt fich,
dah dieses Thier am Ende der Juraperiode als weit ver-
breitetes gelebt habe. Seine Grohe kann nur nach einem
riesigen Maahstabe bemessen toerben; inanche Forscher
gaben ihm sogar bie jebenfalls ubertriebene Lange von
60 Fuh. Dah es minbestens 30 Fuh lang getoorben,
nnterliegt keinein Ztoeifel. Die Starke ber Knochen
entspricht vollkommen ber Leibesgrohe; im britischen
Museum befinbet sich ein bon Mantell im Tilgate-Forste
entbeckter Oberschenkelnochen, ber 20 Zoll im Umfange
miht, also bemjenigen bes starksten Elephanten nicht
nachsteht. Darf man aus solchem Maahe, unb auf in
ber Jetzttoelt bestehenbe Berhalinisse gestutzi, weitere
Folgernngen ziehen, so kann ber Megalosaurus auch
an senkrechter Hohe bem Elephanten nicht viel nachge-
geben haben. Einem nicht ausgetoachsenen Jnbivibuum
iinverkennbar angehorenbe Knochen befinben sich in ber
Sammluug zu Orforb; ber Schenkelknochen miht 3 Fuh
in ber Lange, 10 Zoll im Umkreise, ein Berhaltnih,
welches, auch toenn man nur anbere, jetztlebenbe Echsen
zur Bergleichung herbeizieht, auf eine senkrechte Hohe
von minbestens 6 Fuh toitb schliehen lassen. Diesem
obenein im Jugenbalter gestorbenen Thiere gegenuber
tourben bie grohten unserer jetztlebenben Echsen toie arm-
felige Ztoerge erschienen sein. Man staunt ob bieser
Riesenlhiere einer verschtounbenen Schspfung, benkt
aber, vom Gesuhl menschlicher Unmacht erfaht, nicht
ohiie Granen an eine Erbperiobe, too bie Thierivelt
eine unbestreitbare Herrschast nbte. Zu Grohe unb
Kraft im Megalosaurus gesellte fich, um ben Schrecken
zu erhohen, Gebih unb Gewohnheit bes steischfressenben
Raubthieres. Die Zahne toaren seitlich zusammenge-
bruckt, scharf, hinten runb, vorn scharskantig (Zahn-
burchschnitt Fig. 2195 a.), an ben Ranbern gezahnelt
unb ruckwarts gebogen; gingen fie burch einen getoalt-
samen Gebrauch berloren, so traten balb anbere an ihre
Stelle, toelche, unentwickelt toeiter nach innen stehenb,
fich alsbalb vergroherten unb in bie Lucke einschoben
(Fig. 2194 a. Borberer Theil beS rechten Unterkiefers
von innen,b. von auhen.). Uebrigens wuchsen bie Zahne
geraume Zeit fort unb tourben schon hierburch gegen
fruhzeitige Abnutzung geschutzt; fie batten eine kegelfor-
mige innere Hohle (auf Abbilbung Fig. 2195. burch
punktirte Linie angebeutet) fur bas gefah- unb nerven-
reiche Getoebe, von welchem bie Bildung eines jeden
Zahnes ausgeht.
V. Fischechse. (Ichthyosaurus.)
Die Fischechsen bilden unter den erloschenen Formen
der Echsen eine scharf fich abtrennende, in der jetzigen
Schopfung durchaus nicht vertretene Gruppe. Sie be-
wohnten das Meer und besahen einen zu solchem Auf-
enthalte ste geschickt machenden Ban. Bon allen ande-
ren vortoeltlichen Bertoandten unterscheiden fie fich durch
die unbestimmte Anzahl vielgliederiger Zehen, aus wel-
chen ihre Finnen oder Flossenfuhe bestehen. Obgleich
fie mit kraftigen Lustathmungs-Organen versehen roaren
und sonach an ihnen die Brustregion sehr entroickeli vor-
treten muhte, so glichen fie doch in ihren allgemeinen
Umrissen toeit mehr den Fischen als den Echsen. Ihre
Eristenz fW in eine verhaltnihmahig fruhe Periode,
roo der typische Charakter, der den einzelnen grohen
Classen ber Wirbelthiere jetzt aufgepragt ist, noch nicht
mit voller Scharfe Hervortrat. Ihre Reste liegen in
ben Schichten ber Juraformation, bie, unter sich nicht
von gleichem Alter, einen Schluh auf bas fruhere ober
spatere Aussterben ber einen ober ber anberen Art von
sogenannten Enaliosauriern (Fischechsen unb Seebrachen)
annnahernb zulaffen.
1. Die genteine Fischechse. (Ichtliyosauius communis.)
Fig. 2196—2-205.
Der richtig gewahlte Artenname beutet auf bie roeite
Berbreitung ber fossilen Reste bieser ungeheuern Echse
ber Borwelt. Ueberall kommen im Lias unb in bem Oo-
lithenkalk Fragmente ber Knochen vor, inbessen stub
biese felten ganz gut erhalten. Ein vollstanbiges Skelett
auszugraben, ist noch Niemanb gegluckt. Die jungste
bekannte, solche Trummern fuhrenbe Schicht entbeckte
Mantell in ber llmgegenb von Dover; sie besteht aus
Kreibenmergel. So groh ist inbessen bie Menge ber in
Sammlungen aufberoahrten, halb vollstanbigen Skelette
unb ber einzelnen Knochen, bah es nicht schluer Hielt,
bas ganze Thier ibeal zufammenzusetzen. Eine auf
solche Anschauung begrunbete, ber Wahrheit jebenfalls
sehr nahe kommenbe Abbilbung lieferte Conhbeare (Fig.
2196. 2197.), beren Richtigkeit fich am Besten roirb beur-
theilen laffen aus ber Abbilbung eines in Englanb be-
roahrten, aus bem Lias muhsam ausgearbeiteten Skelettes
(Fig. 2198.). Die grohten Fischechsen muffen an 30 Fuh
in ber Lange gemessen Haben. Welche ihre aufiere Beklei-
bung gewesen, laht sich mit Sicherheit nicht angeben,
inbessen mag man vermuthen, bah sie aus einer glatten,
aber leberartigen Haut bestanben habe, wie an ben Wal-
thieren ber Jetztzeit, inbem um ihre Reste nirgenbs Ab-
brucke eines Schuppenpanzers vorkommen. Leichter
kann man bie Gestalt beurtheilen, obgleich etwas ihr
vollig GleichkommenbeS in ber Jetztwelt nicht gefunben
roirb; an Kops unb Leib ahnelten bie Fischechsen, von
ber ganz verschiebenen Grohe abgesehen, einigermaahen
ben Delphinen. Weiter inbessen geht bie Aehnlichkeit
nicht, benn ber sehr lange, hohe, seitlich zusammenge-
bruckte Schwanz unb bie sonberbar gebilbeten Fuhe sto-
ren ben Bergleich. Im Bane spricht sich unverkennbar bie
Bestimmung zum Wasserleben aus. Da ein langer Hals
unb baher entstehenbe Unterbrechung ber geraben Korper-
linien bem Schroimmen hinberlich finb, so finben fich
nur roenige Halsroirbel. Um so langer ist bie Rucken-
roirbelsåule, bie aus mehr als 100 Wirbeln besteht, bie
nicht wie bei anberen Reptilien, fonbern roie bei Fischen
beschaffen finb, inbem fie flach coneave Gelenkflachen ha-
ben. Der in bieser Weise zwischen je zroei Wirbeln
entstehenbe Raum roar vermuthlich mit einer bicken
Flusfigkeit erfullt unb nach auhen burch ein festes, seh-
niges Kapfelbanb umfchlossen, ein Ban, burch welchen
bie Wirbelsaule ber Heutigen Fische eine hohe Elastici-
tet erhalt unb fich stets roieber gerabe streckt, sobalb bie
Muskelthaiigkeit ober sonstiger auherer Druck nachlaht,
burch welchen eine Kruminung hervorgebracht worben
toar. Ein bogenfdrmiges Brustbein unb breite Schlus-
selbeine (Fig. 2199.) befahigten bie Fischechse, ben bre-
chenben Wogen zu toiberstehen ober fie rasch schroim-
menb zu burchschneiben; beibe Knochen bienten ben star-
ken Muskeln zur Grunblage, ohne toelche bie grohen
unb breiten Borberfuhe ihrer Bestimmung zu genugen
nicht tourben im Stanbe gewesen sein. Es tonnen bie
letzteren allein mit ben Fuhen ber Wale verglichen wer-
ben, obgleich sie auch von biefen burch unbestimmte Zahl
ber Zehen unb Zehenglieber sich entfernen. Die zahl-
reichen bie Zehen zusammensetzenben Knochen Haben
vielseitige Umrisse unb gleichen, wo fie in einer Stein-
platte georbnet neben einanber liegen, einer Mosaik.
Fischechsen mussen Furcht unb Schrecken unter allen
Mitbewohnern bes Meeres verbreitet haben, benn ihrer
Starte unb Gefråhig'eit fich zu entziehen muh schwer