Illustrirte Naturgeschichte Des Thierreichs
Dritter Band
Forfatter: Eduard Pöppig
År: 1848
Forlag: Verlagsbuchhandlung von J. J. Weber
Sted: Leipzig
Sider: 150
UDK: St.f. 59 Pöp
Naturgeschichtes der Reptilen und der Fische
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Einleitung.
Fisch e.
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dem ungleichen Kampfe mit Mangel erlegen oder auf
geringe Zahlen beschrankt geblieben sein; von ihnen al-
lein hLngt das Leben der durstigen Bewohner Nord-
sibiriens, Grønlands , der amerikanischen Nordwestkuste
ab, fie bilden den einzigen Reichthum vieler Sudseeinseln
nicht minder als der Orcaden und Faroer, und aus ihrem
Fange entsprang zum grohen Theil die politische Macht
und das Vermogen einiger europaischer Volker. Der
einst alS Monopol betriebene Haringssang schaffte den
Hollandern die Mittel, ihren machtigen Feinden zu Wi-
derstehen, und lieferte ihnen die besten Matrosen fur ihre
tin Zahrhundert hindurch das Meer beherrschenden
Kriegsstotten, und noch.jetzt gilt in England die Fischerei
als die vorzuglichste Pstanzschule abgeharteter Seeleute.
Muh Grohbritanien jetzt den Vortheil des in allen Mee-
ren betriebenen Fischfanges mit anderen Volkern thei-
len, so belauft sich derselbe nach Macculloch's Berech-
uung noch immer uber vier Millionen Pfund Sterling;
er ward von Barrow einst sogar aus das Doppelte dieser
Summe angeschlagen. London allein importirt alljahr-
lich 120,000 SchiffStonnen Fische. Bei ruhigem Blicke
erkennt man leicht den Einfluh deS Fischfanges auf die
Entwickelung der V5lker. Die niedrigste Stufe, auf
welcher unser Geschlecht stehen kann, ist jene, too
Stamme, aus leicht begreiflicher Nothwendigkeit, zu
Horden, ost sogar zu Familien aufgelost, Heimathlos
das Jnnere der Festlander durchstreifen und dem unsta-
ten Wilde jagend folgen. Bei solcher Lebenstveise toird
Errichtung bleibender Wohnsttze und Entwickelung ge-
selliger Sitte unmoglich, und uber ihr mogen sogar die
geringen Reste eincr ererbten Civilisation verloren ge-
Hen. Anders verhalt es fich bei dem Fischervolke, wel-
ches fich an eintraglichen Kustenorten ansiedelt, Verbin-
dungen unterhalten muh und schon dadurch gewinnt,
dah seine Thatigkeit grohere Uebung deS Scharfstnnes
erheischt als die Zagd, und dah eS eine Reihe von Wich-
tigen Erstndungen machen muh, ehe es longen darf, fich
tinem dem Menschen feindlichen Elemente anzuver-
trauen. Daher fehlen auch den armsten Fischervolkern
nicht Kenntnisse und Kunste, die, wenn ste fich auch nur
auf ihre einzige Betriebsamkeit beziehen, dennoch nicht
felten das Erstaunen des gebildeten Europæers Hervor-
rufen. AuS jenen tonnen um so ther machtige und zahl-
reiche Nationen toerden, als fie Mangel fast nie kennen
lernen. Jagervhlker gelangen nie auf diese Stuse und
verschtoinden uberall, too fie von civilifirten Nationen
beruhrt und vielleicht gedrangt werden. ES tourdt tin
bandereiches Wtrk kaum zurtichtn, totnn eS fich darum
Handelte, die tausend Kunste zu btschreiben, toelche dit
Fischer der verschiedensten Weligtgenden ersonnen, um
mit Erfolge i hr Geschæft zu treiben. Das Bersahren
des brastlischen JndierS, der das Wasser eines abge-
dammien und fischrtichen BacheS mit der berauschenden
Wurzel einer Schlingpflanze vergiftet und dann mit der
Hand bie hilstose Beute ergreift, ist in seiner Art ebenso
sinnreich als jenes in England viel geubte, von Davy
in einem Lehrgedichte besungene, mit einer aus Seide
und Golddrath gemachten Fliege die vorstchtige Lachs-
forelle zu tauschen. Die Fische liefern nicht allein die
Mittel, um den ersten und dringendsten Bedurfnifsen der
Menschen abzuhelfen, sondern fie ermeisen fich auch fur
viele andere Zwecke vom grohten Nutzen. Die Hausen-
blase macht fur Ruhland, daS nordliche Brasilien und
einen Theil der Bereinigten Staaten einen gleich wich-
tigen Handelsgegenstand auS, mit getoiffen, nach schwe-
ren Sturmen in fuhhohen und meilenlangen Banken am
Strande aufgethurmten Fischen dungt der Norweger
seinen toenig dankbaren Boden , der Seewolf, der Stock-
fifch und viele andere liefern durch Auskochung ihrer
Lebern einen feinen, sur viele technische Zwecke kaum
entbehrlichen Thran, die abgezogenen Haute dienen bald
wie Leder, bald als feine Feilen, die Silberfische geben
bei kunstlicher Benutzung ihrer Schuppen einen Stofs,
toelcher einer werthlosen Wachskugel die Farbe und
daS Feuer der kostbarsten Perlen mittheilt. Selbst zu
Gegenstanden eineS Hochst verfeinerten Lurus tonnen
Fische toerden, obtoohl sie iveniger in unserer Zeit alS
im Alterthume solche Rolle spielen. Rom, einst der
Abgrund, in toelchem die Schatze der Welt zusammen-
flofsen, opferte fur diese Zwecke Summen, die uns kaum
glaublich vorkommen. Der jetzt eben nicht besonders ge-
schatzte Rothbart deS MittelmeereS ward damals fast
mit Gold aufgewogen, und die Ausschweisung stieg zu
solcher Hohe, dah Tiberius versuchte, sie durch Lurus-
gesetze zu beschranken. In unserer Zeit mag nur ein
Fisch in flhnlichem, Wenn auch nicht gleichem Werthe
stehen, der Sterlett, eine Art von Stor, der, etwa eine
Elle lang, in Petersburg schon mit 50 Silberrubeln be-
zahlt ward. Selbst zum Verbrechen verleitete jene Mode
oder Lusternheit, benn ein fur alle Zeit beruchtigt ge-
bliebener Romer, Vebius Pollio, nahrte mit bem Fleische
seiner zum Tobe verurtheilten Sclaven bie Muranen,
gefrahige Aale, bie einst alS seinste Leckerbifsen galten.
Aus bem Verlangen, fich leicht unb schnell in Befitz von
Sirhwasserfischen versetzen zu tånnen, entstanb schon fruh
bie Zucht berselben in geschloffenen Wasserbecken, die,
als Teichwirthschaft, einen systematisch betriebenen und
wichtigen Zweig der Heutigen Oekonomie auSmacht. Es
scheint, dah die Romer durch Sorgfalt und Beharrlich-
keit uber diese Bewohner ihrer kunstlichen Wafserbehal-
ter eine grohere Herrschaft erlangten, als wir Heutzu-
tage nach Maahgabe der Erfahrung fur moglich achten;
alte Schriftsteller berichten, dah die auSgezeichneteren der
Fische Namen erhielten und, bei denselben gerufen, an
bie Oberflache kamen, um ihr Futter in Empfang zu
nehmen. DaS Hhchste, was burch Gebulv in bieser Be-
ziehung gegenwartig erlangt warb, bestanb in ber un-
vollkommenen Abrichtung, burch Lauten einer Glocke
bie Karpsen zur Futterungszeit an bas Ufer zu locken.
06 ber Verbrauch von Fischen zur auSschliehlichen ober
doch vorherrschenben Nahrung ben Menschen khrperlich
schwache unb sonach ganze Volker mit ber Zeit zur
Entartung bringen konne, wie ber Theorie wegen be-
Hauptet worden, kann an biesem Orte nicht untersucht
toerben. Nicht nur lehrt bie Erfahrung bas Gegentheil,
sonbern eS hat bie Wissenschaft baS Jrrige bieses unb
mancheS anberen Lehrsatzes ber Diatetik ber Vorzeit ge-
nugenb nachgetoiesen.
Die Jchthhologie, als Theil ber Naturgeschichte ber
Thiere, fanb in vergangenen Zeiten toenige Anhanger.
Ihrem Stubium treten allerbingS manche nicht unerheb-
liche auhere Schwierigkeiten entgegen. Gekannt unb
unterschieben hat man von je eine Menge von Fischen,
allein bie genaue Erforschung ihres inneren Baues unb
ihre systematische Anorbnung stehen meistens als Fruchte
unserer Zeit da. Vor allen anderen Forschern machte
sich Cuvier um diese Classe verdient; Niemand vor oder
nach ihm hat eine ebenso grohe Zahl von Arten unter-
sucht, anatomirt und beschrieben. Wie hoch die Ge-
sammtzahl der bekannten Species sich belaufe, hat neuer-
dings Niemand berechnet; fie mehrt sich durch die Be-
strebungen fleihiger, uber alle Weltgegenden verstreueter
Fvrscher und Sammler von einem Monat zu dem an-
beren unb burfte von ben 5— 6000, welche Cuvier in
seinem grvhen Werke zu beschreiben unternahm, jetzt
leicht auf 8000 gestiegen sein. Linné kannte nur 300.
Die systematische Anordnung bietet manche Schwierig-
keiten, bie indefsen mehr in ber Begranzung kleinerer
Gruppen unb Familien alS in ber Feststellmig ber gro-
Heren Abtheilungen liegen. Das uberstchtlichste, fur
gewhhnliche Zwecke hinreichenbe System bleibt noch
immer bas von Cuvier aufgestellte.
1. Knochenfische. Skelett knochig; Kiemen am Auhenranbe frei, stets durch Kiemendeckel bedeckt;
A. Knochen beS Oberkiefers beweglich.
s. Kiemen kammformig.
Maul am Enbe ber Schnautze; Korper beschuppt.
1. Der vorbere Theil der einzigen Ruckenflofse oder, toenn deren zwei vorhanden sind, bie ganze
vorbere Ruckenflofse mit Stachelstrahlen..............................................................
2. Die Strahlen ber Ruckenflofse, ben ersten ausgenommen, gegliebert.................................
b. Kiemen buschelformig.
3. Kiemenspalte bis auf ein Loch mit Haut uberzogen..............................................
B. Knochen ber Oberkinnlabe unbetoeglich, verwachsen.
4. Kiemendeckel mit Haut uberzogen, schmale Kiemenspalte vor den Brustflossen....................
Erste Orbnung. Stachelflosser.
Ztoeite Orbnung. Weichflosser.
Dritte Ordnung. Buschelkiemer.
Vierte Ordnung. Haftkiefer.
II. Knorpelfische. Skelelt knorpelig; Kiemen mit dem Auhenrande an die Haut geheftet; Kiemenoffnung meist frei, in der Regel ohne Kiemendeckel;
Maul unterhalb der Schnautze besindlich oder kreiSrund; Ksrper nie mit wahren Schuppen uberzogen.
A. Brust- und Bauchflossen vorhanden.
5. Kiemen am Auhenrande frei; eine grohe Kiemenspalte.........................................Funfte Ordnung. Freikiemer.
6. Kiemen am Auhenrande angeheftet; jederseits fånf unbedeckte Kiemenlocher...................Sechste Ordnung. Quermfluler.
B- Brust- und Bauchflossen fehlen.
7. Kiemen am Auhenrande angeheftet; kreiSrunder Saugmund......................................Siebente Ordnung. Rundmauler.