Illustrirte Naturgeschichte Des Thierreichs
Dritter Band
Forfatter: Eduard Pöppig
År: 1848
Forlag: Verlagsbuchhandlung von J. J. Weber
Sted: Leipzig
Sider: 150
UDK: St.f. 59 Pöp
Naturgeschichtes der Reptilen und der Fische
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£urd) c oderNep1 i 1 ie n.
Zmeite Ordnung.
reiferen Alter sehr dunkel graubraun, mit schwarzmar-
morirtem Bauch und Weihlichen Sippen und haben nach
Umstanben falbe oder hochrothe JriS. Wie alle Gat-
tungSverwanbte bewohnt die gemeine vom mittleren
Schweben bis nach Oberitalien, vom Ural bis nach
Spanien verbreitete Viper niemalS sumpfige und schat-
tige Nieberungen, sondern nur trockene, hbher gelegene
Walber oder offene, sanbige, mit niederem Gestrupp be-
deckte Abhange. Sie ist daher vorzugsweis zu furchten
zwischen Heidelbeergestrauche, zwischen Anflug junger
Birken und an den mit isl^ndischem Moose bewachse-
nen Orten felsiger, aber nicht ganz unfruchtbarer Berg-
seiten. Meistens lebt fie einsam, ost liegt fie regungsloS
zusammengerollt auf einem von der Sonne durchwLrm-
ten Steine, andere Male wohl auch unter den erwahn-
ten Pstanzen verborgen. So faul fie im gewohnlichen
Zustande fich betragt, so kann fie durch abfichtliche Rei-
zung zur plotzlichen Wuth aufgestachelt werden und
beiht dann ohne ein warnendeS Zeichen. Als die ein-
zige ihrer gefahrlichen Sippschaft wird fie zwar in
Deutschland sehr gefurchtet, indefsen entspricht gluckli-
cherwetse ihre Giftigkeit nicht dem meitverbreiteten Glau-
ben. Einmal ist sie keineswegs sehr hsiufig, benn in
mancher umfangreichen Provinz kennt man sie kaum,
und anderseits stirbt hochst felten Jemand an einem von
ihr erhaltenen Bisse. Jhr Giftzahn dringt bei seiner
Kurze kaum eine Linie ties ein, und bei der Kleinheit
des Kopfes und der Giftbrusen ist die Menge deS uber«
getragenen Giftes so gering, bah ein sehr unglucklicher
Zufall, vielleicht die Verletzung eines oberflachlichen
Gefahes, besondere Reizbarkeit, Kranklichkeit oder sehr
jugendlicheS Alter dazu gehoren, Wenn der Gebissene in
ernste Gefahr gerathen soll. Kleine, Warmblutige
Wirbelthiere sterben schnell nach einem Viperbifse,
Msiuse fast im Augenblicke, Sperlinge und ahnliche Vs-
gel nach einigett Minuten ; kaltblutige Wirbelthiere
scheinen durch denselben sehr wenig zu leiden und Wir-
bellose, wie Schnecken und Blutegel, ihn gar nicht zu
beachten. Gegen Fische haben Vipern einen offenba-
ren Widerwillen, vermeiden sie zu beihen, auch wenn
fie hingeworfen und zur Austeizung gebraucht worden
sind, beihen fich gegenseitig kaum in blindester Wuth
und allezeit ohne tobtliche Wirkung. Ueber die Ein-
wirkung des Vipernbiffes stellte der fleihige Lenz viele
und stnnreiche Versuche an, die Dafselbe beweisen , was
schon fruher Fontana und Nedi, die freilich der weit
gistigeren italienischen Viper (V. Redi) sich bedienten,
ergrundet haben. Wie alle Wahre Giftschlangen be-
machtigt fich die Viper niemals durch rustige Versol-
gung ihrer Beute; sie liegt ruhig da und wartet, bis
Zufall oder eigene Unvorfichtigkeit ein kleines Thier in
ihren Bereich bringen, welches nach Empfang des Bis-
ses zu fliehen vergiht, stirbt und langsam verschlungen
wird. Haufiger noch als andere Schlangen scheinen
sich Vipern an allzugrohe Bissen zu wagen, benn gerabe
fie liefern am Ersten ben Sammlungen Beweise von ber
Gefrahigkeit, bie baS Zerreihen ber Kiefern, baS Auf-
platzen bes Leibes herbeifuhrt. Nachbem im Fruhjahre
in kurzen Zwischenraumen zwei Hsiutungen einanber
gefolgt, treten bie Paare zusammen; spater, bis Septem-
ber, folgen noch zwei bis brei Hautungen. Die 12—20
Eier haben einige Hautige Schale, reihen aber schon im
Leibe ber Mutter, so bah bie vollig ausgebilbeten, sogar
mit Spuren von GiftzLhnen versehenen, 4—5 Zoll
langen Jungen vollig enthullt zur Welt kommen. Der
Winter wirb unter Steinhaufen, in Lochern alten Ge-
mauerS, unter Baumwurzeln, in Maulwurfslochern unb
ahnlichen Schlupfwinkeln verbracht, in welche ber Frost
nicht einbringt. Ein Winterschlaf tritt allerbingS ein,
boch nie in Gestalt vollkommener Lethargie, ber.n ge-
ringe Erhohung ber Suheren Temperatur ober starke
Storungen bringen Vipern leicht zum Erwachen. Nicht
sekten liegen mehrere in einen Knaul zusammengewun-
ben in bemselben Loche. Dah bie debrohten Jungen
ber Mutter in ben Rachen kriechen unb bort Sicherheit
finben, ist trotz ber vielfachsten Wieberholung unb zahl-
reicher Aussagen eine Fabel. Ein anberer uralter
Aberglaube schreibt ben Vipern mebieinische Krafte zu.
Nicht allein glaubte man, bah bie aus ihnen gewonnene
Fleischbruhe bie Auszehrung heile, sonbern man erklarte
bie Vipernkopfe fur einen wichtigen Bestanbtheil bes
Theriak, eines wunberlichen Gemisches ber verschieben-
artigsten Stoffe, welches unter Nero vom eretischen
Arzte Anbromachus erfunben unb im Mittelalter in
allen grohen Stabten Europa'S unter offentlichen Feier-
lichkeiten verfertigt warb. Hentzntage bereitet man
ben Theriak nur in einigen italienischen Stabten; in
Neapel steht eine von ber Regiernng angelegte Fabrik
unter Aufsicht beS beruhmten unb um bie Kenntnih nie-
berer Seethiere sehr verbienten Delle Chiaje. Sie
verbraucht alljahrlich mehrere Tausenbe von Vipern,
zumal ber um Neapel gemeinen Aspis (V. Aspis), wel-
che von besonberS eingeubten Schlangenfangern in Kor-
ben lebenb herbeigebracht werben. Siebolb erzahlt,
bah man in China unb Japan eine Art von Theriak
Haufig anwenbe, unb bah man auf ben Jnseln Liu-kiu
aus einer giftigen Seeschlange (Hydrophis colubrina)
Heilmittel berette. In Deutschland hat man glucklicher-
weise die Zeiten hinter sich, in welchen dergleichen Stoffen
eine Heilkraft beigemessen ward, welche sie naturgemah
nicht besitzen konnen.
2. Die dg^ytif^e Hornviper. (Vipera Cerastes.) 8ig. 2271. 2272.
Die Abtrennung der Hornvipern von den ubrigen
Vipern und ihre Erhebung zu einer besonderen Gattung
ist nicht zu rechtfertigen, indem sie allein auf Beruckfich-
tigung eines Paares kleiner, spitziger, oberhalb der Au-
gen entspringenden Horner beruht. Diese haben burch-
auS kein wiffenschaftlicheS Interesse, indem fie in der
Lebensweise jener Vipern nichtS andern und nur auS
einer besonders stark entwickelten, am Rande eingeschnit-
tenen Schuppe bestehen. Dem Volke find fie Hingegen
seit den filtenen Zeiten alS etwas sehr Merkwurdiges
erschienen und galten stets als Anzeichen gewiffer ver-
borgener Eigenschasten. Hornvipern unterscheiden fich
aber in keiner wesentlichen anheren oder inneren Bezie-
Hung von den ubrigen Vipern. Die figyptische Horn-
viper bewohnt die grohen sonnenverbrannten Sand-
wusten des nbrdlichen Asrika, von der Kuste bis Darfur
und Senegal. Sie tragt die Farbe ihrer Aufenthalts-
orte unb gleicht bem pflanzenlosen Boben, inbem fie
obenher bleichgelb, stellenweis graubraun unb mit
5—6 Reihen etwas bunklerer, nicht beutlicher Flecken
gezeichnet ist. Die Schwanzspitze ist haufig schwarz.
Die Lfinge betragt lVs — 2 Fuh. Den Alten war biese
Schlange wohl bekannt; bie alten Aegypter bilbeten fie
auf ihren Denkmalern haufig ab, unb Herobot meint fie
unverkennbar, wenn er von Schlangen spricht, bie in
ber Gegenb von Theben fur geheiligt galten, bem
Menschen nie Schaben thaien, zwei Horner trugen,
geringe Grohe erreichten unb im Tempel bes Ammon
begraben tourben. Dah bie Priester burch sorgfaltigeS
Ansziehen ber Giftzahne fle unschablich gemacht Hatten,
versteht fich von selbst. Neuere Reisenbe beschreibeit fie
als sehr geffihrlich, toeil fie, in ber Sonne baliegenb unb
kaum unterscheibbar von bem Erbboben, nicht flieht,
sonbern bem ungewarnt ihr nahe kommenben Wanberer
einen Bih versetzt. Bruee erzahlt, fie liebe bie W^rme
so sehr, bah fie aus Unvorficht in bie Erblocher gerieth,
in welchen bie Begleiter jenes Reisenben Holzkohlen
zubereiteten; er glaubt, bah allnachtlich 5—6 Stuck
fich selbst verbrannten. Er setzt Hinzu, bah jebe Horn-
viper eine im Verhaltnifse zu ihrer Korpergrohe unge-
meine Menge von Gift, einen reichlichen Tropfen in
jeber Druse, bewahre, unb bah eine gefangene burch Rei-
zung bahin gebracht werben konnte, nach einanber
18 Tauben zu beihen, bie alle in ziemlich gleichen Zwi-
schenrsiumen starben. Sie vermag mit groher Schnel-
ligkeit fich vorwartS, ruckwartS unb seitwarts zu be-
wegen unb fpringt sogar aus einiger Entfernung auf
ihren Gegner, was minbestens Bruee beobachtet Haben
will. Derselbe Reisenbe War Augenzeuge von ber
Gleichgultigkeit, mit welcher agyptische Bezauberer bie
Hornvipern behanbelten; er sah, bah ein Mann einen
blutenben Bih an ber Hanb erhielt, ihn nicht achtete
unb keinen Schaben erlitt, obgleich bieselbe Viper einen
grohen Pelikan burch einen Bih nach breizehn Minuten
tobtete. Noch einige anbere biesem Berichte zugefugte,
schwer glaubliche Dinge rechtfertigen bie Vermuthung
Cloquet's, bah Bruee fich habe burch geubte Gaukler
betrugen lassen. Er scheint ubrigens sehr grohe Furcht
vor ber Hornviper gehabt zu haben, benn er scheuete
fich, ihre Giftwerkzeuge genau zu untersuchen, unb
warnt, ehrlich genug, bie Leser, in seine Angaben uber
jene Schlangen ein unbebingtes Vertrauen zu setzen.
3. Die sudafrikanische Hornviper. (Vipera caudalis.) Fig. 2273.2274.
Die Kenntnih bieser zweiten Art von Hornviper
verbankt man bem schon ost genannten A. Smith. Sie
bewohnt trockene unb sanbige Gegenben unb verrsith
bieselbe Faulheit unb Gleichgultigkeit gegen Gefahren,
wie alle Gattungsverwanbte. Tagelang kann fie auf
berselben Stelle ruhig bleiben, ohne Herbeikommenben
auszuweichen, aber immer bereit, bie leiseste Beruhrung
mit einem lebensgefahrlichen Bisse zu rachen. Vom
plotzlichsten Zorne ergriffen bewegt fie fich mit vieler
Schnelligkeit unb hangt an bem einmal gepackten Geg-
ner mit so vieler Hartnackigkeit unb Kraft, bah meist
einige Anstrengung erforbert wirb, um fie loSzumachen.
Von ben Eingeborenen Subafrika'S wirb fie baher mehr
gefurchtet als anbere Giftschlangen. Sie wirb nur
14 — 15 Zoll lang, Hat an bem ungemein kurzen
Schwanze Schuppen, mit scharfen, abstehenben Spitzen
(Fig. 2273.) unb ist obenher auf rothgelbem Grunbe mit
allerlei braunen Zeichnungen unb Flecken geziert, am
Bauche rothlich mit Perlmutterglanz. Ueber jebem
Auge steht ein kurzeS Horn.
4. Die Effah-Viper. (Vipera Echis.) Fig. 2275.
Das im alten Testamente vorkommenbe Wort Ephah
ist ganz richtig mit Otter (in ber Vebeutung „Gift-
schlange") ubersetzt worben, benn noch setzt bezeichnen bie
Araber uber ganz Norbafrika mit bem Namen Effah eine
Viper, bie sogar uber einen ansehnlichen Theil Sub-
afienS verbreitet unb namentlich auf ber inbischen Halb-
insel gemein ist. Sie bleibt ziemlich klein, hat einen
kurzen, untenher mit einfachen Schilbern bekleibeten
Schwanz, am Leibe stark gekielte Schuppen, br^unlich
gelbe Oberseite, mit bunkeren Flecken, bie balb zusam-
menfliehen unb eine Kette bilben, anbere Male gesonbert
stehen unb uberhaupt auherorbentlich veranberlich finb.
Die hier mitgetheilte Abbilbung ist auS Jackson's Werk
uber Maroeeo eopirt, barf aber auf strenge naturhisto-
rische Treue keinen Anspruch machen, wenn gleich fie
von Riley, bem unglucklichen, aber unwiffenschastlichen
Reisenben, geruhmt warb. Nach Jackson ist bie Effah-
Viper in ber Wuste von Susa gemein unb Fuhgangern
sehr gefahrlich. Sie soll fich in Erblochern aufhalten,
im Zorne fich aufblsihen unb bann bie Luft sehr kraftig
unb mit weithin Horbarem Gerausch auSstohen.
5. Die nngefleckte Viper. (Vipera inornata.) Fig. 2276.
Ueber bie Sitten bieser in Subafrika Heimischen Vi-
per weih man wenig; bas allenfalls Bekannte beweist
bie genaue Verwanbtschaft mir ben anberen Arten ber
Gattung. Smith erwahnt, bah bie Vipern unb eine
ober zwei Arten von Giftnattern bie AnuLherung von
Menschen ruhig erwarten, wahrenb bie anberen entweber
fliehen ober eine vertheibigenbe Stellung annehmen.
Von anberen Vipern unterscheibet stch jene burch Man-
gel an Flecken auf ber einfach gelblich braunen Ober-
flache; nur an ber schmutzig gelben Unterseite stehen
braune Punkte bunn verstreuet. Die Lange betragt
14 Zoll.