Illustrirte Naturgeschichte Des Thierreichs
Dritter Band
Forfatter: Eduard Pöppig
År: 1848
Forlag: Verlagsbuchhandlung von J. J. Weber
Sted: Leipzig
Sider: 150
UDK: St.f. 59 Pöp
Naturgeschichtes der Reptilen und der Fische
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$d)langcn.
^ u r che oder Neptilien^
55
VIII. Laiibschlaiige. (Dendrophis.)
Gattungscharakter: Kops verlangert, sonst
demjenigen der Nattern gleich; Auge groH, mit runder
Pupille (Fig. 2250. a.). Rumpf etwas zusammen-
gedruckt. Bauch und der sehr lange, dunne und stumpf-
eckige Schwanz mit breiten Schildern bekleidet (Fig.
2250. b.). Schuppen des Karpers in schiefe Reihen
gestellt, lanzeiiforniig, am Halse fast linienformig.
1. Die gewohnliche Laubschlange. (Dendrophis liocercus.) Fig. 2251.
Aelkere Herpetologen haben diese Schlange unter
dem Namen Ahatulla beschrieben, allein nicht nur mit
verwandten Arten fie verwechselt, sondern auch Indien
statt Sudamerika ihr $um Vaterlande angewiesen. Man
findet fie in allen auf Niederungen stehenden Urwaldern
dieses Welttheiles. Sie wird bis 4 Fuh lang, kaum
Vs Zoll dick, hat auf dem Rucken eine Reihe groherer
vieleckiger Schuppen, ist obenher bronzefarben, mit leb-
Haftem Metallglanze, untenher filberweih und an den
Seiten fast goldig. Vom Auge nach hinten lauft ein
kurzer, breiter, schwarzer Streif. Der Schwanz macht
die Halbe Leibeslfinge aus.
2. Die rothliche Laubschlange. (Dendrophis purpurascens.) Fig. 2252.
Die 9trt vertritt in Indien die eben beschriebene ame-
rikanische Art. Sie ist derselben durch Gestalt sehr ahn-
lich und nicht minder gewohnlich in den Waldern ihres
Vaterlandes, aber durch die Schuppenbildung des Ruckens
und stumpferen Kops verschieden. Aufder Oberseite ist sie
rsthlichpiolett mit grunem Schiller und sehr starkem
Goldglanze; auf der Mittellinie des Ruckens und jeder-
seits am Rande des Bauches verlaust ein gelber Streif.
IX. Glatizschlattge. (Dryophis.)
Gattungscharakter: Kopf der Laubschlangen,
;edoch mit ungemein zugespitzter Schnautze; Auge klein,
mit quergestellter Pupille; Furchenzahne in der Mitte
und im Hinteren Thetle des Oberkiefers. Rumpf stark
zusammengedrucki; Bauch und Schwanz rundlich, mit
sehr hohen Schildern bekleidet.
Die goldene Glanzschlange. (Dryophis auratus.) Fig. 2253.
Wegen der ungemeinen Dunne des sehr langen Kar-
pers Heihen die Arten dieser Gattung hin und wieder
auch Peitschenschlangen. In ihrer Lebensweise kommen
fie mit den anderen Baumschlangen ganz fiberein. Man
kennt mehrere in Indien und dem warmeren Amerika
Heimische Arten. Die abgebildete ist von Louistana bis
Brastlien ziemlich gentein, von der Farbe der polirten
Goldbronze mit mannichfachem Schiller und schwarz
und weih punktirt.
X. Kopsnatter. (Dipsas.)
Gattungscharakter: Kopf grep, ausgetrieben,
abgerundet, scharf abgesetzt; Augen grofi, weit vor-
stehend; Pupille kreisrund; Zahne gleichlang oder
einige langer, theilweis gefurcht. Korper sehr zusam-
mengedrfickt, verlangert, minder dunn als bei anderen
Baumschlangen. Ruckenschuppen glatt oder gekielt, auf
der Mittellinie bisweilen groher und an der Spitze ab-
gestumpft; Bauchschilder einfach , Schwanzschilder dop-
pelt. Schwanz von verschiedener Dicke, allezeit lang.
Die hundszahnige Kopsnatter. (Dipsas cynodon.) Fig. 2254.
Die Kopfnaitern unterscheiden sich von den ubrigen
Baumschlangen durch die sonderbare, an den Bullenbether
erinnernde Gestalt des Kopfes, der, bei geringer Lange
sehr hoch und entlang dem Oberkiefer ausgetrieben, vorn
stumps ist. Weit vorstehende, glotzende Augen vermch-
ren diese Aehnlichkeit. Jhre von den Langeverhaltniffen
und dem Durchmesser des Kbrpers abhangende Gestalt
ist jedoch manchem Wechsel unterworfen; es giebt Ar-
ten mit dem langen, dunnen Schwanze der Laubschlan-
gen, andere, die sich der gewhhnlichen Schlangenform
mehr nahern. Alle leben auf Baunien, bilden eine
ziemlich grohe, nur in Warmen Gegenden Indiens und
Sudamerika's lebende, in Europa gar nicht vertretene
Gattung und gehoren, ungeachtet der grohen Speichel-
drusen und der Furchenzahne, keineswegs zu den eigent-
lich giftigen Schlangen. Sie sind ziemlich bunt und
5um Theil quergeringelt; in ihrer Farbung Herrscht
Dunkelbraun vor. Die hundszahnige Kopsnatter lebt
auf Java, scheint aber dort sehr sekten zu sein, miht 2%
Fufi in der Lange, ist obenher schbn grauroth, aus dem
Rucken gelblich, sehr zart braun marmorilt und mit
40—50 schwarzbraunen, bis an die Bauchschilder Her-
abreichenden Halbringen geschmuckt.
Zweite Unterordnung.
Giftige Schlangen.
Zwischen den vollig gistlosen und den wirklichen
Gistschlangen giebt es zwar Verbindungsglieder, allein
im Ganzen besttzen die letzteren eine besondere, fiberaus
abstohende und auf den ersten Blick Verdachi erregende
Phhsiognomie. NiemalS iheilen fie den schlanken Bau
der giftlosen Familien, find vielmehr im Verhfittnisse
zur Lange plump und breit, haben meistens einen sehr
kurzen, an seiner Wurzel abgesetzten Schwanz und Hin-
ter dem sehr breiten Kopfe zusammengeschnfirten Rumpf.
Der weite Ruchen und die funkelnden Augen vermehren
jenes grauenhafte Ansehen. Gistschlangen scheinen sich
des Besitzes ihrer todtlichen Waffe betoupt zu sein, denn
statt zu stiehen, rollen sie sich zum Sprunge oder Bisse
bereit zusammen, sobald ein Feind naht. Sie unter-
scheiden sich von der anderen weit groheren Halfte der
Schlangen durch Giftzahne und die mit diesen zusam-
menhangenden Giftdrusen. Die ersteren erheischen einen
besonderen Bau des Schfidels (Fig. 2255.). Die Ober-
kieferknochen, die zwar bei Riesenschlangen, Nattern
u. s. w. auch beweglich, aber sehr lang und mit einer
Reihe von Zahnen besetzt sind, ziehen sich bei Giftschlan-
gen zu kurzen, abgerundeten Knochen zusammen, auf
welchen die Giftzahne stehen. Sie find sehr beweglich
und stutzen stch nach Hinten auf einen dunnen Stiel, das
ebenfalls verschiebbare, mittels besonderer MuSkeln zu
bewegende Flfigelbein; zieht dieses sich zuruck, so weicht
auch der Kieferknocheu nach Hinten, und der Giftzahn
legt sich nieder in eine Falte des Zahnfleisches; geschieht
aber die Bewegung sener Knochen in umgekehrter Rich-
tung, so richtet sich der Giftzahn auf und kann sogleich
durch eine hackende Bewegung des ganzen Kopfes und
Borderleibes, nicht aber durch ein eigentlicheS Zubeihen
eine zwar nicht umfangreiche, aber todtliche Wunde bei-
bringen. Die Giftzahne haben eine innere Hohlung,
die indessen nicht den eigentlichen Kern des Zahnes durch-
bohrt, sondern dadurch entstehi, dah der Zahn, den man
als ursprunglich ganz platt gedruckt zu denken hat, auf
der breiten Flache sich so krummi, dah seine auheren
Ranver in der Mittellinie zusainmenstohen und dort mit
einander verwachsen. Ein kleines vor der Spitze und
auf der tuneren Seite des Zahnes befindliches Loch Kil-
det den Ausgang der Hohle und laht das Gift ausflie-
hen, welches oben in den Zahn Hineingetreten und in
einer besonderen Druse berettet worden tst. Wahrend
die Bipern, Klapperschlangen, Schildvipern undRauten-
schlangen oder Lachesis im beweglichen Oberkteferknochen
nur ein Paar ausgebildete Giftzahne Haben, Hinter wel-
chen allerdings junge Ersatzzahne stehen, findet man an
den Seeschlangen Hinter den unbeweglichen Gtftzahiien
eine Reihe achter Kieferzahne und bei den Felsschlangeu
(Bungarus) und Giftnattern (Elaps) eine Gruppe kletner,
undurchbohrter Zahne. Giftdrusen nehmen die Hintere
Halfte der Kopfseiten ein; jede besteht aus einer Anzahl
langlicher, fiederformig eingeschnittener, schtef nach oben
und hinten gerichteten Lappen (Fig. 2256. a.), die nach
linten mit dem allgemeiiien Ausfuhrungscanale (b.) in
Berbindung stehen und in ihrem Gewebe jene todtliche
Flusfigkeit absondern. Ein doppelter sehniger Sack
uingiebt dieses Gebilde. Der auhere ist mit eineni
Muskel verwachsen, der durch das Oeffnen des Rachens
fich ausspaunt und hierdurch einen Druck auf die Druse
ausfibt, deren Gift nothwendig in die Zahnhohle ein-
stromen muh. Dah der Eintritt des Giftes mit etntger
Gewalt geschehen und gewtssermaahen etnem Aussprttzen
gleichen muffe, lfiht fich voraussetzen, denn die Schlange
retht nur in dem Augenbltcke thren Rachen weit auf,
wo sie den Bih versetzt, und somit wird Eindrtngen des
Zahnes und Ergiehung des Giftes gleichzettig erfolgen.
Das letztere tst gerade nicht in groher Menge vorhan-
den, denn aus der geostneten Druse einer 6 Fuh langen
Klapperschlange druckt man etwa 3—4 Trop sen aus.
3m frischen Zustande erschetnt es als eine durchstchtige,
gelbliche oder grunliche, geruch- und geschmacklose Flus-
figkeit, von etwas geringerer Klebrigkett als der Spei-
chel, dem es in manchen Hinstchten ahnelt. Trocknend
klebt es an frernde Gegenstande fest, siiikt im Masser
unter, vermtscht fich mit diesem unter letchter Trubung
und rothet Lakmuspapier, was ehedem allgemein abge-
leugnet ward, Verhfilt sich folglich als Saure. Seine
todtliche Eigenschaft verliert es durch Eintrocknen nach
kurzer Zeit, denn was von lebensgefahrltchen Verwun-
dungen mittels ausgerissener, sett Jahren aufbewahrter
Giftzahne in Nordamerika und Brasilien erzahlt wird,
gehort unter die Fabeln. Auch tst seine Wtrksamkeit
nicht bei allen Arten von Schlangen und zu allen Zeiten
gleich , sondern wird bedingt durch Jahreszeit, den tndi-
viduellen Zustand der bethendeii Schlange, die Empfang-
lichkett der gebtssenen Person und den Ort der Wunde.
Manche Arten derselben Gattung ubertreffen andere ganz
ahnltche durch auSnehmend grohe Giftigkeit; wahrend der
Bih einer europatschen Viper verhaltnihinahig felten dem
Menschen todtlich wird, entkomnit Niemand mit dem Le-
ben , dem die afrikantsche Poffadder (Vipera arietans)
eine Wunde betbringt. Glucklicherweise ist die Zahl der
entschieden todtenden Gistschlangen nicht groh; man
kennt viele Beispiele von Lebensrettung nach Empfang
von Klapperschlangenbissen. Hochst bedenklich bleiben
allezeit solche Verwundungen; abgesehen von den furcht-
baren Schmerzen, welche aus der vergifteten Wunde fich
fiber das verletzte Glied, bisweilen uber die eineKorper-
halfte verbretten und mit heftigem Fieber und anderen
peinltcheiiZufallen begleitet sind, bleibt leicht eine lange,
bisweilen nie wieder schwindende Kranklichkeit zurfick.
Es herrschte ehedem die Anficht, dah Schlangengift nur
dann einwirke, wenii es mit bem Blute fich inischt oder
mindestens in die Lymphgefahe eindringt, und dah man
daffelbe, vorausgesetzt, dah im Munde oder Schlunde
eine Hauiverletzung nicht vorhanden, ohiie Gefahr ver-
schlucken konne. Die von etnem deutschen Naturfor-
scher, Hering, in Surinam mit dem Gifte der dortigen
Klappestchlange angestellten Versuche bewiesen aber, dah
dasselbe selbst bei bedeutender Verdfinnung mit Waffer
auffallende Mirkungen auhere. Reben den theilweis
schmerzhaften korperlichen Folgen des Verschluckens ver-
dfinnten Giftes erschieii die Affeetion der geistigen Ffi-
Higketten besonders inerkwfirdig. Thtere mit kaltem
Blute Werden durch Schlangenbih weit schwerer getbdtet
als andere, viele find gegen thn uiiempfindlich. Unter
den hhheren Thieren zeigt auher dem Jgel wohl keines
Villige Gleichgfiltigkeit gegen jenes Gift; nicht nur
schaden jenent Viperbisse nicht, die er auf unbewehrte
Korpertheile empfangt, sondern er zerkauet und ver-
schluckt auch ohne allen Nachtheil den Kops der gemeinen
Viper, was denn doch ohne einige Verletzung der Mund-
theile durch die iiadelspitzigen Giftzahne nicht abgehen
kann. Menn grohe Saugethiere dem Schlangenbtffe
genieinlich mit dem Leben entgehen, so findet dteses seine
Erklariing in dem sehr ungleichen Korperverhaltniffe
zwischen ihiien und thren Hetintfickischen Gegnern.
Wahrend mindestens vier Vtpern thatig sein mfissen,
um einen Ochsen oder ein Pferd Hinzurichten, vermag eine
eiiizelne durch einen einzigen Bih ein Kaninchen tnner-
Halb einer halben Stunde zu todten. Versuche Håber,
bewiesen, dah sogenannte weihblfittge Thtere, z. V.
Krebse, gegen Schlangengtste durchans unenipfindlich