Illustrirte Naturgeschichte Des Thierreichs
Dritter Band
Forfatter: Eduard Pöppig
År: 1848
Forlag: Verlagsbuchhandlung von J. J. Weber
Sted: Leipzig
Sider: 150
UDK: St.f. 59 Pöp
Naturgeschichtes der Reptilen und der Fische
Mit 492 Ubbildungen
Søgning i bogen
Den bedste måde at søge i bogen er ved at downloade PDF'en og søge i den.
Derved får du fremhævet ordene visuelt direkte på billedet af siden.
Digitaliseret bog
Bogens tekst er maskinlæst, så der kan være en del fejl og mangler.
46
Lnrche oder Aeptilien.
Drittc Ordnung.
toenig verbreiteter Liebhaberei in Hausern gehalten wer-
ben, z.B. die Corallenschlangen in Amerika. Das plstz-
liche Erscheinen und die Lautlosigkeit aller Betoegungen
geben den Schlangen ettoas sehr UnheimlicheS, und die
Furcht vor ihnen toird gesteigert durch die Unfahigkeit
der Menge, die wenigen toirklich giftigen von den un-
schadlichen zu unterscheiden. Eine erstaunliche Menge
aberglLudischer fte betreffender Sagen findel auch im-
mer Wiederholer, indessen hat sich die Verehrung oder
doch die achtungSvolle Scheu, mit toelcher das Alter-
thum viele Schlangen betrachtete, jetzt in Widertoillen
oder offenen Hah gekehrt. Aber selbst in den Mythen
der alten Vslker tritt die Schlange am Haufigsten alS
Symbol des bosen Princips auf oder svll Eigen-
schaften andeuten, bie, toie Klugheit unb Wachsamkeit,
ztoar nicht verwerfiich find, aber auf das Vorhandensein
eineS ZustandeS geringerer Sicherheit und Unschuld
schliehen laffen. Die verschiedensten Volker nahnien
Schlangen auf unter die Gegenstanbe ihres auf
Naturbeobachtung ursprunglich begrundeten Cultus.
Den von Herodot irrigerweise fur unschadlich gehalte-
nen Hornvipern getotzhrten die alten Aegypter gottliche
Ehren, indem sie dieselben tin Tempel deS Jupiter Am-
mon begruben, \tnb die Haje oder agyptische Brillen-
schlange lieden sie gelten als Symbol deS Kneph, ihrer
guten Gottheit, und stellten gern ihr Bild in Bronze-
guh in den Hausern auf. AuS einem Wandgemalde
(Fig. 2223.), toelches Belzoni in dem ersten der von ihm
aufgedeckten Gruber Thebens fand, scheint fast Hervor-
zugehen, dah die Priester vor geheiligten im Tempel
gehaltenen Schlangen Menschen opferten, die indessen
nicht, toie Richardson meinte, denselben zur Nahrung
gedient haben tonnen, indeni nicht einmal die grohten
Python Indiens, die man aber in agyptischen Tempeln
sicherlich nicht besah, einen Menschenkorper zu verschlin-
gen im Stande sein tourben. Nicht allein bie Babylo-
nier und andere ostliche Volker, sondern auch bie Grie-
chen unb Romer betrachteten bie Schlangen als Emblem
bes guten Wesens, bes Agathodamon. Auf etruskischeu
Gefahen erscheint nicht felten eine toeibliche Gestalt,
vielleicht bie Gottin Hygeia, mit bem Futtern einer
Schlange beschaftigt (Fig. 2224.), unb bas aufben Wanb-
gemalben Pompeji's (Fig. 2225.) Haufig bargestellte uber
einen Altar sich neigenbe Schlangenpaar bebeutet bie
Gotter beS Hauses, bie sorgenben Laren. ' In ber My-
thologie ber Hinbu'S behaupteien die Schlangen eben-
falls ihren Platz, und in den Tempeln Halt und futtert
man mit vieler Sorgfalt die Brillenschlange. Auf den
Denkmalen der Mericaner und anderer amerikanischer
Volker, die ihre Civilisation au6 Asien empfingen, er-
scheinen Schlangen. Die Priester ernåhrten in den
Tempeln Riesenschlangen von ungeheurer Grohe und
sutterten sie toahrscheinlich mit geopferten Kinbern, benn
Bullock entdeckte in einem Kreuzgange bes Dominicaner-
klosters ber Stabt Merico ein gut gearbeiteteS unb seines
hohen AlterS ungeachtet toohlerhaltenes Gotzenbilb,
toelcheS eine Boa barstellt, in beren furchtbarem Rachen
ein Halbverschlungener Mensch sich toinbet. In Lan-
beru, too europaische Sitte herrscht, betrachtet man ge-
gentoartig jene Reptilien nie mit Verehrung, toohl aber
mil Schrecken unb Abscheu unb ztoeifelt nicht an ben
zahlreichen von einer Generation ber anberen uberliefer-
ten Fabeln. Sie zu erschlagen gilt uberall fur ein sehr
verbienstvolles Werk, benn bap sie zu irgenb einem nutz-
lichen Dienste von ber Natur bestimmt sein konnen,
toill Niemanb glauben. Lkur in Jnbien giebt es Leute,
toelche ben naturlichen Widertoillen aller Menschen ge-
gen Schlangen vollst.lnbig uberwinben unb als Gaukler
unb angebliche Zauberer, stels mit jenen umgeben, im
Lanbe herumziehen unb sie zu allerlei Leistungen abrichten
(Fig.2226.). Eine ahnliche in Aegypten lebenbe Kuste
giebt vor, von ben Psyllen abzustammen, einemVolksstam-
me bes alten Libyens, beffen Fertigkeit im Bånbigen ber
Schlangen schoti bie Griechen unb Romer mit Betvun-
derung ertoahnen (Fig. 2227.). Civilifirte Volker ge-
niehen nie bas Fleisch von Schlangen; Jnbier unb Neger
fhib minber Kostverachter, machen aber ztoischen ben
Arten einigen Unterschieb; benn toahrenb inanche Vol-
kerschaften Guyana's unter keiner Bebingung eine Boa
effen tourben, halten sie bie furchtbar giftigen Trigono-
cephaluS fur einen Leckerbifsen.
Die geographische Verbreitung biefer Orbnung ber
Lurche unterliegt sehr vielen Beschrankungen, inbem
keiner ber zu ihr gehorenben Arten bie Fahigkeit ober
ber Trieb zu roeiteren Reisen verliehen ist. Schlangen
finb mehrentheils an ihren Geburtsort gefesselt unb
verlassen benselben nur gezwungen, z. B. toenn Mangel
an Nahrung, anhaltenbe Trockenheit, Walbbranbe ober
unablassige Verfolgungen sie bebrohen. Sie sinb fur
bie Lehren ber Thiergeographie baher von bebeutenber
Wichtigkeit, benn toahrenb viele anbere grotze Thierfa-
niilien aus angestammter Unstatheit, ober toeil sie bem
Menschen besonbers nutzlich ober schablich toaren, srei-
toillig ober gezwungen ihre naturlichen Heimathen mit
anberen vertauschten, blieben Schlangen zuruck. Da
man nun bie zu ihrem Leben nothigen physischen Be-
bingungen kennt, so toirb man von ihnen als ursprung-
lichen Betoohnern bestimmter Gegenben auf bie Gleich-
artigkeit beS Klimas berfelben toahrenb eineS sehr lan-
gen Zeitraums zu schlietzen berechtigt sein. Im Allge-
meinen sinb sie nach benfelben Gesetzen verbreitet, toie
alle anbere Lurche, inbem sie gegen ben Aeguator an
Zahl sowohl ber Arten als Jnbivibuen sehr schnell zu-
nehmen. Gegen Norben scheinen sie nicht ganz so toeit
vorzubringen, toie bie ebenfalls gegen Kalte sehr empfinb-
lichen, aber uber einen sehr toeiten Raum verstreueten
Echsen unb Frosche. Hochst sonberbar ist es, batz sie
auf ben zahlreichen Jnseln PolynesienS ganz fehlen,
toahrenb sie gerabe in ben angranzenben Jnseln beS sud-
lichen Astens in einer, in allen anberen Weltgegenben
beispiellosen Menge vorkvmmen. Soweit sie in Norb-
amerika leben, haben sie mit benjenigen Europa'S burch-
aus keine Jbentitat, toahrenb beiben Welttheilen viele
Saugethiere unb Vogel gemeinsam finb. Die toenigen
europaischen verbreiten stch, zum Theil, uber ganz Slorb-
asten unb bis Japan. Subamerika besitzt von ihnen
eine geringere Zahl als Subafien, Afrika ist noch toeni-
ger reich, vorzugsweiS arm Europa. Giftige Arten
finben stch in allen, uberhaupt Schlangen beherbergen-
ben Lanbern, benn sie scheinen fogar toeniger gegen
Katte empfinblich als bie giftlofen, zahlen aber ungleich
toeniger Arten. Eine genaiie, burch einen ber ersten
Forfcher unferer Zeit angestellte Berechnung setzl ihr
allgemeineS Zahlenverhaltnih zu einem Funftheil aller
bekaunten Arten fest; strichweis anbert inbessen biefes
Verhattnitz, benn in offenen, pstanzenlofen, Heitzen Wu-
sten toiegen Giftschlangen beinahe vor, unb in gluckli-
chertoeife toenigen, gerabe nicht unfruchtbaren Lanbern,
z. B. Martinigue, bilben sie eine furchtbare, alle Vertil-
gungSverfuche vereitelnbe Plage. Entschieben toahre
unb kauni erklarliche Thatsache ist es ubrigens, bah bas
milde und feuchte Jrlanb nicht nur keine Art von Schlan-
gen enthZlt, fonbern bah auch bie von englifchen Zoolo-
gen mehrmals angestellten Verfuche, bie gemeine unb
ganz unschabliche Kragennatter bort einheimifch zu
machen, vollig erfolglos blieben.
Die fystematische Eintheilung ber Schlangen Hat
grohe, auf ber Gleichformigkeit bes Banes beruheube
Schwierigkeiten, unb baher tourbe bie Ansicht, auf bie Ge-
staltung ber Schuppen unb Schilber bie Familien zu
begrunben, gerabe nicht zu vertoerfen sein, befahe bie au-
tzere Bekleibung jene phystologifche Bebeutung, bie too
msglich uberall ben Maahstab fystematischer Sonberun-
gen abgeben follte. Ungenugenb, toie in manchen Hin-
sichten bie Theilung in giftlose (unschabliche) unb gif-
tige Schlangen auch erscheinen mag, verbient sie immer-
Hin ben Vorzug. Im Aeuheren legt sich ztoar nicht
immer der Unterschied beider deullich zu Tage, allein
entscheidend ist das Vorhandensein von einigen auffallend
verlangerten Oberkieferzahnen, die, gleichviel, ob betoeg-
lich oder fest, mit einer Druse von zufammengesetztenr
Baue in Verbindung stehen, toelche daS speichelartige,
durch autzere Furche oder innere Hohlung der Gistzahne
ausstromende Gift zu bereiten bestimmt ist. An gif-
tigen Schlangen fehlen sowohl jene Zahne als auch die
zu ihnen gehorenden Drusen.
Erste Unterordnung.
Giftlose Schlangen.
Erste Familie.
Wuhlschlangen.
Die Wuhlschlangen stehen in den meisten Systemen an
der Spitze der Schlangen uberhaupt, toeil sie diefe auf sehr
naturliche Weise mit den am Schlusse der Echsen aufge-
suhrten Schleichen verbinden. Sie sind niemals von irgenb
ansehnlicher Gtohe, ziemlich gleich dick, Haben einen
kleinen, vom Rumpfe kaum merklich abgesetzten Kopf,
kleine, toenig beutliche, von ber Korperhaut uberzogene
Attgen, eine nteist gleichartige Beschuppung, felten am
Bauche etwas grohere Schilber unb enge Maulosfnung,
inbem ber Zitzenfortfatz vom Schabel nicht getrennt ist
unb also eine toeite Entfernung bes Unterkiesers nicht
stattfinben katttt. In ihrer Lebettstoeise gleichett sie ben
suhlosen Schleichen, hatten sich ebenfalls nur am Boben
auf, betoohnen vorzugstoeise offene, sanbige Orte, krie-
chen mit mittelmtzhiger Schnelligkeit, verbergen sich gern
in Erblochern, bie sie touhlenb ertoeitern, unb fressen
kleine Weichthiere, Wttrmer unb Jnfeetenlarven. Gift-
zahne mangeln ihnen ganz. Sie bilben eine einzige
Gattung, sinb in ben toarnteren Lanbern der fremden
Welttheile heimisch, und nttr eine in Asien gewohnlich
Art toirb, toenn auch nicht haufig, in einigen Gegenben
beS subostlichen Europa gefunben.
I. Walzenschlangc. (Tortrix.)
GattungScharakter mit bem Charakter ber Fa-
milie gleich.
Die bengalische Walzenschlange. (Tortrix bengalensis.) Fig. 2228.
Die ehebem zu ben Riesenschlangen gerechneten Wal-
zenschlangen theilen alle niebr ober minber bie Eigen-
thumlichkeit, in ber Farbung ziemlich unbestanbig zu
sein, ober, uni mit ben Systematikern zu sprechen, eine
Menge von Varietaten zu machen. Es gilt DieseS be-
sonberS von ber abgebilbeten Art, bie einen sehr toeiten
Verbreitungsbezirk behauptet unb in ber Tartarei nicht
minber als in Bengalen, im Jnneren Afrika's, in Aegyp-
ten, Syrien unb in mehreren Gegenben GriechenlanbS
gefunben warb. Alle Eremplare kommen uberein burch
Kurze beS Schtoanzes (Fig. 2228.), vertical zuge-
spitzte Pupille und die Bekleidung der Unterseite
mit schmalen Schildern, allein in der Farbung erscheinen
sie, je nach dem Vaterlande, sehr veranberlich. Die
bengalische Varietat ist schon roth, unten gelb, entlang
dem Riicken mit einer schtoarzbraunen Zickzackbinde ge-
zeichnet, entfarbt sich itu Atter unb toirb ber europLischen
Spielart ahnlich, bie obenher gelblich grau marmorirt,
unten toeihlich, schtoarz gefleckt ist. Sie toirb bis ztvei
Futz lang unb fingerbick. Der Schwanz miht nur
2 Zoll.
Zweite Familie.
Stumme1fnHe r.
Der obenher entiveber ganz ober boch zum Theil
schuppige Kvpf ist vom Rumpfe beutlich abgesetzt, ber
Schtoanz kurz, bie Pupille langlich; zu ben Seiten bes
Asters treten unvollkommene Anfånge Hinterer Glieber
spornenartig Hervor.
II. Nieseuschlange. (Boa.)
GattungScharakter: Kopf verlangert eiformig;
Maul toeit; Ztoischenkiefer zahnlos; Korper zusam-
mengebruckt; kurzer Greifschtoanz; an ber Unterseite
mit nnpaaren Schildern (Fig. 2229.).