Die Deutsche Ausstellung 'Das Gas'
Seine Erzeugung und seine Verwendung in der Gemeinde, im Haus und im Gewerbe
År: 1916
Forlag: R. Oldenbourg
Sted: München
Sider: 176
UDK: St.f 622.74 Gas
Mit 444 Abbildungen Im Text
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nungsapparat, der in einem Mantel aus Eichenholz den kup-
fernen Gegenstrom- und Rektifikationsapparat enthielt, in
dem die Verflüssigung der Luft und die Abscheidung des Sauer-
stoffes vor sich ging. Der gewonnene Sauerstoff wurde in einem
kleinen Luftballon aufgespeichert, der über dem Gang aufge-
hängt war und konnte mit dem gleichen Kompressor, in dem
die Luft komprimiert wurde, in Stahlflaschen abgefüllt wer-
den, die auf der Ausstellung selbst zum autogenen Schweißen
Verwendung fanden. Zahlreiche Photographien zeigten An-
lagen aller Größen, und statistische Tabellen erzählten von
dem raschen Aufschwung der von der Firma errichteten
Sauerstoff-Fabriken.
Darstellung ihres Arbeitsgebietes, der Herstellung flüs-
sigen, versandfähigen Leuchtgases, sowohl durch
einen vollständigen Blaugasverflüssigungsapparat mit Kom-
pressor (Fig. 407), als durch ortsfeste, fahrbare und tragbare
Blaugasapparate, Lampen für Innen- und Außenbeleuchtung,
für Waggonbeleuchtung, eine Leuchtbojenlampe mit Blink-
lichtapparat (Fabrikat der Fa. Julius Pintsch in Berlin), eine
große Anzahl Bunsenbrenner für chemische und zahnärzt-
liche Laboratorien, Brenner für Plättmaschinen, Sengmaschi-
nen, für Glasschmelzen, zum Härten, Glühen, Metallschmelzen,
Löten und Schweißen usw. zur Ausstellung gebracht, welche
sämtliche im Betrieb vorgeführt wurden.
Fig. 407. Blaugasverllüsslgungsanlage.
In ähnlicher Weise wie der Sauerstoff kann reiner
Stickstoff aus der Luft gewonnen werden, der hauptsächlich
zur Herstellung des bekannten Düngers »Kalkstickstoff«
Verwendung findet. Eine Anlage dieser Art befindet sich in
der Fabrik der Bayerischen Stickstoffwerke in Trostberg,
die in Halle III Bilder und Modelle ihrer Anlagen ausgestellt
hatte. Die größte Fabrik dieser Art steht in Odda in Norwegen,
wo stündlich 2800 cbm Stickstoff erzeugt und auf Kalkstick-
stoff verarbeitet werden. Die Wirkung des Düngers war in
dem bei der Halle III liegenden Garten durch Anpflanzung
verschiedener Gemüsepflanzen und Blumen mit und ohne
Düngung gezeigt. Der Unterschied im Wachstum der ge-
düngten und nicht gedüngten Pflanzen war von Woche zu
Woche deutlicher zu erkennen.
Die Gesellschaft für Lindes Eismaschinen liefert auch
Anlagen zur Herstellung von Wasserstoff aus Wassergas,
die ebenfalls nach dem Verflüssigungssystem arbeiten. Auch
von solchen Anlagen wurden mehrere Bilder gezeigt.
Dem Publikum war nicht nur Gelegenheit geboten, den
in offenen Schalen verdampfenden flüssigen Sauerstoff zu
sehen, sondern auch Experimenten beizuwohnen, bei denen
Quecksilber zum Gefrieren gebracht, Blumen, Kautschukstücke
usw., hart wie Glas gefroren, zu Pulver zerrieben wurden. —
Daß das auf der ganzen Welt einzig dastehende Lindesche
Gasverflüssigungsverfahren dem Vaterlande im Kriege noch
so wertvolle Dienste leisten würde, konnte man damals noch
nicht ahnen.
14. Blaugas.
Die Deutsche Blaugas-Gesellschaft m. b. H. und die
Blaugas-Patent-Gesellschaft m. b. H. in Augsburg hatten auf
ihrem Ausstellungsstande in Halle VI eine sehr lehrreiche
Wenn die schnelle und umfangreiche Verbreitung, die
die Verwendung des Steinkohlengases zur Beleuchtung und
Heizung gefunden hat, den deutlichsten Beweis erbringt für
die großen Bequemlichkeiten und sonstigen Vorteile des gas-
förmigen Brennstoffes im Vergleich zu den festen und flüssigen,
so ist es natüilich, daß dort eine Lücke immer lebhafter
empfunden werden mußte, wo der Anwendungsbereich des
Gases durch die Abhängigkeit von den städtischen Rohrnetzen
seine Begrenzung gefunden hat, also an kleinen Orten oder
entlegenen Gebäuden, wie auch bei Fahrzeugen u. dgl., die
der Ortsveränderung unterworfen sind. Das »gaz portatif«,
das an jeden beliebigen Verwendungsort gebracht werden
sollte, hat deshalb schon zur Zeit der ersten Anfänge der
Gasindustrie eine Rolle gespielt, und die ihm zugrunde
liegende Idee der Druckverdichtung des Steinkohlengases
wurde von Fachleuten seitdem immer wieder von neuem
aufgegriffen. Allen diesen Bestrebungen konnte aber ein
durchschlagender Erfolg niemals beschieden sein, weil das
große spezifische Volumen des Steinkohlengases auch bei
hohen Verdichtungsdrucken viel zu große Versandkosten
verursacht. Hingegen hat das auf 6 bis 10 Atm. verdich-
tete Ölgas von geringerem spez. Volumen wenigstens für
die Zwecke der Eisenbahnwagenbeleuchtung und der Gas-
versorgung von Leuchtfeuern an den Meeresküsten große
Verbreitung gefunden. Für die Gasversorgung von Land-
häusern usw. mußte man sich aber auf die Verwendung sog.
Gaserzeuger (Azetylen und Luftgas) beschränken. Natürlich
stehen diese Gaserzeuger an Bequemlichkeit dem aus einer
Zentrale bezogenen gebrauchsfertigen Gas nach, denn sie be-
dingen stets eine, wenn auch nach Möglichkeit vereinfachte
Gasfabrik im kleinen.